Protocol of the Session on July 8, 2009

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das haben wir als Erste gemacht!)

Jetzt wird ein Mann präsentiert, der – wie wir der Berliner Presse entnehmen können – dort als „Weichspüler Berlins“ gilt, jemand, der ein Mehrspartenhaus führen soll,

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

der bisher keine Erfahrung dort gesammelt hat, dem in einem Kommentar in SWR 2 jegliche Qualifikation für dieses Amt abgesprochen wird. Ich frage Sie: Wenn das schon im Vorfeld so diskutiert wird, wie wollen Sie dann Ruhe in das Haus bringen?

Die zweite Frage bezieht sich auf Folgendes: Bisher hatten wir ein sehr erfolgreiches Stuttgarter Modell, in dem die In

tendanten des Hauses entsprechende Mitarbeit und Mitsprache hatten. Nun werden diese Intendanten von dem dilettantischen Verhalten der Landesregierung völlig überfahren.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wie will man, wenn das Haus aufgrund des Umbaus vor ganz schwierigen Zeiten steht, mit diesem Verfahren Ruhe ins Haus bringen?

Der Herr Ministerpräsident hat gesagt, Herr Quander sei eine sehr gute Adresse. Mich würde interessieren, welche Aufführungen, welche Inszenierungen von Herrn Quander der Herr Ministerpräsident schon gesehen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Christoph Palm CDU: Welche haben Sie ge- sehen?)

Für die Regierung erhält Herr Minister Professor Dr. Frankenberg das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage, welche Inszenierung hier wie zu beschreiben ist und wie man welches Theater bezeichnet, will ich nicht kommentieren, sondern will rein sachlich zu den Vorgängen Stellung nehmen.

Der erste Vorgang, um den es bei der Frage des Nationaltheaters und der Oper geht, ist die Nichtverlängerung des Vertrags von Herrn Puhlmann nach dem Jahr 2011. Diese Entscheidung wurde lange, aber sorgfältigst vorbereitet. Wir haben lange selbst geschwankt, ob wir diese Entscheidung so fällen können oder nicht. Denn wir wussten: Das wird ein schwieriger Eingriff in das Intendantenmodell, aber auch ein schwieriger Eingriff in die Kontinuität der Oper in Stuttgart sein.

Deshalb sind mit Herrn Puhlmann über 20 Gespräche in dem Gesamtkontext geführt worden, seitdem wir im Herbst letzten Jahres beauftragt worden sind, über die weitere Vertragsgestaltung mit Herrn Puhlmann zu sprechen, und dann in einer Verwaltungsratssitzung am 20. April aufgefordert worden sind, diese Verhandlungen weiterzuführen, aber auch über Alternativen nachzudenken und Alternativen vorzuschlagen für den Fall, dass wir zu der Erkenntnis kommen, dass der Vertrag mit Herrn Puhlmann nicht verlängert werden sollte.

Die Entscheidung im Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater, den Vertrag mit Herrn Puhlmann nicht zu verlängern, ist einstimmig gefallen. Das heißt, die Gründe, die ich im Einzelnen nicht darlegen möchte, weil Herr Puhlmann wie Herr Honeck noch zwei Jahre am Staatstheater irgendwie, aber hoffentlich zum Besten des Staatstheaters zusammenarbeiten müssen, waren offenbar so überzeugend, dass alle Mitglieder des Verwaltungsrats aus Überzeugung dem Votum beigepflichtet haben, den Vertrag nicht zu verlängern.

Warum haben wir nun in diesem Verfahren so unmittelbar einen Namen eingebracht? Es ist so: Wir kamen im Juni zu der zunächst einmal tendenziellen Überzeugung, die Wahrscheinlichkeit, dass der Vertrag von Herrn Puhlmann nicht verlängert wird, ist größer als die Wahrscheinlichkeit, dass er verlängert wird. Wir kamen ferner zu der Überzeugung, dass wir

durch ein angesetztes gemeinsames Gespräch mit dem Generalmusikdirektor Honeck noch einmal überprüfen, ob eine Zusammenarbeit zwischen den beiden noch möglich ist. Als dieses Gespräch von einer Seite sozusagen abgesagt worden ist und wir dann zu der Erkenntnis kamen, dass es mit Herrn Puhlmann nicht weitergehen wird, hat Mitte Juni ein erstes Gespräch zwischen Staatssekretär Dr. Birk, Frau Dr. Eisenmann und Herrn Quander stattgefunden.

