Protocol of the Session on February 11, 2009

(Beifall bei der SPD)

Herrn Noll hätte ich gern noch etwas anderes gefragt. Ich hätte ihn nämlich gefragt, wie hoch denn das Volumen seines Steuerprojekts ist,

(Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Heiderose Ber- roth: Das können Sie im Internet nachlesen! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: 20 Milliarden €!)

20, 25 oder 30 Milliarden €.

(Abg. Stefan Mappus CDU: 25!)

Wer diese Konzeption mit den 20, 25 Milliarden € an Steuersenkungen vertritt – ob Herr Noll oder Herr Mappus –, muss einmal sagen, wie folgende drei Punkte zusammenpassen: ers tens das, was der Ministerpräsident jetzt noch einmal mit dem Satz „Wir bringen 10 % zusätzliche Verschuldung“ beschrieben hat, zweitens die Feststellung „Wir machen eine Schuldenbremse und einen Schuldenstopp“ und drittens die Feststellung: „Wir schenken der Bevölkerung noch einmal 20, 25 Milliarden €.“ Das passt nicht zusammen!

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: „Schenken“! Das ist Ihr Denken! – Abg. Stefan Mappus CDU: Da wird nichts geschenkt, da wird auch nichts weggenommen, Herr Schmiedel! Das ist ein großer Unterschied! – Weitere Zurufe von der CDU)

Nennen Sie es, wie Sie wollen, es ist egal. Die Rechnung, die Sie aufmachen, geht nicht auf. Nur eines geht auf, Herr Noll, Herr Mappus: das Konzept der SPD.

(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP)

Dieses Konzept heißt: Bei den Unteren entlasten und dafür bei den Reichen mehr holen!

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Jetzt erhält der Vorsitzende der Fraktion GRÜNE, Herr Abg. Kretschmann, das Wort.

Herr Ministerpräsident, wir sind uns, was die Fortschritte in der Föderalismuskommission betrifft, im Grundsatz einig.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sind Sie auch mit Herrn Kuhn einig?)

Die Nullneuverschuldung für die Länder nach 2019 ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Diese Nullneuverschuldung können die überschuldeten Länder nur erbringen, wenn ihnen noch einmal geholfen wird. Der Bund wird dazu in sieben Jahren 3,5 Milliarden € zur Verfügung stellen, und die Länder müssen denselben Betrag aufbringen. Ich erinnere daran, dass zu diesem Zeitpunkt das Maßstäbegesetz fällt und der Länderfinanzausgleich neu verhandelt werden muss. Da ist es schon sehr wichtig, dass alle Länder in einer Situation sind, die es ermöglicht, dass wir zu einem vernünftigen Länderfinanzausgleich kommen, der möglichst alle Länder in die Lage versetzt, in Zukunft stärker auf eigenen Beinen zu stehen.

Dazu würde ich vorschlagen, dass dieser Länderfinanzausgleich abgeschafft wird und der Bund für den vertikalen Länderfinanzausgleich zuständig ist, wie das in anderen föderalen Staaten auch der Fall ist. Aber zu einem solchen Konsens wird man nur kommen, wenn die jetzt überschuldeten Länder nicht abstürzen. Es kann doch wohl nicht sein, dass wir den Banken Milliarden hinterherschmeißen, um sie vor dem Absturz zu bewahren,

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

und dass wir jetzt sehenden Auges Bundesländer weiter in die Verschuldungsfalle hineinlaufen lassen. Wir müssen ihnen nachher doch helfen. Wenn wir das jetzt mit dem klaren Pfad einer Schuldenbremse tun, dann halte ich das für eine weitsichtige und vernünftige Regelung. Ich kann den beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommisson, Ministerpräsident Oettinger und dem Fraktionsvorsitzenden der SPD im Deutschen Bundestag Struck, für die letzte Sitzung nur alles Gute wünschen, damit sie das hinbekommen; denn es ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Eines möchte ich aber auch noch einmal betonen, Herr Minis terpräsident: Es kann nicht angehen, dass die Bundesrepublik, indem sie das im Grundgesetz vorschreibt, die Länder sozusagen in die Schuldenbremse zwingt. Das müssen wir schon selbst machen. Sonst greift der Bund massiv in den Kern der Eigenstaatlichkeit der Länder, nämlich in das Haushaltsrecht, ein.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das geht nicht!)

Deswegen glaube ich, dass das nicht geht. Es ist erforderlich, dass die Länder das in einem parallelen Verfahren in ihre eigenen Verfassungen schreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Stefan Mappus CDU und Wolfgang Drexler SPD)

Das ist umso wichtiger, als wir nicht erreicht haben, dass die Länder eigene Steuerhebesätze auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer erheben können oder dass bestimmte Steuern, deren Erträge uns ohnehin zustehen, in unsere Verfügungsgewalt kommen. Das ist leider nicht erreicht worden. Es gibt vielleicht noch eine kleine Chance, dass die Grundsteuer in Landeshoheit kommt.

