Ich bin sicher, dass es nicht sehr lange Zeit bei diesen Zahlen bleiben wird, zum einen deswegen, weil zukünftig alle Gymnasien, die dies beantragen, Ganztagsschulen werden können, und zum anderen, weil viele Hauptschulen die Chance nutzen werden, den Unterrichtsbetrieb in größeren Einheiten mit einem Ganztagsangebot als Werkrealschule zu organisieren. Ich gehe von einem deutlichen Wachstum der Zahl der Ganztagsschulen auch in den nächsten Jahren aus. Dies ist unser Angebot für Eltern und Schulträger. Es ist im Grunde genommen ein Angebot gemäß der Nachfrage und dem Bedarf vor Ort.
Die siebte Maßnahme ist die teuerste: Wir senken den Klassenteiler wirkungsvoll ab. Vor wenigen Tagen hat die Landes
regierung beschlossen und mit den Regierungsfraktionen abgestimmt, den Klassenteiler an unseren Schulen, und zwar an allen Schularten, in mehreren Stufen auf 28 Schüler abzusenken. Einen Klassenteiler von 28 erachtet mancher noch als zu hoch.
Natürlich wäre ein niedrigerer Klassenteiler wünschenswert. Aber mit einem Klassenteiler von 28 rücken wir im Ländervergleich auf einen „sehr vorderen“ Platz. Damit erreichen wir, dass sich der Lehrer intensiver um jeden Schüler kümmern kann, dass die Klassengemeinschaft noch besser wird.
Die Absenkung des Klassenteilers auf 28 ist ein ehrgeiziger Plan. Aber dies wird bei uns in Baden-Württemberg solide und ohne neue Schulden finanziert.
Schon jetzt weist Baden-Württemberg eine gute Lehrer-Schüler-Relation auf. Über alle Schularten hinweg ist Baden-Würt temberg mit einem Durchschnittswert von 16,1 Kindern pro Lehrer deutlich besser als der Bundesdurchschnitt.
Bei unserer durchschnittlichen Klassengröße weisen wir einen guten Wert auf: An den Grundschulen haben wir im Schnitt 20,2 Kinder, an den Hauptschulen 20,3, an den Realschulen 27,5 und an den Gymnasien 27,8 Kinder pro Klasse.
Aber klar ist: Da gibt es kleinere Klassen und größere, zu große Klassen. Die kleineren Klassen werden nicht erwähnt – zumindest nicht von der Opposition –, und die größeren Klassen wollen wir in Zukunft auslaufen lassen. Der Klassenteiler führt dazu, dass in den nächsten Jahren keine Klasse zu groß ist. Ein Klassenteiler von 28 ist ein wichtiges Angebot für Lehrer, Kinder und für die Bildung in Baden-Württemberg.
Dabei haben wir folgenden Stufenplan vor: Bis zum Ende dieser Legislaturperiode – und damit einzulösen in den Haushaltsjahren 2009, 2010 und 2011; alle drei Haushaltsjahre sind noch in der Verantwortung dieses 14. Landtags von BadenWürttemberg – werden wir den Klassenteiler in drei Schritten in allen Schularten auf durchschnittlich 30 Schülerinnen und Schüler pro Klasse absenken. Wir beginnen mit dieser Absenkung in den Hauptschulen, den Realschulen und den Gymnasien mit dem Schuljahr 2009/2010. Die beruflichen Schulen stoßen 2010/2011 hinzu, die Grundschulen 2011/2012. Dafür setzen wir 3 200 Lehrerstellen ein und schaffen es damit, dass in unserer Verantwortung in Baden-Württemberg keine Klasse mehr als 30 Schüler umfassen wird.
In der kommenden Legislaturperiode werden wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in zwei weiteren Schritten der Klassenteiler auf 29 und danach auf 28 abgesenkt wird. Das heißt, wir werden lange vor Ende der nächsten Legislaturpe
riode bei einem Teiler von 28 angelangt sein, und wir werden damit einen Beitrag dazu leisten, dass die Schule in BadenWürttemberg nicht durch zu viele Kinder in einer Klasse einen Nachteil hat.
Mit dieser Qualitätsoffensive Bildung, mit diesen sieben Punkten und Schwerpunkten setzen wir klare Prioritäten. In Baden-Württemberg haben Bildung sowie ein solider Haushalt Vorrang vor anderen Aufgabenbereichen, auch wenn diese ebenfalls wichtig sind. Bildung hat in Baden-Württemberg Vorrang.
