Protocol of the Session on February 18, 2009

Das, was Sie jetzt ankündigen, nämlich dass der Vertrag hier noch einmal diskutiert wird, ist alles weiße Salbe. Sie holen sich jetzt eine Vollmacht, und dann ziehen Sie das Ding durch. Der einzige Punkt, den Sie bisher an den Grundsätzen geändert haben, ist, dass der Prinz künftig nicht als Manager durch die Gegend marschieren kann und nicht noch immer so tun kann, als sei er der eigentliche Umtreiber. Das ist weg. Das ist auch in Ordnung so.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber er ist als Berater noch dabei!)

Aber alle anderen Dinge, die wir kritisiert haben, sind nach wie vor drin.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Warum so verächt- lich?)

Sie stehen nach wie vor im Wort, die Dinge erst hier zu diskutieren, bevor irgendwelche Verträge unterschrieben werden.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt komme ich zum eigentlichen Thema. Ich will mich nicht mit Koalitionsvorgängen aus dem letzten Jahrhundert beschäftigen, sondern direkt auf das zu sprechen kommen, worum es geht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der Maurer ist aber inzwischen in einer anderen Partei!)

Sie, Herr Ministerpräsident, haben gesagt: „Wenn der Bundesrat am Freitag zustimmt, dann können wir am Montag loslegen, denn wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.“

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist so!)

Das waren Ihre Worte. Der Bundesrat kann aber nur dem zustimmen, was der Bundestag verabschiedet hat. So einfach ist das. Da wird jetzt ins Gespräch gebracht: Wir rufen den Vermittlungsausschuss an. Ich weiß gar nicht, wie Herr Theurer das machen will. Will er da mit seinem Landesvorstand hineinmarschieren und sagen: „Sitzung beendet, wir feiern Fasching“?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Quatsch! Bleiben Sie ein bisschen seriös, Herr Kollege! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Alles, was jetzt nicht zu einer Beschlussfassung über das Gesetz führt, das der Deutsche Bundestag verabschiedet hat, schiebt die Dinge auf die lange Bank. Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit. Was Sie jetzt als Entschließungsantrag vorlegen, ist doch Wischiwaschi. Entweder Sie stimmen dem vorliegenden Gesetz zu, oder das Gesetz tritt am Freitag nicht in Kraft.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sagen: „Wir werden noch über Dinge reden, die man dann in anderen Zusammenhängen neu fasst“, dann sage ich Ihnen: Ja, immer zu! Wenn die Kanzlerin heute ankündigt, dass das Kriterium der „Zusätzlichkeit“ verändert wird: Wissen Sie, wem Sie das zu verdanken haben? Ich habe der Kanzlerin einen Brief geschrieben.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU, den Grünen und der FDP/DVP – Oh-Rufe von der FDP/ DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: So wie bei der Feuerschutzsteuer? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da war sie sicher beeindruckt! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Hat sie ihn auch gelesen, Herr Schmiedel? – Lebhafte Unruhe)

Wenn wir jetzt hören, dass das dazu führt, dass man das in anderem Zusammenhang korrigiert, dann ist das ja okay.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was hat sie ge- schrieben?)

Die Ängste, die Sie da an die Wand malen, Herr Kretschmann, sind völlig daneben. Denn wenn das Land Baden-Württemberg mit all den Rücklagen, die wir haben und die ja aus nicht getätigten Investitionen und aus anderem stammen, es nicht schafft, zusammen mit den Kommunen dieses Kriterium zu erfüllen, dann schafft es niemand. Dann wird es auch geändert. Es wird noch viel geändert werden.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Eben! Eben!)

Sie haben ja recht.

Aber um die Entscheidung über ein vorliegendes Gesetz, das nicht mehr geändert werden kann, ohne dass es auf die lange Bank geschoben wird und weitere parlamentarische Verfahren notwendig werden, kommen Sie nicht herum, auch Sie nicht. Deshalb wollen wir schon wissen, ob Sie dem vorliegenden Gesetz am Freitag zustimmen, unbeschadet aller Gespräche, die Sie koalitionsintern oder mit der SPD, der FDP oder wem auch immer führen. Dies gilt auch für andere künftige Vorgänge. Stimmen Sie dem vorliegenden Gesetz zu,

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

ja oder nein? Das ist die entscheidende Frage.

