Sie erscheint uns so wie aus Michael Endes Jugendbuch „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ der Scheinriese Tur Tur: Je weiter sie weg ist, desto größer erscheint sie uns; aber sie schrumpft dann zu einem Zwerg, wenn man ihr gegen übersteht,
Im Bildungsbereich kann sie nicht, aber sie will. Wo sie will, da kann sie nicht. Aber im Verkehrsbereich will sie nicht, obwohl sie kann. Das ist das Problem Merkel. Mit dieser Politik wird diese Große Koalition in Berlin, meine Damen und Herren, die Auswirkungen der Finanzkrise auf Baden-Würt temberg mit Sicherheit nicht lindern. Das müssen wir schon selbst tun, meine Damen und Herren. Aber die Landespolitik und die Wirtschaft in diesem Lande sind auf diese Aufgabe bestens vorbereitet.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns vor einigen Wochen über die Finanzkrise und die Bankenkrise unterhalten. Es ist richtig, wenn wir uns jetzt die Frage stellen, wie sich dies auf den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg auswirkt.
Lieber Herr Kretschmann, ich habe aufmerksam zugehört und das vom „alten“ und vom „neuen Denken“ mitbekommen. Das ging ja noch, als großer Obersatz. Aber ich wurde doch ein bisschen hellhörig, als plötzlich die Landespolitik BadenWürttembergs als „altes Denken“ beschrieben wurde. Ich bitte doch daran zu denken, auch wenn „neues Denken“ in Ihren Kreisen schick sein mag: Das alte Denken Baden-Württembergs, diese Landespolitik, ist eine Erfolgsgeschichte für Baden-Württemberg geworden, hat aus Baden-Württemberg einen robusten Wirtschaftsstandort gemacht. Punkt. Das ist „unser Denken“ und die bisherige Regierungspolitik.
Sie sprechen von „altem Denken“, lieber Herr Kretschmann, mit Sprüchen wie „Es bringt nichts, Bahnhöfe zu vergraben“. Sagen Sie doch ehrlich, dass Ihnen diese wichtige Investition
in die Verkehrsinfrastruktur wurscht ist. Das wäre die ehrliche Aussage. Wir dürfen Sie nicht länger so darüber reden lassen.
Herr Kretschmann, wir haben ein gewisses Alter, ja. Aber die Zukunft ist für unsere Jungen da. – Wir dürfen Sie nicht länger so darüber reden lassen, wenn es um ganz zentrale Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur geht, um europäische Verkehrstransversalen, wo es davon abhängt, ob wir mit angebunden und damit Wirtschaftsstandort bleiben oder ob wir hinten runterfallen. Sie dürfen nicht länger so darüber reden, dass da gerade einmal ein Bahnhof vergraben werde. Das ist despektierlich; das entspricht nicht dem, was uns Wirtschaft und Arbeitsplätze wert sein müssen.
Das gleiche „alte Denken“ kam auch in Sachen Automobilstandort Baden-Württemberg zum Ausdruck. Wir wissen genau, was Sache ist, und die Autobauer in Baden-Württemberg wissen auch, was für die Zukunft Sache ist.
Man kann doch nicht so tun, als ob dieses „alte Denken“ der Automobilindustrie so schlecht gewesen wäre. Ich war ges tern bei der Einführung des neuen Landrats des Ortenaukreises und habe die dortige Wirtschaftsstruktur beschrieben. Nicht nur im mittleren Neckarraum, sondern allüberall im Land sind wir auf die Automobilindustrie und den entsprechenden Zulieferbereich angewiesen.
Allein im Landkreis Ortenau sind es 20 Firmen mit zum Teil über 90 % Umsatzanteil. Reden Sie doch bitte über die Automobilindustrie so, wie es ehrlich und seriös ist, aber nicht in dieser Form der Abkanzelei.
Es passt auch in dieses „alte Denken“ bei den Grünen, das da heißt: Wir brauchen keine Energie, gegen Kernenergie sind wir, in Karlsruhe sitzen wir vor den Kohlekraftstandorten, der Strom kommt aus der Steckdose, wir brauchen nichts anderes als die Wirtschaftsleistung, die irgendwo erarbeitet wird, und hier nur verteilt werden muss.
Das ist zu kurzsichtig. Deswegen muss ich sagen: Ich bin enttäuscht über Ihren Beitrag zum Wirtschaftsstandort BadenWürttemberg.
