Bei Ihnen, Kollege Schmiedel, kann man manchmal den Eindruck haben, dass Sie als Fraktionsvorsitzender Kilometergeld erhalten.
Gestern beglückte uns Herr Kollege Schmiedel in Pforzheim bei der „Pforzheimer Zeitung“. „Schmiedel will Kurswechsel“, heißt die Überschrift. Aber was er an Kurswechsel will, ist wirklich bemerkenswert. Herr Schmiedel lässt uns über die „Pforzheimer Zeitung“ wissen, dass er zur alten Frühverrentungspraxis zurückkehren will.
Das ist besonders bemerkenswert, weil der gerade aktuelle Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands derjenige war, der genau die Frühverrentungspraxis, die Herr Schmiedel jetzt wieder einfordert, vor anderthalb Jahren abgeschafft hat, meine Damen und Herren.
Dazu kann ich nur sagen: Was Sie wollen, Herr Schmiedel, heißt: Wer den 55. Geburtstag erreicht hat, wird mit der freund lichen Empfehlung der SPD-Landtagsfraktion aus dem Erwerbsprozess gezogen.
Sie sagen wieder einmal nicht, wie Sie das Ganze finanzieren wollen. Dabei war genau das der Ausgangspunkt der Reformen von SPD und Grünen, zu sagen: Was wir früher gemacht haben, ist nicht finanzierbar; deshalb schaffen wir es ab. Herr Kollege Schmiedel will es wieder einführen, meine Damen und Herren.
(Beifall des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er will in den Ruhestand gehen!)
Um es klar zu sagen, Herr Kollege: Ich nehme jeden Vorschlag ernst, wenn er eine Finanzierung auf der anderen Seite der Bilanz aufweisen kann. Sie fordern das Blaue vom Himmel herunter und versprechen allen alles in dem Glauben, dass Sie die Linke damit überholen können.
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wer die überholt, stellt sich aber gerade an anderer Stelle heraus!)
Ich kann Ihnen nur sagen: Sie werden damit scheitern. Die Menschen sind, weiß Gott, nicht so dumm, als dass sie Ihnen das abkaufen, was Sie ihnen alles versprechen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das gilt aber für Ihre Steuersenkungspläne genauso! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)
Meine Damen und Herren, kein Staat der Erde kann die Wucht dieser weltweiten Krise wirklich aufhalten und die volkswirtschaftlichen Verluste vollständig ausgleichen. Politische Machbarkeit hat ihre Grenzen. Aber der Staat kann mit seinen Mitteln Härten dämpfen und den Aufprall abfedern. Deshalb ist es richtig, dass die Politik die Konjunktur in diesem Abschwung, den wir so bisher noch nie erlebt haben, aktiv stützt.
In Baden-Württemberg investieren Bund, Land und Kommunen dazu in diesem und im nächsten Jahr gemeinsam alles in allem zusätzlich 2,1 Milliarden €. Das ist das größte Konjunkturpaket, das es in der Geschichte dieses Landes gab. Wir ergänzen das Programm des Bundes mit 350 Millionen € aus originären, eigenen Landesmitteln. Wir wollen damit eine optimale zeitliche, vor allem aber eine optimale inhaltliche Verklammerung der Investitionen schaffen.
Dabei gilt – um dies noch einmal, wie in der letzten Woche schon geschehen, klipp und klar zu sagen –: Baden-Württemberg bezahlt seinen Beitrag ohne einen einzigen Cent neuer Schulden, und Baden-Württemberg gibt das für die Kommunen bestimmte Geld vom Bund, wie vereinbart, 1 : 1 an die Kommunen weiter.
Wir wollen gemeinsam mit den Kommunen in Baden-Würt temberg die Spielräume nutzen, damit wir in der nahen Zukunft verstärkt investieren können, um der Krise entgegenzuwirken. Das Land gibt den kommunalen Anteil von 866 Millionen € auf Heller und Pfennig – genau genommen Cent – an die Kommunen weiter. Wir haben dafür ein Verteilungsver
fahren vereinbart, das, wie ich finde, unbürokratisch und gerecht ist und dabei trotzdem ausreichend gewichtet.
