Auch das finden wir wichtig. Das heißt, Eltern müssen in vielfältiger, in verantwortungsvoller Weise einbezogen werden. Das müssen wir stärken. Aber Pflichtaufgaben des Landes dürfen nicht auf das Ehrenamt abgewälzt werden,
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aufschrei war groß: Schulspeisung soll der Umsatzsteuer unterliegen. In der Tat: Das ist, wenn es sich hierbei um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, nicht nachvollziehbar. Es geht ja um Schülerinnen und Schüler. Warum sollten sie oder deren Eltern für das tägliche Mittagessen auch noch Steuern zahlen müssen?
Aber bei näherem Hinsehen ist uns dann auch klar geworden, dass es natürlich nicht nur Ehrenamtliche gibt, Herr Mentrup und Frau Rastätter. Vielmehr hat sich z. B. in meinem Wahlkreis, in Wellendingen, die örtliche Gaststätte bereit erklärt, die Schulspeisung auf ganz konventionelle Art und Weise zu übernehmen.
Sie erwartet am Vortag eine klare Übersicht über die Anzahl der Speisen, die herzustellen sind, und bietet diese dann am nächsten Tag an.
Dass sie in diesem Fall der Umsatzsteuer unterliegt, ist klar. Dass sie dann auch die Möglichkeit hat, von der Umsatzsteuer die beim Einkauf der Lebensmittel bezahlte Vorsteuer wieder abzuziehen, das ist auch klar.
Wir sollten das also nicht alles gleich in einen Topf werfen und dann umrühren und sagen: Das ist eine Brühe. Vielmehr sollten wir sagen, was Sache ist. Sache ist, dass das Finanzministerium – Herr Kollege Stächele wird dies auch machen – eine entsprechende Handreichung und entsprechende Empfehlungen für die ehrenamtlich Tätigen herausgeben muss, speziell auch für die Schulfördervereine, wie ihre ehrenamtliche Tätigkeit steuerfrei gestaltet werden kann, und zwar sowohl was die Verpflegung betrifft als auch was die Betreuung betrifft.
Meine Damen und Herren, was hier eben von den Kollegen zum Thema Ehrenamt geboten wurde, war einerseits ein Bekenntnis, aber andererseits auch eine Absage dahin gehend, dass klar gesagt wurde: Wenn die Ganztagsschule kommt – rhythmisiert; dagegen habe ich überhaupt nichts einzuwenden –, dann müssten auch ganz professionell die Schulspeisung und die Betreuung kommen.
Finnland ist als Beispiel angeführt worden, Frau Kollegin Rastätter. In Finnland sind es eben gerade nicht die Profes sionellen, die die Zusatzarbeit leisten –
im Gegensatz zu den Pädagogen, die den Unterricht leisten. Vielmehr sind es Mütter, die sich bereit erklären – natürlich sind sie versichert; das ist ein wichtiger Punkt –,
bei einem ganz geringen Entgelt, Herr Fraktionsvorsitzender Schmiedel – darum geht es in diesem Fall –, die Betreuung zu übernehmen. Lieber Herr Kollege, Pädagogik und Erziehung ist im Übrigen das Gleiche, weil das griechische Paideuein Erziehung heißt, und der Pädagoge ist ein Erzieher.
Zurück zu den Müttern: Sie übernehmen diese Betreuungs- und Erziehungsaufgaben, und sie machen auch die Verpflegung, und dies fast zum Nulltarif – aber, wie gesagt, mit einer für sie abgeschlossenen Versicherung. Das ist wesentlich an dieser Sache.
Meine Damen und Herren, im Gegensatz dazu will ich, wie auch Frau Kollegin Kurtz, schon ein Loblied auf das Ehrenamt singen. Es ist mir einfach zu billig, hierher zu treten und zu sagen, weil der Staat, in diesem Fall die Kommune, nicht in der Lage ist – die Kommune ist zuständig für das Mittagessen, das ist Betreuungsbereich; das ist kein reiner Erziehungsbereich –, die Sache zu finanzieren, und nur deshalb sei das Ehrenamt da.
Das stimmt so nicht. Ich möchte den Schulfördervereinen ausdrücklich meine höchste Hochachtung hier im Haus aussprechen,
und zwar in allen ihren Tätigkeiten, in denen sie in den einzelnen Schulen vor Ort ihre Arbeit leisten.
Das ist nicht nur Verpflegung, das ist nicht nur Betreuung, das ist auch bei der Neugründung von neuen Schulfördervereinen Unterstützung im organisatorischen Bereich. Man soll dies nicht in der Art und Weise abtun, dass man sagt: „Wenn die Ganztagsschule kommt, dann verzichten wir gern auf sämtliches Ehrenamt.“ Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Irgendjemand muss es machen! – Abg. Reinhold Gall SPD: Im Gegensatz zu Ihnen mache ich vor Ort etwas in diesem Bereich!)
