Hochkarätige semiprofessionelle Kinder- und Jugendchöre werden erstmals in Höhe von 120 000 € gefördert.
Auch vom Konjunkturprogramm sollen Kunsteinrichtungen profitieren. 5 Millionen € gehen in den Sanierungspool für Kultureinrichtungen und tragen erheblich zur Sanierung bei.
Kulturelle Breite verlangt aber auch Spitze und umgekehrt. Ein Ausweis für die Landesförderung im Spitzensegment der Kunst ist da auf den Weg gebracht. Ein 40 Millionen € schwe res Sanierungskonzept wird hier in Baden-Württemberg für die Württembergischen Staatstheater und die John-CrankoSchule ausgebracht.
Die interfraktionelle Geschlossenheit im Landtag bei diesen Großvorhaben war auch für die Stadt Stuttgart entscheidend, um lange gewälzte Pläne umzusetzen.
Der Vorsitzende des Beirats der Kunststiftung Baden-Würt temberg, der Kollege Christoph Palm, hat gemeinsam mit der Kunststiftung und dem Ministerium eine weitere hervorragende Idee: die Einrichtung eines landesweiten Künstlerbüros. Im aktuellen Haushalt soll dies nun umgesetzt werden. Das Künstlerbüro soll in den Räumen der Kunststiftung Baden-Württemberg angesiedelt werden und neben der Einzelfallberatung auch Workshops und Trainings zu bestimmten Themen durchführen. Kunstschaffenden soll dadurch schnell und unkompliziert bei praktischen Fragen geholfen werden. Baden-Württemberg ist damit das erste Land der Bundesrepublik, das allen Künstlern ein solches Beratungsangebot macht. Das Kunstland Baden-Württemberg erhält dadurch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.
Mit der deutlichen Erhöhung des Kunstetats in Baden-Würt temberg in turbulenten Zeiten zeigen wir, welche Bedeutung wir Kunst und Kultur für die Persönlichkeitsbildung jedes einzelnen Menschen und für die Gesellschaft insgesamt beimessen.
Kunstförderung ist für die CDU nichts Disponibles. Kunst ist die Hefe im Teig. Kultur schafft Identität, Vertrauen und Sicherheit, ohne Synonym für das Gesicherte oder Vertraute zu sein. Wir hoffen und wünschen uns, dass Kunstschaffende und Kunstgenießende die von uns geschaffenen erweiterten finanziellen Möglichkeiten nutzen, damit noch mehr Kunst entsteht, die uns alle anregt, aufregt und als Gesellschaft stärkt und weiterbringt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nun kommen wir zur kulturellen Daseinsvorsorge, die durch den Vorredner schon angesprochen wurde. Ich stelle hier die Frage: Ist die Kultur so substanziell für unsere Gesellschaft wie etwa Wasser, Strom, die Feuerwehr oder die Straßenbahn?
Meine Damen und Herren, diese Frage muss eindeutig mit Ja beantwortet werden, und zwar in einem doppelten Sinn. Kultur ist Daseinsvorsorge, sowohl für die einzelne Bürgerin, den einzelnen Bürger als auch für die Gemeinde, für das Land selbst, und zwar als funktionierendes Sozialgefüge. Die Wichtigkeit dieser Daseinsvorsorge wird oft unterschätzt, weil Schäden, die durch deren Vernachlässigung entstehen, mittel- und langfristig zwar erheblich sind, kurzfristig aber nicht unmittelbar zutage treten. Fehlendes Wasser aus der Leitung ist nach einer halben Stunde Stadtgespräch, die Einstellung der Zusammenarbeit einer Bibliothek mit den Grundschulklassen z. B. oder der Verlust von Aktivitäten eines kulturellen Zentrums geht dagegen oft sehr geräuschlos vonstatten.
