Angesichts dieser Zahlen muss man heute wirklich alles tun und muss alle Qualifikationen, die man hat, versammeln. Dies tun wir auch, beispielsweise indem wir eine offensive Ausbildungspolitik machen und indem wir dazu beitragen, dass Betriebe, die in Insolvenz gehen, ihre Auszubildenden nicht auf die Straße schicken müssen. Wir haben rechtzeitig Programme geschneidert, die es möglich machen, dass diese jungen Leute von anderen Betrieben übernommen werden. Damit haben wir einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Qualifikation der Menschen in Baden-Württemberg – eine wichtige Voraussetzung für den Aufschwung – in der Zukunft zu erhalten und weiter auszubauen.
Zu diesem Thema gehört noch ein weiterer Punkt, den ich Ihnen ebenfalls gern vortragen will. Das ist die Innovationskraft auch unserer mittelständischen Betriebe und des Handwerks. Es ist eine Illusion, zu glauben, es seien nur die Großen, die auf die Innovationsfähigkeiten setzen müssten. 99,5 % aller Unternehmen in Baden-Württemberg haben weniger als 500 Beschäftigte; 95 % aller Unternehmen haben weniger als 50 Beschäftigte. Angesichts dessen muss man doch Wege finden,
wie man diese Unternehmen auf dem Weg in die Technologiegesellschaft mitnehmen kann. Das sind eben auch die Hand werksbetriebe. Deshalb brauchen wir als weitere wichtige Voraussetzung – wenn wir es mit dem Handwerk ernst meinen – auch in diesem Bereich der Innovationspolitik neue Ansätze.
Diese Ansätze haben wir geschaffen, und wir haben sie übrigens mit Erfolg geschaffen. Der Innovationsindex des Statis tischen Landesamts Baden-Württemberg hat kürzlich Auskunft darüber gegeben und festgestellt – ich zitiere –:
Es gibt des Weiteren einen aktuellen Zukunftsatlas der Prognos AG. Er bescheinigt dem Südwesten die besten Wachstumschancen. Danach ist Baden-Württemberg – so heißt es weiter – das „wirtschaftliche Kraftzentrum Deutschlands“,
Meine Damen und Herren, kurz zusammengefasst: Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das Handwerk eine strategische Bedeutung hat und sie auch in der Zukunft haben wird. Wir stellen fest, dass Baden-Württemberg die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass das Handwerk diese Rolle auch in der Zukunft spielen kann.
Handwerk hat Zukunft, und deshalb, meine Damen und Her ren, lohnt es sich allemal, das Handwerk in der Politik zu unterstützen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte den Ausführungen des Herrn Wirtschaftsministers noch hinzufügen, dass gerade das duale Ausbildungssystem, das natürlich breit gefächert ist, dazu beiträgt, dass die Jugendarbeitslosigkeit bei uns in Baden-Württemberg signifikant geringer ist als in allen anderen Ländern. Die Jugendarbeitslosenquote in Finnland – ein Land, das ja im
mer so gepriesen wird – liegt bei 20 %. In Schweden liegt sie ebenfalls bei 20 %, und in Spanien hat man gerade ein Anwachsen von 25 auf 30 % registriert.
Das duale Ausbildungssystem führt die jungen Leute an den Beruf heran, und es federt das Gesamtsystem unserer Wirtschaft ab. Wenn die Menschen eine berufliche Ausbildung hinter sich haben, sind sie tatsächlich auch einsatzfähig und leis ten hervorragende Arbeit. Das ist kein Jubiläumsgerede, sondern man muss einfach ganz klar sagen, wen es zu stützen gilt.
Im Übrigen, Herr Kretschmann, möchte ich Ihnen sagen: Kaum hat man die Mehrwertsteuer in der Gastronomie in Frankreich gesenkt, gab es mehr Arbeitsplätze. Darüber hinaus kann man ähnliche Beobachtungen auch in England machen. Auch dort hat sich die Mehrwertsteuersenkung nicht negativ, sondern positiv ausgewirkt.
Wenn Sie den Leuten das Geld in der Tasche lassen, können die auch Geld ausgeben. Sie können es in ihrem Häuschen für neue Heizungsanlagen oder für die berühmte Fotovoltaikanlage selbst einsetzen.
Wenn der Staat denkt, er müsse alles von oben nach unten umverteilen, dann wird das eine Negativrechnung.
Ich beobachte gerade sehr interessiert die Diskussion von Herrn Peter Sloterdijk und Herrn Professor Honneth. Wenn Herr Sloterdijk der Auffassung ist, wir lebten in einem Semisozialismus, dann kann ich ihm nur zustimmen.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wo denn? Bei Schwarz-Gelb? – Abg. Peter Hofelich SPD: Frau Fauser, Sie sind doch in Wirklichkeit gar nicht so!)
Ich muss natürlich auch ganz klar sagen, dass wir auf einem schwierigen Terrain sind. Viele kleine und mittlere investive Unternehmen gehen deshalb pleite, weil sie die hohen Steuern nicht bezahlen wollten und daher Investitionen vorgezogen haben. Wenn es dann eine Krise gibt, haben sie zu wenig Eigenkapital. Diese Eigenkapitalquote, diese Unterfinanzierung unserer Unternehmen ist hausgemacht. Das ist eine ganz schwierige Situation. Deshalb sollten wir dem Ochsen, der da drischt, das Maul nicht verbinden. Lasst den Leuten mehr Geld in der Tasche! Das ist außerordentlich wichtig.
war der größte Blödsinn, den es überhaupt gab, liebe Frau Haußmann. Das wissen Sie wahrscheinlich gar nicht, weil Sie sich im Handwerk nicht auskennen.