Die Städte und Gemeinden erhalten die meisten Mittel pauschal und können sie vor allem flexibel verwenden. Gleichzeitig läuft ein Teil über die bewährten und erfolgreichen Förderprogramme des Landes, damit in der Krankenhausförderung, im Städtebau oder im ländlichen Raum direkt, vor allem nach anerkannten fachlichen Kriterien, investiert werden kann.
Zudem haben wir das Volumen des Ausgleichstocks erhöht, damit vor allem auch finanzschwache Gemeinden investieren können, damit die Ausgeglichenheit in Baden-Württemberg, vor allem im ländlichen Raum, weiterhin der Erfolgsfaktor Nummer 1 dieses Bundeslands bleibt.
Auf diese Art und Weise wird jede Gemeinde im Land profitieren. Denn wir wollen, dass alle Bürger flächendeckend an den Investitionsvorhaben teilhaben können. Zugleich stellen wir sicher, dass es in Baden-Württemberg keine Verzögerungen gibt und die Mittel schnell, effizient und unmittelbar vor Ort eingesetzt werden können.
Meine Damen und Herren, wenn der Bundesrat am Freitag grünes Licht für das Milliardenpaket gibt, haben wir unsere Hausaufgaben schon erledigt. Deshalb möchte ich für die CDU-Fraktion klipp und klar sagen: Wir sollten alles dafür tun, dass es am Freitag im Bundesrat eine klare Mehrheit gibt. Ich bin der Überzeugung, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land unabhängig von parteipolitischen Präferenzen erwarten, dass am Freitag der Startschuss für dieses Programm erfolgt. Ich habe auch Verständnis für unseren Koalitionspartner, wenn das eine oder andere – –
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Gerade wollte ich ein- mal klatschen! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Jetzt wollten wir doch klatschen!)
Ich habe insofern Verständnis – Herr Schmiedel, ich glaube, da können sogar Sie zustimmen –, als ich sage, dass sich das eine oder andere Verteilkriterium aus baden-württembergi scher Sicht sicherlich nicht optimal darstellt.
Das „Zusätzlichkeitskriterium“ ist eine Klausel, die von Anfang an eher dazu geneigt ist, Baden-Württemberg zu benachteiligen. Mit Blick auf die Tatsache, dass 16 Bundesländer beteiligt sind, glaube ich jedoch, dass das Paket gut ist, dass der eine oder andere Punkt vertretbar ist und wir deshalb alles dafür tun sollten, dass am Freitag im Bundesrat diesem Paket zugestimmt wird. Es ist nicht die Zeit zum Taktieren, es geht jetzt darum, Gas zu geben
Es ist – um das auch zu sagen – konjunkturpolitisch sicherlich sinnvoll, dass der Bund reine Mitnahmeeffekte weitestgehend ausschließen will und dass auch die Kommunen nicht einfach mit dem Geld aus dem Konjunkturpaket bezahlen sollen, was sie ohnehin längst planen. Ich aber glaube, dass wir so viel Vertrauen zu den Kommunen haben können, dass wir keine bürokratischen Monster brauchen – das könnten wir ohnehin am Ende des Tages nicht überwachen –, sondern dass vor Ort jeder Gemeinderat die Lage so erkannt haben wird, dass er von sich aus sagt: „Das zusätzliche Geld wird für zusätzliche Investitionen ausgegeben.“ Ich habe dieses Vertrauen, und deshalb glaube ich, dass dieses Programm am Ende des Tages auch zum Erfolg führen wird.
Meine Damen und Herren, das Konjunkturpaket wird einen ökonomischen Effekt auslösen, der zwar die internationale Krise an Baden-Württemberg nicht einfach unbemerkt vorüber ziehen lassen wird, der aber zum Schutz unserer wirtschaftlichen Substanz beitragen und Unternehmen und Arbeitsplätzen helfen wird, über den konjunkturellen Winter zu kommen.
