Herr Finanzminister Stächele – er muss sich jetzt auf der Abgeordnetenbank über Wein unterhalten –, Sie haben mir zwar zugehört, aber nicht richtig. Jedenfalls haben Sie die Botschaft überhaupt nicht
verstanden. George Bush hat ja den anthropogen verursachten Klimawandel geleugnet. Das können Sie sich natürlich nicht erlauben, was aber die Konsequenzen betrifft, sind Sie oft nicht weit weg davon.
Sie haben nicht verstanden, Herr Finanzminister, dass Autos neben positiven Eigenschaften auch negative Eigenschaften haben: Die Luft, die sie einsaugen, kommt anders hinten zum Auspuff heraus, nämlich als CO2!
Wie sieht heute der wirtschaftliche Ordnungsrahmen aus? Dass man die Atmosphäre als kostenlose Mülldeponie für CO2 benutzen darf! Das ist das Problem.
Ich muss Sie offensichtlich belehren, denn Sie haben noch nicht einmal die einfachsten Dinge verstanden.
Dass diese externen Kosten nicht eingepreist sind, ist eine alte Erkenntnis, und genau das ist das Problem beim Verbrauch fossiler Ressourcen, das ist ein klassisches Marktversagen.
Herr Stächele, es nützt überhaupt nichts, wenn bisher die Automobilindustrie erfolgreich war; denn sie war erfolgreich auf Kosten der Umwelt – das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen –, weil wir Autos gebaut haben, die zu viel Sprit verbrauchen und zu viel CO2 emittieren. Das ist doch eine Tatsache, die Sie vielleicht einmal anerkennen können.
(Beifall bei den Grünen – Minister Willi Stächele: Von den Verbesserungen der letzten 20 Jahre haben Sie wohl nichts gehört! Was fahren Sie denn für ein Auto? Wissen Sie nicht, was in den letzten Jahren al- les gegangen ist?)
Ihr Ministerpräsident ist auf die Bremse getreten, als die EU klare Vorgaben zum CO2-Ausstoß von Pkws mit einer Begrenzung auf 120 g pro Kilometer gemacht hat. Das wollte Ihr Ministerpräsident verhindern. Das ist Ihre Politik!
(Minister Willi Stächele: Sie reden hier die Automo- bilindustrie in Baden-Württemberg schlecht! Sie ma- chen Arbeitsplätze kaputt! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Hochmut kommt vor dem Fall!)
Lassen wir einmal einen Fachmann sprechen: Der Stern-Report aus Großbritannien sagt, die Gesamtkosten und Risiken des Klimawandels bedeuten, wenn wir nicht handeln, jedes Jahr den Verlust von wenigstens 5 % des globalen Bruttoinlandsprodukts – jetzt und für immer. Wenn man noch mehr Risiken einbezieht, kann die Schadensschätzung auf 20 % oder mehr des Bruttoinlandsprodukts ansteigen. – Da hätten Sie jetzt zuhören sollen, was das für gigantische Bedrohungen unserer Wirtschaft sind.
Im Gegensatz dazu können die Kosten des Handelns zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf etwa 1 % des globalen Bruttoinlandsprodukts pro Jahr begrenzt werden.
Das heißt, es ist viel billiger, etwas für den Erhalt der Umwelt zu tun, als es zu unterlassen und dadurch riesige Schäden für die Umwelt und die Volkswirtschaft in Kauf zu nehmen.
Der baden-württembergische Automobilstandort wird nur eine Chance haben, wenn er das begreift und solche Autos produziert, die diesen Paradigmen entsprechen, also neue Autos, die dem „neuen Denken“ entsprechen. Woher kommt das „neue Denken“? Es entsteht, weil die Energiepreise steigen, weil die Rohstoffpreise steigen und weil das alles die Umwelt schädigt.
Jetzt war meine Kritik: Was bewirkt Ihr Konjunkturprogramm mit dem, was Sie zur Kfz-Steuer vorschlagen? Ein Jahr steuerfrei für alle, egal, ob man einen Spritschlucker kauft oder ein spritsparendes Auto.
Aber Sie stimmen dem zu. Sie haben gesagt, dass Sie dem zustimmen. Das ist doch einfach Unfug, der da von Ihrer Regierung in Berlin gemacht wird. Das führt – wenigstens das sollte Sie als Finanzminister interessieren – zu gigantischen Steuerausfällen, die wir uns überhaupt nicht leisten können.
