Ich finde es gut, wenn Hochschulen unterschiedliche Wege gehen können, aber ich finde, es gibt keinen Grund zu sagen:
Schauen wir einmal, ob irgendetwas anbrennt, und wenn es nötig sein sollte, machen wir unter Umständen eine Verordnung, die dann Berichtspflichten festlegt. Ich finde, das gehört von Anfang an mit dazu. Die Gestaltungsspielräume vor Ort zu erweitern ist okay; auf der anderen Seite ist es jedoch gut, wenn Berichtspflichten etabliert werden. Dann haben wir als Landtag auch die Möglichkeit, die Entwicklungen zu be obachten und irgendwann gegebenenfalls steuernd einzugreifen, wenn wir dies für nötig halten. Das wäre unsere erste Anregung.
Die zweite Anregung betrifft den Bereich der Frauenförderung. Wenn ich es richtig verstanden habe, verzichten Sie richtigerweise auf die Vorgabe, dass man das Einkommen des Ehegatten anrechnen muss. Sie schließen die Anrechnung jedoch auch nicht aus. Ich meine, es wäre ein eindeutigeres, klareres Signal in puncto Frauenförderung, zu sagen: Die Anrechnung des Partnereinkommens ist nicht mehr zeitgemäß. Wir räumen den Hochschulen nicht die Möglichkeit ein, darauf zurückzugreifen, sondern wir setzen das klare Signal, dass die Stipendien grundsätzlich individuell vergeben werden sollen und nicht in Abhängigkeit von dem, was der Partner verdient.
Ich möchte noch einen weiteren Vorschlag zum Thema Frauenförderung in die Debatte einbringen. Wir wissen alle, dass wir an unseren Hochschulen in Baden-Württemberg und in Deutschland insgesamt nicht wirklich zufriedenstellende Ergebnisse in Sachen Gleichstellung haben. Wir müssen sehr schnell große Fortschritte erzielen. Die Nachwuchsförderung ist natürlich ein geeignetes Instrument; sie bietet die Gelegenheit, sehr schnell ein deutliches Signal zu setzen. Deswegen würde ich es gut finden, wenn man in das Gesetz eine Zielformulierung aufnehmen würde.
Man könnte ja sinngemäß festhalten: Wir wollen, dass 50 % der Promotionsstipendien an Frauen vergeben werden. Das wäre eine Sollbestimmung und gäbe den Hochschulen immer noch genügend Spielraum, um in begründeten Einzelfällen hiervon abzuweichen. Aber wenn eine solche Zielmarke gesteckt würde, würde die Verbindlichkeit erhöht. So könnten wir dafür sorgen, dass Frauen schnell signifikant besser im Wissenschaftssystem repräsentiert würden. Das wäre ein eindeutiges Signal an die Hochschulen und würde zumindest dazu führen, dass sie sich in der Legitimationspflicht sähen.
Ein dritter Punkt: Nachdenken möchte ich auch gern – wir können das im Wissenschaftsausschuss ja vertiefen – über die Frage der maximalen Höhe der Förderung und die Frage der Absicherung für die Empfänger. Es ist ja vorgesehen, hierzu keine Vorgaben zu machen und unter Umständen lediglich im Wege einer Verordnung noch nachzusteuern. Ich finde, wir sollten von Anfang an darüber nachdenken, ob es nicht besser wäre, zumindest Bandbreiten vorzugeben. Zur Definition einer solchen Bandbreite würde als Kriterium die Frage gehören, was denn eigentlich die Mindesthöhe ist, die gezahlt werden muss, damit die Existenz gesichert ist.
Auf der anderen Seite müsste es, glaube ich, auch eine Maximalregelung geben. Darüber, wie groß diese Bandbreite sein sollte, können wir gern noch einmal reden. Ich glaube aller
dings, die Nebeneffekte einer vollständigen Offenheit bei dieser Frage könnten doch gravierend sein und zu Nebenwirkungen, z. B. bei der Verteilung über die verschiedenen Fächerkulturen hinweg, führen. Deshalb wäre es vielleicht ein guter Kompromiss, eine Bandbreite festzulegen, die den Hochschulen Gestaltungsspielräume eröffnet, zugleich aber auch die nötigen Sicherheiten mit auf den Weg gibt.
Ein weiterer Punkt, der zu klären sein wird, ist die Frage, wie sich die Stipendien mit weiteren Einkommensmöglichkeiten, etwa durch Lehraufträge, die die Empfänger innerhalb der Hochschulen möglicherweise übernehmen, verbinden lassen. Da müssen wir sicherstellen, dass in der Folge nicht die Stipendienhöhe abgesenkt wird mit der Begründung, durch Lehraufträge könne man sich ja weitere Einkünfte verschaffen. Ich meine, Kollege Stober hat mit der Forderung recht, dass die Existenzsicherung gewährleistet sein müsse. Dieser Sockel muss eingezogen werden. Für die weiteren möglichen Kombinationen von Stipendien und Einkommensmöglichkeiten braucht man zumindest Spielregeln.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Novelle des Landesgraduiertenförderungsgesetzes werden wir nicht nur eine wichtige Weichenstellung vornehmen, sondern auch beweisen, dass die Politik in Baden-Württemberg besser ist als ihr Ruf allgemein. Wir werden die Worte des britischen Philosophen und Nobelpreisträgers Bertrand Russell bei diesem Vorhaben Lügen strafen, der einmal sagte:
Die Wissenschaftler bemühen sich, das Unmögliche möglich zu machen; die Politiker bemühen sich oft, das Mögliche unmöglich zu machen.
