Protocol of the Session on October 2, 2008

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetzgebungsverfahren – es wurde zu Recht gesagt: die Umsetzung einer EURichtlinie – hat uns jetzt über zweieinhalb Jahre beschäftigt. Es gab ausführliche Beratungen in Ausschüssen und Arbeitskreisen, auch ausführliche Beratungen von Änderungsanträgen.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber nicht im Um- weltausschuss! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Der Kollege Mack hat hinreichend geschildert, warum wir die vorliegenden Änderungsanträge ablehnen.

Wir hätten uns gern, Herr Kollege Mack, über den Änderungsantrag unterhalten, auf den Sie jetzt noch rekurriert haben, aber den hätte man dann vielleicht etwas früher einbringen können, damit der Ausschuss noch die Gelegenheit erhalten hätte, darüber zu beraten.

Im Weiteren möchte ich nur noch auf das eingehen, was jetzt in der Debatte erneut aufgeworfen worden ist, nämlich auf einige Punkte der Opposition.

Frau Sitzmann, zu den Windrädern: Selbstverständlich hätten auch wir uns etwas mehr vorstellen können – Sie haben unseren Parteitagsbeschluss zitiert. Aber natürlich ist es so, dass man in einer Koalition Kompromisse macht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ihre ewig faule Ausre- de!)

Ich denke, das ist ein ordentlicher Kompromiss, der die Windkraft in Baden-Württemberg voranbringt –

(Lachen bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Ge- nau das Gegenteil ist der Fall! Blockade auf allen Ebenen! – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

um den Faktor 3 bis 4, wie das Energiekonzept der Landesregierung es vorsieht.

Wenn Sie mehr wollen und wenn Sie auf der Einhaltung von Parteitagsbeschlüssen bestehen, dann darf ich nur daran erinnern, was Ihr Kollege Schlachter vorhin zu einem Parteitagsbeschluss der Grünen gesagt hat: Das Bessere ist der Feind des Guten. Dazu hat der Kollege Untersteller kräftig geklatscht. Das passt nicht mit der Orthodoxie zusammen, mit der Sie von der FDP verlangen, Parteitagsbeschlüsse umzusetzen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sie finden es also besser, die Windkraft zu verhindern!)

Was den Flächenverbrauch anbelangt, besteht mit Sicherheit immer ein Spannungsverhältnis. Wir bekennen uns zu dem Ziel der Nachhaltigkeit, aber wir bekennen uns auch zu wirtschaftlichem Wachstum. Wenn jemand – so wie Sie, Frau Sitzmann – ständig irgendwelche Statistiken hervorkramt und uns dann vorwirft, dass es etwa in Mecklenburg-Vorpommern mehr Existenzgründungen gebe als in Baden-Württemberg, auf der anderen Seite aber keine Flächen zur Verfügung stellen will, wo sich diese Existenzgründer dann auch ansiedeln können –

(Abg. Johannes Stober SPD: Flächen haben wir ge- nügend!)

und gegen jegliche Form von Straßenbau und Infrastruktur sind Sie auch –,

(Widerspruch bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

dann passt das wirklich nicht zusammen.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Herr Kollege Mack, ich habe das gern gehört. Bei der Aufstockung der Städtebausanierungsmittel im Landeshaushalt – ich glaube, das hat auch der Minister gern gehört – gehen wir gern mit. Es ist der richtige Weg, wenn wir beispielsweise innerstädtische Brachen einer Sanierung und einer neuen Ertüchtigung zuführen, anstatt nun generell jegliche Form von Flächenverbrauch zu unterbinden, auch dann, wenn die Wirtschaft das braucht. Das kann nicht der Weg einer Landesregierung sein, die verantwortlich ist für die beste und prosperierendste Volkswirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland.

Abschließend noch zu dem von Ihnen erneut aufgeworfenen Thema „Großflächiger Einzelhandel im ländlichen Raum“. Frau Sitzmann, wenn Sie sagen, man brauche nicht mehr als 800 m² für hochwertigen Einzelhandel, dann zeigt das wieder einmal, dass Sie von den ökonomischen Realitäten in diesem Land keine Ahnung haben.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Mit 800 m² können Sie bestenfalls einen Discounter mit 10 000 bis 12 000 Produkten ausrüsten, aber nicht die 23 000 bis 25 000 Produkte unterbringen, die ein hochwertiger Einzelhändler ausweist. Genau das wollen wir den Menschen im ländlichen Raum ermöglichen. Wir wollen den ländlichen Raum nicht ausdünnen und nicht plattmachen, sondern wir wollen eine ordentliche Versorgung des ländlichen Raums auch mit Einzelhandel ermöglichen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Reden Sie von 23 000 Ar- tikeln im ländlichen Raum? Das ist ja absurd!)

Das geht gegebenenfalls auch mit großflächigem Einzelhandel, und dafür wollen wir die Möglichkeit schaffen.

