Protocol of the Session on December 4, 2008

Das ist ein Fachbegriff. – Ich bitte Sie, zwei Fragen hierzu zu beantworten oder die Antwort schriftlich nachzureichen; denn ich weiß, dass es sicher schwierig wird, das ad hoc zu beantworten.

Erstens: Welche Möglichkeiten der Stützung sind aufgrund der De-minimis-Regelung nicht möglich? Und zweitens: Welche Möglichkeiten zur Stützung der Milchwirtschaft sieht die Landesregierung, die der De-minimis-Regelung nicht widersprechen?

Ich werde eine generelle Antwort geben: Die De-minimis-Förderung geschieht ja oftmals auch durch die Kommunen, also durch Dritte. Sie hat eine Obergrenze, die, bezogen auf drei Jahre, glaube ich, 6 000 € beträgt. Aber das werde ich Ihnen noch konkret nachliefern.

Es muss im Grundsatz immer das Kriterium erfüllt sein, dass bereits geförderte Tatbestände nicht durch weitere Fördermaßnahmen in der zweiten Säule nochmals gefördert werden. Da könnten Sie dann sämtliche Dinge, die im MEKA und anderen Programmen drinstehen, durchgehen und diese Frage für jeden Einzelfall beantworten.

Aber wenn Sie eine umfängliche fachkundige Antwort wollen, dann lasse ich Ihnen die gern zukommen.

Weitere Zusatzfrage des Herrn Abg. Traub.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank, dass Sie noch Zusatzfragen zulassen.

(Heiterkeit)

Welche neuen Fördermöglichkeiten eröffnen sich durch die Aufnahme des Milchbereichs in die neuen Herausforderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik? Wie sieht die Landesregierung insgesamt die Perspektiven für die Milchviehbetriebe in Baden-Württemberg?

(Zuruf von der SPD: Nicht gut! Sehr schlecht!)

Ob über die bestehenden Förderinstrumente, z. B. über das Agrarinvestiti

onsförderungsgesetz, über die Marktstrukturförderung oder die bereits erwähnte Ausgleichszulage, hinaus noch neue Instrumente im Rahmen der zweiten Säule zweckmäßig und effizient sind, muss geprüft werden. Da gibt es Ähnlichkeiten zu der Beantwortung der Frage des Herrn Abg. Winkler. Dies muss vor dem Hintergrund eines begrenzten Mittelumfangs – auf jeden Fall muss ja eine Abdeckung durch Kofinanzierungsmittel erfolgen – diskutiert werden. Es spielt auch eine Rolle, dass möglicherweise alles kontrolliert werden muss, was wiederum viel Bürokratie mit sich bringen wird. Da sind wir noch im Anfangsstadium, und da, denken wir, werden Sie im Rahmen der parlamentarischen Einflussnahme auch die eine oder andere Idee einspeisen.

Dazu, wie die Perspektiven für die Milchviehbetriebe aussehen, möchte ich einmal allgemein antworten: Zunächst kann man feststellen, dass die Weltbevölkerung insgesamt wächst. Das Hungerproblem wird immer größer; inzwischen gibt es auf der Welt 920 Millionen Menschen, die Hunger leiden müssen. Hinzu kommt weltweit das Problem der Verstädterung. Die Menschen dort sind keine Selbstversorger. Zudem sind die natürlichen Ressourcen im Bereich der Nahrungsmittelproduktion ja auch stark begrenzt. Vor diesem Hintergrund kann meines Erachtens für die Milchviehhaltung, die in Mitteleuropa, in gemäßigten Gebieten stattfindet, längerfristig gesehen eine optimistische Grundhaltung eingenommen werden.

Angesichts der aktuell schwierigen Marktsituation der Milchviehbetriebe, die ja deutschlandweit, europaweit und weltweit festzustellen ist, bieten sich, meine ich, nur wenige Möglichkeiten, konkrete Vorhersagen für das kommende Jahr zu treffen.

Insgesamt kann man retrospektiv, also im Hinblick auf das abgelaufene Agrarjahr, feststellen, dass die Milchviehhalter überdurchschnittlich gut abgeschlossen haben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Von wel- chem Niveau aus?)

Wir haben heute ja schon öfter statistische Aussagen gehört. Alles ist immer relativ, und es kommt immer darauf an, von welchem Niveau man ausgeht. Man kann also nicht konkret sagen, wie die Entwicklung mittelfristig sein wird. Die Milchviehbetriebe haben insgesamt jedoch eine vergleichsweise stabile Entwicklung gehabt, weil das im Großen und Ganzen Familienbetriebe sind, die mehr abfangen können als Großbetriebe, wie sie etwa in Norddeutschland und vor allem in Ostdeutschland vorherrschen. Der Faktor „eigene Arbeit“ – die Arbeit der Familienmitglieder – und der Faktor „eigenes Kapital“ – das vielleicht stärker belastbar ist als Fremdkapital – geben hier durchaus eine gewisse Elastizität.