Es ist richtig, Herr Kollege Kretschmann – Sie haben es ja so gesagt –: Baden-Württemberg exportiert keine sanierten Festhallen. Diese Aussage ist makroökonomisch allerdings nur bedingt von Kompetenz gezeichnet; wir exportieren übrigens auch keine Kinderbetreuungseinrichtungen. Trotzdem sind wir der Überzeugung, dass alle Investitionen, in eine Stadthalle genauso wie in Kinderbetreuungseinrichtungen und vie les andere mehr, gerade in der jetzigen Situation konjunkturell absolut richtig sind. Deshalb machen wir das, und deshalb bitten wir um Zustimmung.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, rate ich, wenn es um die Konjunktur geht, uns allen, nicht nur auf die Unternehmen zu schauen, über die Abend für Abend groß im Fernsehen berichtet wird. Mir sind die Großen auch sehr wichtig. Aber Daimler wird die Krise im Zweifel eher überstehen als so mancher kleine Zulieferbetrieb, der abends nicht in den Nachrichten kommt.
Genauso, Herr Kollege Kretschmann, ist es mit dem kleinen Handwerksbetrieb, der im Moment möglicherweise keine Aufträge bekommt, der aber durch einen öffentlichen Auftrag abgesichert werden kann und der danach, wenn er Einnahmen hat, wenn er Umsatz generiert und Gewinn erzielt, auch wieder einen neuen Lkw, neue Werkzeuge oder anderes kauft. Dieses Konjunkturprogramm ist also gerade für den ländlichen Raum, gerade auch durch die Erhöhung der Grenzen für die Vergaben, richtig und wichtig, weil wir damit in Baden-Württemberg gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen in der jetzigen Krisensituation fördern können. Besonders aus diesem Grund fordere ich Sie alle auf, dem ganzen Maßnahmenpaket zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie die nationale und internationale Diskussion betrachten, wissen Sie, dass wir einer bestimmten Verlockung im Moment nicht nachgeben dürfen – einer Verlockung, der manche, und zwar quer durch alle Parteien, nachzugeben durchaus geneigt sind. Ich habe das Gefühl, dass manche, auch in Deutschland, glauben, im Zuge dieser Krise dem Phänomen des Protektionismus
zu einer Wiedergeburt verhelfen und damit die Krise lösen zu können. Ich kann nur sagen: Wenn es ein Bundesland gibt, dem durch neu entstehenden Protektionismus geschadet würde, dann ist das Baden-Württemberg – ein Bundesland, das im Vergleich zu allen anderen die höchsten Exportraten hat und deshalb mehr denn je auf eine gut funktionierende internationale Wirtschaftsstruktur angewiesen ist. Wir wollen keinen Protektionismus. Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Wir wollen Handel, wir wollen Freiheit im Handel, aber genau deshalb wollen wir auch die entsprechenden Fördermöglichkeiten für die heimische Wirtschaft.
Meine Damen und Herren, der Landeshaushalt 2009 enthält zweifellos Unwägbarkeiten. Jeder, der in einer solchen Krisensituation etwas anderes behauptete, würde nicht die vollständige Wahrheit sagen. Nicht alles, was uns in diesem Jahr bevorsteht, ist in vollem Umfang planbar. Denn niemand von uns weiß, wie sich der weitere Verlauf der Krise in diesem Jahr darstellen wird.
Es gibt aus meiner Sicht erste Signale, die auch wieder ein Stück weit ins Positive weisen. Das Konjunkturbarometer des ZEW ging zum zweiten Mal in Folge nach oben. Wir erleben auch bei der LBBW und im Bankensektor insgesamt eine leichte Entspannung dergestalt, dass die beschlossenen Maßnahmen allmählich Früchte tragen. Der Interbankenhandel kommt langsam wieder in Schwung. Das heißt, es gibt durchaus – trotz aller Krisenszenarien und bei allen Unwägbarkeiten, die wir haben – Anlass, mit Optimismus in das Jahr 2009 zu gehen.
Gerade deshalb, meine Damen und Herren, ist der Haushalt des Landes Baden-Württemberg besser aufgestellt als alle anderen. Gerade deshalb, glaube ich, können wir mit Optimismus in das kommende Jahr und in die Zukunft gehen. Mit diesem Haushalt 2009 wollen wir das Haus Baden-Württemberg noch sturmfester machen, als wir es in den vergangenen Jahren schon getan haben. Deshalb werbe ich dafür: Stimmen Sie alle dem Landeshaushalt 2009 zu, und folgen Sie unserem Kurs der tatkräftigen Seriosität.