Ja, weil wir ein anderes Übergangsverhalten zu den Gymnasien und weiterführenden Schulen haben als früher. Die OECD sagt uns schon lange, dass wir 50 % anstreben müssen, dass wir mit 40 % nicht bedient sind.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir sind doch auf dem besten Weg dazu! Machen Sie die Zahl nicht so schlecht!)
Herr Dr. Birk, wenn Ihnen der Anteil der Studienanfänger jetzt schon reicht, müssen Sie früher einschreiten und dafür sorgen, dass die Leute nicht bis zum Abitur kommen. Ich sage Ihnen, wir haben zusätzlich 50 000 junge Menschen, die Abitur machen, und nur 30 000 landen an den Hochschulen.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir haben das durch- lässigste Hochschulsystem und damit alle Möglich- keiten, einen Hochschulplatz zu belegen!)
Dann haben wir bei diesen Menschen ein Problem. Ohne Studienplatz drängen die Abiturienten in die berufliche Ausbildung und verdrängen dort andere junge Menschen.
Der zweite Aspekt: Stimmt es wirklich, dass wir hier nur die teuren Studienplätze schaffen und die Masse woandershin geht? Auch da belegen die Zahlen etwas anderes. Sehen Sie sich einmal die Bewertung des GWK-Berichts zur Aufnahme zusätzlicher Studierender an. Das sind Zahlen, die aus BadenWürttemberg an die Bundesregierung geliefert wurden. Die erfinde ich ja nicht. Wenn Sie schauen, was in den letzten zwei Jahren passiert ist, dann stellen Sie fest, dass in Baden-Würt temberg in besonders starkem Ausmaß Studienplätze in den Naturwissenschaften, in Mathematik und in den Ingenieurwissenschaften verloren gegangen sind. Davor können Sie doch die Augen nicht verschließen.
Ich sehe auch, dass es in diesem Semester hier eine Trendwende gegeben hat. Aber das macht zunächst einmal nur das gut, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist. Das muss man sich doch einmal anschauen.
Ich möchte auch zum Thema Innovation noch einen Gedanken in die Runde geben. Wenn wir das Thema „Ingenieur- und Fachkräftemangel“ ernsthaft angehen wollen, dann müssen wir in der Tat sehr viel früher ansetzen. Wir sollten uns dazu die PISA-Ergebnisse noch einmal zu Gemüte führen. Da ist ein Tatbestand, der mich sehr verblüfft hat, offengelegt worden, nämlich die Antwort auf die Frage: Wie haben Mädchen im naturwissenschaftlichen Unterricht in den einzelnen Bundesländern abgeschnitten? Dabei fand ich wirklich auffallend und sehr besorgniserregend, dass in ein paar wenigen Bundes
Das waren Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Da fragt man sich doch: Was läuft da schief? Während andere Bundesländer es schaffen, dass es hinsichtlich des Erfolgs im naturwissenschaftlichen Unterricht keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern mehr gibt – Niedersachsen hat es hinbekommen, Sachsen bekommt es hin, Rheinland-Pfalz bekommt es hin, dass das Geschlecht keine Rolle mehr spielt –, gibt es in Baden-Württemberg einen signifikanten Unterschied, und zwar sowohl wenn es darum geht, junge Frauen für solche Studiengänge zu gewinnen, als auch beim schulischen Erfolg.
Wenn wir als Innovationsstandort vorankommen wollen, dann müssen wir die Potenziale der Mädchen und Frauen heben und ernsthaft daran arbeiten, dass wir diese Geschlechterunterschiede ausgemerzt bekommen.
Einige Aspekte sollten doch noch einmal angesprochen werden. Der erste, der bisher gar nicht zur Sprache kam, ist der Umstand, dass es nicht genügt, wenn sich das Wissen an den Hochschulen in einem Elfenbeinturm ansammelt. Denn dann hätten wir zwar ein hohes Maß an Wissen, aber unsere Wirtschaft würde davon nicht profitieren. Die Landesregierung hat auf diese Frage, in der wir ohnehin schon hervorragend dastehen, nämlich die Frage des Wissenstransfers in die Wirtschaft, nochmals dadurch reagiert, dass sie ein Programm für die wirtschaftsnahen Forschungsinstitute aufgelegt hat.