Ich glaube, dass es längerfristig auch für die baden-württembergischen Betriebe darum gehen muss, dass sie die Produktionskosten im Griff haben und dass ein ausreichender Produktionsumfang gegeben sein muss. Natürlich muss auch eine optimierte Produktionstechnik mit einem entsprechenden Management vorhanden sein. Da gibt es, denke ich, noch sehr viel nachzubessern.

Viele unserer oft kleineren Betriebe haben aber Gott sei Dank mehrere Standbeine. Gerade in Regionen mit vielen Milch er

zeugenden Betrieben – wenn ich jetzt die Kollegen Haas oder Schüle anschaue, fällt mir etwa der Schwarzwald ein –

(Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE: Da können Sie mich ruhig auch angucken!)

gibt es über die Direktvermarktung oder den Tourismus noch Diversifizierungen in der Einkommenserzielung. In solchen Fällen gibt es ja auch unsere Ausgleichsleistungen, die in diesen Bereichen oftmals 60 oder 70 % des Einkommens ausmachen. Deswegen denke ich, dass es hier auch in Zukunft eine Perspektive gibt.

Generell ist für die Fachleute festzustellen, dass die Agrarpolitik bis zum Jahr 2013 die sogenannten BIPs abschmilzt und dadurch vor allem die Grünlandstandorte attraktiver werden und im Vergleich zu den Ackerbaustandorten gewinnen können. Deswegen ist hier vor allem darauf zu achten, dass man die Ställe modern und arbeitswirtschaftlich vorteilhaft aufstellen muss, dass man einen größeren Produktionsumfang braucht und dass man den Wettbewerb innerhalb Deutschlands und innerhalb der EU angehen muss. Wir brauchen unternehmerisch denkende Landwirte. Diese werden, glaube ich, im europäischen Wettbewerb eine Chance haben.

Wir sind immer noch bei der Mündlichen Anfrage „Milchfonds zur Unterstützung der Milchproduktion“.

Zusatzfrage des Herrn Abg. Walter.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP zu Abg. Jür- gen Walter GRÜNE: Bist du vor mir dran?)

Anscheinend, weil ich ja Walter heiße.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Frau Staatssekretärin, was gedenkt die Landesregierung vor dem Hintergrund zu tun, dass wir einerseits zwar eine halbwegs befriedigende Statistik vorlegen können, dass wir aber andererseits derzeit – man muss nur die Anzeigen der großen Discounter anschauen – sinkende Milchpreise haben? Wir stehen in Baden-Württemberg zudem vor der Situation, dass an unseren Standorten die Produktionskosten viel höher sind als anderswo. Gleichzeitig geht die Landesregierung weiterhin den Weg, auf den Weltmarkt zu setzen. Sie leistete auch keinen Widerstand in den Verhandlungen, die in Brüssel stattgefunden haben.

Was gedenkt die Landesregierung vor diesem Hintergrund zu tun, damit die Situation für unsere Milchbauern wieder besser wird, damit es nicht zu einem nächsten Streik kommt? Denn wenn es so weitergeht, steht dieser wieder vor der Tür.

Herr Kollege Walter, Sie alle kennen die Funktionsmechanismen der Marktwirtschaft. Wir haben hier doch sehr ungleiche Partner: Wir haben Oligopolisten im Einzelhandel, und wir haben bei der Zahl der Molkereien, speziell in Süddeutschland, regelrecht einen Polypolismus. Dass es hier keine Gleichwertigkeit in den Wettbewerbsmitteln gibt, lässt sich nachvollziehen.

Auch der Versuch, die Kartellbehörde zum Eingreifen zu bewegen, ist misslungen. Es konnte kein Verstoß gegen das Kartellrecht festgestellt werden. Also muss es darum gehen, die Strukturen mittelfristig zu verändern – die Strukturen bei den Erzeugern, damit deren Produktionskosten niedriger werden, und vor allem die Strukturen bei den Vermarktern, bei den Bündlern, damit nicht jeder das Rad neu erfinden muss, z. B. bei neuen Produktlinien.

Der Verbraucher ist heutzutage sehr anspruchsvoll. Milch ist nicht nur weiß. Der Nachfrager möchte immer wieder neue Milchprodukte. Da kann es nicht weiterhin so sein, dass jede Molkerei mit sehr hohen Forschungsmitteln ihre eigene Produktlinie generiert. Hier wünschen wir uns, dass man mehr zusammenarbeitet. Wir haben jetzt auch ein Projekt der Universität Hohenheim mit unserer Anstalt in Aulendorf angestoßen. Dieses Projekt soll deutlich machen, wie im Bereich der Produktentwicklung zusammengearbeitet werden kann. Ich glaube, dass die Molkereien von sich aus zusammenarbeiten werden, weil sie sich sonst eben nicht am Markt positionieren können.

