Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich kann es diesmal ganz kurz machen. Die rechtliche Seite hat Kollege Traub ausreichend gewürdigt. Er hat auch die Situation so, wie sie sich derzeit auf Bundesebene darstellt, geschildert.
Wir sehen von unserer Seite keinen Handlungsbedarf. Die organisatorischen Fragen, die hier angesprochen worden sind, gehören aus unserer Sicht eindeutig in die Schulen und nicht in den Landtag. Im Sinne einer operativ eigenständigen Schule müsste es möglich sein, solche Probleme auch in den schulischen Gremien vor Ort zu lösen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zugegeben: Wir führen Debatten – auch initiiert durch Anträge von der Opposition –, die sachlich durchaus eine Berechtigung haben. Es gibt allerdings auch Debatten, bei denen ich mir schon überlege, welchen
tiefgründigen Sinn diese haben sollen. Die laufende Debatte um die Lernmittelfreiheit ist eine solche Debatte, bei der ich ernsthaft sagen muss, Kollege Mentrup: Es besteht überhaupt keine Veranlassung, sich bei der Lernmittelfreiheit kritisch mit der Handhabung durch die Kommunen auseinanderzusetzen.
(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Hat die Opposition sonst keine Themen?)
Denn wir haben in dieser Frage keine Problemanzeigen. Es gibt vor Ort Einzelsituationen, in denen die Möglichkeit besteht, dass sich die Eltern durch einen freiwilligen Beitrag an den Kosten für Lernmittel beteiligen. Dies kann man aber insofern aufklären, als die Eltern eben nicht die Verpflichtung hierzu haben, wenn sie dies finanziell nicht leisten können oder wollen. Der Schulträger ist dann verpflichtet, das Material leihweise zur Verfügung zu stellen.
Die Verfassungslage ist völlig klar. Sechs Bundesländer in Deutschland haben die Lernmittelfreiheit mit Verfassungsrang festgeschrieben. Damit hat Baden-Württemberg von Anfang an einen fortschrittlichen Weg beschritten. Wir wollen an dieser Regelung auch nichts ändern.
Meine Damen und Herren, wenn wir seitens des Landes die Kommunen und damit die Schulträger auffordern würden, zu erheben – auch wenn es nur stichprobenweise wäre –, ob ein zusätzlicher Kostenaufwand für die Eltern entsteht, käme das meines Erachtens einem gewissen Misstrauensvotum gegenüber der kommunalen Seite gleich. Denn es wäre falsch, in dieser Frage den Hebel anzusetzen, da vor Ort überwiegend durchaus vernünftige Regelungen gefunden werden.
Ich darf allerdings in diesem Zusammenhang auch sagen, dass man nicht nur bezüglich der Lernmittel und bezüglich der Gegenstände geringen Wertes, sondern auch hinsichtlich der sons tigen Anforderungen sagen muss, dass der Staat zusätzlich zu der verfassungsmäßig garantierten Lernmittelfreiheit nicht die Aufgabe hat, eine staatliche Rundumversorgung für die Eltern zu erzielen. Denn eine staatliche Rundumversorgung hat bei uns keinen Verfassungsrang und ist somit auch kein Staatsziel.
Ich denke, wenn es seitens der Schule zusätzliche Leistungen gibt, die für die Eltern erbracht werden, sei es, wenn Ausflüge geplant werden, oder bei anderen Aktivitäten, bei denen die Eltern einen vernünftigen Kostenbeitrag erbringen müssen, dann ist es vernünftig, bei den Eltern das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass ein eigenständiger Kostenbeitrag auch das Verantwortungsbewusstsein der Betroffenen befördert und somit letztlich im Grunde ein Eigenanteil auch zu einer Eigenverantwortung für diese Maßnahme führt.
In diesem Sinne kann auch ich es kurz machen. Wir beabsichtigen seitens der Landesregierung nicht, an dem Prinzip der Lernmittelfreiheit etwas zu verändern. Wir informieren regelmäßig sowohl unsere Schulen als auch die Schulträger über die Handhabung dieses Passus in der Landesverfassung, sodass es keine Irritationen geben kann.
Im Übrigen noch eine positive Bemerkung über die Verantwortungsträger vor Ort: Ich persönlich nehme sehr wohl wahr,
dass es bei Einzelfallentscheidungen durchaus vernünftige Lösungen zwischen den Eltern und den Schulen gibt.
Für Familien, die sich in finanziellen Nöten befinden, gibt es durchaus Unterstützungsinstrumente, um gerade auch diesen Eltern unter die Arme zu greifen, beispielsweise durch Schulfördervereine, durch die besondere soziale Härten ausgeglichen werden können. Ich sage dazu: nicht im Rahmen der Lernmittelfreiheit. Denn die Lernmittelfreiheit ist ein Verfassungsgut. Darauf hat gesetzlich, verfassungsrechtlich jeder einen Anspruch.