Es haben noch keine Verhandlungen stattgefunden. Man kann sagen: Es hat ein Sondierungsgespräch stattgefunden. Denn wir sehen eine zeitliche Enge. Man muss wissen: Herr Puhlmann geht nach der Spielzeit im Jahr 2011. Zu Beginn des Jahres 2012 fangen die Umbauarbeiten an den Staatstheatern an. Das heißt, der nächste Intendant geht unmittelbar in eine äußerst schwierige Saison, eine äußerst schwierige Spielzeit, denn er muss andere Spielstätten bespielen. Als neuer Intendant hat man normalerweise schon eine Vorlaufzeit von zwei Jahren. Man muss Verträge schließen, man muss das Ensemble zusammenstellen, man muss einen Spielplan erstellen. Unter diesen erschwerten Bedingungen, die der neue Intendant oder die neue Intendantin in Stuttgart haben wird, ist eine Vorlaufzeit von zwei Jahren kurz.

Insofern haben wir uns – Stadt und Land – in der Verpflichtung gesehen, das Feld möglicher Kandidatinnen und Kandidaten vorher zu sondieren – übrigens mehr als nur Herr Quander –, um dem Verwaltungsrat nach Möglichkeit einen Vorschlag machen können.

Es war nicht beabsichtigt, in dieser Sitzung etwas zu entscheiden. Das stand weder auf der Tagesordnung, noch haben wir es vorgehabt. Vielmehr haben wir von vornherein gesagt, dass es zu diesem Punkt eine weitere Sitzung geben wird. Wir haben uns aber verpflichtet gefühlt, zu sondieren, wer infrage kommt, wer eine solch schwierige Aufgabe übernehmen kann.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wir haben uns als Träger in der Verpflichtung gesehen, einen Vorschlag zu machen. Wir haben wegen des Zeitzwangs im Grunde wie eine Art Findungskommission a priori gehandelt.

Nun zu Herrn Quander. Man kann immer „taz“-Artikel finden, die negativ sind.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: SWR 2! – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Es geht um das Verfahren!)

Herr Quander hat die Berliner Oper „Unter den Linden“ elf Jahre lang hervorragend geleitet. Ich muss ihn hier schützen, damit er nicht schon negativ dargestellt wird, bevor er überhaupt eine Chance hat.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das haben Sie durch Ihr Tun schon gemacht! Der Fall ist schon erledigt!)

Er hat dieses Haus von einer DDR-Staatsoper erfolgreich in eine Oper des freien Berlins umgebaut.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Herr Minister, bleiben Sie bitte gleich am Rednerpult stehen.

Es gibt einige weitere Fragen an die Regierung. – Herr Abg. Palm von der CDU-Fraktion.

Zunächst, Herr Kollege Walter – bei aller Wertschätzung –: Mit Ihrer Wertschätzung gegenüber dem Herrn Intendanten Puhlmann scheinen Sie mir doch Krokodilstränen zu vergießen.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Aha!)

Wir alle haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir haben recherchiert, und zwar im Haus, außerhalb des Hauses und beim Publikum, und wir haben uns selbst einen Eindruck verschafft. Mit „wir“ meine ich alle Mitglieder des Verwaltungsrats. Wir haben keine Stimme gefunden, die für Herrn Puhlmann gesprochen hätte,

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Hört, hört!)

aber wir haben genug Stimmen gehört, die gegen ihn gesprochen haben.

Zum Verfahren selbst: Es ist sicherlich eine außergewöhnliche Situation, wenn man zu dem Schluss kommt, dass ein erster Vertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren nicht verlängert wird. Dass dadurch ein gewisser Zeitdruck entsteht, scheint mir klar zu sein.

Ich frage deshalb erstens: Wie hätte ein Alternativszenario aussehen können, und welche Nachteile hätten daraus entstehen können?

Meine zweite Frage: Der Verwaltungsrat hat ja einstimmig beschlossen, dass weitere Kandidaten in das Verfahren einbezogen werden können und dass vor allem auch die anderen Intendanten des Staatstheaters mit einbezogen werden. Ist die Regierung bereit und in der Lage, dieses Verfahren auch so durchzuführen, wie es beschlossen wurde – offen, transparent und mit der Möglichkeit vonseiten der anderen Intendanten, eigene Kandidaten ins Spiel zu bringen?

Vielen Dank, Herr Abg. Palm. Ich will zu beiden Fragen Stellung nehmen.

Die erste Frage war, was die Alternative gewesen wäre. Was hätten wir im Normalfall gemacht, also in dem Fall, dass zu einem früheren Zeitpunkt absehbar gewesen wäre, dass Herr Puhlmann mit dem Ablauf der Spielzeit 2010/2011 aus dem Amt des Intendanten ausscheidet? Wir hätten dann frühzeitig eine Findungskommission eingesetzt, die in der Regel – das galt auch für die Findungskommission für Herrn Hendriks oder für eine entsprechende Kommission in Karlsruhe – unter der Leitung unseres Staatssekretärs stehen würde, und zwar unter Hinzuziehung der Stadt Stuttgart, und hätten dann – auch das ist eigentlich der Normalfall; jedenfalls war das in Karlsruhe und auch hier schon oft der Fall – dem Verwaltungsrat einen einzigen Vorschlag unterbreitet. Insofern ist es in der Regel auch nicht so, dass der Verwaltungsrat ein Auswahlrecht oder eine Auswahlmöglichkeit hätte. Das war auch bei den früheren Intendanten, beispielsweise bei Herrn Puhlmann selbst, nicht der Fall.