Wir haben in Baden-Württemberg eine Struktur, die bundesweit einzigartig ist und die den Transfer in fast allen Branchen sicherstellt. Schauen Sie sich den Campus Vaihingen an – die Naturwissenschaften, insbesondere den Automobilbereich und vieles andere. Schauen Sie in die vielen Fraunhofer-Institute. Wir sind in all diesen Technologiebereichen hervorragend aufgestellt, und die Landesregierung hat doch noch einmal zusätzliches Geld in die Hand genommen, um gerade mit Blick auf den Mittelstand den notwendigen und wichtigen Technologietransfer zu verbessern.
Zweiter Aspekt: Ländervergleich. Dazu wurde schon einiges gesagt. Aber wir stehen in Baden-Württemberg eben zu dem, was der Minister betont hat. Wir wollen auf keinen Fall Masse statt Klasse. Das überlassen wir dem rot-rot regierten Berlin mit seinen Massenuniversitäten.
Da kann man beliebig viele Menschen in den Hörsaal stopfen. Aber was kommt denn dabei heraus? Das sichert doch nur das System „Arm, aber sexy“ als Studienziel.
Bei uns ist es so – ich sagte es bereits –: Wir setzen auf Klasse und Masse, Qualität und Quantität. Beides stimmt bei uns in Baden-Württemberg.
Dann, lieber Kollege Stober, zu den Studiengebühren: Wir tauschen uns dazu ja regelmäßig aus. Aber einen neuen Aspekt gibt es jetzt: Die Hessen haben die Studiengebühren abgeschafft.
(Beifall des Abg. Johannes Stober SPD – Abg. Jo- hannes Stober SPD: Gut so! – Abg. Siegfried Leh- mann GRÜNE: Bravo!)
Was ist der Erfolg? Während bei uns diejenigen, die für ihr Studium Geld aufbringen, ihre Zeit mit dem Studium verbringen, hat in Frankfurt der Studiengang „Vermummungswissenschaften“ zugeschlagen und den neu gebauten Campus verwüstet. So etwas gibt es bei uns zum Glück nicht.
Wir bleiben auch deshalb bei den Studiengebühren, weil die Studierenden so davon zu überzeugen sind, dass mit ihrem Geld eine Universität besser ausgestattet wird und dass man dann eben vielleicht einmal keinen Vandalismus begeht, sondern sich auf das Studieren konzentriert. Auch dafür sind Studiengebühren gut.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Ein dummes Zeug, was Sie da erzählen! So einen Zusammenhang herzustel- len ist doch Unsinn!)
Der entscheidende Punkt – Herr Kollege Gall, Sie werden das ohnehin nie verstehen – ist: Unsere Wissenschaftspolitik setzt auf die Autonomie der Hochschulen. Deshalb danke ich nochmals ausdrücklich an dieser Stelle all den dort Tätigen – von den Professoren über den Mittelbau und die Studierenden bis hin zu den Verwaltungen und auch denen, die in der Mensa für den wichtigen Aspekt „Ohne Mampf kein Kampf“ sorgen – für ihre hervorragende Arbeit.
Diese Autonomie zahlt sich aus. Autonomie heißt doch letztlich nichts anderes als Freiheit. Forschung und Lehre leben von der Freiheit. Wir als Liberale sind davon überzeugt: Je mehr Freiheit, desto mehr Zukunft. Dieses Land hat Zukunft.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Zu- ruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Bevor wir in die Mittagspause eintreten, will ich noch einmal darauf hinweisen, dass Tagesordnungspunkt 7 vorgezogen und direkt nach der Fragestunde aufgerufen wird. Ich sage das, damit Sie sich darauf einstellen können.