Protocol of the Session on July 30, 2009

Da sind wir mit dabei.

Wir werden im Europaausschuss des Landtags darüber zu reden haben – nachdem klar ist, was Berlin will –, wie erweiterte Aufgaben des Europaausschusses wahrgenommen werden können. Wir warten hier auf die Vorschläge, die auch zusammen mit Kollegen erarbeitet werden können. Sie wollen ja auch mit den 13 Eckpunkten, von denen Sie gesprochen haben, bereits gewisse Wegweisungen geben.

Ich komme zum Ende meines Beitrags in der ersten Runde. Die SPD-Fraktion sieht das Urteil als eine Chance, einen starken Südweststaat und seine Volksvertretung in Europa zu haben und ihm eine europäische Ausrichtung zu geben. Euro pa wird durch Vielfalt stärker. Das gilt auch für die Mitwirkung seiner Parlamente. Dieser Landtag von Baden-Württemberg wird, kann und soll dabei künftig eine aktivere Rolle spielen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Walter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bekanntlich war der Vertrag von Lissabon ein Kompromiss. Die zuvor gescheiterte europäische Verfassung wäre uns lieber gewesen. Aber der Vertrag von Lissabon ist ein erheblicher und wichtiger Fortschritt gegenüber dem Vertrag von Nizza. Er beendet den Stillstand, den wir seit vielen Jahren in Europa haben. Er macht Europa transparenter und demokratischer, auch wenn viele Gegner dieses Vertrags das krasse Gegenteil behaupten. Manchmal habe ich den Eindruck, die Herren Lafontaine, Gauweiler und wie sie alle heißen haben diesen Vertrag gar nicht richtig gelesen.

Meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon ist eine wichtige Grundlage für weitere Reformen, die anstehen, Re

formen, die wir dringend brauchen. Um viele Themen, Herr Kollege Blenke, kommen wir nicht herum. Wir sind übrigens überhaupt nicht gegen Subsidiarität.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ihr bewertet sie nur an- ders!)

Wir bewerten sie anders; da haben Sie völlig recht. Aber wir wären ja blöd, wenn wir uns als Landtagsparlamentarier die Subsidiarität nicht wünschten.

Wir sind uns völlig darin einig, dass Angelegenheiten, die auf der unteren Ebene erledigt werden können, auch auf der unteren Ebene erledigt werden sollten. Nur gibt es eben Angelegenheiten, die in Europa gemeinsam gelöst werden müssen. Denken Sie beispielsweise an die aktuelle Finanzkrise. Wir brauchen europaweite Regelungen, wie die Finanzmärkte reguliert werden sollen. Das gilt natürlich auch für ökologische Themen wie beispielsweise den Klimaschutz.

(Zuruf des Abg. Ulrich Müller CDU)

Meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe, gerade auch die der Mitglieder des Europaausschusses, immer wieder zu betonen, wie wichtig der Vertrag von Lissabon für ein demokratischeres Europa ist. Er stärkt beispielsweise die Rechte des Europaparlaments gegenüber der Kommission. Das Parlament ist der einzige demokratisch legitimierte Teil der europäischen Politik. Deswegen ist es gut, dass das Parlament gestützt wird.

Wir dürfen – das müssen wir immer wieder betonen – die Hegemonie über die Begrifflichkeiten in Europa, über den Wert von Europa nicht denjenigen überlassen, die immer wieder klagen, Europa sei nur ein bürokratisches Monster und würde uns einschränken, und die immer wieder solche Argumente anführen. Wir müssen die Diskussion offensiv führen. Nur dann, Kollege Blenke, wird es uns auch gelingen, die Menschen für Europa zu gewinnen und dafür zu sorgen, dass die Beteiligung an Europawahlen wieder steigt. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Darin sind wir uns wohl einig.

(Beifall bei den Grünen)

Wir dürfen die Meinungsführerschaft nicht den Gauweilers, Lafontaines und Seehofers überlassen. Das wäre genau der falsche Weg.

Betrachtet man die Argumentation von Gauweiler, Lafontaine und all den anderen, die gegen den Vertrag von Lissabon geklagt haben, ist das ergangene Urteil ein sehr gutes Urteil. Denn es stellt klar: Der Vertrag von Lissabon ist mit unserem Grundgesetz, mit unserer Verfassung vereinbar. Das ist ein wichtiger Schritt, damit wir diesen Vertrag endlich ratifizieren können.

Allerdings – meine Vorredner haben darauf hingewiesen – gilt auch hier die Einschränkung, dass das Begleitgesetz nachgebessert werden muss. Das, was da festgeschrieben wurde, hat – so hat es das Bundesverfassungsgericht festgestellt – nicht ausgereicht. Wir als Parlamentarier können es nur begrüßen, wenn die Rolle der Parlamente gestärkt wird, auch wenn es in diesem Fall der Bundestag und der Bundesrat sind.

Die erste Diskussion mit dem Herrn Minister im Ausschuss und mit den Kollegen aus den anderen Fraktionen hat gezeigt,

dass wir alle daran denken, dass der Landtag immer entsprechend informiert sein wird, welche Schritte die nächsten sein werden, wenn es um Diskussionen geht, an denen der Bundestag und der Bundesrat zukünftig beteiligt sein werden. Ich hoffe, Herr Minister, dass Ihr Versprechen, dass der Landtag immer zeitnah informiert wird, Realität sein wird.