Aber was zusätzliche Aufwendungen betrifft: Das ist ein Thema, das den Einzelnen unter Umständen durchaus auch finanziell belasten kann. Aber auch da gibt es vernünftige Wege vor Ort, worüber letztlich die Verantwortungsträger auch Lösungen finden.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Antrag für erledigt zu erklären, da er ein reiner Berichtsantrag ist. – Sie sind einverstanden. Es ist so beschlossen.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Zukunft der Krankenhausfinanzierung – Drucksache 14/2615
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache über den Antrag fünf Minuten je Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diesmal weiß ich ja, wie es mit der Redezeit geht.
Die Debatte, die wir heute Nachmittag führen, ist eigentlich die Fortsetzung der Debatte, die wir heute Morgen begonnen haben.
Wir haben heute Morgen über die Situation der Landärzte und über eine mögliche Ausdünnung der medizinischen Versorgung gesprochen. Wir sprechen heute Nachmittag über die Krankenhäuser, über die zukünftige Krankenhausfinanzierung. Das ist ein Punkt, der sich ganz deutlich auf die stationäre Versorgung im ländlichen Raum auswirkt.
Thema des Tagesordnungspunkts ist ein Antrag, den wir vor 14 Monaten gestellt haben. So lange dauert es ja in diesem parlamentarischen Prozedere, bis dann einmal darüber diskutiert wird. Damit waren wir vor einem Jahr sehr aktuell. Damals gab es die riesigen Proteste. Da war das gesamte Pflegepersonal auf der Straße. In diesem Jahr sind die Ärzte auf der Straße.
Vor einem Jahr ist sehr deutlich geworden, dass die gesundheitspolitischen Auswirkungen auf die Finanzierung der Krankenhäuser katastrophal sind,
dass sie letztendlich dazu führen, dass es den Krankenhäusern überhaupt nicht mehr möglich ist, den Aufgaben tatsächlich gerecht zu werden, dass das Pflegepersonal nicht mehr adäquat bezahlt wird, dass die Krankenhäuser die Tariferhöhungen gar nicht mehr auffangen können und dass deshalb Personal entlassen werden musste.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Unterhaltungen außerhalb des Plenarsaals zu führen.
Wir haben insgesamt in den letzten zehn Jahren eine sehr dramatische Umstrukturierung in der gesamten Krankenhauslandschaft gehabt. Wir haben in Baden-Württemberg die Zahl der Krankenhäuser um 6,3 % verringert. Wir haben die Bettenzahl um fast 10 % reduziert. Wir haben eine Steigerung der Patientenzahl um 11 %, und gleichzeitig hat sich die Verweildauer um fast 26 % reduziert. Für das Pflegepersonal ergab sich ein enormer Anstieg der Arbeitsbelastung. In Baden-Württemberg kommen auf eine Pflegeperson 55 Patienten, die versorgt werden müssen. Zum Vergleich: In der Schweiz, die in diesem Bereich sehr attraktiv ist, kommen auf eine Pflegeperson nur 24 Patienten,
also weniger als die Hälfte. Das heißt, die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal sind in deutschen Kliniken, in badenwürttembergischen Kliniken ganz besonders angespannt. In der Kombination aus der Steigerung der Patientenzahl pro Pflegekraft bei gleichzeitiger Verminderung der Verweildauer bedeutet dies, dass die Pflege sehr intensiv geworden ist. Das wiederum bedeutet, dass die Arbeitsbelastung für die Pflegekräfte doppelt und dreifach erhöht wird.
Gleichzeitig werden die Pflegekräfte nicht wesentlich besser bezahlt. Zwar sind die Tarifsteigerungen insgesamt übernommen
und damit die Einkommensanpassungen gesichert worden. Aber letztendlich ist die Konsequenz aus all diesen wirklich verfehlten gesundheitspolitischen Aspekten, dass es – das ist eine aktuelle Entwicklung, die ich sehr erschreckend finde – bei Krankenhäusern zunehmend dazu kommt, dass Patienten
abgewiesen werden müssen, weil nicht genügend Pflegepersonal vorhanden ist oder weil nicht genügend Ärzte vorhanden sind,
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ist das nicht Zwei- klassenmedizin? Könnte man das Zweiklassenmedi- zin nennen?)
die dann z. B. die Notfallversorgung übernehmen könnten. Dazu gab es gerade in der letzten Woche verschiedene Meldungen in der Presse, wonach in Tuttlingen und im Kreis Schramberg Patienten hätten abgewiesen werden müssen.