Protocol of the Session on November 5, 2008

(Abg. Christoph Bayer SPD: Nichts passiert!)

Aber da wird auch gefordert, dass wir das, was woanders schon funktioniert oder schon durchgeführt wurde, einmal beispielhaft zusammenstellen, publizieren und sorgfältig prüfen, ob der gewünschte Effekt – denn darauf kommt es ja an – tatsächlich eingetreten ist. In Niedersachsen beklagt die Landtagsfraktion der Grünen selbst die geringe Wahlbeteiligung in dieser Altersgruppe.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Aha!)

Das Rezept der niedersächsischen Grünen gegen die schwache Wahlbeteiligung der 16- bis 18-Jährigen erinnert allerdings an Dr. Eisenbarth: Weil das bei den 16-Jährigen nicht funktioniert, gibt es dort den Vorschlag, das Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 14 Jahre zu senken.

(Heiterkeit der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Der Kollege Kleinmann hat gesagt, er könne sich auch ein Wahlalter von zwölf Jahren vorstellen – oder vielleicht auch von elf Jahren –, denn in diesem Alter sind die Kinder noch nicht strafmündig; dann können sie noch nicht zur Verantwortung gezogen werden.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Kurz nach der Geburt!)

Wir halten es für besser, den Jugendlichen ihrem Alter entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten in der Kommune zu bieten. In vielen Städten und Gemeinden gibt es dazu Jugendgemeinderäte. In meiner Heimatstadt Reutlingen hat man damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Dort werden die Jugend

lichen sehr ernst genommen. Sie werden zu allen jugendpolitischen Angelegenheiten gehört und haben dort auch die Rechte wie beschließende Ausschüsse.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Ganz generell wundert es mich, dass die Grünen in dieser Altersfrage so gespalten sind. Im Strafrecht kann ihnen die Grenze, ab der jemand zur Verantwortung gezogen werden kann, nicht hoch genug sein,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ab 40!)

und im Wahlrecht kann sie ihnen nicht niedrig genug sein.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Es geht doch um Be- teiligung!)

Das ist irgendwie schizophren. Lasst euch doch einmal von Dr. Lasotta oder Dr. Mentrup untersuchen, vielleicht auf hebephrene Schizophrenie – zu Deutsch: Jugendirresein.

(Unruhe bei der SPD und den Grünen – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Jetzt reicht es aber langsam! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ist das eine Büttenrede, oder was soll das sein? – Abg. Norbert Zeller SPD: Das ist doch blamabel, was Sie da bieten!)

Paritätische Berücksichtigung von Frauen und Männern bei der Kandidatur, meine Damen und Herren, ist wünschenswert, gesetzlich verordnen lässt sich das nicht. Oder wollen die Grünen beispielsweise die Kandidatur von Frauenlisten verhindern? Wie sollen denn die diese paritätische Besetzung hinkriegen?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Lesen Sie einmal Gesetzentwürfe, Herr Kollege! Da steht es drin!)

Ja, das ist einmal das Erste. Dann machen Sie weiter. Aber dann hat es doch keine Wirkung.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Für Liberale bleibt es dabei: Kandidatinnen und Kandidaten werden nach Qualifikation und nicht nach Geschlecht beurteilt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Fangt doch einmal bei eurer Liste an!)

Motivierte und qualifizierte Frauen haben gleiche Nominierungschancen wie Männer – zumindest bei der FDP, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Norbert Zeller SPD: Kommen Sie zum Schluss!)

Wir haben eine Landesvorsitzende, wir haben eine Parlamentarische Geschäftsführerin, wir haben Oberbürgermeisterin nen und Bürgermeisterinnen. Bitte keine Zwangsbeglückung, sonst kommt noch so etwas wie Claudia Roth dabei heraus.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge- ordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rech.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Um es kurz zu machen: Aus meiner Sicht kann keiner der vorgelegten Gesetzentwürfe unterstützt werden. Die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände zu diesen Gesetzentwürfen sprechen eine deutliche Sprache. Ich würde diese Stellungnahmen dringend zur Lektüre empfehlen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Haben wir ge- macht!)

Aber offensichtlich nichts daraus gelernt, Herr Kollege.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nichts da- raus gelernt! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die Bürgermeister allein haben nicht darüber zu entschei- den!)

Die Bürgermeister sind mindestens so nahe an den Bürgern wie Sie, Herr Kollege Sckerl.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ihr hört doch sonst auch nicht auf den Städtetag!)

Im Hinblick auf diese deutliche Sprache und nachdem hier schon vieles und Richtiges gesagt wurde, will ich mich auf wenige Aspekte beschränken.

