Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 5. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Entschuldigt aus dienstlichen Gründen ist heute Herr Minister Stächele. Dienstlich verhindert ist Frau Staatsrätin Professor Dr. Hübner.
Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion der SPD für eine Umbesetzung im Europaausschuss (Anlage 1). Ich stelle fest, dass Sie der vorgeschlagenen Umbesetzung zustimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ebenfalls vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.
1. Antrag der Landesregierung vom 27. Juni 2006 – Zugehörigkeit von Mitgliedern der Landesregierung zu Organen wirtschaftlicher Unternehmen – Drucksache 14/4
2. Antrag der Landesregierung vom 27. Juni 2006 – Entwurf einer Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Neuordnung der sozialen Betreuung der Studierenden der Hochschule Esslingen (Technik) und der Hochschule Esslingen (Sozialwesen) – Drucksache 14/54
Das Präsidium hat für die Aussprache gestaffelte Redezeiten mit einer Grundredezeit von 45 Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 26. März dieses Jahres hat Baden-Württemberg den neuen Landtag gewählt. Die Wählerinnen und Wähler haben mit ihrer Entscheidung eine grundsätzliche Aussage gemacht: Das politische Erfolgsmodell für dieses Bundesland soll fortgesetzt werden.
Unser Ministerpräsident Günther Oettinger persönlich und die von ihm geführte Regierung sind mit diesem Ergebnis mehr als eindeutig bestätigt worden. Mit 44,2 % der Stimmen und einem Vorsprung von rund 20 Prozentpunkten vor der SPD hat die CDU ihre Stellung als d i e Volkspartei in Baden-Württemberg deutlich gemacht. Bis auf einen einzigen Wahlkreis konnte sie alle Direktmandate im Land gewinnen. Dies bedeutet, dass unseren Kandidaten landesweit das größte Vertrauen ausgesprochen wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir zur Regierungserklärung kommen, möchte ich noch einen Punkt bezüglich dieses Wahlergebnisses ansprechen, über den ich – und ich vermute, wir alle sind dies – überaus froh und dankbar bin, nämlich die Tatsache, dass auch in der 14. Legislaturperiode im Landtag von Baden-Württemberg keine radikale Partei vertreten ist.
Dies zeugt davon, dass die Wählerinnen und Wähler erkannt haben, dass unser Staat besser ohne radikale Kräfte von rechts und links zu gestalten ist.
Meine Damen und Herren, wir debattieren heute über die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten. Er ist in der letzten Woche in diesem Hause gewählt und vereidigt worden. Seine Wahl hat gezeigt, dass nicht nur die Mannschaft von CDU und FDP/DVP geschlossen steht, sondern dass darüber hinaus auch aus dem Bereich der Opposition – ich habe dies ganz bewusst auch im letzten Jahr bei seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten gesagt – für ihn Unterstützung in Form von Stimmen kam. Ich habe Respekt vor der Entscheidung der Kollegin oder des Kollegen, die oder der mit uns gestimmt hat, weil diejenige oder derjenige eingesehen hat, dass dieses Land um ein Vielfaches besser regiert wird, als es unter einer anderen Führung jemals möglich wäre.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Guido Wolf CDU: Stimmt! – Zuruf des Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE)
Dieser Vorgang zeigt, dass sich die Konstellation der Opposition auch in dieser Wahlperiode nicht geändert hat. Ich
möchte im Gegenzug – bei allen unterschiedlichen Ansichten in der Sache – das Angebot machen, bei vielen Themen, die in Kürze anstehen, konstruktiv zusammenzuarbeiten, gemeinsam wichtige Themen anzugehen und im Dialog bedeutende Maßnahmen, zum Beispiel eine Parlamentsreform, gemeinsam zu beraten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ministerpräsident hat seine Regierungserklärung unter den Titel „Solide, innovativ, leistungsbereit – Gemeinsam für ein generationengerechtes Baden-Württemberg“ gestellt. Diese Regierungserklärung ist extrem ehrgeizig, und sie ist mutig, weil sie Ziele definiert und vorgibt, die außer uns – mit einer Ausnahme – noch kein anderes Bundesland erreicht hat. Ich möchte für die CDU-Fraktion deshalb erklären, dass wir diesen Titel für unsere Arbeit in der neuen Legislaturperiode annehmen und dass wir nicht nur grundsolide Arbeit verrichten, auf die sich die Regierung verlassen kann, sondern dass wir die Regierung auch bei dem Bemühen unterstützen wollen, diese wichtigen Ziele für dieses Land in den nächsten fünf Jahren so hinzubekommen, dass wir weiterhin gemeinsam mit Bayern an der Spitze aller Bundesländer stehen.