Wenn wir jetzt aber die Zeitabläufe sehen, vor denen wir stehen, dann hätte das bedeutet, dass wir jetzt, im Zeitraum August/September, eine Findung hätten einleiten müssen. Das wäre eine Zeit, in der viele Kandidatinnen und Kandidaten nicht da sind und in der viele, die in einer solchen Kommission mitarbeiten könnten, nicht greifbar sind. Wir hätten praktisch erst ab Mitte September tatsächlich mit einer solchen Suche anfangen können, also, wie jemand gesagt hat, mit der „Stunde Null“ des Verfahrens. Das hätte sich aber mit den entsprechenden Gremienentscheidungen und mit den Verhandlungen, die mit dem oder der Ausgewählten noch hätten geführt werden müssen, durchaus noch bis in den November hinein oder noch länger hinziehen können, bis wirklich ein Intendant gefunden gewesen wäre. Dann wäre eine Vorlaufzeit von zwei Jahren schon erheblich unterschritten gewesen.

Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um einen besonderen Fall handelt – relativ kurzfristige Übernahme, Baumaßnahmen und alle Verhandlungsnotwendigkeiten –, wäre unserer Ansicht nach der notwendige Zeitraum für einen wirklich guten Übergang von einem Intendanten zum anderen und von einer Spielzeit in die nächste nicht mehr gegeben gewesen.

Man muss auch die besonderen Zwänge sehen: Entweder haben wir jetzt einen Zeitzwang oder hat später der Intendant einen Zeitzwang. Der Zeitzwang des Intendanten würde dann sicherlich auch zulasten der Qualität der Oper gehen.

Ich darf zur zweiten Frage kommen. Es wird gelegentlich übersehen, dass wir im Verwaltungsrat klare Beschlüsse zum Verfahren getroffen haben – für die am 27. Juli anberaumte Sitzung – und dass das Verfahren offen ist – allerdings auch mit dem Kandidaten, der schon als Vorschlag eingebracht ist. Insofern sind wir vom Verwaltungsrat durch einstimmigen Beschluss eingesetzt worden – wenn ich „wir“ sage, dann meine ich Herrn Kollegen Dr. Birk, Frau Dr. Eisenmann und den Oberbürgermeister –, jetzt quasi als Kommission zu handeln und einen Vorschlag oder Vorschläge zu unterbreiten.

Es ist klar, dass wir gerade deswegen mit den Intendanten im Gespräch sind. Uns liegt sehr daran, Lösungen zu finden, die mit dem Stuttgarter Modell, also auch mit den Intendanten, als tragfähige Lösungen erscheinen. Denn das Stuttgarter Modell basiert ja darauf, dass es eine Gruppe von vier Intendanten gibt, die in den Bereichen, in denen es notwendig ist, zu kooperieren, miteinander arbeiten können. Das betrifft vor allem natürlich auch den Geschäftsführenden Intendanten, der mit allem zu tun hat. Schauspiel hat mit Oper weniger zu tun, als etwa Ballett mit Oper zu tun hat.

Insofern bin ich der Auffassung, dass das Wichtigste, was wir jetzt tun müssen, ist, eine enge Korrespondenz und eine enge Konsultation mit den Intendanten der Staatstheater zu führen. Denn das Wichtigste ist, nachher ein fähiges, in sich geschlossenes und gemeinsam leistungsfähiges Intendantenteam zu haben. Insofern sehe ich uns im Grunde genommen in der wichtigsten Notwendigkeit, nämlich der Abstimmung mit dem Staatstheater, und zwar nicht nur wegen der Verträge der Intendanten – die rechtliche Seite ist die eine –, sondern auch wegen der Notwendigkeit, ein funktionierendes Ganzes zu haben.

Die Staatstheater stehen auch vor der schwierigen Situation, dass ein Kern des Stuttgarter Modells, die Person von Herrn

Tränkle, jetzt ausscheidet. Wenn man weiß, wie wichtig Herr Tränkle für die Staatstheater und das Funktionieren dieses Stuttgarter Modells gewesen ist, dann weiß man auch, wie wichtig es jetzt ist, dem Nachfolger den Weg zu ebnen und eine passende Lösung, die wir jetzt anstreben, für die Intendanten und mit den Intendanten zu finden.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Minister. – Eine weitere Frage, Frau Abg. Fohler von der SPD-Fraktion.