Die Schwierigkeit der Begründung der kulturellen Institutionen oder Projekte, besonders im Finanziellen, liegt in dieser fehlenden kurzfristigen Auswirkung. Das hat der Kulturbereich übrigens mit dem Bildungsbereich gemeinsam, mit dem er nämlich eng verbunden ist; denn Kultur ist Voraussetzung von Lernen und Bildung, und Lernen und Bildung sind Voraussetzung von Kultur.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU unterhält sich mit Abg. Jürgen Walter GRÜNE.)
Es muss deshalb ein ganz besonderes Anliegen des Landes sein, neben dem nötigen Freiraum, den Kunst und Kultur brauchen, auch ihre Möglichkeiten zu fördern und ihre Struktur zu verbessern, und dies muss sich auch im Landeshaushalt abbilden.
Deshalb sind die zusätzlichen 2 Millionen € für die kommunalen Theater, die eben erwähnt wurden, überlebensnotwendig, um zumindest die Tarifsteigerungen im Personalbereich teilweise auffangen zu können. Es ist wirklich löblich, dass unsere Anträge in diesem Fall unterstützt wurden und das Geld fließen wird. Deshalb wäre auch ein Mehr von 1,5 Millionen € für die freien Theater, wie es anlässlich eines Symposiums von Vertretern der Regierungsfraktionen zugesichert wurde,
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin! Wenn Sie da gewesen wären, wüssten Sie es!)
Die Realität sieht allerdings anders aus. Hier ist ein Drittel des Betrags auf der Strecke geblieben.
Deshalb wäre ein Einhalten der Versprechungen der Regierungskoalition für eine Erhöhung der Unterstützung z. B. der
soziokulturellen Zentren um 1 Million € und, Frau Berroth, ein aus Ihrem Munde verkündeter und in Aussicht gestellter Baumittelsondertopf von 3 Millionen € nötig, um den Sanierungsstau nicht bis 2020 weiter vor uns herzuschieben. Sie wären nötig, um dem Rechnung zu tragen, was man diesen Zentren in wohlklingenden Worten immer an Bedeutung zumisst.
Die Realität, meine Damen und Herren, sieht anders aus. Tatsächlich wurden im Entwurf des Haushaltsplans als Mittel für die soziokulturellen Zentren lediglich 150 000 € aus dem Topf für Kunst in der Fläche herausgenommen und dann um noch weitere 17 000 € verbessert. Es fehlen aber weiterhin 800 000 €, die, wie man weiß, schon lange fehlen.
Dabei wurden die ursprünglich einmal in den Förderrichtlinien vorgesehenen 50 % nie umgesetzt. Im Gegenteil, durch die Kostensteigerung einerseits und gedeckelte Zuschüsse andererseits ist man in diesem Bereich inzwischen bei 31,6 % Landeszuschuss angelangt. Hier wird Jahr für Jahr vertrös tet.
Wie soll bei diesem Überlebenskampf noch an eine angestrebte Ausweitung der Zentren gedacht werden, die im Land – sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten – wichtige kulturelle Bausteine von Integration, Gemeinschaftsbildung und ästhetischer Erziehung und Bildung sind? Und warum, meine Damen und Herren, beruft man aufwendig runde Tische ein und weckt nicht nur Hoffnungen, sondern suggeriert Planungssicherheit, verspricht viel und hält wenig? Warum?
Als letzte mögliche Rettungsaktion für die soziokulturellen Zentren empfehlen wir für den investiven Bereich Mittel aus dem zweiten Konjunkturprogramm, in welchem – was übrigens eigens durch die SPD-Bundestagsfraktion erreicht wurde – auch die kulturelle Infrastruktur eine zentrale Rolle spielt. Denn Investitionen in die Qualität und die Vielfalt kultureller Strukturen sind gesamtgesellschaftlich und auch wirtschaftlich sinnvoll und zugleich Investitionen in die Zukunft, auch im Sinne einer kulturellen Daseinsvorsorge.