Zweitens: Meine Damen und Herren, wir dürfen Gott sei Dank ungeachtet dieser eben gehaltenen Rede davon ausgehen, dass Baden-Württemberg auch in die nächsten Monate gut gerüs tet geht. Ich warne im Moment vor zu vielen Kassandrarufen.
Kassandras kriegen zwar immer große Schlagzeilen. Selbsternannte Sachverständige gefallen sich natürlich immer wieder in Schlagzeilen.
Meine Damen und Herren, um den zentralen Punkt zu treffen, um den es geht, nämlich das Vertrauen der Bevölkerung: Wir müssen zeigen, wo wir stehen, dass wir robust und in der Lage sind, auch aktuelle Krisenmonate zu überstehen, dass es darum geht, wieder Investitions- und Konsumvertrauen zu schaffen. Das ist der entscheidende Punkt. Es hilft nichts, die Situation noch schlechter zu reden. Wir haben einiges zu bewältigen. Jetzt geht es darum, nach vorn zu blicken.
Wenn wir ganz ehrlich sind, hat sich die Konjunktur schon Anfang des Jahres 2008 leicht eingetrübt. Es war schon damals eine Nachfrageschwäche erkennbar. Es ist klar, dass im Zuge der Finanzkrise ein gewaltiger Vertrauenseinbruch gekommen ist, dass Konsum und Investition weiter erlahmt sind und insbesondere ein Exportland wie Baden-Württemberg gemerkt hat, wie es von internationalen Märkten abhängig ist. Wir haben gespürt, dass an der Kreditfront einiges brüchig geworden ist, dass zwischen den Banken kein Vertrauen mehr besteht. Unsere große Sorge war insbesondere, dass auch der Mittelstand in eine Kreditklemme geraten könnte. Dem ist nicht so. Der Mittelstand kann weiter finanziert werden. Es kann allenfalls da und dort bei Großfinanzierungen zum einen oder anderen Problem kommen. Das ist ein wichtiger Ausgangspunkt.
Drittens: Wir sind den Entwicklungen Gott sei Dank entschieden entgegengetreten. Die Politik hat gehandelt. Das war ein ganz wichtiges Zeichen, eine ganz wichtige vertrauensbildende Maßnahme, dass die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung, die sie tragenden Regierungsfraktionen mit den Ländern erkannt haben, dass sie einen Stabilisierungsfonds mit einem Garantierahmen in der Größenordnung von 400 Milliarden € auflegen und ferner dafür Sorge tragen müssen, dass ein Kapitalzufluss in der Größenordnung von 80 Milliarden € machbar ist. Der erste wichtige Schritt dafür ist gemacht worden, die Politik hat gehandelt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es um die Frage des Zugriffs auf diesen Fonds geht – Herr Schmid, Sie haben das angesprochen –, dann muss ich sagen, dass es mir nur darum ging, dass dieser Fonds nicht von vornherein schlechtgeredet wird. Ich habe gegenüber Herrn Ackermann eine deutliche Sprache gesprochen.
Ich sage aber nicht von vornherein – Herr Schmid, Sie haben das angesprochen –, dass man zwingend in diesen Fonds hineinmuss. Da man sich in Deutschland zu der freiwilligen Lösung bekannt hat, können wir diesen Weg auch weiter gehen.
Die andere Frage ist natürlich, inwieweit wir in der Zukunft eine höhere Eigenkapitalquote bräuchten. Dann muss in der
Tat die Frage gestellt werden: Wo kann das Geld herkommen? Es kann der Bund sein, es muss aber nicht nur der Bund sein. Ein Kapitalzufluss an Banken ist in verschiedenen Formen möglich. Das wissen wir. Diese Frage ist deshalb erst dann zu beantworten, wenn man meint, dass man bei 7 oder 7,2 oder 7,4 % Eigenkapitalquote unzureichend abgedeckt ist. Wenn wir das, was von manchen propagiert wird, nämlich 10 %, wirklich erreichen wollten, muss man in der Tat fragen, wo neues Kapital eingebracht werden muss.
Was uns im Zusammenhang mit den 80 Milliarden € wichtig war: Wenn denn der Bund Kapital gibt – im Falle der Commerzbank sind offensichtlich 8 Milliarden € angesagt, im Falle der HSH und im Falle der WestLB sind die Summen noch unklar –, dann darf am Schluss aus diesen Landesbanken keine zentrale Bundesangelegenheit werden. Wir wollen sicherstellen – das ist meines Wissens das Anliegen aller Länder –, dass die Länder als Eigentümer, dass auch die Sparkassenverbände, so sie Eigentümer sind, ihre Eigentumsrechte weiter ausüben können.
