Protocol of the Session on May 13, 2009

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da kann man Ehe- gattensplitting machen! – Zuruf des Abg. Karl Zim- mermann CDU – Unruhe)

Ein weiteres Beispiel, wofür man diese Flexibilität braucht: Es ist eigentlich nicht einzusehen, weshalb ein Mann geehrt wird, weil er z. B. zehn Jahre lang erster Vorsitzender war

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: 20!)

20, gern –, und die Frau, die 30 oder 40 Jahre lang als zweite Vorsitzende die Hauptarbeit gemacht hat, die Ehrung nicht bekommen soll.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Ich bitte, künftig einmal stärker darauf zu schauen, was tatsächlich geleistet worden ist und wer nur Repräsentationsaufgaben wahrgenommen hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Machen wir bei den Frauen zehn, bei den Männern 20! – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stickelberger?

Bitte, sehr gern.

(Zuruf: Rainer, jetzt! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Herr Stickelberger ist bestimmt ironisch!)

Frau Kollegin Berroth, stimmen Sie mir zu, dass etwa eine Doppelehrung schon bisher möglich war und dass die Verteilung der Ehrungen nach Geschlechtern nicht von der Formulierung des Gesetzes abhängt, sondern von der tatsächlichen Auszeichnungspraxis, wie sie die Landesregierung dann ausübt?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Da stimme ich Ihnen vollständig zu. Ich mache diese Erklärung nur deshalb, weil ich darauf hinweisen möchte, dass die Verwaltung und übrigens auch die, die beantragen, solche Dinge künftig mehr mit im Auge haben sollen. Wenn es beantragt wird, wird es, glaube ich, seltener abgelehnt, aber es wird oft erst gar nicht beantragt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Bürgermeister! Das sind die Bürgermeister!)

Herr Stickelberger, ich komme auch gleich noch zu Ihrer Sorge und will Sie darauf hinweisen, dass im Gesetzentwurf auch steht, dass alle Gruppen der Bevölkerung „möglichst gleichmäßig berücksichtigt werden“ sollen, sodass wir davon ausgehen können, dass Mitglieder der SPD oder Mitglieder der FDP/DVP entsprechend ihrem Anteil ebenso dazugehören. Ihre Befürchtung, die zwischen den Zeilen stand, teilen wir nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Bravo! – Minister Peter Hauk: Die sind halt weniger!)

Frau Kollegin Bauer, ähnlich geht es mir mit der Vergabe des Titels „Professor“.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)

Da steht – wer genau hinguckt, sieht es – deutlich „ehrenhalber“ dahinter.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja! – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Das stimmt nicht!)

Ich weiß nicht, warum sich ein wissenschaftlicher Professor durch eine solche Würdigung, die nur für eine wirklich besondere Leistung vergeben wird, beeinträchtigt fühlen soll.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Es ist deutlich, dass der Geehrte kein wissenschaftlicher Professor ist. Und auch da gilt: Besonders der Wert einer solchen Ehrung hängt – wie übrigens auch beim Geld – von der knappen Zahl der Ehrungen ab. Deswegen gehe ich davon aus, dass sich mit diesem Gesetz diesbezüglich in der Realität keine großen Änderungen gegenüber der bisherigen Praxis ergeben. Solche Ehrungen bleiben weiterhin etwas Besonderes, aber wir alle können durch das Gesetz das Verfahren künftig besser nachvollziehen und gegebenenfalls einmal nachfragen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 14/4366 zur wei

teren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu. Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Arbeit und Soziales – Stand der Umsetzung des Chancengleichheitsgesetzes in der öffentlichen Verwaltung des Landes – Drucksache 14/2295

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Arbeit und Soziales – Chancengleichheit in den Kommunen und Landkreisen des Landes – kommunale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte gesetzlich verankern – Drucksache 14/2324

c) Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der

Landesregierung – Eine Zwischenbilanz der strukturellen Maßnahmen zur Frauenförderung an den Hochschulen in Baden-Württemberg und was (noch) notwendig ist – Drucksache 14/3432

d) Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der

Landesregierung – Eine Zwischenbilanz der unterstützenden Maßnahmen zur Frauenförderung an den Hochschulen in Baden-Württemberg und was (noch) notwendig ist – Drucksache 14/3938

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, für das Schlusswort zu c und d fünf Minuten.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Wonnay.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

So lautet der klare Auftrag von Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes. Um diesen Auftrag umzusetzen, gibt es hier im Land das Chancengleichheitsgesetz. In § 1 dieses Gesetzes wird als Ziel formuliert – ich zitiere –:

Ziel des Gesetzes ist die berufliche Förderung von Frauen unter Wahrung des Vorrangs von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Artikel 33 Abs. 2 GG), insbesondere die Verbesserung der Zugangs- und Aufstiegschancen für Frauen, eine deutliche Erhöhung des Anteils der Frauen in Bereichen, in denen sie geringer repräsentiert sind als Männer, sowie die Beseitigung bestehender Benachteiligungen.

Sowohl unser Grundgesetz als auch das Chancengleichheitsgesetz formulieren also klare Ziele. Betrachten wir allerdings die Umsetzung, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir leider feststellen, dass diese Ziele bisher klar verfehlt werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Die Frauenförderung im Land, so, wie sie im Chancengleichheitsgesetz formuliert wird, kommt kaum von der Stelle. Frauen sind in Führungspositionen der Landesverwaltung nach wie vor stark unterrepräsentiert. Viele Kommunen ignorieren die viel zu lasch formulierten gesetzlichen Vorgaben zur Frauenförderung. Das halten wir für völlig inakzeptabel.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ich beginne mit der Landesverwaltung. Betrachtet man die von der Landesregierung in ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag vorgelegten Zahlen aus dem vorigen Jahr, kommt man zu der ernüchternden Erkenntnis, dass es über 20 Jahre dauern wird, bis Frauen in Führungspositionen angemessen vertreten sind, wenn es beim bisherigen Schneckentempo bleiben würde. Das kann es nun wirklich nicht sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Seit dem Inkrafttreten des Chancengleichheitsgesetzes Ende des Jahres 2005 hat sich die Zahl der Frauen in Führungs positionen – z. B. in der Besoldungsgruppe A 16 bzw. in der B-Besoldung, z. B. Abteilungsleiterin in einem Ministerium – nur ganz geringfügig erhöht: in der Besoldungsgruppe A 16 um 2,7 Prozentpunkte auf durchschnittlich 17,1 % und in der B-Besoldung um 4,3 Prozentpunkte auf durchschnittlich 12,4 %.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Unglaublich!)

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt die Landesverwaltung noch weit unter dem ebenfalls sehr geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen in der privaten Wirtschaft, der in Baden-Württemberg bei etwas mehr als 18 % liegt.