Wir reden nicht nur davon, sondern wir handeln auch nach diesem Prinzip. Handeln heißt in diesem Fall, dass wir bis 2012 zusätzliche Mittel im Umfang von knapp 530 Millionen € in die Hand nehmen – solide finanziert aus Steuermehr einnahmen und zweckgebunden für Bildung in Baden-Würt temberg.
Eine weiterhin erfolgreiche Wirtschaftspolitik, Wachstum und Beschäftigung in Baden-Württemberg schaffen die Grundlage dafür, dass unsere Kinder nach der Schule, nach dem Studium, nach der Berufsschule in gute, qualifizierte Arbeitsplätze kommen werden.
Ich bin überzeugt, dass mit diesen sieben Punkten und mit unserem Stufenplan Baden-Württemberg seinen im Vergleich zu anderen Bundesländern besten Tabellenplatz halten und den Abstand zu den anderen weiter ausbauen kann. Eltern in jedem anderen Bundesland wären dankbar, wenn in ihrem Heimatland ebenfalls solche sieben Punkte Geltung erlangten. Baden-Württemberg leistet mehr als jedes andere Land. Sinkende Schülerzahlen und steigende Lehrerzahlen sind dabei der entscheidende Satz.
Meine Damen und Herren, für die Aussprache über die Regierungserklärung hat das Präsidium eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der öffentliche Druck in den letzten Wochen und Monaten, vor allem seit der Hessenwahl, hat Wirkung auf Ministerpräsident Oettinger gezeigt. Die Kritik kam aus allen Bereichen: Sie kam von Eltern, Lehrkräften, Schulleitern, von Verbänden, von der Wirtschaft, der Wissenschaft und auch von sehr vielen Bürgermeistern – übrigens durchaus auch von solchen, die Ihr Parteibuch tragen.
Weil seit der Hessenwahl bekannt ist, dass Bildungspolitik auch Wahlen entscheidet, haben Sie jetzt reagiert. Sie waren in der Defensive, sind – um in der Fußballersprache zu reden – nicht mehr aus dem Sechzehnmeterraum herausgekommen, und jetzt haben Sie versucht, einen Befreiungsschlag zu machen, und haben den Ball hinten herausgeschlagen.
Aber dieser Befreiungsschlag, der Ruhe an der Bildungsfront schaffen und den angeschlagenen Minister Rau aus seinem Schlamassel herausholen sollte, hat nicht richtig funktioniert.
Die Reaktionen der letzten Tage haben gezeigt, dass dieser planlose Befreiungsschlag nicht viel geholfen hat. Es fehlt einfach die Strategie.
Man hat keine richtigen Mitspieler, und die Spielmacherqualitäten stimmen nicht. So ist der Ball eben nicht in der Offensive gelandet, sondern
Zum Schluss muss dann natürlich der Verteidiger Mappus mit einem groben Foul gegen einen oberschwäbischen Schulleiter noch dazwischengrätschen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: Herr Kretsch- mann, Ihr Problem ist: Sie sind gar nicht auf dem Spielfeld! Das ist das Problem! – Abg. Helmut Wal- ter Rüeck CDU: Ein Glück, dass der Wähler nicht ins Stadion muss!)
Ich verstehe das schon. Wenn man eine halbe Milliarde Euro mobilisiert und dann diese Reaktion erzielt, wenn man also die teuersten Spieler eingekauft hat und es trotzdem nicht richtig läuft, muss man natürlich foulen, Herr Kollege Mappus.
Warum hat diese Bildungsoffensive nicht richtig gezündet? Weil Ihnen eine leitende Idee für die Bildungsreform fehlt, weil Sie keinen Mut haben, neue Wege zu gehen. Sie führen Reparaturmaßnahmen durch, um dem Druck auszuweichen. Sie machen Modellversuche, wo verlässliche Handlungswege sichtbar sein sollten, und Sie führen ideologische Abwehrschlachten, wo Denken für die Zukunft notwendig wäre.
Herr Ministerpräsident, Sie haben am Schluss wieder diese Ländervergleiche gemacht. Das kennen wir ja von Ihrem Vorgänger.
Aber auch das kann nicht mehr richtig ziehen, weil die Leute wissen: Wir müssen uns nicht mit Mecklenburg-Vorpommern vergleichen, sondern mit den Hochtechnologieregionen der Welt.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Stefan Mappus CDU: Ja!)