Meine Damen und Herren, weil hier viel von Freiheit gesprochen wurde, erwähne ich mein Lieblingszitat von Schiller, nämlich: „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“ Geben Sie der Kunst die Möglichkeit und die Freiheit, sich zu entfalten!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sein 30-jähriges Bestehen als eigenständiges Ministerium gefeiert.
Dabei gab es viele Reden zum Thema Wissenschaft, und ganz am Rande wurden dann auch noch die Kunst und die Kultur erwähnt. Das war praktisch so, wie wenn Sie abends zu Ihrem Kind noch sagten: Vergiss übrigens morgen deinen Zahnarzttermin nicht.
(Heiterkeit der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Zuruf von der SPD: So schlimm ist Kultur auch nicht! – Zu- ruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)
Ungefähr so wurde das Thema Kultur noch eingebaut. Eine redliche geistige Auseinandersetzung mit dem Thema „Kunst und Kultur“ hat auf dieser Veranstaltung leider nicht stattgefunden.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wer geht schon gern zum Zahnarzt? – Gegenruf von der SPD: Dann schon lieber ins Theater!)
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Birk, an diesem Tag hätte ich mir gewünscht, dass man nach 30 Jahren sagte: Wir gehen hier und heute wirklich einmal eine echte Verbindung zwischen Wissenschaft, Kunst und Kultur ein und schaffen einen entsprechenden Lehrstuhl, wie er beispielsweise in Hildesheim mit dem Lehrstuhl für Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis existiert. Der Stuttgarter Autor und Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil pendelt jede Woche nach Hildesheim, um dort jungen Menschen sein Wissen zu vermitteln. In Stuttgart, in Baden-Württemberg ist er gar nicht gefragt. Schon an diesem einen Beispiel sieht man doch, dass bei uns etwas nicht stimmt.
Ästhetische Bildung erweitert das persönliche Bewusstsein. Sie ist Bereicherung und Ansporn in einem.
Darauf, meine Damen und Herren, sollten wir mehr Wert legen. In Ludwigsburg gibt es jetzt ein Modell, das „Dicht dran!“ heißt. Dort sollen junge Menschen in der Schule mit Kultur vertraut gemacht werden und die Gelegenheit erhalten, Künstlerinnen und Künstler persönlich kennenzulernen. Das, meine Damen und Herren, ist der richtige Weg.
Was wir ebenso vermissen: Sie haben sich nicht der Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ angeschlossen. Auch da sind uns andere Bundesländer weit voraus.
Jetzt möchte ich noch etwas zur Kunstkonzeption sagen. Sie hat in diesem Jahr sozusagen 20-Jahr-Jubiläum. Jetzt ist es wirklich an der Zeit, Herr Kollege Birk, diese Kunstkonzeption weiterzuentwickeln. Es muss eine Bestandsaufnahme geben: Wohin hat uns diese Kunstkonzeption geführt? Wo stehen wir damit? Was gilt es jetzt weiterzuentwickeln?
… eine verantwortungsvolle Kunstförderpolitik muss immer darauf achten, dass sie auch ausreichend Mittel hat, um neue Entwicklungen aufzugreifen, und sie muss die Kraft und die Bereitschaft haben, etablierte Förderungen auch infrage zu stellen und gegebenenfalls zu beenden.
Weil diese Frage in Baden-Württemberg schon zu lange nicht mehr gestellt wurde, ist es Zeit, die Kunstkonzeption fortzuschreiben und neuen Ideen und Konzepten wieder mehr Raum zu geben.
Das, meine Damen und Herren, ist das große Manko der Landesregierung: Gerade im Kultur- und Kunstbereich wird zu sehr verwaltet. Es gibt keine wirkliche Vision, wie es weitergehen soll. Stattdessen haben wir – wir haben es schon oft genug beklagt, aber an diesem Zustand hat sich leider nichts geändert – eine Closed-shop-Mentalität, und das ausgerechnet bei Kunst und Kultur.