Protocol of the Session on July 30, 2009

Viele Schulen wollen sich weiterentwickeln. Sie wollen z. B. mehr Qualität. Sie wollen etwa, dass auch ein Realschulabschluss an ihrer Schule möglich sein soll. Aber sie dürfen nicht. Herr Rau, Ihre Aussagen, wonach an einer Hauptschule kein echter Realschulabschluss möglich sei, sind nichts anderes als Behauptungen, die durch nichts belegt sind. Schauen Sie doch einmal in andere Länder. Kein anderes Land auf dieser Erde hat ein Schulsystem, das die Kinder nach der vierten Klasse trennt.

(Oh-Rufe von der CDU – Zuruf von der SPD: Aus- sortiert! – Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt kommt wieder die alte Leier! – Zuruf des Abg. Volker Sche- besta CDU)

Sie dagegen sagen hier: „Es geht nicht; so etwas kann man nicht machen.“ Das ist einfach nicht wahr.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Jetzt kommen Sie mit der neuen Werkrealschule als Lösung.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist erst heute Mit- tag!)

Ja, das werden wir heute Nachmittag noch behandeln. Aber das haben Sie angesprochen, Herr Schebesta. Deswegen will ich den Ball gern aufgreifen.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Hören Sie einmal, was Dieter Hundt, eine Ihnen bekannte Persönlichkeit, zur neuen Werkrealschule sagt.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Wissen Sie, wie der die neue Werkrealschule bezeichnet? „Es ist eine Mogelpackung.“ In der Tat, es ist eine Mogelpackung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Sie behaupten auch, diese Schulart hätte ein durchgängiges Konzept.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Thema verfehlt!)

Das wird betont, das ist die Begründung für die neue Werkrealschule. Gleichzeitig lassen Sie aber Kinder in der neunten Klasse hängen und führen sie nicht sechs Jahre weiter, sondern sie werden nach der neunten Klasse mit dem Hauptschulabschluss weitergeschickt.

(Abg. Andreas Hoffmann CDU: Sechs Jahre? – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Das wäre G 15!)

Sie haben im Übrigen entgegen dem, was Sie immer behaupten, auch keine zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt. Diese Kinder sind bei Ihnen eindeutig die Verlierer; sie gelten künftig als Abbrecher.

Hören Sie doch einmal, was Schulen, Schulleiter, Eltern, Kommunen und Bürgermeister sagen, die sich neuen Wegen öffnen. Bisher verbieten Sie solche Wege. Dann kommt in Ihren Stellungnahmen immer wieder der lapidare Satz, es sei kein förmlicher Antrag gestellt worden. Das halte ich wirklich für eine Farce.

Anträge – das haben wir gerade gehört – werden gar nicht bearbeitet, oder Sie verpassen jenen Schulleitern, die es wagen, eine andere Position einzunehmen und für ihre Kinder mehr Qualität und mehr Lernmöglichkeiten einzufordern, einen Maulkorb. Sie nennen das dann „beamtenrechtliche Belehrung“. Das, was Sie hier zeigen, ist Ihr Umgang mit Schulentwicklungsplänen und ist Ihr Obrigkeitsdenken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist ein solcher Stuss! Das hältst du nicht mehr aus!)

Herr „Schulexperte“ Mappus, würden Sie einmal zur Kenntnis nehmen,

(Abg. Stefan Mappus CDU: So viel Experte wie Sie bin ich gerade auch noch!)

dass 82 % der Hauptschulrektoren, die gefragt wurden – über 51 % haben an der Abstimmung teilgenommen –, was sie zu der neuen Werkrealschule sagen, geantwortet haben: „Das ist Mist. Das taugt nichts.“

(Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist doch Quatsch!)

Nehmen Sie einmal die Aussagen dieser Leute, die tagtäglich vor Ort in der Schule stehen und zeigen müssen, was Schule bedeutet, zur Kenntnis. Das sind die Leute, die Ahnung haben – Sie weniger.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Sie treiben auch innovative Schulen in die Privatisierung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Unglaublich!)

Es gibt in Mulfingen eine hervorragende Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also doch!)

die den echten Realschulabschluss anbieten will. Das darf sie nicht. Sie hat ein schlüssiges Konzept. Bei den Eltern kommt dieses Konzept hervorragend an. Die Kinder wollen bewusst

an dieser Schule bleiben. Was machen Sie bzw. Ihr „großer“ Kultusminister?

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja, ein großer Kultus minister! – Abg. Stefan Mappus CDU: Euer Niveau wird echt immer erbärmlicher! Gestern war es schon erbärmlich! Aber dass es noch steigerbar ist, hätte ich nicht gedacht!)

Er sagt: „Das ist in einem staatlichen Schulwesen nicht erlaubt, sondern wir müssen privatisieren.“ Was für ein Nonsens ist denn das? Sie treiben diese Schule in eine Privatisierung, anstatt zu sagen: „Das ist Aufgabe der staatlichen Schule; hier haben wir eine Verantwortung und eine Verpflichtung.“

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dort kann jeder, der will, die Realschule besuchen! Das wird nieman- dem vorenthalten!)

Sie treiben diese Schule in die Privatisierung. Sie sagen klipp und klar, Mulfingen solle eine private Schule betreiben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jedes Kind kann in der Region Mulfingen eine Realschule besuchen! Da gibt es Realschulen!)

Nach unserem Verständnis hat der Staat die Aufgabe und die Verpflichtung, den Kindern die Möglichkeit zu bieten, wohnortnah einen guten Schulabschluss zu erreichen. Das ist unsere Aufgabe und nicht das, was Sie hier vorhaben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Glo- cke des Präsidenten)

Herr Abg. Zeller, bitte kommen Sie zum Schluss.

(Zurufe von der CDU)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hoffentlich!)

Deswegen sage ich Ihnen eindeutig: Blockieren Sie nicht länger innovative Schulentwicklungskonzepte, wie Sie dies bisher tun. Hören Sie auch auf den Städte- und den Gemeindetag, die genau dies fordern.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Der Gemeindetag z. B. ist für die Werkrealschule, falls Sie das nicht mitbe- kommen haben!)

Lesen Sie einmal nach, was bei der Anhörung im Schulausschuss gesagt wurde. Das empfehle ich Ihnen.

(Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Im Protokoll können Sie das Schwarz auf Weiß nachlesen.

(Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Lesen Sie es doch nach! Dann würden Sie erkennen, dass der Gemeindetag genau diese Öffnung fordert. Er verlangt,

weitere Schulentwicklungskonzepte zu ermöglichen. Die verhindern Sie bisher aus Sturheit, aus Ideologie, aus Verbohrtheit.