Schließlich ein letzter Punkt zu den Veränderungen bei der Verwaltung. Ich glaube, dass auch hier entscheidend gute Ergebnisse erzielt worden sind:
Wir sehen es zweitens als positiv an, dass die Steuerverwaltung nicht auf den Bund übertragen worden ist.
Wir sehen es drittens als positiv an, dass ein Benchmarking gemacht wird, aber unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit, also der Beteiligung der Länder, wenn sie es wollen.
Wir sehen es insbesondere auch als sehr, sehr positiv an, dass die Ertragskompetenz für die Feuerschutzsteuer beim Land verbleibt. Das haben wir durch die Feuerwehren in unserem Land bereits positiv erfahren.
Noch einmal, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es war eine schwierige Aufgabe. Es gab divergierende Interessen zwischen finanzschwachen und finanzstarken Ländern, zwischen A- und B-Ländern, zwischen dem Bund und den Ländern. Dies alles in einem eng gesteckten Zeitfenster zu einem Ergebnis zu führen war eine schwierige Aufgabe. Umso mehr freut es uns, dass unser Ministerpräsident als treibende Kraft, als Ideengeber, als Moderator, als jemand, der Kompromisse gesucht hat, nun Ergebnisse vorweisen kann und die vielstimmigen Diskussionen zu einem guten Ende geführt hat. Wir gratulieren ihm hierzu, und wir danken ihm.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang meiner Rede möchte ich für zwei Drittel des Ergebnisses der Föderalismuskommission Dank an den Ministerpräsidenten sagen. Er hat sich dafür eingesetzt, dass diese zwei Drittel zustande gekommen sind. Leider kam auch das dritte Drittel zustande, auf das ich später stärker eingehen möchte. Ich möchte in diesen Dank auch den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, mit einbinden. Beide haben eine große Leistung erbracht, weil die Divergenzen nicht nur während der Tätigkeit der Föderalismuskommission, sondern auch schon vorher sehr, sehr groß waren.
Lassen Sie mich zuerst einmal zum Ergebnis kommen. Das Ziel, die Nullneuverschuldung bis 2020 zu erreichen, teilen wir. Die SPD-Fraktion ist dafür, dass die Vorgabe der Nullneuverschuldung in die Verfassungen aufgenommen werden muss. Wir glauben, dass dann ein gesellschaftliches Klima in der Politik entsteht, weil dann ein Druck entsteht, dass die Ausgaben den Einnahmen folgen. Das halten wir schon für eine sehr vernünftige gesellschaftliche Entwicklung in den Länder- und Bundeshaushalten.
Zweitens: Auch die Konsolidierungshilfen tragen wir mit, wobei klar ist, dass über Staatsverträge mit den Ländern geregelt wird, welcher jährlichen Rückführung ihres Defizits sie sich
ab 2011 unterwerfen müssen; das ist nämlich jedes Jahr ein Neuntel der strukturellen Defizite. Dass sich die Länder dem unterwerfen müssen und dies möglicherweise in ihren Verfassungen festlegen müssen, ist für uns glasklar. Das bedeutet für das Saarland, für Bremen, Schleswig-Holstein, Berlin und Sachsen-Anhalt, dass sie aufgrund klarer Regelungen ihre Defizite zurückführen müssen. Ausnahmen sind die konjunkturelle Entwicklung und Naturkatastrophen, wobei nicht jeder Dauerregen in Bremen eine Naturkatastrophe ist – es ist klar, es muss ein besonderes Ereignis eintreten –, und drittens außergewöhnliche Situationen wie z. B. in diesem Jahr die Finanzkatastrophe, die wir jetzt gerade in den Länderhaushalten zu bewältigen versuchen.
Es ist auch vernünftig, die Nullneuverschuldung auf das Jahr 2020 hin vorzusehen. Da laufen der Solidarpakt II und der Länderfinanzausgleich aus. Dann haben die Länder vielleicht in einer Föderalismuskommission III die Möglichkeit, zusammen mit dem Bund andere Regelungen zu treffen. Dass wir dazu noch ein zentrales Krebsregister für Deutschland bekommen, was sehr wichtig ist, dass wir dazu noch Leistungsvergleiche erhalten und jetzt noch vorgesehen haben, dass der Bund in Ausnahmesituationen, in Finanzsituationen wie jetzt den Kommunen direkt helfen kann, halten wir für in Ordnung und für richtig.
Hinsichtlich der Abstufung von Bundesstraßen sehen wir das ähnlich. Wenn wir Landesstraßen zu Kreisstraßen abstufen, geben wir den Kreisen Geld, und genauso muss es zwischen Bund und Ländern laufen.
Ich bedauere außerordentlich, dass es uns nicht gelungen ist, bei der Steuerhoheit der Länder etwas zu erreichen, sowohl was eigene Steuern, als auch was Zuschlagsrechte betrifft. Zentralistisch regierte Staaten wie Spanien oder Großbritannien räumen Katalonien bzw. Schottland in ihren Verfassungen inzwischen erhebliche Steuerhoheiten mit eigenen Steuerhebesätzen ein. Leider ist das in der Bundesrepublik Deutschland in diesem Fall nicht gelungen.