Erstens: die Absenkung des Wahlalters. Dem Ziel, das Mindestalter für das Wahlrecht bei Kommunalwahlen von 18 Jahren auf 16 Jahre zu senken, kann schon deshalb nicht zu gestimmt werden, weil ein offensichtlicher Wertungswiderspruch besteht. Es lässt sich nicht begründen, weshalb ein Jugendlicher mit 16 Jahren das Wahlrecht haben soll, die Volljährigkeit und damit die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit aber erst mit 18 Jahren eintritt. Es wäre in der Tat widersprüchlich, wenn man Jugendlichen einerseits die Möglichkeit einräumen würde, durch die Teilnahme an Wahlen über wichtige, das heißt über grundsätzliche politische Entwicklungen auf kommunaler und möglicherweise dann auch auf Landesebene zu entscheiden, es ihnen aber andererseits, weil sie nicht volljährig sind, verwehrt ist, über ihre eigenen Belange ohne Zustimmung der Eltern bestimmen zu können. Das ist ein Wertungswiderspruch.

Der Kollege Kluck hat auf einen anderen Widerspruch hingewiesen, der zwar keinen Wertungswiderspruch darstellt. Aber es ist schon erstaunlich, weshalb man beim Strafrecht die Altersgrenze für die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts heraufsetzt. Bei Heranwachsenden – das sind Personen zwischen 18 und 21 Jahren – könnte man ja auch sagen: Da setzen wir die Grenze herunter auf 16 Jahre. Es ist ohnehin erstaunlich, bei wie vielen Heranwachsenden da eine Ausnahme gemacht wird, indem sie noch nach Jugendstrafrecht behandelt werden, obwohl sie schon über 18 Jahre alt sind. Aber das ist heute nicht das Thema.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Ja! Sonst könnte man darüber ganz lange diskutieren!)

Aber ich möchte daran erinnern, dass wir in den Siebzigerjahren, als das Wahlalter von 21 Jahren auf 18 Jahre herabgesetzt

wurde, gleichzeitig auch das Volljährigkeitsalter abgesenkt haben. Damals hat man den Zusammenhang zwischen Volljährigkeit und Wahlalter klar und zutreffend gesehen und zum Maßstab genommen. Dieser Zusammenhang bleibt für mich nach wie vor bestehen. Ich halte es für wichtiger, die jungen Menschen, die wählen dürfen, zu motivieren, ihr Recht auch tatsächlich auszuüben.

In diesem Zusammenhang: Ich stimme Heribert Prantl in Vielem zu. Aber wenn es in der Politik so zugeht, wie er dies beschreibt und wie dies vorhin zitiert wurde, dann, finde ich, sollte man Jugendliche nicht schon mit 16 verderben, indem man sie in die Politik zwingt. Dann könnten wir einmal über uns nachdenken.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das eine schließt das andere nicht aus!)

Was wir gelegentlich veranstalten, schreckt Jugendliche ab, sich überhaupt zu motivieren und zu engagieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Haben Sie gerade die Rede des Kollegen Kluck gemeint?)

Nein. Ich könnte da Beispiele in großer Zahl nennen – von allen Parteien übrigens.

Was die Verbesserung der Wahlchancen von Frauen bei Kommunalwahlen anbelangt, stimme ich der Beauftragten der Landesregierung für Chancengleichheit von Frauen und Männern, der Kollegin Ministerin Dr. Stolz, völlig zu. Ich stimme mit ihr überein, dass Frauen in den kommunalen Gremien noch immer deutlich unterrepräsentiert sind. Auch ich bedauere dies außerordentlich und bin der Meinung, dass wir mehr Frauen in den Gremien brauchen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jawohl!)

Dieser Appell richtet sich an alle, aber er richtet sich speziell auch an die Mehrheit der Wahlberechtigten, die weiblich sind, nämlich 52 %, wie wir vorhin gehört haben. Da frage ich mich, weshalb der Durchbruch noch nicht gelungen ist.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wir sind dran!)

Gut.

Aber der vorgeschlagene Weg, die paritätische Berücksichtigung von Frauen und Männern bei den Wahlvorschlägen gesetzlich zu regeln, ist meiner Meinung nach nicht nur rechtlich problematisch – das hat der Kollege Wolf zutreffend ausgeführt –, auch verfassungsrechtlich problematisch, sondern er ist auch politisch schlichtweg falsch. Ich halte es für den besseren Weg, Frauen wirklich zu ermutigen, sich für die Politik und hier vor allem für die Kommunalpolitik zu interessieren und zu engagieren, genauso wie das auch der Landesfrauenrat u. a. mit einer im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2009 herausgegebenen Broschüre getan hat oder wie dies die kommunalen Landesverbände in einer gemeinsamen Pressemitteilung unter dem Motto „Demokratie braucht Frauen“ getan haben.

Demokratie braucht Frauen – völlig richtig. Es braucht aber auch Wähler, die diese Frauen dann auch tatsächlich wählen.