Protocol of the Session on April 30, 2008

(Beifall bei den Grünen)

Eigentlich, finde ich, erklärt sich die Frage der Dringlichkeit fast von selbst. Es macht einem schon fast Mühe, jetzt noch einmal zu erläutern, warum diese Angelegenheit dringlich sein soll.

(Zuruf von der CDU: Dann kann man es ja abkür- zen!)

Denn ich vermute, dass auch Sie ein bisschen Zeitung lesen. Jeden Tag kann man in der Zeitung die Kommentare und Debatten zu diesem Thema nachlesen. Deshalb kann das kein Mensch draußen verstehen, wenn wir hier im Landtag sagen: Die Debatte findet auf den Besucherrängen oder mit der Presse statt, aber nur nicht in diesem Haus. Das kann doch einfach nicht wahr sein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Was geben wir als Landtag in der Öffentlichkeit eigentlich für ein Bild ab, wenn wir, nachdem zuerst das Innenministerium und der Innenminister gezeigt haben, dass sie in der Angelegenheit nicht von der schnellen Sorte sind,

(Vereinzelt Heiterkeit)

noch einfach eins oben draufsetzen und zwei weitere Monate warten, bis wir hier im Haus über dieses Thema reden können? Denn – das möchte ich Ihnen noch einmal klar und deutlich sagen – wir haben im Mai keine Plenarsitzung. Wenn wir also dieses Thema nicht heute hier diskutieren und von unserem Innenminister keine aussagekräftigen Erklärungen bekommen, dann ist das Thema bis in den Sommer verschoben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist Ihre Ein- schätzung! Das sind bis jetzt Unterstellungen! Das sind Unterstellungen! Sie sollten mit Fakten arbeiten, nicht mit Unterstellungen!)

Lieber Kollege, ich würde gern sozusagen neue Fakten mit Ihnen diskutieren. Dafür brauchen wir aber erst einmal aussagekräftige Informationen von unserem Innenminister. Er hat sich in seinen Aussagen gegenüber dem Innenausschuss mittlerweile so in Widersprüche verstrickt,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er hat sich klar ge- äußert! Klare Äußerungen hat er gemacht! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

dass heute dringend Aufklärung nötig ist. Wenn der Herr Innenminister das klarstellen kann, freuen wir uns. Wir würden ihm heute gern Gelegenheit dazu geben,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Man muss Zei- tung auch lesen können!)

all die Unsicherheiten auszuräumen. Aber Sie wollen uns daran hindern, diese Debatte hier zu führen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Parlament hat die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist richtig!)

Um die Regierung kontrollieren zu können, brauchen wir aber aussagekräftige Informationen, und wir brauchen sie jetzt zu verschiedenen Fragekomplexen, die in der Öffentlichkeit schon lange diskutiert werden.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Hat Ihnen Ihr Kollege gesagt, dass der Innenausschuss informiert wurde? – Weitere Zurufe von der CDU)

Wir wollen wissen: Was haben die baden-württembergischen Polizisten den libyschen Sicherheitskräften von ihrem Knowhow weitergegeben? Was haben sie unterrichtet? Haben sie Dienstgeheimnisse verraten? Wer in ihrem Umfeld – auch im eigenen Berufsumfeld – hat davon gewusst, und ab wann und in welchem Umfang hat das Innenministerium etwas gewusst?

Wir wollen auch wissen: Waren Informationen dabei, die so sicherheitsrelevant waren, dass deren Weitergabe auch eine Gefahr im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus bedeutet? Auch darüber verlangen wir Aufklärung.

Wir wollen auch wissen: Welche Informationen liegen dem Innenministerium über die Tätigkeit dieser privaten Sicherheitsdienste vor, die im nicht europäischen Ausland unterwegs sind? In welchem Umfang kooperieren baden-württembergische Polizisten mit diesen Sicherheitsdiensten? In welchem Umfang gibt es Abwanderungsbewegungen, und was wurde bislang getan, um darüber verlässliche Informationen zu bekommen und dies zu unterbinden?

Insbesondere interessiert uns in unserer Funktion als Opposition – auch als Parlament muss es uns interessieren –: Warum hat das Innenministerium so gehandelt, wie es gehandelt hat? Aus welchen Gründen ist vier Monate lang nichts getan worden,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Schauen Sie sich doch einmal das Disziplinarrecht an! Dann wissen Sie, wa- rum!)

und aus welchem Grund wurden im Innenausschuss vom Herrn Innenminister Informationen gegeben, die in ihrem Wert keine zwei Tage gehalten haben?

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Der Herr Innenminister hat gegenüber dem Innenausschuss erklärt, er sei von der Staatsanwaltschaft und vom Innenministerium aus Düsseldorf angehalten worden, nichts zu tun.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Lassen Sie sich einmal berichten, was er im Innenausschuss gesagt hat! Sie waren doch nicht dabei!)

Zwei Tage danach war in der Zeitung zu lesen, dass es keine derartigen Empfehlungen aus Düsseldorf gab. Hier herrscht

dringender, absolut dringender Aufklärungsbedarf. Deswegen wollen wir heute hier darüber reden.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie- del SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Bauer, kommen Sie bitte zum Schluss.

Noch eine letzte Aussage dazu. Das Parlament hat nicht nur die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, sondern das Parlament hat auch die Aufgabe, zeitnah und aktuell über die wichtigen politischen Probleme im Land zu diskutieren.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wenn Fakten vorlie- gen!)

Wenn wir heute hier nicht diskutieren können, heißt das, wir verschieben die Debatte in den Sommer, bis das Thema sozusagen „kalter Kaffee“ und öffentlich ausgemostet ist.

Ich finde in der Tat, ein solches Vorgehen passt überhaupt nicht zu dem, was wir beim nächsten Tagesordnungspunkt besprechen werden. Wir wollen eine Parlamentsreform, die die ses Parlament schneller, aktueller, kontroverser und moderner macht. Deswegen: Machen Sie nicht ohne Not das Parlament kleiner, als es ist, und lassen Sie diese Debatte hier heute zu!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin Bauer, Sie haben jetzt sechs Minuten lang vorgetragen, was Sie alles wissen wollen, Sie haben aber mit keinem Wort die Dringlichkeit des Antrags nach § 57 der Geschäftsordnung begründet.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Unruhe)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat gibt es überhaupt keinen Grund für eine dringliche Debatte über die Frage, die Sie aufgeworfen haben.

(Unruhe)

Der Innenminister hat dem Innenausschuss mündlich und schriftlich im April ausführlich Rede und Antwort gestanden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da hat er es noch gar nicht gewusst! – Abg. Norbert Zeller SPD: Wir sind das Parlament!)

Der Innenminister hat in einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen ausführlich Rede und Antwort gestanden

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Sind wir Journalisten, oder sind wir Parlamentarier?)

und zu allen zu diesem Problem aufgeworfenen Fragen ausführlich Stellung genommen. Er hat es transparent und nachvollziehbar dargelegt.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber nicht vor dem Parlament!)

Deswegen sehen wir schon aus diesem Grund keinen Anlass für eine dringliche Debatte.

(Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sollten sich vielleicht auch vor Augen führen, dass der zuständige Staatsanwalt in Nordrhein-Westfalen bis heute keinen Anlass für einen Anfangsverdacht in dieser Sache sieht.