Meine Damen und Herren, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß dem Botschafter der Republik Kasachstan, Herrn Dr. Nurlan Onzhanov.
Er wird begleitet von Herrn Generalkonsul Beibut Atamkulov und Frau Honorarkonsulin Dorothea Haller-Laible sowie Mitarbeitern der Botschaft und des Generalkonsulats.
Herr Botschafter Dr. Onzhanov, der seit März 2008 im Amt ist, stattet dem Landtag heute seinen ersten offiziellen Besuch ab. Während seines Aufenthalts in der Landeshauptstadt führt er außerdem Gespräche mit Vertretern der Landesregierung.
Herr Botschafter, ich darf Sie und Ihre Begleitung im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen heißen und Ihnen einen angenehmen und erfolgreichen Aufenthalt in unserem Land wünschen.
Aktuelle Debatte – Innovationskraft der baden-württembergischen Wirtschaft erhalten und ausbauen – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Es gelten die für Aktuelle Debatten üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Ausführungen in der zweiten Runde. Ich darf die Vertreter der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an diesen Zeitrahmen zu halten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gratulationscour ist in vollem Gang. Man kann sich den Glückwünschen auch vom Rednerpult aus anschließen. Das will ich gern tun.
Unser Land Baden-Württemberg war bis in die Sechzigerjahre hinein im europäischen und auch im bundesweiten Vergleich in wirtschaftlicher Hinsicht kein Spitzenstandort. Wir sind noch zu Zeiten des Wirtschaftswunders der Entwicklung im Vergleich zu den industriellen Kernen etwa in NordrheinWestfalen hinterhergehinkt. Dies hat sich in den letzten 40 Jahren nachhaltig verändert. Die Situation hat sich nachhaltig gebessert. Baden-Württemberg ist heute ein wirtschaftlich außerordentlich starkes Land. Baden-Württemberg ist eines
Es gibt eine Reihe von Daten, die das immer wieder deutlich machen. Ich nenne aktuell den Erfolg im Spitzenclusterwettbewerb: Fünf von zwölf Spitzenclustern, die in der Endausscheidung dieses Wettbewerbs sind, kommen aus Baden-Würt temberg.
Ein anderes Beispiel – schon länger bekannt – ist der Innovationsindex, der deutlich macht, dass Baden-Württemberg mit seiner Wirtschaft einer der innovativsten und stärksten Standorte im europäischen Vergleich ist.
Das Wachstum in unserem Land weist nach wie vor hervorragende Werte auf, und – das ist vor allem für die Menschen in diesem Land ganz wichtig – die Arbeitslosenquote ist mit 4,1 % bundesweit spitze. Dass wir dabei jetzt von Bayern sozusagen eingeholt wurden, zeigt einerseits, dass in Bayern bald Wahlen sind. Es zeigt zum Zweiten, dass die bayerische Wirtschaft stärker mit Saisonarbeitskräften ausgestattet ist, als das in Baden-Württemberg der Fall ist. Es zeigt aber vor allem auch, dass sich die baden-württembergische Wirtschaft der Vollbeschäftigung nähert. Das ist, denke ich, die entscheidende Botschaft.
Aus unserer Sicht sind zwei Gründe für diese hervorragende Entwicklung verantwortlich: Zum einen ist es uns seit den Sechzigerjahren gelungen, den Energiebedarf, den die badenwürttembergische Wirtschaft hat, zu decken. Früher war das nicht der Fall. Das macht auch deutlich, dass wir aufgerufen sind, die politischen Weichen so zu stellen, dass dieser Energiebedarf auch in der Zukunft gedeckt ist und keine Stromlücke in unserem Land entsteht.
Zum Zweiten – und das ist der eigentliche Anlass dieser Debatte – ist auf die Innovationskraft der Wirtschaft in BadenWürttemberg hinzuweisen. 4,2 % des Bruttoinlandsprodukts werden für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Damit liegt Baden-Württemberg weltweit an der Spitze, so gut sind nur noch Finnland und Israel.
Wir sagen aber auch – es wurde ja vorhin viel von Ehrlichkeit gesprochen –: 80 % dieser Investitionen werden von der Wirtschaft selbst vorgenommen. Die verbleibenden 20 % weisen Baden-Württemberg nicht einmal einen Spitzenplatz zu. Das macht deutlich, dass auch wir gefordert sind, in dieser Innovationspolitik aktiv zu bleiben.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass Forschung und Entwicklung im Wesentlichen von den Großbetrieben, von den großen Unternehmen in Baden-Württemberg betrieben werden. Wir haben ein eindeutig erkennbares Problem bei den KMUs, den kleinen und mittleren Unternehmen im Mittelstand. Es wird deutlich, dass die kleinen und mittleren Unternehmen eben nicht so forschungsnah sind, wie sie eigentlich sein sollten, weil es eben offensichtlich nicht ausreichend gelingt, den Zusammenhalt zwischen Wissen
schaft und Forschung auf der einen Seite und den kleinen und mittleren Unternehmen auf der anderen Seite herzustellen. Hier sind wir als baden-württembergische Landespolitiker gefordert, wenn wir unseren hervorragenden Wirtschaftsstandort und die hervorragenden Daten, die ich vorhin geschildert habe, auch für die Zukunft erhalten wollen. Es müssen also für die kleinen und mittleren Unternehmen der Zugang zur Forschung und die Forschungsintensität noch stärker gewährleistet werden.
