Protocol of the Session on October 7, 2009

Das Wort erteile ich Frau Abg. Fauser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch nie war er so wertvoll wie heute.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Wilfried Klenk: Wer?)

Der Handwerker, unsere Handwerkerschaft und selbstverständlich unser Minister Pfister – das ist keine Frage –

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Beifall der Abg. Monika Chef FDP/DVP – Unruhe)

als der Minister für Handwerk und Mittelstandspolitik.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gut, dass wir da- rüber geredet haben! Ja, und der Staatssekretär?)

Meine Damen und Herren, wenn man die letzten Monate über das Land ging, war man immer wieder überrascht, wie stabil sich das Handwerk in dieser wirtschaftlichen Krise halten konnte. Es war beeindruckend, wie engagiert unser Handwerk am Markt tätig war. Man hörte wenig Klagen. Dies ist in dieser Zeit etwas ganz besonders Herausragendes. Das Handwerk zeigt wirklich, dass die Binnenmarktstabilität von ihm ausgeht. Man kann Handwerkspräsident Joachim Möhrle nur zustimmen, wenn er sagt, dass das Handwerk deutlich zur Stabilität in unserem Land beiträgt. Es ist überaus erfreulich, dass das Handwerk aufgrund des Greifens der Konjunkturprogramme nun im dritten Quartal so gut dasteht wie im letzten Jahr und sich vor allem das Bauhandwerk im Aufwind befindet. Darüber hinaus ist es doch sehr erstaunlich und für uns wichtig, dass Sie heute quasi bis zum Jahresende keine Fotovoltaikanlage mehr bekommen, weil das Handwerk ausgelas tet ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er kann noch liefern!)

Gut, ich komme auf ihn zu, Herr Schmiedel.

Meine Damen und Herren, ich möchte im Besonderen Jo achim Möhrle zitieren, der sagt:

Die regionale Wirtschaft, die von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt ist, sorgt auch in der Krise für ökonomische und gesellschaftliche Stabilität.

Diesen Sektor gelte es, auch in Zukunft ganz gezielt zu stärken. Möhrle forderte von der Bundesregierung eine deutliche Distanzierung von mittelstandsfeindlichen Steuererhöhungen. Ganz besonders gelte dies für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Er meinte dazu: „Das wäre bares Geld für Schwarzarbeiter.“ Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass dies in Berlin tatsächlich ankommt. Nachdem die FDP in Berlin nun mitregiert,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Berlin schaut auf Stuttgart!)

bin ich mir sicher, dass dieser Appell auf offene Ohren stößt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Aber nicht nur unser Handwerk und der Handwerkspräsident sagen zu Recht, wie wichtig die Handwerker für unser Land sind. Auch der Präsident des Bundesgerichtshofs Klaus Tolksdorf stellte unlängst fest: Unser Reichtum sind die Handwerker. Der Gesellschaft geht es besser, wenn es dem Handwerk gut geht. Mit knapp einer Million Betrieben und knapp fünf Millionen Beschäftigten, fast 500 000 Auszubildenden und 500 Milliarden € Umsatz ist das Handwerk ein Grundpfeiler von Wirtschaft und Wohlstand in unserem Land. Wie sagte schon Alfred Dregger: Unser Reichtum sind nicht die Mundwerker,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP)

sondern die Handwerker.

Meine Damen und Herren, die ganze Welt beneidet uns um unseren Mittelstand; die ganze Welt beneidet uns um unser duales Ausbildungssystem. Wenn wir für unsere Kinder und Enkelkinder ein breites Ausbildungsangebot, eine differenzierte, diversifizierte Wirtschaftsstruktur erhalten wollen, müssen wir diese Leistungsträger, dieses Fundament unserer Gesellschaft weiter stützen.

Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Chefredaktion des „Stern“, brachte unlängst auf den Punkt, wer das Land trägt. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich:

Mittelstand, das riecht nach Neutralseife oder gedünstetem Fisch. Dahinter aber verbirgt sich die Elite der deutschen Wirtschaft: Handwerker, Familienunternehmer, Ingenieure, Tüftler, Kämpfer, manchmal auch Missionare. All jene, die noch ein unternehmerisches Ethos haben – ganz anders als die Renditeeliten des DAX –, die regional und sozial verwurzelt sind, die sich engagieren für Schulen und Vereine, die ihre Leute kennen und deren Kinder, die jedem in die Augen schauen müssen, wenn sie ihm kündigen.

Deutschland ist das Spezialitätengeschäft der Weltwirtschaft. Die Exportnation Nummer 1 verdankt ihren Erfolg überwiegend diesen kleinen Kreativen, die für jedes Problem eine intelligente Maschine konstruieren.

Das stimmt wirklich: Wir liefern weltweit Spezialmaschinen, und die Unternehmen sind meistens aus dem Handwerk hervorgegangen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr richtig!)

Das duale Ausbildungssystem ist von größter Bedeutung. Unsere Arbeiter und Facharbeiter sind in der Lage, hervorragende Qualität zu produzieren. Dies ist weltweit einmalig; das merken unsere Firmen inzwischen, ob sie in Indien oder in China sind. In kleinen Familienbetrieben wird nicht mit großen Worten Teamwork beschworen, sondern gehandelt. Wenn Mitarbeiter in einem kleinen Unternehmen innerlich kündigen, ist die Firma in kürzester Zeit pleite.

