Ich komme noch einmal darauf zurück, dass wir nicht in Aktionismus, Hektik und Ausgabedisziplinlosigkeit verfallen dürfen. Wir dürfen nicht nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert, die Nullneuverschuldung weg, lebt sich’s gänzlich ungeniert“ alle Wunschzettel entgegennehmen, die auch Sie, Herr Schmiedel, uns heute wieder ausgestellt haben. Wir werden sie, auch wenn Weihnachten vor der Tür steht, so nicht erfüllen können. Denn das wäre unseriös, unsolide und nicht im Interesse der kommenden Generationen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Quatsch! Das ist doch alles finanziert! Gucken Sie einmal in die Haushaltsstruktur, wie viel Geld da herumliegt!)
Meine Damen und Herren, ich komme auf die allgemeine Struktur unseres Haushalts zurück. Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Weichenstellungen getätigt, die dazu beigetragen haben, dass wir den Kurs der Nachhaltigkeit und der Konsolidierung auf Dauer anlegen konnten.
Wenn ich einmal versuche, Ihnen das ganz ruhig und sachlich zu erklären, dann interessiert Sie das nicht so sehr, wie wenn wir uns ein bisschen fetzen können. Ich tue es trotzdem.
Wir haben seit dem Jahr 2007 das grundsätzliche Verbot der Neuverschuldung in der Landeshaushaltsordnung verankert, ursprünglich übrigens auf 2011 terminiert. Im Gegensatz zum Bund haben wir dieses Ziel 2008 erreicht.
Dass der Bund sich von dem Ziel 2011 längst verabschiedet hat, ist jetzt endgültig klar. Die Frage ist: Wie ernst nimmt man es mit der Haushaltskonsolidierung? Wer das Thema „Verschuldungsbremse, Nachhaltigkeit, keine neuen Schulden zulasten der kommenden Generationen“ nur für Schönwetterzeiten auf die Agenda geschrieben hat, der liegt falsch. Gerade in der Krise brauchten wir diese strikten Verschuldungsregelungen mit einem verbindlichen Tilgungsplan,
wenn wir nicht genau das haben wollen, was wir über die ganzen Jahre hatten: ständig neue Programme, ständig höhere
Verschuldung, ständig zusätzliche Belastungen für die Zukunft. Dass wir bei dieser Spirale nach oben in Baden-Würt temberg jetzt Gott sei Dank einen Stopp einlegen konnten und wirklich alles dafür tun werden, dass jedenfalls in BadenWürttemberg nicht wieder eine solche Spirale in Gang kommt, darüber sind wir uns in den beiden Regierungsfraktionen sehr einig.
Sie von der Opposition würden – das habe ich schon erklärt – beides begrüßen. Aber diesen Gefallen tun wir Ihnen nicht.
Natürlich wäre uns auch sehr daran gelegen, dass dies auf Bundesebene geschieht. Der Ministerpräsident hat am Rande die Föderalismusreform gestreift. Ich fürchte, durch die turbulente Entwicklung des Krisenmanagements verliert man solche grundsätzlichen Dinge in der Schlechtwetterphase leider aus den Augen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Wenn es im Rahmen der Arbeit der Föderalismuskommission noch einen Weg gäbe, eine vernünftige Verschuldungsregelung mit Schuldenbremse und verbindlicher Tilgungsvorgabe einzubringen, würden wir das selbstverständlich unterstützen.
Ich füge aber hinzu: Sollte es auf Bundesebene nicht dazu kommen, werden wir im Land Baden-Württemberg nach wie vor dafür plädieren und Sorge tragen, ein Verschuldungsverbot in die Landesverfassung aufzunehmen.
Nur noch wenige Anmerkungen. Zum Pensionsfonds: Wir haben lange darum gekämpft, jetzt haben wir ihn. Eine halbe Milliarde Euro zum Start; 6 000 € Zuführung pro Jahr und neu eingestelltem Beamten. Damit ist vielleicht noch nicht alles perfekt, aber es ist ein erster richtiger und wichtiger Schritt zu nachhaltiger Haushaltspolitik, zu mehr Transparenz und damit auch zu einer Absicherung der erkennbar ansteigenden Pensionsleistungen.
Ich sage bewusst „Pensionsleistungen“, denn denjenigen jetzt „Lasten“ anzulasten, die für die Politik der Siebzigerjahre, als man, was die Ausstattung des Staates mit Personal anging, zu großzügig war, nicht verantwortlich sind, ist nicht der richtige Weg. Wir müssen für diejenigen Vorsorge treffen, für die wir in Zukunft Verantwortung tragen, dürfen aber nicht denen Vorwürfe machen, die letztendlich nur das umgesetzt haben, was die Politik wollte.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Für den Haus- halt sind es halt Lasten! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)
Ich glaube, es ist richtig und wichtig, dass wir bei allen anstehenden Diskussionen – auch über das neue Dienstrecht – versuchen, im Gleichklang mit den Angestellten im öffentlichen Dienst, die ja in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, zu bleiben, z. B. beim Pensionseintrittsalter. Denn es wäre schwer vermittelbar, wenn wir in Baden-Württemberg ausgerechnet an dieser Stelle wieder einen Sonderweg gingen.
Letzte Bemerkung: Es geht um das Verhältnis zu den Kommunen. Ich glaube, auch da wird viel zu wenig kommuniziert, übrigens auch bei den Kommunen. Wir sitzen ja oft mit den Spitzenvertretern zusammen und treffen z. B. über die Kindertagesbetreuung oder den Ausbau von Ganztagsschulen Vereinbarungen. Nachher aber wissen die Leute vor Ort überhaupt nichts und fragen: „Warum gebt ihr kein Geld?“ Dabei ist das genau so besprochen.