Die Novellierung der Handwerksordnung führt dazu, dass wir Einmannbetriebe bekommen, dass sich die gesunden Unternehmen auflösen und dass diese Einmannbetriebe zukünftig nicht mehr ausbilden können. Da wird uns dann auch die überbetriebliche Ausbildung wenig nützen.
Ich kann im Grunde genommen nur an uns appellieren, die Handwerksordnung so zu lassen, wie sie ist, damit wir auch in Zukunft vernünftige Handwerksbetriebe haben.
(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sie sind schuld, Herr Gall, das wissen Sie doch!)
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt nicht noch einmal ausführen, welche hervorragenden Förderprogramme gemacht wurden, ob es Gründungs- und Wachstumsfinanzierung ist, ob es verbilligte Zinssätze auch mit EU-Mitteln gibt, ob es Stabilisierungsprogramme für kleine und mittlere Unternehmen gibt.
Wir müssen selbstverständlich nicht nur die Großbetriebe, sondern auch die Kleinbetriebe schützen. Denn Baden-Würt temberg besteht, wie richtig gesagt wurde, aus Kleinbetrieben und zum Teil sehr innovativen Betrieben, die aus dem Handwerk erwachsen sind. Das sind Betriebe, die heute der Werkzeugmacher oder der Feinmechaniker leitet. Es sind manchmal auch Kleinbetriebe, die es sich nicht erlauben können, die hohen Kosten im Bereich der Patente laufend zu bedienen. Deshalb tauchen da manchmal auch wenige auf.
Herr Kretschmann, ich lade Sie gern einmal in meinen Wahlkreis ein. Machen wir einen netten Tagesausflug, und dann lernen Sie die Leute kennen, die ich meine.
Sehr geehrter Herr Kretschmann, es tut mir schrecklich leid, aber den Vorwurf des mangelnden Realitätssinns muss ich jetzt schon zurückgeben. Denn ich hatte bei Ihrer Rede den Eindruck, dass Sie den dritten Quartalsbericht des Handwerks schlicht und einfach nicht gelesen haben. Wahrscheinlich haben Sie Ihre Rede letzte Woche geschrieben. Es sind auch keine Märchen, über die wir hier berichten, sondern es ist eine nachzulesende Aussage des Handwerkspräsidenten: Das Konjunkturtal gehört endgültig der Vergangenheit an. Das können Sie nicht als Märchen bezeichnen. Die Zahlen im dritten Quartal sind gegenüber dem zweiten Quartal in der Tat deutlich gestiegen. Wenn man jetzt nur den zweiten Quartalsbericht gelesen hat, kommt man sicher zu einer anderen Einschätzung. Aber Sie haben ja Realitätssinn gefordert, und zum Realitätssinn gehört, dass man aktuelle Zahlen verwendet und nicht Zahlen, die schon ein Vierteljahr alt sind.
Nun zum Thema Klimaschutz. Ich bin mit Ihnen darin einig, dass wir mehr für den Klimaschutz tun können und dass dies auch dem Handwerk dient. Aber es kann nicht sein, dass dies alles durch Förderprogramme oder durch Subventionen finan
ziert wird. Deswegen kann man über das Thema Einspeisevergütung sicher diskutieren. Wir müssen dazu kommen, dass derjenige, der investiert – z. B. der Vermieter –, nicht nur die Nachteile hat, während der Mieter infolge der Energieeinsparung nur Vorteile hat, sondern dass da irgendwie eine Aufteilung erfolgt und der Vermieter ein Return on Investment sieht. Dann werden die Vermieter auch mehr investieren. Das wird einen deutlichen Schub geben, ohne Förderprogramme und ohne Erhöhung von irgendwelchen Einspeisevergütungen.
Dann zum Thema „Kalte Progression“. Diese kalte Progression wurde seinerzeit ganz bewusst von der rot-grünen Bundesregierung in den Steuertarif eingebaut. Man hat zwar auf der einen Seite entlastet, dann aber die kalte Progression eingebaut, damit die Steuereinnahmen in den Folgejahren natürlich wieder steigen. Es geht nicht darum, dem Staat Steuern wegzunehmen, sondern es geht darum, dass der Staat bei Lohnsteigerungen nicht überdurchschnittlich profitiert, sondern nur gedeckelt profitiert. Denn es ist doch ganz klar, Herr Kretschmann: Wenn beim Arbeitnehmer von einer Lohnsteigerung nichts ankommt, dann haben wir ständig die Forderung nach weiteren Lohnsteigerungen,
und das ist genau das Thema, das die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe dämpft. Bei der kalten Progression soll jetzt auch nicht der Großverdiener entlastet werden, sondern – das wissen Sie ganz genau – der Facharbeiter, der Handwerksgeselle, die Krankenschwester und die Erzieherin. Diese Personengruppen müssen entlastet werden, und zwar in großem Maß. Insofern ist das eine Hauptaufgabe der neuen Bundesregierung. Ich erwarte hier auch, dass man dieses Thema angeht, bin allerdings mit Ihnen der Meinung, dass man, bevor man jetzt weitere große Steuerpakete auf den Weg bringt, dies natürlich entlang des Konjunkturverlaufs und entlang der Steuereinnahmen diskutieren muss. Denn es kann nicht sein, dass nachhaltige Finanzpolitik ein Thema von gestern war und diese Vorgabe heute in der Krise nicht mehr gilt. Da sind wir uns einig.