Wir haben in diesem Zusammenhang ein deutliches Defizit bei den wirtschaftsnahen Forschungsinstituten. Da ist ein Investitionsstau aufgelaufen. Unsere politische Herausforderung wird sein, bei diesen wirtschaftsnahen Forschungsinstituten – bei Steinbeis, bei Fraunhofer – stärkere Investitionen in die Zukunft vorzunehmen.
Da stellt sich natürlich die Frage: Woher soll dieses Geld kommen? Ich sage ganz deutlich, dass wir stärker als bisher EFREMittel für diesen Bereich bereitstellen müssen.
Die rund 170 Millionen €, die für einen Förderzeitraum von sieben Jahren zur Verfügung stehen, müssen stärker auf die wirtschaftsnahe Forschung fokussiert werden. Das Forschungs programm, das Impulsprogramm Hochschule ist gut, wir brauchen aber auch ein Impulsprogramm „Wirtschaftsnahe Forschung“.
Wir brauchen in den nächsten Jahren mindestens 82 Millionen € für diese Forschungsinstitute. Der Landesanteil wird bei etwa 45 Millionen € liegen. Das heißt, wir müssen in jedem der nachfolgenden drei Jahre aus dem Haushalt mindestens 15 Millionen € für diese Institute zur Verfügung stellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im pietistischen Schwabenland gehört Enthusiasmus allenfalls zu den Sekundärtugenden.
Sind aber – wie beim Stuttgarter Ideenpark – Tüfteln und Technik im Spiel, dann kennt die Begeisterung keine Grenzen. Über 280 000 Besucher wollten beim Ideenpark auf der Landesmesse dabei sein. Gut: Der Eintritt war frei, was der schwäbischen Mentalität entgegenkommt.
Technik zum Anfassen, Experimentieren und Ausprobieren war für viele Jugendliche aufregend und vielleicht auch eine Motivation für eine berufliche Perspektive. Weitere Veranstaltungen mit diesem Konzept werden folgen. Dafür hat sich unser Ministerpräsident Günther Oettinger ausgesprochen. Das ist auch richtig so, denn gerade haben im kroatischen Split junge Forscher aus Baden-Württemberg zum wiederholten Mal den Physik-Weltcup gewonnen. Den jungen Natur wissenschaftlern auch von dieser Stelle herzlichen Glückwunsch!
Auf diesem Ideenpark haben wir die Erfinder von morgen gesehen. Wir brauchen sie auch. Wir konkurrieren nicht mit Billigstandorten, sondern mit allen global agierenden Vorreitern, die Spitzentechnologie vorantreiben. Die Fähigkeit unserer Unternehmen zur Innovation ist nicht nur eine Kernbedingung unternehmerischer Wettbewerbsfähigkeit, sie ist der Schlüssel für unser volkswirtschaftliches Wachstum und den Wohlstand unseres Landes. Das gilt gleichermaßen für Produktinnovation, für neue Fertigungsverfahren und für Prozessoptimierungen. Die daraus entstehenden Beschäftigungsimpulse sind besonders effizient und nachhaltig.
In unserem Land hat die Generation der Bastler – diejenigen, die noch leuchtende Augen bekamen, als unter dem Weihnachtsbaum der Fischer-Technik-Baukasten lag – zum wiederholten Mal deutschlandweit die meisten Patente in Anspruch genommen. Dafür unseren Dank und unsere Anerkennung!
Auch wenn dabei die Firmen Robert Bosch und Daimler zu den Spitzenanmeldern zählen: Erfindungen werden von Menschen gemacht, nicht von juristischen Personen.
(Beifall der Abg. Dr. Friedrich Bullinger und Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Sehr gut! Sehr richtig! – Abg. Dr. Stefan Schef- fold CDU: Sehr richtig!)
Ein ausgeglichener Haushalt, Nullneuverschuldung, wachsende Exportumsätze und die niedrigsten Arbeitslosenzahlen sind Erfolge, um die uns viele beneiden. Wenn jemand die Rolle der Wirtschaftslokomotive in Deutschland und Europa übernommen hat, dann ist es Baden-Württemberg. Darauf dürfen wir im Land mit Recht stolz sein. Das ist ein Markenzeichen der Landesregierung.