Es war, glaube ich, schon ein Meilenstein in einem fairen Verhältnis zu den Kommunen, einen Pakt mit den Kommunen geschlossen zu haben und zu zeigen, dass wir überzeugt sind, dass wir den Kommunen nicht nur Aufgaben übertragen können – die sie gut und richtig erledigen –, sondern dass wir auch das entsprechende Geld dazu liefern müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Aber Sie kürzen doch! Sie kürzen über 405 Millionen € pro Jahr!)
Herr Gall, das ist das Schöne: Sie waren ja gar nicht dabei. Ich war dabei. All diese Dinge hat man sehr einvernehmlich besprochen.
Wenn Sie dann versuchen, Herrn Gönner zu instrumentalisieren, würde ich ihn einfach bitten, dass er uns sagt, ob er zu den Vereinbarungen steht oder nicht.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich steht er dazu! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Der ist der Letz- te, der sich erpressen ließe! Er weiß sehr wohl, was er tut!)
Er steht dazu, und deswegen glaube ich, dass wir mit den Vereinbarungen mit den kommunalen Landesverbänden die Grundlage dafür gelegt haben, für die Menschen im Land eine gute Infrastruktur zu schaffen – auch mit dem Investitionsprogramm, bei dem wir zusammen mit den Kommunen handeln; übrigens ist der Landtag Herr des Verfahrens, weil das noch in den Etat eingearbeitet werden muss –, aber keine unsinnigen Maßnahmen umzusetzen. Ich unterstelle sowieso keiner Kommune, dass sie unsinnige Maßnahmen vornimmt und Mittel beantragt, bloß weil es gerade welche gibt.
Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Es ist eine faire Partnerschaft, die dialogorientiert ist. Dialogorientierung ist ein Stück weit Markenzeichen unseres Ministerpräsidenten. Ich möchte ihn ermuntern, z. B. auch bei der Dienstrechtsreform an dieser Dialogorientierung festzuhalten.
Als Fazit darf ich konstatieren, dass wir einen Haushaltsentwurf haben, für dessen Erstellung ich mich bei allen herzlich bedanken möchte – beim Finanzminister und seinen Beamten, aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen aus den jeweiligen Fachressorts sowie bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Wir legen damit einen Haushaltsplanentwurf vor, den wir im Januar noch mit Schwerpunkten versehen können und abschließend beraten werden.
Bis dahin, wenn wir das Königsrecht des Parlaments in Anspruch nehmen, die konkrete Haushaltsgestaltung vorzunehmen, und dabei auch das Investitionsprogramm beschließen, wünsche ich Ihnen und uns noch ein paar besinnliche Tage. Also dann bis Januar.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das war aber so nicht be- sprochen! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war nicht abgemacht!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige wenige Anmerkungen zu dem Gesagten. Ich möchte herzlich danken für Ihre Anmerkungen zur Einbringung des Haushaltsentwurfs 2009. Man spürt, dass wir gemeinsam gewillt sind, diese Gratwanderung zwischen Konsolidierung auf der einen und Wirtschaftsförderung auf der anderen Seite zu gehen. Das ist die eigentliche Herausforderung. In allen Redebeiträgen kam zudem zum Ausdruck: Das einzig Gewisse ist das Ungewisse der Vorhersage, was das Jahr 2009 bringen wird.
Wenn ich sage „auf Sicht“, dann heißt das, dass wir im Rahmen der parlamentarischen Beratung im Finanzausschuss im Januar schon einarbeiten werden, was der Bund möglicherweise am 5. oder 12. Januar beschließen wird. Wir werden auf Sicht fahren. Wir werden das kompatibel machen, was Bund, Länder und Kommunen gemeinsam als Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung für notwendig erachten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind ein paar Dinge angesprochen worden, zu denen ich zu ihrer Information noch kurz eine Antwort geben will. Lieber Herr Kollege Kretschmann – er ist jetzt nicht mehr da –,
in der Krise soll man mehr denken als vorher. Ich glaube, wir können insgesamt konstatieren, dass hier in diesem Land schon vor der Krise gut gedacht wurde, und zwar seitens der Wirtschaft und seitens der Politik. Wir können von dieser Robustheit in den kommenden schwierigen Monaten profitieren. Auf der anderen Seite müssen wir auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren und gegebenenfalls korrigieren. Der Begriff „wiedereinsammeln“ in Bezug auf das, was wir jetzt im Rahmen des KIF ausgeben, ist einfach der falsche Begriff.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Völliger Quatsch! Wir sammeln doch nichts ein! – Gegenruf des Abg. Rein- hold Gall SPD: Aber stimmen tut es!)
Es war ja auch das Angebot der Kommunen, mitzumachen, sich der Verantwortung zu stellen. Wir erweitern jetzt den Rahmen in der Weise, dass die Kommunen ebenfalls die Möglichkeit haben, Investitionen, die sie in den nächsten Jahren vorhaben, vorzuziehen. Dass die Erweiterung des Rahmens in den Folgejahren wieder korrigiert werden muss, ist selbstverständlich. Ich sammle nichts ein, ich nehme nichts weg, sondern ich mache ein Angebot an die Kommunen, ihren Beitrag gleichermaßen in das Infrastrukturpaket des Landes mit einzubringen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Reinhold Gall SPD: Die müssen zweimal einen Kre- dit beantragen!)