Meine Damen und Herren, das wesentliche Ziel für die 14. Legislaturperiode ist hierbei – dies zieht sich wie ein roter Faden durch die Regierungserklärung – die Nullneuverschuldung ab dem Jahr 2011. Bayern erreicht sie in diesem Jahr. Alle anderen Länder sind meilenweit davon entfernt. Aber wir sind in diesem Punkt auch auf Hilfe von außen angewiesen, was einige Zahlen verdeutlichen.
Meine Damen und Herren, seit Bestehen des Landes Baden-Württemberg haben die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes mehr als 50 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich erwirtschaftet. Der Schuldenstand dieses Landes steht Ende dieses Jahres bei rund 42 Milliarden €. Daran können Sie ersehen, wie die Probleme gestaltet sind. Der Umsatzsteuerausgleich liegt etwa in der gleichen Höhe. Wenn Sie den Risikostrukturausgleich im Gesundheitswesen als ein weiteres Beispiel hinzunehmen, dann heißt dies, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land aus falsch verstandener Solidarität mehr als 6 Milliarden € in Ausgleichssysteme bezahlen, während wir gleichzeitig Probleme haben, unseren Haushalt auszugleichen.
Deshalb appelliere ich auch an die große Koalition in Berlin; denn bei diesen Mehrheiten muss es möglich sein, andere Finanzausgleichssysteme zu bekommen. Es kann nicht sein, dass aus einer falsch verstandenen Solidarität heraus aus einem Wohlhabenden plötzlich ein Armer wird, meine Damen und Herren. Dies kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein.
Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen, das die Perversität dieses Systems kennzeichnet. Im Jahr 2005 hatten wir im Land Baden-Württemberg Steuermehreinnahmen in Höhe von 350 Millionen €. Nach dem Länderfinanzausgleich hatten wir Mindereinnahmen von 100 Millionen €. Meine Damen und Herren, zur Not könnte ich ja noch ver
stehen, wenn von den Mehreinnahmen nichts mehr übrig bliebe. Es darf aber nicht sein, dass aus Mehreinnahmen Mindereinnahmen werden. Dieses System darf so keinen Bestand haben.
Wir schaffen eine Änderung – ich sehe in diesem Bereich vor allem in die Richtung der Kolleginnen und Kollegen von der SPD – aber nur dann, wenn wir auch in Berlin mit der entsprechenden Argumentation auftreten und die dortige große Koalition dahin bekommen, dass das Finanzausgleichssystem geändert wird. Ich weiß, dass es immer schwierig ist, ein Ausgleichssystem zu ändern, bei dem sich mehr Beteiligte Geld herausnehmen als andere einzahlen. Aber wir werden Probleme haben, alleine, aus eigener Kraft bestimmte Ziele zu erreichen, wenn in diesem Bereich nicht das eine oder andere geändert wird.
Ein weiteres Beispiel kennzeichnet die Problematik: Meine Damen und Herren, es muss sich auch lohnen, in diesem Land zu sparen. Das Bemerkenswerte ist ja, dass es Bundesländer gibt, die eigentlich Insolvenz anmelden müssten, die aber gleichzeitig Dinge tun, die sie sich eigentlich gar nicht leisten können. Ich denke daran, dass es Bundesländer gibt, die Kindergartengebühren abgeschafft haben, obwohl sie eigentlich schon pleite sind,
während wir, die, finanzpolitisch gesehen, vergleichsweise hervorragend dastehen, uns dies nicht ohne weiteres leisten können und/oder wollen. Wenn dies Schule macht, dann werden wir nie positive Ausgleichseffekte bekommen. Deshalb brauchen wir auch in diesem Bereich Leistungsanreize dafür, dass sich Sparen in Zukunft lohnt. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten.