Nach unserer Auffassung – Kollege Blenke hat schon darauf hingewiesen – muss dieses Gesetz unbedingt das Verhältnis zwischen Bund und Ländern verbindlich festschreiben. Das kann nicht nur eine lose Vereinbarung sein, sondern wir brauchen eine klare Regelung, die im Gesetz festgehalten wird.

Ich habe schon gesagt: Wir finden es positiv, dass die Rolle der Parlamente gestärkt wird. Was wir aber nicht wollen, ist eine Umsetzung in der Weise – Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie sich schon im Ausschuss von Seehofer dis tanziert haben –, dass es zukünftig ein imperatives Mandat geben muss. Das wäre kein Fortschritt für Europa, sondern das wäre eine Blockade. Eine Bundesregierung, die sich für jede Regelung, die von der europäischen Ebene kommt, zunächst ein imperatives Mandat aus dem Bundestag holen müsste, wäre nicht mehr handlungsfähig.

Wenn das in allen 27 Mitgliedsstaaten so passieren würde, wäre Europa eine lahme Ente, wäre Europa völlig blockiert. Deswegen geht diese Forderung viel zu weit. Herr Seehofer, der schon so viele Jahre in diesem Geschäft ist, müsste eigentlich wissen, was das bedeuten würde. Er will nur – das ist dann ein weiteres Thema – mit dem bayerischen Populismus für seine Partei werben. Aber er schadet damit dem Gedanken Europa. Deswegen müssen wir das ablehnen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Sie sind doch sonst immer für Volksabstimmun gen!)

Was hat das mit Volksabstimmungen zu tun? Den Zwischenruf verstehe ich nicht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Laut sprechen! Wir wollen es auch hören!)

Der Kollege Blenke macht Zwischenrufe, die er nach meinem Eindruck nicht durchdacht hat.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das macht der Kolle- ge Blenke nie! Er macht immer nur kluge Sachen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Du wolltest eine Wiederholung und keinen Kommentar!)

Herr Kollege Hofelich hat etwas nebulös von „Elder Statesmen“ gesprochen, deren Namen er nicht nennen möchte. Das waren keine schlechten Leute.

(Zuruf von der SPD: Absolut nicht! – Abg. Stefan Mappus CDU: Kein Schmiedel!)

Nein, um Gottes willen. Herr Schmiedel war nicht dabei. Er ist ja auch kein Elder Statesman.

Meines Wissens handelt es sich beispielsweise um Joschka Fischer, auch um Erwin Teufel, sodass das gesamte politische Spektrum abgedeckt ist.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das ist doch nicht das gesamte, mein Lieber! Nur ein kleiner Teil!)

Ja, Herr Kollege, die FDP hat drei wichtige Punkte. Erstens: Steuern senken. Zweitens: Steuern senken. Drittens: Steuern senken.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Dreimal richtig!)

Da das in absehbarer Zeit gar nicht möglich ist, hat sich auch die FDP erledigt. Damit ist das Spektrum schon abgedeckt.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Die Elder Statesmen haben darauf hingewiesen – das gibt uns an diesem Urteil von Karlsruhe zu denken –, dass wieder das alte Denken zum Vorschein kommt, das Denken in Nationalstaaten. Das hat Erwin Teufel besonders kritisiert. Denn es ist logisch: Wir alle wissen, dass es in absehbarer Zeit keine Vereinigten Staaten von Europa geben wird, aber trotzdem muss es möglich sein, den Einigungsprozess dynamisch zu gestalten. Weiterentwicklungen müssen möglich sein. Nur so kann Europa weiter zusammenwachsen. Sollte dies aufgrund dieses Urteils nicht möglich sein, dann hat es einen sehr schalen Beigeschmack. In dieser Hinsicht müssen wir aufpassen.

Wenn bei Abstimmungen das Mehrheitsprinzip statt des Einstimmigkeitsprinzips gilt, wäre das ein Riesenfortschritt für Europa. Dann könnten Entscheidungen endlich auch getroffen und nicht mehr von ein oder zwei Ländern blockiert werden. Letzteres war bisher ein Teil des Problems, dass wir in Europa nicht vorangekommen sind.

Wir müssen also aufpassen. Wir müssen die Warnungen von Joschka Fischer und Erwin Teufel ernst nehmen. Die Elder Statesmen wissen manchmal auch noch, wie es geht, Kollege Hofelich. Dann werden wir Europa sicherlich voranbringen.

Jetzt geht es darum, aufzupassen, dass ein Gesetz, das ja mit heißer Nadel gestrickt werden muss, tatsächlich den Erwartungen entspricht, damit wir noch in diesem Herbst den Vertrag von Lissabon ratifizieren können.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVP-Fraktion erhält Herr Abg. Theurer das Wort. Ich glaube, das ist seine letzte Rede im Landtag.

Die vorletzte.

Die vorletzte. Gut, dann warten wir auf die – –

In der zweiten Runde.

Ach so, in der zweiten Runde.

(Heiterkeit)

Aber es ist, wenn nichts mehr dazwischenkommt, Ihr letzter Auftritt im Landtag von Baden-Württemberg. Darauf wollte ich nur hinweisen, damit alle Kolleginnen und Kollegen dies auch würdigen können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er möge ihn genie- ßen! – Abg. Thomas Blenke CDU: Doppelter Abge- ordneter, doppelte Rede!)