(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Reinhold Gall SPD sowie Hagen Kluck und Heiderose Berroth FDP/ DVP)
Sehr verehrte Damen und Herren, an dieser Frage entscheidet sich die Regierungsfähigkeit der FDP im Bund, die Handlungsfähigkeit dieser Landesregierung und nicht zuletzt die Glaubwürdigkeit des Ministerpräsidenten, der das Geld des Bundes schon jetzt mit „großen Händen“ hier verteilt.
Sehr verehrte Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass das Konjunkturpaket des Landes Ergänzungen bedarf. Ich habe schon darauf hingewiesen: Wir wollen mehr für den Wohnungsbau tun. Der Wohnungsbau in Baden-Württemberg
liegt danieder. Wir wollen durch Factoring 100 Millionen € mobilisieren und jetzt mehr Wohnraum schaffen, weil die Wohnungsnot in den großen Städten jetzt da ist und nicht erst in 20 Jahren kommt.
Wir wollen – auch da waren wir die Ersten, die das gefordert haben – ein spezielles Landesarbeitsmarktprogramm in Ergänzung der Maßnahmen der Bundesregierung innerhalb des Konjunkturpakets.
Wir sind der Auffassung, wir sollten – wie in den Neunzigerjahren – für die Menschen, die jetzt in Kurzarbeit stecken, Weiterbildung organisieren und auch eigenes Geld des Landes in die Hand nehmen, um dies in Abstimmung mit den Tarifparteien voranzubringen. Ich freue mich, dass dieser Vorschlag aufgegriffen wurde. Auch hier zeigt sich wieder einmal, wer der Motor der Landespolitik ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Er kriegt noch nicht einmal die rote Plakette! – Zu- ruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Ein wichtiger Aspekt wird von der Landesregierung bislang vernachlässigt. Das ist die finanzielle Sonderbelastung von Familien in Baden-Württemberg durch Kindergarten- und Studiengebühren. Wir werden heute noch einmal beantragen, die se abzuschaffen, wie es in Rheinland-Pfalz und Hessen bereits geschehen ist.
Wir wollen Ihnen auch nicht durchgehen lassen, dass Sie uns im Rahmen des Konjunkturpakets jetzt irgendeine Lösung für Salem unterjubeln wollen. Wir wollen erst Klarheit über alle Komponenten eines möglichen Vertragswerks mit dem Haus Baden. Wir wollen eine saubere Darstellung des Verhandlungsergebnisses, was die Klosteranlage Salem und ihren Ankauf, die notwendigen Sanierungskosten und auch die zukünftige Regelung der Nutzungsrechte des Landes in Salem anbelangt.
Außerdem wollen wir eine Klärung, welche Kunstgegenstände dem Land gehören und welche so notwendig und wichtig sind, dass sie, obwohl sie dem Haus Baden gehören, vom Land angekauft werden müssen. All dies muss geklärt sein, bevor irgendeine Geldsumme an das Haus Baden fließt.
Auch hier gilt der alte Spruch: Sorgfalt vor Schnelligkeit. Ich warne Sie davor, Interessen des Landes leichtfertig an den Adel in Baden zu verkaufen.
Der handlungsfähige Staat ist – dies hat die Bankenkrise belegt – die letzte Instanz, die in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzmarktkrise Vertrauen genießt. Deshalb ist es aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion wichtig,
(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Gegenruf von der CDU: Lassen Sie doch den Kollegen ausre- den!)
Wir haben gemeinsam mit Kräften aus der CDU-Landtagsfraktion und deren Vorsitzendem durchgesetzt, dass für die notwendige Kapitalerhöhung eine eigene Landeslösung gewählt wurde. Wir halten dies nach wie vor für den vorzugswürdigen Weg. Denn wenn die Eigentümer selbst Geld in eine Bank einlegen, dann ist das ein unglaublicher Vertrauensbeweis und kann nicht durch irgendwelche Bundesmittel ersetzt werden.
Wir sind auch der Auffassung, dass das Land dann, wenn einzelne Sparkassen nicht bereit sind, ihren Teil der Kapitalerhöhung zu tragen, diese Anteile mit übernehmen sollte. Wir sind zudem der Auffassung, dass eine solche Kapitalerhöhung klar im Landeshaushalt abgebildet und nicht über Schattenhaushalte abgewickelt werden sollte. Dies ist nicht nur eine Frage von steuerrechtlichen und finanzwirtschaftlichen Berechnun gen, sondern auch eine Frage von Haushaltswahrheit und -klarheit. Deshalb fordern wir Sie auf, eine Lösung zu finden, die diese rentierlichen Schulden im Landeshaushalt abbildet,
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Die berühmten „rentierlichen Schulden“! Die Rentierlichkeit muss man erst einmal noch abwarten! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)
und zwar so, wie auch schon in den vergangenen Jahren eine stille Einlage abgebildet worden ist. Die FDP/DVP hatte vor ein paar Jahren keine Einwände gegen die stille Einlage, die schuldenfinanziert wurde. Es wundert mich, weshalb das jetzt so schlimm sein sollte. Wer das über eine Zweckgesellschaft abbildet, der täuscht die Leute, weil die Zweckgesellschaft dann natürlich Schulden aufnehmen müsste, die auch Schulden des Landes wären.