Wir haben gemeinsam Maßnahmen in die Wege geleitet, die es uns ermöglichen sollen und nach meiner Überzeugung auch werden, dass wir im Jahr 2011 die Nullneuverschuldung erreichen. In der Koalitionsvereinbarung ist zum Beispiel gekennzeichnet – ich zitiere –:
Mehreinnahmen..., die durch Maßnahmen auf Bundesebene herbeigeführt werden, sind zwingend zur Reduzierung der Neuverschuldung einzusetzen.
Das ist nur einer der Punkte; viele andere werden folgen. Ich fordere in diesem hohen Hause – auch in Richtung der Opposition – mit Blick auf den kommenden Doppelhaushalt, mit dem dieser Weg eingeleitet werden muss und in dem die ersten deutlichen Signale und damit auch Einschnitte gekennzeichnet werden müssen, ausdrücklich dazu auf, dies zu unterstützen und nicht nur zu sagen, was man nicht will, sondern auch konstruktiv zu äußern, wohin die Reise gehen könnte, damit wir – weil ich es für eine höchst moralische Aufgabe halte, für die Zukunft ausgeglichene Haushalte vorzulegen – dieses Ziel gemeinsam angehen und – möglichst fraktionsübergreifend – entsprechende Schritte gehen können.
Dazu gehört zum Beispiel, im Bereich der Pensionsregelaltersgrenze Veränderungen vorzunehmen. Das haben wir im Koalitionsvertrag gekennzeichnet. Hierzu gehört auch, bezüglich des Hauptproblems in der Zukunft – Stichwort Pensionen – endlich entsprechende Schritte einzuleiten – Stichwort Pensionsfonds. Hierzu gehört des Weiteren, dass es teilweise auch eine Eigenfinanzierung der Altersvorsorge geben wird, auch bei den Landesbediensteten. Wir müssen die notwendigen Schritte schnell gemeinsam vornehmen, damit wir, meine Damen und Herren, im Jahr 2011 die sich daraus ergebenden Möglichkeiten erreichen.
Ich will einen weiteren Punkt nennen. Ich weiß, dass es auch Parlamentarier gibt, die suggerieren, dass wir mit Blick auf die Nullneuverschuldung das Geld quasi speziell bei den Kommunen holen wollen.
Meine Damen und Herren, fair ist, dass wir im Zuge eines kommunalen Finanzausgleichs – der in Baden-Württemberg im Übrigen so gut ist wie in keinem anderen Bundesland, um dies auch einmal zu sagen – bei den Einsparungen unsere Kommunen zwar nicht überdurchschnittlich belasten, aber logischerweise auch nicht an ihnen vorbeigehen können. Ich glaube, zu einem fairen Lastensausgleich gehört, die Lasten gemeinsam, auch mit den Kommunen in diesem Land, zu tragen.
Dazu möchte ich noch zwei Zahlen nennen, die kennzeichnend sind. Wenn Sie die besten beiden Bundesländer miteinander vergleichen – Bayern und Baden-Württemberg –, dann stellen Sie fest, dass der Freistaat Bayern etwa 40 % weniger Schulden hat als das Land Baden-Württemberg. Aber richtig ist auch, dass die Verschuldung der Kommunen in Bayern doppelt so hoch ist wie die der Kommunen in Baden-Württemberg. Daraus können Sie ersehen, dass wir einen guten kommunalen Finanzausgleich haben. Dies muss und wird so bleiben, aber eine faire Lastenteilung muss mit Blick auf die nächsten fünf Jahre möglich sein.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in der ersten Runde einen Punkt ansprechen, der nicht zwingendermaßen die zweithöchste Priorität der Landespolitik hat. Aber ich möchte ihn trotzdem an dieser Stelle, und zwar ganz bewusst an dieser Stelle, ansprechen, weil er zum einen aus meiner Sicht der Dinge überfällig ist, zum anderen aber auch deshalb, weil ich in den letzten Tagen und Wochen vieles – mit Verlaub: auch viel Unsinn – darüber lesen konnte.
Ich möchte bewusst den Punkt einer Parlamentsreform ansprechen, den auch der Ministerpräsident mit Blick auf die Wahlkreise dankenswerterweise in seiner Regierungserklärung angesprochen hat.