Sie hat es vor sich hergeschoben. Die beteiligten Unternehmen hatten eine Ausstiegsklausel, die bis Juli galt. Natürlich haben sie keinen Gebrauch davon gemacht, weil Bayern bereits die Hälfte der Strecke gebaut hatte und nur das badenwürttembergische Stück noch gefehlt hat; das heißt, wir sind in diesem Fall Trittbrettfahrer des Freistaats Bayern gewesen.
(Lachen des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Unverständlich!)
Das ist eindeutig so gewesen. – Den Betreiber ließ man im Unklaren, und den Grundstückseigentümern vor Ort hat man lange durch gespaltene Zungen falsche Hoffnungen gemacht. Örtliche Politiker konnten immer sagen „So und so, wir wissen nichts, es kommt vielleicht nichts“ und den Grundstücks eigentümern damit falsche Hoffnungen machen.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wollen Sie behaup- ten, Staatssekretär Drautz hätte eine gespaltene Zun- ge? – Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Man hat diese Lokalpolitiker sogar dazu gezwungen, Herr Kollege Kluck, weil sie nicht auf festem rechtlichen Boden stehen konnten. Der Staat ist windelweich aufgetreten. Er ist verschämt aufgetreten. Er hat nicht gesagt, was er will. Heute, nachdem die Kommunalwahlen vom Juni und die Bundestagswahl vom September vorbei sind, wird in der wünschenswerten Klarheit gesprochen. Genau das wollte man vorher vermeiden.
Es war den Kundigen klar, dass die Sache am Ende durchgesetzt wird. In Bayern sind 96 von 103 km bereits gebaut worden, und am Ende dieses Jahres wird dort alles fertig sein. Dort hat man sehr früh ein solches Wegerechtsgesetz erlassen und hat trotzdem sehr wenig enteignen müssen. So hätten wir es auch haben wollen.
Der Streckenteil über 75 km in Rheinland-Pfalz bis nach Karlsruhe, also bis nach Baden-Württemberg hinein, ist schon fertig. Nur wir haben hin- und hergewackelt und kommen jetzt hinterhergedackelt.
Herr Kollege Dr. Prewo, ich möchte Sie fragen, ob Sie Ihren Vorwurf, die Regierung sei untätig gewesen, aufrechterhalten wollen. Wenn ich mich richtig erinnere – das unterstütze ich auch –, hat die Regierung immer gesagt: Wir warten mit einem solchen Gesetz, bis die EPS ihre Verhandlungen mit den Bürgerinnen und Bürgern in einem sauberen Rahmen führt. Wir haben aber viele Berichte gehört, wonach die EPS eben nicht die richtigen Leute vor Ort hatte. Deswegen haben wir und hat die Regierung so lange gewartet.
Aus meiner Sicht – das muss ich Ihnen auch sagen – ist noch immer nicht der Zeitpunkt gekommen, um ein solches Gesetz verabschieden zu können.
Ich kann Sie auf einen Bericht aus meinem Wahlkreis vom 24. September – das war vor zwei Wochen – verweisen.
Darin steht, dass die Trasse noch gar nicht feststeht. Vielmehr berät der Gemeinderat noch über die Trassenführung,
wenn die Trasse noch gar nicht feststeht? Ich meine, wir müssen mit dem Eigentum der Bürgerinnen und Bürger sorgfältig umgehen und sollten deswegen ein solches Gesetz in zweiter Lesung nicht übereilt verabschieden.
Nur, Herr Kollege Mack: Diese Frage hätten Sie in Ihrer Fraktion und hätten Sie der Regierung stellen müssen.
Sie haben hier gehört: Alle wollen jetzt dieses Gesetz, damit das Land industriepolitisch vorankommen kann.
Ich darf noch einmal zitieren, was ich gesagt habe. Das Gesetz ist der Ordnungsrahmen. In den Ordnungsrahmen gehört hinein, dass die privaten Betreiber verpflichtet sind, in einem transparenten Verfahren aufzuklären und mit allen Beteiligten fair umzugehen. Das gehört mit in den Ordnungsrahmen. Governance nennt man das heutzutage.
Aber die Regierungskoalition hat sich ja der Aufgabe verweigert, diesen Ordnungsrahmen zu schaffen. Es wurde mehrfach angekündigt, man wolle so etwas irgendwann einmal machen. Die anderen Länder haben das gemacht. Dort ist das Verfahren durch. Das Ganze ist dort rechtsstaatlich und sauber gelaufen – aber nicht bei uns.
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was? Sagen Sie einmal! Jetzt reicht es aber! Komm! – Abg. Dr. Rein- hard Löffler CDU: Das stimmt nicht! Rechtsstaatlich ist es gelaufen! – Zurufe der Abg. Winfried Scheuer- mann und Winfried Mack CDU)
Ich erteile Ihnen, Herr Abg. Mack, das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Aber ich bitte Sie, sich kürzer zu fassen.
Herr Kollege Prewo, haben Sie nicht bemerkt, dass es doch etwas seltsam war, dass in Bayern und in Rheinland-Pfalz, wo besonders starke Interessen hinter dieser Leitung stehen, sehr früh begonnen wurde, das Verfahren einzuleiten, und zwar von den Betreibern, während die se in Baden-Württemberg zunächst gar nichts gemacht haben? Dies kann doch durchaus den Anschein erwecken, als ob man sagen will: „Jetzt ist in dem einen und in dem anderen Land alles fertig, jetzt müsst ihr auch mitziehen.“ Aber wir sind doch ein eigenständiges Land. Wir brauchen uns von anderen nicht erpressen zu lassen.
(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Das war ein Zangenangriff! Das kennen Sie doch! – Vereinzelt Heiterkeit)
Herr Kollege Mack, ich kann erstens nur feststellen: Das Land Baden-Württemberg ist daran interessiert, dass diese Pipeline kommt. Wir sind daran interessiert.
Zweitens: Meine Formulierung von vorhin mit der „gespaltenen Zunge“ muss ich nach Ihren Zwischenfragen jetzt umso deutlicher an Ihre Fraktion richten.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bereits vor der parlamentarischen Sommerpause im Rahmen einer von der SPDFraktion beantragten Aktuellen Debatte deutlich gemacht, dass wir dieses Projekt unter industriepolitischen Gesichtspunkten als sinnvoll erachten. Auch spricht nach Abwägung der Frage, wie man Ethylen transportiert, so ziemlich alles für die Transportvariante Pipeline.
Nichtsdestotrotz muss man, denke ich, klar und deutlich feststellen: Es handelt sich zunächst einmal um ein Projekt eines Industriekonsortiums, das in erster Linie wirtschaftliche Interessen verfolgt, was ja nicht schlecht ist.