Nun aber zur Arbeitsmarktsituation in Baden-Württemberg. Wir haben Gott sei Dank nach wie vor – einer der Vorredner hat es gesagt – einen relativ stabilen Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit 3,9 %. Wir haben eine Sparquote, die zum Leidwesen der Binnenkonjunktur nach oben gegangen ist. Aber insgesamt haben wir immer noch einen Auftragsbestand – dies wurde unlängst vom Maschinenbau veröffentlicht –, der einigermaßen Stabilität vermittelt. Es gibt einen Bereich, wo deutlich wird, dass die internationale Nachfrage eingebrochen ist: Das ist die Automobilindustrie. Wir haben im Oktober gegenüber dem Vorjahresmonat 8 % weniger Zulassungen. Insgesamt geht man in der Automobilindus trie davon aus, dass es im Jahr 2008 rund 10 % weniger Umsatz werden könnte als im Jahr 2007.
Damit sind wir genau da, wo es schnell brennen und uns schmerzen kann, denn Baden-Württemberg ist Automobilland und Automobilstandort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit jetzt nutzen – ich weiß, auch mein Kollege wird sicherlich noch den einen oder anderen Beitrag dazu leisten –, Ihnen zu sagen, was jetzt im Blick auf eine Konjunkturhilfe für das Jahr 2009 und die folgenden Jahre angedacht werden kann. Herr Schmid, Sie haben einige Dinge angesprochen, die noch in der Diskussion stehen. Ich habe mich – das habe ich auch öffentlich getan – gegenüber dem Vorschlag des Aussetzens der Kfz-Steuer für bestimmte Fahrzeuge für die Dauer von zwei Jahren sehr skeptisch ausgesprochen,
Das Zweite ist auch klar: Wenn ich in diesem Bereich tätig werde, muss ich wissen, dass ich nicht nur Baden-Württemberg-Patriot bin, sondern im Grunde in eine international breit aufgestellte Industrie hineinstoße. Man muss das also gründlich überlegen.
Daneben halte ich die anderen Vorschläge, die heute ins Kabinett eingebracht werden, für erwägenswert. Ich will Ihnen aber auch sagen, was das ein Land wie Baden-Württemberg
kosten könnte. Ich weiß, dass die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung Investitionen in Fahrzeuge und Maschinen gleichermaßen befördern könnte. Sie wissen, dass wir im Zusammenhang mit der Unternehmensteuerreform zur linearen Abschreibung gekommen sind, das heißt also, auf zehn Jahre jeweils 10 %. Jetzt ist die Überlegung, ob man nicht mit einer temporären Wiedereinführung der degressiven Abschreibung, das heißt, für die Dauer von einem oder zwei Jahren, einen Investitionsschub auslösen müsste – derzeit wird eine Vorlage des Bundeskabinetts mit 30 % erarbeitet –, um dann innerhalb dieser zwei Jahre, in denen es darauf ankommt, Investitionsbereitschaft anzuregen und zu wecken.
Ich will aber, weil wir keinen Blindflug machen dürfen, gleich sagen, worum es geht. Es ginge um einen Steuerausfall von insgesamt 2,8 Milliarden € für 2009. Das wären, auf das Land heruntergebrochen, 99 Millionen €. Für unsere Kommunen wären es 166 Millionen €. Das heißt, dies würde Baden-Würt temberg im Jahr 2009 mit 264 Millionen € beanspruchen. Im Jahr 2010 wären es – Land und Kommunen – 554 Millionen €, 2011 516 Millionen €, 2012 287 Millionen €, und 2013 sinkt es – das ist klar.
Das ist in der Tat eine Geschichte, die einen Schub bringen könnte. Sie hätte noch den Reiz, dass das Geld danach wieder hereinkommt.
Aber es sind vier Jahre, für die man die Zahlen kennen muss. Es hat jetzt keinen Wert, dass man darüber nachdenkt und dieses verschleiert. Wer dies als ein Instrument des Anschubs erkennt, muss wissen: Vier Jahre ist „Schmalhans“ angesagt. Vier Jahre lang fehlen uns im Durchschnitt rund 150 Millionen €. Entsprechendes gilt für die Kommunen.