Zum Ersten wird die Regelungsdichte mit diesem Gesetz deutlich reduziert. Das alte Landesgraduiertenförderungsgesetz umfasste vier Seiten, und die Durchführungsverordnung benötigte noch einmal doppelt so viel Text. Das neue Gesetz ist deutlich kürzer und besser formuliert. Das ist ein, wenn auch kleiner Beitrag zur Vereinfachung unseres Rechtssystems und trägt vor allem dem Grundsatz Rechnung, dass man in einem Gesetz nur das Notwendige regeln soll. Sie sehen, es gibt auch Referate im Wissenschaftsministerium, die ihre Arbeit hervorragend machen.
Damit bin ich beim zweiten Stichwort: Mit dem Gesetz werden den Universitäten wesentlich mehr Freiheiten bei der Ausgestaltung der Graduiertenförderung gegeben. Wie bereits gesagt, beschränkt sich der Gesetzentwurf darauf, das Förderverfahren zu regeln. Die Entscheidung über die Förderhöhe und über die Förderkonditionen wird den Universitäten über
lassen. Damit kann den sehr unterschiedlichen Promotionskulturen in den einzelnen Fächern der Freiraum eingeräumt werden, den diese benötigen.
Baden-Württemberg muss in der Forschung an der Spitze bleiben. Der Rohstoff, von dem unsere Wirtschaft zehrt, ist das Wissen in den Köpfen der Menschen. Unsere Landesverfassung hat der Freiheit der Forschung einen besonderen Stellenwert eingeräumt, und das ist im Land der Tüftler und Bastler von besonderer Bedeutung.
Liebe Kollegin Schütz, die Patente kommen übrigens – wir haben den betreffenden Antrag im Ausschuss behandelt – so gut wie überhaupt nicht aus den Hochschulen, sondern vor allem aus der Wirtschaft. Aber wir geben Ihr Lob für die hervorragende Patentsituation in Baden-Württemberg an Ernst Pfister weiter.
Wir haben den Hochschulen des Landes ein hohes Maß an Freiheit eingeräumt. Das sollten wir jetzt auch im Stipendienwesen tun. Deshalb machen wir es möglich, dass innerhalb der Universitäten flexible Lösungen gefunden werden, anstatt sie zu zwingen, landesweit gültige Regelungen im Auftrag exekutieren zu müssen. Es ist diese Freiheit, die Wissenschaftler in die Lage versetzt, Höchstleistungen zu erbringen. Und es ist diese Freiheit, die unsere Zukunft sichert.
Damit bin ich bei meinem dritten Stichwort: Als Wissenschaftspolitiker sollten wir uns wünschen, dass auch die materiellen Rahmenbedingungen – das klang ja bereits an – für diese Freiheit stimmen. Für Liberale ist der Zusammenhang zwischen Freiheit und Eigentum untrennbar.
Nur ein Mensch, der sich nicht täglich um sein materielles Wohlergehen kümmern muss, kann seine Freiheit tatsächlich nutzen. Also kann sich auch nur ein Forscher bzw. eine Forscherin, der bzw. die sich nicht um ihr täglich Brot sorgen muss, mit ganzer Kraft der Forschung widmen.
9,2 Millionen € für Zwecke der Graduiertenförderung im Jahr 2008 sind ein stattlicher Betrag. Wir sollten aber im Rahmen der Haushaltsberatung für den Haushalt 2009 den Appell unseres Bundespräsidenten ernst nehmen und überlegen, ob wir nicht auch in diesem Bereich mehr investieren können. Inves titionen in die Köpfe der Wissenschaftler zahlen sich aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns dieses Gesetz rasch verabschieden und damit einen Beitrag für die Zukunft unseres Landes leisten. Zukunft durch Freiheit – dieser Grundgedanke ist es, mit dem die FDP/DVP dieses Land erfolgreich mit in die Zukunft führt.
Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache zum Gesetzentwurf liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schlage vor, den
Gesetzentwurf Drucksache 14/2540 zur weiteren Beratung an den Wissenschaftsausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Aufbewahrung von Schriftgut der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden (Landesjustizschriftgutaufbewahrungsgesetz) – Drucksache 14/2860
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, schlage ich vor, in die Mittagspause einzutreten und die Sitzung bis 13:45 Uhr zu unterbrechen. – Sie sind damit einverstanden.
Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Türen zu schließen. Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u n t e r K a u f m a n n S P D – P l a n u n g s s t a n d d e r Q u e r s p a n g e z w i s c h e n B 3 u n d B 3 6 a l s V e r l ä n g e r u n g d e r s o g e n a n n t e n N A T O - S t r a ß e ( L 7 8 b ) i m S ü d e n d e r S t a d t R a s t a t t