Interessant ist Folgendes: Schauen Sie einmal auf die Reaktion des Wählers und Bürgers – und dazu zählen ja auch die Studierenden –, auf das Wahlergebnis in den Unistädten Baden-Württembergs: Die Grünen waren bei diesem Thema etwas vorsichtiger und haben differenziert. Die CDU und die FDP/DVP haben vor der Wahl mutig die Studiengebühr vorgestellt. Die Sozialdemokraten haben opponiert – ohne jeden Erfolg. „Attempto“ steht über der neuen Aula in Tübingen. Dort war ich fünf Jahre zu Gast.
In Tübingen haben die Sozialdemokraten mit ihrer Politik, Frau Spitzenkandidatin, ein Wahlergebnis unter aller Sau gekriegt.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die CDU war auch nicht viel besser! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜ- NE: Die CDU war auch nicht Klasse in Tübingen! – Heiterkeit bei den Grünen)
sondern im Landkreis Tübingen insgesamt, zu dem Rottenburg am Neckar, Nehren und das Steinlachtal gehören, mag auch ein Ausdruck dafür sein, dass billige populistische Politik bei den Bürgern, zumal in Hochschulstädten, durchschaut wird. Deswegen haben wir die Studiengebühr eingeführt. Sie stärkt die Hochschulen. Sie stärkt die Studierfähigkeit der jungen Generation. Ich glaube, dass das Thema längst ausgefochten ist. Im Grunde genommen ist das eine rückwärts betrachtende Wortmeldung gewesen. Wir glauben, dass die Studiengebühr der Qualität von Wissenschaft und Lehre in Baden-Württemberg dienen kann.
Alles in allem: Die Koalitionsvereinbarung ist das richtige Nachschlagewerk, und Schwerpunkte der Regierungserklärung setzen wir um. Der Haushalt kommt im Herbst, alles andere in den nächsten fünf Jahren. Ich baue auf eine stabile Koalition von CDU und FDP/DVP sowie einen fairen Wettbewerb und Streit mit den Grünen und den Sozialdemokraten in Baden-Württemberg.
Nach § 82 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich der Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Frau Abg. Vogt, das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und noch einige Anmerkungen zu dem machen, was der Herr Ministerpräsident soeben erwidert hat.
Ich danke Ihnen, Herr Ministerpräsident, dass Sie die Struktur Ihrer Regierungsarbeit so offen dargelegt haben und dass wir Einblick in die Art und Weise bekommen haben, wie es offenbar zugeht, wenn Sie in Ihrer Fraktion oder in Ihrem Kabinett Entscheidungen zu treffen haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Wi- derspruch bei der CDU und der FDP/DVP – Stellv. Präsident Wolfgang Drexler übernimmt den Vor- sitz. – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das galt dem Präsiden- ten! – Zurufe von der CDU: Jetzt kommt der Vize- präsident!)
(Beifall bei der SPD – Heiterkeit – Abg. Klaus Herrmann CDU: Beifall für den Vizepräsidenten! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir wünschen uns wieder den Drexler!)
Sehr geehrter Herr Kollege Oettinger, lieber Herr Ministerpräsident, ich würde in Bezug auf Ihr Regierungshandeln gerne das Bild eines Fahrzeugs bemühen. Man stelle sich ein Auto vor,
bei dem Sie am Steuer sitzen. Natürlich wissen wir, dass Herr Mappus auf der Beifahrerseite in vielen Dingen eine völlig andere Meinung hat und dass im Fond die FDP/DVP weilt, die auch wiederum ganz viele unterschiedliche Ideen hat. Trotzdem, Herr Ministerpräsident, sind Sie es, der die Hand am Steuer hat. Deshalb reicht es nicht, wenn Sie nur Dialoge führen und nur Dinge überprüfen, wenn Sie nur abwarten und hier und da zuhören.
(Abg. Ernst Behringer CDU: Frau Vogt, haben Sie nicht zugehört? – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wo waren Sie denn gerade?)
Vielmehr ist es notwendig, dass Sie bei den Dingen, die schon lange anstehen, auch tatsächlich Entscheidungen treffen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Gas geben und lenken! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Aber wenn der Beifahrer bremst?)
Zuweilen hatte man das Gefühl, Sie seien ganz frisch in die Regierung gekommen. Gerade der Flughafenausbau war doch schon unter Erwin Teufel ein Thema; auch da war doch schon die Frage, ob es eine zweite Start- und Landebahn geben soll oder nicht. Das ist doch nichts, was jetzt neu vom Himmel gefallen wäre.
Was wir von Ihnen erwarten, ist: Es ist klar, dass wir nicht immer in allen Dingen einer Meinung sind. Aber wenn man sich auseinander setzen soll, dann braucht man auch ein Gegenüber, dann braucht man jemanden, der klar sagt, wofür er steht, was er will und was er nicht will.