Darüber hinaus dürfen wir natürlich auch nicht müde werden, auf den Verbraucher einzuwirken. Da weiß ich Sie auch im Boot, Kollege Walter, da Sie auch immer für regionale Lebensmittel werbend unterwegs sind. Wir müssen dem Verbraucher klarmachen: Wenn man eine qualitativ gute Ware haben möchte, dann hat diese Ware auch ihren Preis. Ich denke, wir sollten die Menschen auch weiterhin auf den Gedanken der Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Kosten eines Transports durch ganz Europa hinweisen.

Weitere Zusatzfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger.

Frau Staatssekretärin, die Produktionskosten sind gestiegen. Die Preiselastizität kennen wir. Die Nachfrage nach einem Milchprodukt geht sofort zurück, wenn das Milchprodukt teurer wird. Das ist nachgewiesen. Bei der letzten Preissteigerung hat man gesehen, dass man dann mit 10, 15 oder 20 % weniger Absatz rechnen muss.

Weil der Markt so ist, wie er ist, und die Betriebswirtschaft so ist, wie sie ist, frage ich Sie, ob es die Landesregierung – ähnlich wie der neue bayerische Landwirtschaftsminister Brunner – für erforderlich hält, genau jetzt in dieser Situation eine „Beratungsoffensive Milch“ vor allem für die wirtschaftliche Milchviehhaltung anzustoßen und die staatliche Beratung zu beauftragen, an die Praxis zu gehen.

Wir haben eine kontinuierliche Beratung, die vor allem die Betriebe in ihren betriebswirtschaftlichen Entscheidungen immer begleitet. Ich halte wenig davon, zu sagen: Jetzt starten wir, ob es derjenige will oder nicht, eine Beratungsoffensive.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber jetzt kommen die roten Briefe von der Bank!)

Ja. – Es ist ein immanenter Prozess. Wir sorgen dafür, dass in unseren Ämtern für Landwirtschaft in den Kreisen Beratungskapazitäten vorhanden sind.

Im Übrigen haben Sie völlig recht: Die Anteile, die beim Verbraucher verloren gegangen sind – denken wir allein an die Industrie; bei einigen Eisfabrikationen ist man auf andere Einsatzmittel als Milch ausgewichen –,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Pflanzen- fett!)

gewinnen wir nicht mehr zurück, wenn sich die Rezepturen verändert haben. Aber ich bin als diejenige, die sich auch für die Ernährung in Schulen verantwortlich fühlt, im Moment dabei, die Schulen bzw. die Schulträger, die Ganztagsverpflegung anbieten, darauf neugierig zu machen, dass es neue Milchprodukte in attraktiven logistischen Systemen gibt, sodass wir hoffentlich neue Milchtrinker, neue Milchkonsumenten gewinnen können.

Zweite Zusatzfrage des Herrn Abg. Walter.

Frau Staatssekretärin, Sie suchen neue Märkte. Da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Wir hatten in den letzten Jahren das Problem, dass beispielsweise Sennereien in Isny, die wir durch das PLENUM-Programm finanziert haben, in der Schweiz Biomilch zukaufen mussten, weil es in Baden-Württemberg keine Biomilch mehr gab. Es gibt insgesamt zu wenig Biomilch.

(Minister Peter Hauk: Ja, warum?)

Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung die Umstellung auf die biologische Wirtschaftsweise wesentlich schlechter finanziert, als beispielweise Bayern oder andere Bundesländer das tun, möchte ich von Ihnen wissen: Was tut die Landesregierung, um die Umstellung auf biologische Landwirtschaft und deren Erhalt zukünftig stärker zu fördern?

Herr Kollege, ich habe Sie vorhin schon einmal auf den Markt angesprochen. Ich bin eine überzeugte Marktwirtschaftlerin.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die Bayern auch!)

Ich glaube zwar nicht an die Omnipotenz des Marktes, aber es ist tatsächlich so gewesen – Herr Kollege Pix, Sie interessiert das sicherlich auch –, dass die Produzenten von Biomilch deswegen kein Interesse mehr daran hatten, Biomilch abzuliefern, weil sich der Preis der Biomilch nicht von dem der konventionellen Milch abgesetzt hat. Wenn sie mehr Aufwand haben und mehr Erfordernisse erfüllen müssen als bei der konventionellen Herstellung, zum Schluss aber denselben Preis am Markt bekommen, wie dies vor vier, fünf Jahren der Fall war, dann haben sie kein Interesse mehr daran. Warum soll ich durch Förderung jemanden auf den Markt hieven, der dann später kommt und sagt: „Du hast mich auf die Biomilch gesetzt, jetzt rentiert sich das nicht“? Das muss jeder als selbst verantwortlicher Unternehmer selbst entscheiden.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aber wir fördern we- niger als andere Bundesländer!)