Es ist für uns selbstverständlich, dass wir uns, was diese Leistungen betrifft, nicht darum stehlen können, bestimmte Versicherungen abzuschließen und die Leute in diesem Bereich abzusichern. Das braucht aber nicht hier im Landtag eine Debatte zu sein, sondern diese Debatte müssen die Experten vor Ort führen. Wie erwähnt, wird der Finanzminister einen entsprechenden Leitfaden herausgeben, in dem diese Dinge drinstehen. Er wird allen Ehrenamtlichen, auch den Schulfördervereinen und anderen, eine entsprechende Hilfe sein.
Meine Damen und Herren, was sind Pflichtaufgaben des Staa tes, und was sind Aufgaben, die ehrenamtlich wahrgenommen werden können? Sie können eine ganz strenge Unterscheidung vornehmen, so, wie Sie das gemacht haben, Herr Mentrup und Frau Rastätter. Ich nehme diese Unterscheidung nicht so streng vor. Klar ist: Der pädagogische Bereich ist eine Pflichtaufgabe und kann nicht ohne Weiteres von Laien erfüllt werden, obwohl Finnland ein Gegenbeispiel darstellt.
In Frankreich, wo wir mit dem Schulausschuss waren, kommen sehr viele Schülerinnen und Schüler aus ganz unter
schiedlichen Nationen. Um sie in ihrer Muttersprache zu unterrichten, wird in der Zeitung annonciert: „Wer beherrscht die Sprache Ghanas? Wer kann sich vorstellen, diese seine Muttersprache eventuell an dieser oder jener Schule zu unterrichten?“ Dann stellen sich Bewerber vor, und die werden dann in einem Einstellungsgespräch daraufhin überprüft, ob sie geeignet sind oder nicht. Wenn sie geeignet sind, werden sie eingestellt. Wenn Sie das für professionell halten – bitte schön. Ich habe eine andere Vorstellung von Professionalität.
Umgekehrt sage ich: Man kann diese Leute sehr sinnvoll – zusätzlich geschult und gebildet – tatsächlich in verschiedenen Bereichen in der Schule einsetzen. Seien Sie deshalb vorsichtig mit einer ganz strengen Unterscheidung von Ehrenamt und Pflichtaufgaben im Bereich der Schule.
Wir wollen ja gerade eine engere Verbindung zwischen Elternhaus und Schule. Wir wollen ja gerade nicht, dass Erziehung nur Aufgabe der Schulen, der Lehrerinnen und Lehrer ist, sondern sie ist ganz wesentlich Aufgabe der Eltern.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal sagen: Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Schulfördervereinen und bei allen Ehrenamtlichen, die dazu beitragen, dass unser Schul system so funktioniert, wie es funktioniert.
Werten Sie diese wichtige Arbeit nicht einfach ab mit dem Argument: „Wenn die Ganztagsschule flächendeckend kommt, können wir auf das Ehrenamt in den Bereichen der Betreuung und Verpflegung verzichten.“ Wir können darauf nicht verzichten.
Frau Rastätter, es ist mir ein Anliegen, ein paar Punkte aus Ihrer Rede noch einmal aufzugreifen. Ich war eigentlich immer der Meinung, wir wären uns bei der Beurteilung des Ehrenamts alle einig. Aber ich bin jetzt schon erstaunt, wenn Sie die Eltern, die sich ehrenamtlich einbringen, als eine Art Lückenbüßer beschreiben.
Sie beschreiben sie so, als würden sie etwas tun, was eigentlich andere tun müssten, aber nicht schaffen. Die Beispiele, die ich kenne, beweisen jedoch, dass die Kommunen und die Eltern gemeinsam sehr sinnvoll arbeiten und eine gemeinsame Leistung erbringen und dass Eltern sich das auch nicht wegnehmen lassen wollen. Diese Erfahrung habe ich nämlich gemacht.
Wenn man z. B. eine seit über 20 Jahren existierende Schulküche jetzt neu baut und neu konzipiert und die Eltern die Möglichkeit hätten, Essen zuliefern zu lassen, sie jedoch sagen: „Nein, wir wollen es aus verschiedenen Gründen weiterhin so betreiben wie bisher“, dann muss man das sehr ernst nehmen. Man kann nicht sagen: „Ihr sollt dies und das machen, und da oder dort brauchen wir euch.“ Die Pflichteinteilung, die Sie hier für Ehrenamtliche vornehmen wollen, geht, wie ich meine, absolut an der Sache vorbei.
Wichtig ist mir auch noch, dass Sie zugestehen müssen, dass wir gewachsene Strukturen haben. Menschen bringen sich in bestimmte Dinge ein. Das hat sich über 20, 30 Jahre entwickelt, und da können wir doch jetzt nicht Tabula rasa machen und sagen: „Jetzt kommt die Ganztagsschule, und da machen wir alles ganz anders und klären von oben herab, wer wofür zuständig ist.“ Ich stelle fest: Wir haben doch sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Ehrenamt. Ich glaube, dass wir als CDU-Fraktion so, wie wir Ehrenamt verstehen, dichter an den Menschen dran sind.