Das wollen wir nachher bei der Abstimmung nicht nur von der FDP/DVP wissen, sondern auch von Ihnen, Herr Mappus.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einen Aspekt ansprechen, weil ich in der ers ten Runde darauf hingewiesen hatte, dass es zwei Gründe gibt, weshalb diese Weltwirtschaftskrise noch nicht zu einem Weltenbrand geführt hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Der erste Grund liegt in der Antwort auf die Frage: Halten die Regierungen mit eigenen Programmen dagegen? Das ist jetzt abgearbeitet. Da warten wir jetzt nur noch auf Ihre Entscheidung, ob Sie am Freitag zustimmen oder nicht.

Der zweite Grund ist die nach den Erfahrungen mit der Insolvenz von Lehman Brothers getroffene internationale Verabredung, keine systemrelevante Bank mehr in die Insolvenz gehen zu lassen, weil das unberechenbare Wellen – und zwar weltweit – nach sich zöge. Dies hat bis jetzt gehoben.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Gehalten, nicht „ge- hoben“! – Gegenruf des Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Auf Schwäbisch „gehoben“!)

Deshalb hat die Bundesregierung jetzt auch ein Gesetz vorbereitet, das demnächst in den Bundestag und natürlich auch in den Bundesrat kommt, in dem als letzte Möglichkeit die Verstaatlichung einer Bank vorgesehen wird – gemeint ist die Hypo Real Estate –, wenn es nicht anders geht, um diese Bank zu stabilisieren. Eine Grundvoraussetzung dafür war das, was Sie angesprochen haben: Die Dinge kommen in Fluss, weil

die staatliche Garantie ernst genommen wird, dass keine sys temrelevante Bank mehr in die Insolvenz gehen darf.

Dass ausgerechnet der Ministerpräsident des Landes BadenWürttemberg Zweifel an diesem Grundsatz sät, dass er in der „Wirtschaftswoche“ vom letzten Freitag eine Option eröffnet – Hypo Real Estate kann auch in die Insolvenz gehen; wenn das Folgeschäden im Inland hat, dann können wir die Sparkassen und die Volksbanken entschädigen; dann fangen wir das dort auf, aber nicht bei der Hypo Real Estate; diese lassen wir in die Insolvenz gehen –, ist abenteuerlich.

Ich bin auch Frau Merkel dankbar – man weiß gar nicht mehr, ob sie letztlich schon zu uns gehört oder noch bei der CDU ist –,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist eine spannende Aussage! – Zuruf des Abg. Helmut Wal- ter Rüeck CDU)

dass sie Herrn Oettinger umgehend widersprochen hat. Diese Einlassung, eine Bank, die so systemrelevant ist wie keine zweite, in die Insolvenz gehen zu lassen, untergräbt das, was wir alle brauchen, nämlich das Vertrauen in die Verlässlichkeit und das Vertrauen in den Staat, dass er zu diesen internationalen Absprachen steht. Dieser enge Horizont, zu sagen: „Wir fangen dann die Folgewirkungen im Inland auf; im Ausland ist uns das egal“, ist uns doch schon bei Lehman Brothers gezeigt worden.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Keine Aufregung!)

Deshalb verlangen wir von der Landesregierung an diesem Punkt Verlässlichkeit und Unterstützung der Bundesregierung, die die notwendigen Schritte unternimmt, und keine Querschüsse, kein „Gebabbel“ an der falschen Stelle.

(Beifall bei der SPD – Zuruf: Das sagt der Rich- tige!)

Das Wort erteile ich nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Vorsitzenden der Fraktion GRÜNE, Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe zu solchen Krisen eine ganz klare Einstellung und Philosophie. Ich bin der Ansicht, dass das Ausmaß dieser Krise durch einen Vertrauensschwund entstanden ist. In einer solchen Krise muss man Vertrauen herstellen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja!)

Das ist das alles Entscheidende.

Wodurch ist diese Krise entstanden? Durch unseriöse Aktionen auf den Finanzmärkten in den USA.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/ DVP: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt!)

So ist die Krise entstanden. Jetzt wächst sich die Krise zu einer Wirtschaftskrise aus, weil eine Ressource fehlt. Diese Ressource heißt Vertrauen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Auch das stimmt! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Schon ein biss- chen mehr!)

Deswegen ist jetzt allen die Rückkehr der Politik in dieser Krise klar.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wo war denn Rot- Grün in dieser Zeit? Wo war denn Rot-Grün? Ihr habt die Möglichkeit eröffnet! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Viele haben gepredigt – vor allem auch Sie, Herr Noll, mit Ihrem Marktradikalismus –: Der Staat soll sich immer mehr zurückziehen. „Deregulierung“ war Ihr Lieblingswort.