Die Entscheidung darüber treffen die Regionalverbände. In den Regionalverbänden werden sehr wohl auch Begründungen von Gesetzen gelesen. Wir gehen davon aus, dass man sich in den Regionalverbänden sehr sorgsam überlegt, was das Ziel von Genehmigungsverfahren ist. Wir wollen ein Signal dafür setzen, dass man den Menschen im ländlichen Raum diesen hochwertigen Einzelhandel noch stärker als bisher zur Verfügung stellt. Denn es kann auch nicht ökologisch sein, wenn man den Leuten im ländlichen Raum sagt: „Wenn ihr eure Einkäufe machen wollt, dann setzt euch ins Auto und fahrt zu den Mittel- oder Oberzentren.“ Diese Haltung ist nicht ökologisch. Sie ist auch nicht altengerecht, und sie ist auch nicht behindertenfreundlich.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Jedem Dorf seine 20 000 m²!)

Das passt nicht zu dem, was Sie sonst verkünden, und das zeigt, dass aufseiten der Grünen und der SPD die Ökologie, die Altengerechtigkeit und die Behindertenfreundlichkeit eben nur Lippenbekenntnisse sind, meine Damen und Herren, und nichts weiter.

(Abg. Hagen Kluck und Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es!)

Insofern sind wir dem Wirtschaftsminister dafür dankbar, dass er uns diesen Gesetzentwurf nach den ausführlichen Beratungen in der vorliegenden Form vorlegt. Die FDP/DVP-Fraktion wird dem Entwurf in der vorliegenden Form auch zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Wirtschaftsminister das Wort.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Jetzt wird es schwer, den eigenen Kollegen vorzuführen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nach intensiven Beratungen in Ausschüssen,

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: In welchen Aus- schüssen?)

bei der ersten Lesung und an anderer Stelle noch Bemerkungen zu drei Punkten machen.

Der erste Punkt ist schnell abgehandelt. Es hat große Übereinstimmung darüber gegeben und musste so sein, dass wir diese europäische Umweltrichtlinie entsprechend im Landesplanungsgesetz umgesetzt haben. Das war auch unumstritten. Wir haben das im Verhältnis 1 : 1 getan, um zu erreichen, dass hier nicht viel Bürokratie entstehen kann. Das ist auch unumstritten.

Der zweite Punkt war das Thema Flächenverbrauch. Das ist ein hochpolitisches Thema. Deshalb haben wir zum ersten Mal den Grundsatz, dass wir mit Flächen sparsam umzugehen haben, in das neue Landesplanungsgesetz, und zwar gleich im ersten Artikel, aufgenommen.

(Abg. Johannes Stober SPD: Hilft das etwas?)

Das war bisher nicht der Fall.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber in anderen Ge- setzen stand das schon drin!)

Jetzt ist die Frage: Was erwarten Sie? In einem Landesplanungsgesetz können Sie natürlich den Handlungsrahmen aufzeigen. Sie können sagen, dass eine Handlungsanleitung sein muss, Flächen einzusparen. Ein Landesplanungsgesetz ist aber nicht dazu da, bis ins Detail Vorschriften zu machen, wie dies zu geschehen hätte.

(Abg. Johannes Stober SPD: Macht ja auch niemand! – Abg. Peter Hofelich SPD: Wollen wir ja nicht!)

Sie können in ein Gesetz hineinschreiben, was Sie wollen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Es muss umsetz- bar sein!)

Entscheidend ist, dass Sie entsprechende Anreize setzen, damit dieses Gesetz auch umgesetzt werden kann. Das geschieht z. B. im Wirtschaftministerium durch zwei konkrete Maßnahmen.

Erste konkrete Maßnahme: Thema Wohnungsbau. Das Land Baden-Württemberg ist das erste Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland, das in seinem neuen Wohnungsbaugesetz vorsieht, dass in der Zukunft nicht nur der Erwerb von Wohnungseigentum gefördert werden kann. Zum ersten Mal kann auch eine bestehende Immobilie in der Stadt im Zuge des Erwerbs von Wohnungseigentum gefördert werden. Was heißt dies? Das bedeutet, dass leer stehende oder zu veräußernde Immobilien, die im Siedlungsgebiet bereits vorhanden sind, in der Zukunft im Zuge von Wohnungseigentum gefördert werden können. Damit kann gewährleistet werden, dass Wohnungsneubau auf neuen Flächen, auf zusätzlich zu beanspruchenden Flächen nicht infrage kommen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wet- zel FDP/DVP: Wunderbar! – Zurufe der Abg. Dr. Gi- sela Splett GRÜNE und Johannes Stober SPD)

Das ist der nächste Punkt, der kommt jetzt. Ich habe in der kurzen Zeit, in der wir das bisher gemacht haben, festgestellt, dass sich ein großer Anteil – bis zur Hälfte – der Nachfrage nach Wohnungseigentum genau auf diese bestehenden Immobilien bezieht.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Der Flächenver- brauch steigt aber! – Gegenruf des Abg. Johannes Stober SPD: Immer mehr!)