Sie haben selbst gesagt – das hat mich im Rückblick etwas verwundert –, wie gut doch eigentlich die Entwicklung der Finanzen, des Landeshaushalts, gewesen sei. Aber Sie sind es doch gerade gewesen, der gesagt hat, die Hauptaufgabe sei nun, die Sanierung des Haushalts zum Schwerpunkt zu erklären. Wenn alles so wunderbar gelaufen wäre, als Sie die Verantwortung als Fraktionsvorsitzender hatten und Herr Teufel Ministerpräsident war, dann wäre ein solch straffer Einschnitt, wie wir ihn nun alle für notwendig halten, jetzt gar nicht notwendig. Aber Sie sind auch in Ihrer Erwiderung soeben die Antwort schuldig geblieben, wo Sie sparen, was Sie sparen und welche Beiträge Sie als Regierung, zum Beispiel durch die Reduzierung Ihrer eigenen Bürokratie und Ihrer eigenen Ministerien, zu leisten bereit sind. Das sind die offenen Fragen. Strittig ist doch nicht, dass Sie insgesamt den Willen haben, etwas zu tun. Aber die Realisierung eines solchen Willens kann doch nur dann tatsächlich überprüft werden, wenn Sie auch Ross und Reiter nennen und sagen, welche Belastungen konkret auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen werden.
Ich will noch ein Wort zum Thema „ländlicher Raum“ sagen. Das Wohl und Wehe des ländlichen Raums in BadenWürttemberg liegt doch mit Sicherheit nicht in der Frage, wie viele Subventionen man auf Dauer erhält – Subventionen, die zum Teil gerade in Baden-Württemberg in eine überbordende Landwirtschaftsverwaltung fließen.
Die Bauern im Land wären froh, wenn es weniger Landwirtschaftsverwaltung bei uns in Baden-Württemberg gäbe
(Beifall bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: So ist es! Zu wenig bei den Bauern, zu viel in der Ver- waltung! – Minister Peter Hauk: Die größte Büro- kratie kam doch in den letzten Jahren von Berlin!)
Wenn Sie etwas für die Landwirtschaft tun möchten, dann schauen Sie einmal, wo vielleicht Strukturhilfen notwendig sind. Was passiert – Sie haben Herrn Kollegen Teßmer genannt – im Neckar-Odenwald-Kreis, im Main-TauberKreis? Das sind Bereiche, die große Probleme durch den Rückzug der Bundeswehr haben. Dort wäre die Landesregierung gefragt. Dort müsste man eingreifen und unterstützen, zum Beispiel Konversionsprojekte anstoßen.
Wichtig wäre eine Perspektive für Landwirte: Energiewirt als Berufsperspektive. Da braucht es Ihr Bekenntnis zu erneuerbaren Energien, und da braucht es auch eine andere Schwerpunktsetzung.
Nicht zuletzt hätten wir dann eine große Chance, wenn sich Ihre Regierung durchringen könnte, mit den Landwirten insgesamt festzulegen: Wir wollen in Baden-Württemberg eine hohe Qualität, einen Vorteil in der Vermarktung und verzichten in der gesamten Landwirtschaft auf Gentechnik. Eine solche Vorgabe wäre es, die uns Vorteile brächte und die die baden-württembergischen Landwirte auch im Wettbewerb mit anderen voranbringen würde.
Erschütternd, Herr Ministerpräsident, ist das, was Sie zu den Kommunen gesagt haben. Für uns als Sozialdemokraten sind die Kommunen die Basis, an der die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich jeden Tag jegliche politische Entscheidung spüren.
Sie sind das Herzstück unserer Demokratie und nicht irgendetwas, was lästig ist und was Sie möglichst wenig behelligen soll. Das fand ich schon bemerkenswert.
Wenn es Ihnen zu viel ist, sich mit den Kommunen auseinander zu setzen, dann hätte ich einen Vorschlag: Machen Sie eine konkrete Aufgabenteilung. Wünschenswert wäre, wenn Sie zum Beispiel hergingen und deutlich machten: Wir hören mit vielen Mischfinanzierungen auf. Nehmen wir das Beispiel „Schule und Kindergarten“. Versuchen wir doch einmal einen Weg, um zu erreichen, dass wir in fünf bis acht Jahren eine Zuständigkeit der Kommunen haben für alles, was den Kindergartenbereich betrifft. Das Land übernimmt dann aber komplett die Verantwortung für alles, was den Schulbereich betrifft. Dann hätten wir konkrete Zuständigkeiten, und Sie hätten nicht das Problem, dass Sie sich in Verhandlungen stürzen müssen. Ich halte es aber für eine Selbstverständlichkeit, dass Sie sich mit Kommunen auseinander setzen. Denn ohne ein kommunales Leben hät