Wie wichtig die Frauen in diesen Unternehmen sind, hat einmal mehr die Enquetekommission Mittelstand gezeigt.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Freie Rede! – Unru- he)

Unternehmerisches Ethos, meine Damen und Herren, ist in diesen Betrieben besonders stark ausgeprägt.

Ich möchte jetzt noch einmal aus der „Wirtschaftswoche“ zitieren.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Die lesen wir alle, Frau Kollegin!)

Gerhard Bläske sagte unlängst deutlich:

Die Industriepolitik in Frankreich versagt kläglich. Der ganze Mittelstand ist dort quasi weggebrochen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da regieren die Kon- servativen!)

Frankreichs Wirtschaft ist – abgesehen von einigen Großunternehmen – nicht wettbewerbsfähig.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So kommt es, wenn die Konservativen regieren! – Gegenruf des Abg. Tho- mas Blenke CDU: Die hat das Volk gerade so wie- dergewählt! – Zuruf des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Ich kann Ihnen sagen: Das Fundament wurde schon vor Jahrzehnten von anderen gelegt.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Netzhammer.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wie- der Sachverstand in die Diskussion! – Unruhe)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fauser, das Handwerk in Baden-Württemberg ist mit knapp 130 000 Betrieben, 750 000 Männern und Frauen, die darin beschäftigt sind, 60 000 jungen Menschen, die dort ausgebildet werden, und einem Umsatz von 67,5 Milliarden € ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Baden-Württemberg, und zwar sowohl in den

Ballungsgebieten als auch auf dem flachen Land. Damit ist es auch strukturpolitisch ganz wichtig.

Natürlich hat die Wirtschaftskrise vor dem baden-württembergischen Handwerk nicht haltgemacht. Dies konnte man dem Konjunkturbericht für das zweite Quartal entnehmen. Es ist aber richtig: Die Konjunkturdaten haben sich im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal deutlich verbessert. Das Konjunkturbarometer liegt sogar wieder auf dem Niveau des Vorjahres. Das hat, glaube ich, niemand so erwartet. Man hat es zwar gewünscht, konnte es aber so nicht erwarten.

Die Situation in den sieben Handwerksgruppen stellt sich unterschiedlich dar: Sechs der sieben Handwerksgruppen profitieren eindeutig. Aber die Handwerksgruppe für den gewerblichen Bedarf, die im letzten Jahr noch Konjunkturlokomotive war, leidet unter der Wirtschaftskrise.

Trotzdem kann das Handwerk per Saldo einen Mitarbeiterzuwachs in mehr Unternehmen verzeichnen, als andere Unternehmen einen Stellenabbau vornehmen. Deswegen schlussfolgert der BWHT sehr mutig: „Das Konjunkturtal gehört endgültig der Vergangenheit an.“ Das ist eine deutliche Aussage und eine sehr gute Nachricht, die uns freut. Dies beweist, dass das Handwerk zwar auch aus eigener Kraft, doch auch durch die Konjunkturprogramme der Bundes- und der Landesregierung sowie auch durch andere Förderprogramme des Landes, die Aufträge ausgelöst haben, wieder erstarkt ist. Diese Aufträge sind beim Handwerk angekommen. Deswegen stellt sich die Situation im Handwerk so gut dar. Denn Unternehmer brauchen Aufträge. Wenn sie Aufträge haben, können sie Menschen beschäftigen und Umsätze erzielen. Damit hat sich gezeigt, dass die Politik der Landesregierung und auch der jetzt noch im Amt befindlichen Bundesregierung richtig waren.

(Widerspruch bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Na, na, na! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Also, jetzt liegt es auf dem Tisch!)

Was wahr ist, muss wahr bleiben.

Auch die Landesprogramme sind wichtig, z. B. das Landessanierungsprogramm, das bekanntermaßen das beschäftigungsintensivste Konjunkturprogramm des Landes ist und Investitionen in Höhe des Achtfachen der bereitgestellten Mittel auslöst, sowie das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Dieses ressortiert zwar nicht im Wirtschaftsministerium, ist aber natürlich struktur- und beschäftigungspolitisch ein wichtiges Programm, weil es nicht nur Aufträge beim Handwerk insbesondere in der Fläche auslöst, sondern auch Strukturen in Ortskernen, in Sanierungsgebieten verbessert.

Über das Konjunkturprogramm – das kann man derzeit in allen Zeitungen lesen – können die Kommunen sehr stark energetische Sanierungen in Schulen, Sporthallen und Kindergärten vornehmen. Sie arbeiten damit am Klimaschutz. Ich möchte aber an dieser Stelle sagen: Es kann nicht sein, dass Gebäudesanierungen nur staatlich gefördert werden. Wir haben gerade beim Mietwohnungsbau einen hohen Sanierungsbedarf und ein hohes Energieeinsparpotenzial. Viele Vermieter würden investieren,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)