Wir sind auch der Auffassung, dass diese Kapitalstärkung mit einer klaren Ausrichtung des Geschäftsmodells der LBBW in Richtung einer Stärkung als Mittelstandsbank über die bisherige Geschäftsregion hinaus verknüpft sein sollte. Für uns ist auch klar, dass in der jetzigen Krise keine überhasteten Fusionen mit der Landesbank von Bayern oder anderen Landesbanken infrage kommen.
Sehr verehrte Damen und Herren, die Handlungsfähigkeit des Staates muss aber auch auf Dauer gesichert werden. Wenn der Staat stark und schneidig in der Krise Geld in die Hand nimmt, um die Krise zu bekämpfen, dann muss er in guten Zeiten konsolidieren.
Deshalb steht die SPD-Landtagsfraktion für eine Schuldenbremse ein. Allerdings sind die Details der bisherigen Ergebnisse der Föderalismuskommission II enttäuschend. Wir haben in diesem Landtag gemeinsam beschlossen, dass es einen Dreiklang geben muss, der neben einer Schuldenbremse und möglichen Hilfen für schwache Länder auch die Steuerautonomie vorsieht. Diese Steuerautonomie ist bei den Kompromissverhandlungen der letzten Tage völlig unter die Räder gekommen. Vor allem dann, wenn jetzt vorgesehen ist, dass die Länder gar keine Kredite mehr aufnehmen dürfen, ist es wichtig, dass mehr Spielräume auf der Einnahmeseite eröffnet werden.
Hätten Sie die Güte, zuzuhören? Ansonsten können diejenigen, denen das zu viel ist, auch hinausgehen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Jawohl, Herr Präsident! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Wenn Sie sich vor Augen halten, dass wir jetzt einerseits in verfassungsrechtlich fragwürdiger Manier in die Verfassungsautonomie des Landes eingreifen wollen, indem der Bund uns eine Nullneuverschuldung vorschreibt, und wir andererseits zusätzliche Leistungen an andere Länder zahlen müssen,
dann frage ich mich, worin für Baden-Württemberg der Mehrwert dieses Kompromisses liegen soll. Wir sind der Auffassung, dass der Landtag und die Landespolitik Manns genug sind, eine funktionierende Schuldenbremse aufzustellen. Wir sind auch bereit, daran mitzuwirken. Wir brauchen keinen Zwang des Bundes; der soll sein eigenes Grundgesetz in Ordnung bringen.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das ist auch unser Grundgesetz! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sagt das Ihr Vertreter in der Föderalismuskommissi- on auch?)
Wer aber Nullneuverschuldung als Leitlinie vorschlägt, der muss auch in den anbrechenden Monaten des Bundestagswahlkampfs darauf verzichten, allgemeinen Steuersenkungen das Wort zu reden, sehr verehrte Damen und Herren.
Denn es geht nicht, hier im Landtag die „Nullverschuldungsradikalinskis“ zu spielen und gleichzeitig in Wahlversammlungen allgemeine Steuersenkungen zu versprechen.
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Der begreift gar nichts! Er begreift überhaupt nichts! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Das kann man auch nicht begreifen!)
In den nächsten Jahren sind aufgrund der Belastungen der vorherigen Jahrzehnte und aufgrund der zusätzlichen Belastungen
durch das Konjunkturpaket Konsolidierungsmaßnahmen vorrangig. Wir können bei der Steuerpolitik viel zur Vereinfachung beitragen.
Wir können auch die unteren und mittleren Einkommen entlasten. Wir können aber nicht jedem versprechen, dass es allgemeine Steuersenkungen gibt, sondern wir müssen auch darüber reden, wie wir die Wohlhabenden in diesem Land stärker für das Gemeinwohl zur Verantwortung ziehen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Kol- lege Schmid, wo beginnt der Wohlhabende bei Ih- nen? – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Kalte Progression!)
Die SPD-Landtagsfraktion hat in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, eine Vermögensteuer einzuführen. Wir haben schon vor Jahren vorgeschlagen, eine Vermögensteuer auf Länderbasis einzuführen, um wichtige Aufgaben in den Bereichen Bildung und Kinderbetreuung aus dieser Vermögensteuer zu finanzieren. Leider ist das jetzt in der Föderalismuskommission nicht aufgenommen worden.
Sehr verehrte Damen und Herren, Sie sehen: Die Herausforderungen sind groß. Sie sehen aber auch, dass die Politik jetzt gefordert ist wie nie zuvor. Die Politik muss darauf drängen, dass der Staat Handlungsfähigkeit beweist, dass die Kräfte zurückgedrängt werden, die nur darauf setzen, dass der Staat ausgehöhlt wird.