Lassen Sie mich jetzt zum Schluss zu dem Punkt kommen, dem die SPD-Fraktion überhaupt nicht zustimmen wird und zustimmen kann. Ich meine die Regelung der Nullneuverschuldung plus deren Auswirkungen im Grundgesetz. Nach unserer Meinung hat der Bund überhaupt nicht die Regelungskompetenz in dieser Frage der Finanzen und des Haushaltsrechts. Das Budgetrecht, das Haushaltsrecht bei den Parlamenten der Länder, bildet einen Teil der Eigenstaatlichkeit ab, und zur Haushaltswirtschaft gehört auch die Kreditaufnahme. So ist das ausdrücklich in mehreren Verfassungsgerichtsurteilen benannt.
Das heißt, wenn wir jetzt zulassen, dass uns der Bund die Nullneuverschuldung – so sage ich einmal – durch eine Grundgesetzänderung mit Zustimmung des Bundesrats aufoktroyiert, geben wir ein erhebliches Recht dieses Landtags auf.
Deswegen sagen wir von der SPD-Fraktion: Wir erklären uns bereit, diese Regelungen in der Landesverfassung vorzunehmen. Da gehören sie hin. Da verzichten wir auf etwas, z. B. auf unser Recht, auch Kredite aufzunehmen. Aber dies geht, sage ich einmal auf Neudeutsch, den Bundestag überhaupt nichts an.
Der Bundestag ist nicht höher angesiedelt, und die Länderparlamente stehen nicht unter ihm. Das meinen manche im Bundestag, aber so ist die Verfassungslage eben nicht.
Wenn man sich einmal einliest, wie das denn im Parlamentarischen Rat mit dem Sinn und Zweck von getrennten Haushaltswirtschaften so war, stellt man fest – das muss man deutlich machen –, dass gerade dies in den Länderparlamenten und auch im Bund so gesehen wurde. Es sollte verhindert werden, dass die Länder wie in der Weimarer Republik zu Kostgängern des Bundes werden oder umgekehrt. Insbesondere sollten sie nicht wie im Dritten Reich vorwiegend auf Dotationen des Bundes angewiesen sein.
In der dritten Sitzung des Plenums am 9. September 1948 brachte Abg. Dr. Schwalber dieses Ziel auf folgende Kurzformel:
Ein Land, das kein Budgetrecht mehr hat, ist kein Staat, und einer Volksvertretung, der das Budgetrecht genommen wird, wird damit das Kernstück der Volksvertretung überhaupt genommen.
Deswegen hat Professor Dr. Schneider in einem 32-seitigen Gutachten untersucht, ob das möglich ist. Dies ist nach unserer Verfassung nicht möglich.
Ich lese Ihnen auch noch vor, was am 9. Februar 2009 der ehemalige Verfassungsrichter Jentsch in einem Gespräch mit der FAZ gesagt hat; das ist ja nun keine Zeitung, die der Sozialdemokratie gehört.
Der Bund hat keine Regelungsbefugnis, eine konkrete Verschuldungsgrenze einzuführen. Im Grundgesetz heißt es: „Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbstständig und voneinander unabhängig.“ Das kann nicht verändert werden, weil es Ausdruck des Bundesstaatsprinzips ist.
Auch nicht durch eine Verfassungsänderung, die immerhin der Zustimmung auch von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates bedarf?
Nein. Die geplante Regelung fällt unter die Ewigkeitsgarantie. Zwar kann der Gesetzgeber eingreifen und Grundsätze aufstellen. Und die Länder sind nicht ganz frei; sie haben Verhaltenspflichten. Die kann der Bund auch einfordern … Der Bund darf aber keine „Nulllinien“ für alle Länder vorgeben – auch nicht mit Zustimmung der Länder.
Dazu muss ich sagen, dass die Verankerung im Grundgesetz in ihrer Auswirkung bedeutet, dass es jetzt einen Stabilitätsrat gibt. In diesem Stabilitätsrat ist der Bund und sind alle 16 Länder vertreten. Der Stabilitätsrat hat natürlich eine Geschäftsstelle – das ist ja das Erste, was man macht: eine Geschäftsstelle einrichten –, und der Stabilitätsrat wird jeden Haushalt jedes Bundeslands – auch den des Landes BadenWürttemberg, obwohl das Land kein Hilfeempfänger ist – jedes Jahr überprüfen. Er wird Kennzahlen für das Haushaltsrecht ausgeben; das alles steht dann im Grundgesetz und in den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen.
Wenn diese regelmäßige Überwachung durch den Stabilitätsrat, liebe Kolleginnen und Kollegen – das müssen Sie sich anhören –, danach geht, dass es vielleicht irgendwann zu einer Schuldenaufnahme kommt, hat der Stabilitätsrat folgende Möglichkeiten: Er berät jährlich über die Haushaltslage der Länder, er beschließt allgemein geltende Schwellenwerte, und nach eingehender Prüfung stellt er möglicherweise fest, dass das Land jetzt etwas machen muss, um nicht in eine Verschuldungssituation zu kommen.
Nicht wir! Und dann wird – natürlich in Zusammenarbeit mit dem Land – festgelegt, was das Land machen muss. Es wird ein Sanierungsprogramm vereinbart – ein Sanierungsprogramm!
Das ist doch unsere Zuständigkeit. Sie können doch das Recht, dass wir dafür zuständig sind, nicht irgendeinem Rat des Bundes geben, Frau Kollegin.
Dem Stabilitätsrat gehören im Übrigen Vertreter des Bundes, der über 65 % der Gesamtschulden der Bundesrepublik Deutschland von 1,5 Billionen € aufgenommen hat, an.