Es ergibt sich also die Frage: Wie erreichen wir in Zukunft wirtschaftliche Wertschöpfung? Welche Produkte und Dienstleistungen müssen wir anbieten? Natürlich können wir froh sein, dass wir eine robuste mittelständische Wirtschaft haben, die wahrscheinlich den Fall in die Rezession verhindern kann. Warum schafft die das? Weil diese Mittelständler in der Einsicht, dass sie Ökologie und Ökonomie verbinden müssen, sehr viel weiter sind als Sie. Das ist der Grund.
Wenn Sie heute ein Unternehmen besuchen – sei es ein Zulieferer oder ein anderes Unternehmen –, werden Sie sehen, dass diese Unternehmen, weil sie alle exportorientiert sind, darauf achten müssen, dass sie mit hohen Umweltstandards in die Produktion gehen, denn sonst verkaufen sie nichts. Das
fordern wir auch von der Automobilindustrie. Nur so wird sie eine Zukunft und eine Überlebenschance haben. Dass Sie da statt aufs Gas auf die Bremse treten, das ist meine Kritik gewesen, und an der werde ich festhalten.
Abgesehen davon sollten Sie sich einmal klarmachen, dass Kassandra recht hatte. Es kam so, wie sie es vorhergesagt hatte. Sie hatte eine einfache Wenn-dann-Beziehung aufgestellt: „Wenn ihr den Gaul reinlasst, wird Troja fallen.“ Etwas anderes sage auch ich nicht: Wenn ihr nicht endlich die ökologischen Rahmenbedingungen in das Herz der Wirtschaft implementiert, dann wird es zum Crash kommen.
Ich bin keine Wahrsagerin. Dazu muss man nur seine Vernunft in Gebrauch nehmen, Herr Finanzminister Stächele.
Deswegen, Herr Löffler, haben wir keinen Unsinn zur KfzSteuer gesagt, sondern das war höchst sinnhaft und höchst plausibel. Die Kfz-Steuer ist eine Haltersteuer. Sie ist höchst kompliziert und mit einem Riesenaufwand verbunden. Sie wissen, Herr Finanzminister: Trotz dieses Riesenaufwands kriegen wir einen Teil der Steuereinnahmen überhaupt nicht herein.
Wir brauchen ca. 600 Beamte im Land, um diese Steuer zu verwalten. Das ist eine reine Haltersteuer, die gar nicht wirklich ökologisch lenkt. Sie war vielleicht einmal sinnvoll im Bereich der klassischen Schadstoffe. Da hat sie etwas erreicht. Da sind wir jetzt bei Euro 5 und Euro 6. Deswegen brauchen wir sie nicht mehr. Wir brauchen jetzt eine andere Art, das zu steuern. Da rate ich: Umlegen auf die Mineralölsteuer. Dann wird nämlich hoher Spritverbrauch besteuert und nicht einfach das Halten eines Fahrzeugs.
Das ist genau das richtige, langfristige Denken. – Ich habe gesagt: Dann wird sich die Automobilindustrie darauf einstellen. Sie wird nämlich ab diesem Zeitpunkt spritsparende Autos produzieren wie noch nie. Die Verbraucher werden sich darauf einstellen, weil sie es sich nicht leisten können, Spritfresser zu fahren. Das ist ein Gewinn für Ökologie und Ökonomie. Ich möchte einmal wissen, Herr Kollege Löffler, was an dieser Aussage unsinnig gewesen sein soll. Sie betreiben doch nur nackte Polemik, weil Sie selbst nichts vorzubringen haben in der Frage, wie man nachhaltig unsere mittelständische Wirtschaft in Baden-Württemberg entwickelt.
Herr Kollege Finanzminister, den Vorwurf „Der Strom kommt für euch wohl aus der Steckdose“ hören die Grünen seit 30 Jahren.
Dieser Quatsch und Dummschwätzervorwurf kann uns weder beeindrucken, noch hat er verhindert, dass wir eine erfolgreiche Partei geworden sind. Denn das ist Blödsinn. In Wirklichkeit ist auch das das „alte Denken“, auf Kohle und Kernkraft zu setzen