Protocol of the Session on April 23, 2009

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE meldet sich. – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Kleinmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, im Moment nicht, sonst komme ich mit meiner Rede nicht durch.

Keine Zwischenfrage.

Wenn wir in Deutschland den Anbau zugelassener Sorten verbieten – es geht um zugelassene Sorten, um sonst nichts – und Freilandversuche untergraben, werden wir als ein Hauptanbauland für Mais im europäischen und weltweiten Wettbewerb, wie ich und meine Partei meinen, ins Hintertreffen geraten. Deutschland ist gerade auch für kleinere und mittelständische Saatzuchtunter

nehmen ein wichtiger Anbaustandort, aber natürlich nur so lange, wie zugelassene Sorten – wohlgemerkt: zugelassene Sorten – ungehindert angebaut und genehmigte Freilandversuche ungehindert durchgeführt werden können.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Durch derartige politische Entscheidungen verlieren wir nicht nur Hightechunternehmen, die wir dringend benötigen,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

sondern auch Spitzenforscher.

Die Biotechnologie stellt eine, wie ich meine, wichtige Zukunftsbranche für Forschung und Wirtschaft dar, die bereits weltweit etabliert ist. Eine pauschale Ablehnung der Gentechnik schadet dem Forschungsstandort Deutschland.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Hiermit wird eine Zukunftstechnologie aus Deutschland verbannt. Dies werden wir nicht ohne Weiteres hinnehmen. Wir brauchen vielmehr die Zukunftstechnologie.

Gleichwohl dürfen wir die Ängste der Menschen nicht ignorieren.

(Zurufe der Abg. Reinhold Gall SPD und Theresia Bauer GRÜNE)

Überall auf der Welt benötigen gentechnisch veränderte Pflanzen eine Zulassung, sonst dürfen sie nicht auf den Markt. In Europa ist das von den Mitgliedsstaaten und einer großen Mehrheit des Europäischen Parlaments beschlossene Rechtssystem besonders streng und wird besonders streng gehandhabt. Eine Zulassung wird nur dann erteilt, meine Damen und Herren, wenn das Gentechnikprodukt nachweislich genauso sicher ist wie ein konventionelles Vergleichsprodukt. Forschung ist deshalb, wie ich schon erwähnt habe, gerade auch zum Schutz der Verbraucher notwendig, um weitere Erkenntnisse zu erlangen.

Herr Kollege Kleinmann, kommen Sie bitte allmählich zum Schluss.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Am Schluss kann sich Herr Kleinmann bei Monsanto bewer- ben!)

Als Liberale treten wir dafür ein, dass die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien Beachtung in der Politikgestaltung finden, dass Schluss gemacht wird mit einer Kampagne der Angstmache und dass insbesondere die Forschung, wie es ihr auch grundsätzlich zusteht, alle Freiheiten für eine freie Forschung erhält. Wir müssen an unsere Zukunft denken,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Genau darum geht es! – Abg. Stephan Braun SPD: Das ist eine Erkenntnis!)

an unser Land als Forscherland. Wir brauchen Landwirtschaft und Verbraucher und Wirtschaft.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Kleinmann, ich fordere Sie jetzt auf, zum Schluss zu kommen.

Den einen Satz will ich noch sagen: Wir wollen, dass Erkenntnisse erarbeitet werden und dies in unseren Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen zu neuen Arbeitsplätzen in Deutschland führt.

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das waren ste- hende Ovationen im eigenen Lager!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Brunnemer das Wort.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gute Frau!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben wieder einmal eine hitzige Debatte über grüne Gentechnik, und das nicht nur hier. Angesichts großer Ängste und Unsicherheiten bei den Bürgern ist eine faire und eine verantwortungsbewusste Debatte über die Chancen und die Risiken notwendig.

(Beifall des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Lassen Sie uns daher in aller Sachlichkeit darüber reden.

Worum geht es? Es geht um den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Klar ist: Es gibt nur eine Maissorte, MON 810, die zurzeit in Europa als einzige gentechnisch veränderte Pflanze für den kommerziellen Anbau zugelassen ist.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Auf 3 000 ha!)

Klar ist auch: Wir haben diesen Mais nicht auf den Äckern in Baden-Württemberg. Die Bauern wollen diesen Genmais nicht, und die Verbraucher wollen ihn auch nicht. Jeder Landwirt und jeder Verbraucher muss für sich selbst entscheiden, ob er gentechnisch veränderte Produkte anbaut oder kauft.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So einfach ist es nicht! Weil dann manche nicht mehr unterscheiden kön- nen!)

Die Wahlfreiheit der Bauern und der Verbraucher hat oberste Priorität.

(Beifall bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Bravo!)

Um überhaupt eine Entscheidung treffen zu können, brauchen wir objektive Informationen und sichere Fakten über die Chancen und Risiken dieser GVO.

Wir brauchen dazu eine unabhängige und neutrale Forschung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Diese muss dringend weitergeführt werden, und zwar bei uns. Wir dürfen uns nicht vom Fortschritt abhängen lassen;

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr richtig! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Welche unabhängige Forschung hat es denn gegeben?)

denn dieser ist nicht nur auf den Äckern in Baden-Württemberg, sondern auch in unseren exzellenten Labors, in unseren Forschungsanstalten und auch in unseren Hightechfirmen notwendig.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht über das Ziel hinausschießen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Debatte über Genmais dazu missbraucht wird, die Biotechnologie insgesamt infrage zu stellen. Wir dürfen unsere erfolgreiche Biotechnologieforschung nicht auslöschen.

Bedenken Sie, was dadurch Gutes entstanden ist. Ohne diese wichtige Technologie könnte heute jede Apotheke schließen. Deutschland darf sich keinesfalls von der Gentechnik und ihren Chancen verabschieden.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich sage Ihnen: Wer Gentechnik in unserem Land infrage stellt, der muss wissen, dass sie dann im Ausland Anwendung findet und in Form von Produkten zu uns zurückkommt, die ohne unseren Einfluss und ohne deutsche Wertschöpfung hergestellt worden sind und ohne weitere Chancen für unsere Wissenschaft und unsere Wirtschaft sind.

(Abg. Stephan Braun SPD: Aber jetzt sagen Sie doch einmal, wer recht hat: Schavan oder Aigner?)

Interessant ist, dass die US-amerikanische Regierung rund 10 Milliarden US-Dollar aus den landesweiten Förderprogrammen in die Biotechnik investiert. Mit diesen Milliarden an Fördermitteln lassen sich sowohl neue Forschungsprojekte aufsetzen als auch neue Wissenschaftler einstellen. Diese Wissenschaftler suchen die Amerikaner besonders gern in Europa, am allerliebsten in Deutschland, wobei diese Forscher von unseren Universitäten und Instituten hervorragend ausgebildet worden sind.

Die aktuelle Entscheidung in Sachen Genmais ist ein weiterer Grund, der den einen oder anderen Wissenschaftler dazu bringt, seine sieben Sachen zu packen und ein lukratives Auslandsangebot anzunehmen.