Wir haben also nicht wie der Bund die Möglichkeit, an unserer Einnahmeseite etwas zu ändern. Wir haben auch nicht

die Möglichkeit – auch das ist ja gescheitert –, Standardabweichungen bei Bundesgesetzen vorzunehmen, sodass wir darauf bestehen müssen, dass Schuldenbremsen und deren Ausnahmen in unserer eigenen verfassungsrechtlichen Verfügung stehen.

Deswegen kann das, wie ich finde, nicht ins Grundgesetz aufgenommen werden, sondern gehört in die Landesverfassung.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Ministerpräsident, Sie haben gleich zu Anfang der Arbeit der Föderalismuskommission richtigerweise betont, dass Sie angesichts des Ziels, durch eine Schuldenbremse von der Verschuldung wegzukommen, davon abraten, Steuersenkungsdebatten zu führen. Das ist jetzt aber massiv erfolgt – durch die CSU, aber auch hier im Haus durch den Kollegen Dr. Noll und Ihren Fraktionsvorsitzenden, den Kollegen Mappus. Über Steuersenkungen kann man immer reden, aber bitte unter zwei Bedingungen: erstens, dass sie nicht auf Pump erfolgen

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Da sind wir uns ei- nig!)

und zweitens, dass sie uns in die Lage versetzen, trotzdem unsere Aufgaben zu erfüllen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Ja! Und die Aufgaben muss man definieren!)

Herr Kollege Noll, dafür müssten Sie schon einmal ein Konzept vorlegen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Gucken Sie im In- ternet nach! Da ist alles von der Bundestagsfraktion zum letzten Haushalt drin! – Gegenruf des Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Aber das geht doch nicht!)

Wenn Sie keine weitere Verschuldung wollen und Steuern senken wollen, dann erwarten wir hier einmal Ihre drastischen Einsparvorschläge. Die sind bislang nicht erfolgt.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir haben das im Land gemacht! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drex- ler SPD: Wo hat denn der etwas gemacht?)

Herr Kollege Noll, das ist nicht seriös.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das ist alles nach- lesbar in den Drucksachen des Deutschen Bundes- tags, dass eine Gegenfinanzierung in Form eines „Sparbuchs“ vorgelegt worden ist! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die Hälfte stimmt doch gar nicht, Herr Kollege!)

Herr Kollege Noll, diese Steuersenkungen betreffen auch uns. Da brauchen Sie jetzt nicht mit dem Bund zu winken.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir haben noch Re- serven im Haushalt! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Wir haben nicht festgestellt, dass Sie in diesem Haushalt jetzt Vorsorge getroffen hätten, um diesen Steuersenkungsrisiken zu begegnen. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Das ist nicht seriös.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Ministerpräsident, Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte nicht die ganze Wahrheit gesagt. Das kann ich bei der ganzen Haushaltskonsolidierung nicht sehen. Ich habe Ihre eigenen Zahlen verwendet, die Ihnen der Finanzminister vorgelegt hat. Da heißt es in der mittelfristigen Finanzplanung: für 2009 null, für 2010 minus 1,18 Milliarden €, für 2011 minus 1,7 Milliarden € und für 2012 minus 1,5 Milliarden €. Also bitte! Das sind Ihre Zahlen. Das sind Zahlen, die auf der letzten Steuerschätzung vom November basieren,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Die nicht mehr ak- tuell ist!)

die überhaupt nicht mehr aktuell ist und die mit Sicherheit massiv nach unten korrigiert werden muss. Das heißt, diese mittelfristige Deckungslücke wird in Wirklichkeit

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Größer!)

viel größer. Mehr habe ich überhaupt nicht gesagt.

Ich habe vielleicht nicht erwähnt, dass Sie wenigstens für das nächste Jahr Rücklagen für Steuerausfälle gebildet haben. „Lob und Anerkennung dafür“, hätte ich gern gesagt. Aber als ich euch beim vorletzten Mal einmal gelobt habe, wart ihr beleidigt. Darum habe ich es gelassen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Was? Wann waren wir beleidigt? Wir waren über- rascht, aber nicht beleidigt!)

Das war durchaus ambitioniert, gar keine Frage. Aber darüber hinaus völlige Fehlanzeige.

Ich möchte noch einmal betonen: Den einzigen strukturell relevanten Einsparvorschlag in den Haushaltsdebatten haben wir gemacht, indem wir 50 Millionen € in den Pensionsfonds zurückführen wollten, weil wir – das haben wir schon bei der letzten Haushaltsberatung gesagt – die Beihilfen für die Pensionäre auf das normale Niveau senken wollten, das alle Rentenversicherten auch haben. Das müssen wir verlangen, weil wir sonst die Pensionslasten überhaupt nicht bewältigen können.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ihr nehmt den Leu- ten das Geld weg!)