Eine letzte Bemerkung noch zur von der SPD und den Grünen beantragten Zusammenlegung des Datenschutzes im öffentlichen und im privaten bzw. nicht öffentlichen Bereich. Auch dies haben wir im Ständigen Ausschuss sehr intensiv diskutiert. Ich kann nur sagen: Die Anträge sind zum falschen Zeitpunkt gestellt.
Meine Herren Kollegen, alle 16 Bundesländer sind derzeit beim Europäischen Gerichtshof mit einer Klage konfrontiert – auch die Bundesländer, die bereits die Zusammenlegung vorgenommen haben –,
weil die Europäische Kommission der Auffassung ist, dass alle Bundesländer, die die Zusammenlegung vorgenommen haben, dies nicht entsprechend der EU-Datenschutzrichtlinie gemacht haben.
Wir sind gut beraten, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abzuwarten, um dann – das sage ich Ihnen zu, ebenso wie die Offenheit der CDU-Landtagsfraktion –, wenn die EuGH-Rechtsprechung vorliegt, zügig und rasch die Konsequenzen zu ziehen.
Ich glaube, es macht wenig Sinn, jetzt eine Zusammenlegung vorzunehmen, um sie anschließend nach wenigen Monaten
(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir müssen es ja nur rich- tig machen! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Nur rich- tig machen!)
Ja. Nur, Herr Kollege Gall: Alle Länder, die die Zusammenlegung gemacht haben, auch die SPD-regierten Bundesländer, haben es dann offensichtlich falsch gemacht,
sonst wären sie nicht von der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof betroffen. Ich denke, das ist in der Sache keine Fragestellung, die uns inhaltlich einen gigantischen Fortschritt bringt; denn auch der private Datenschutz funktioniert durchaus. Es ist ja nicht so, dass er nicht funktionieren würde.
Insoweit halten wir es wirklich für richtig, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abzuwarten. Wir sind natürlich bereit, daraus dann die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen. In diesem Sinn wollen wir der Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses als Fraktion heute Folge leisten und die ergänzenden Anträge der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD ablehnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte zuallererst dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ein sehr umfassendes Werk und für eine intensive Arbeit, auch eine notwendigerweise kritische Arbeit danken, die der unabhängige Landesbeauftragte mit seinen Leuten vorgelegt hat.
Ich halte es auch für unerlässlich – und das bewährt sich in diesem Fall –, dass der Beauftragte für den Datenschutz eine unabhängige Position hat und deshalb auch zu Schlussfolgerungen kommen kann, wie sie im Bericht niedergelegt sind, die durchaus auch Kritik an Ministerien, an Behörden und an anderen öffentlichen Einrichtungen beinhalten.
In dem Datenschutzbericht wird zu Recht darauf hingewiesen, dass Fortschritt in Sachen Datenschutz anders aussieht als das Sammeln immer weiterer Daten. Ich denke, dass wir alle uns bewusst sein müssen, dass Fortschritt in Sachen Datenschutz nicht selten bedeutet, dass wir als politisch Handelnde dem technischen Fortschritt weit hinterherhinken. Die Technik ist der Gesetzgebung vielfach voraus, und oft wird deutlich, wie z. B. jetzt beim Thema Onlinedurchsuchung, dass die Gesetzgebung auch den Anforderungen, auch den neuen Möglichkeiten, die solche Kommunikationen bieten, nicht gerecht wird. Es war bedauerlich, dass auch die badenwürttembergische Landesregierung erst durch das Verfas
sungsgericht auf die Einhaltung der Grundrechte hingewiesen werden musste. Hätten Sie auf die SPD-Innenpolitiker gehört, wären Sie schon viel früher schlau gewesen.
Wir haben jetzt ein neues Grundrecht in Sachen Datenschutz, ein Grundrecht zur Gewährleistung der Vertraulichkeit und der Integrität informationstechnischer Systeme. Ich glaube, dass ein solches neues Grundrecht auch der Bedeutung des Datenaustauschs innerhalb der Gesellschaft entspricht.
Der Datenschutzbericht sollte also heute nicht nur von uns zur Kenntnis genommen werden – das ist wahrscheinlich eher der kleinste Teil der Übung –, sondern er muss vor allem innerhalb der Behörden und Ministerien zu Konsequenzen führen. Während wir in den Ausschussberatungen den Eindruck hatten – jedenfalls kann ich das für unsere Fraktion sagen –, dass im Bereich der Polizeibehörden und auch des Landeskriminalamts durchaus mit dem Datenschutzbericht gearbeitet wird und dass man sich auch überlegt hat, welche Konsequenzen man für die polizeiliche Arbeit ziehen muss, hatte ich demgegenüber den Eindruck, dass man z. B. im Wissenschaftsminis terium überhaupt nicht bereit ist, die Mahnungen zu beachten und in Zukunft die Anforderungen an den Datenschutz einzuhalten.
Ich hätte schon gern vonseiten der Landesregierung noch einmal die Zusicherung, dass sich das, was wir in Bezug auf die Erfassung von Studierenden erlebt haben, nicht wiederholt. Alle Studierenden, die sich per Gericht gegen Studiengebühren gewehrt haben und daraufhin erfasst und in Listen aufgenommen wurden, müssen sich darauf verlassen können, dass solch ein Verstoß nicht mehr vorkommt. Eine solche Zusicherung fehlt bis heute, und ich hätte sie gern vonseiten der Regierung, und zwar noch in dieser Debatte.
Der Bericht zum Datenschutz im öffentlichen Bereich, über den wir hier reden, ist die eine Sache. Ich glaube aber, dass die weit größere Bedrohung der Bürgerinnen und Bürger nicht aus dem öffentlichen Bereich kommt, in dem wir funktionierende Kontrollmechanismen, eine intensive Beobachtung und jede Menge Vorgaben haben. Ich denke, dass Aufklärung, Überwachung und Überprüfung im nicht öffentlichen Bereich weitaus notwendiger sind. Nehmen Sie Payback-Karten, nehmen Sie alle möglichen Formen von Werbeanfragen, nehmen sie einfache Kreuzworträtsel, die heute nicht dazu dienen, Menschen gewinnen zu lassen, sondern vor allem dazu, Adressen zu erfassen, Leute kennenzulernen und zu schauen, wer welche Interessen hat und wem man welche Produkte verkaufen kann. Hierum müssen wir uns viel stärker kümmern. Das macht mir weit mehr Sorge als alle Bemühungen der öffentlichen Hand in Bezug auf Daten.
Deshalb ist es unser dringlicher Wunsch, dass wir eben nicht abwarten, bis innerhalb Europas ein Gericht entscheidet, sondern dass wir die EU-Datenschutzrichtlinie nehmen – sie liegt bereits vor – und tatsächlich das tun, was bereits die Hälfte aller Bundesländer tut, nämlich dem Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich den gleichen Stellenwert geben wie dem
im öffentlichen Bereich und dessen Überwachung nicht nur bei einem Referat im Innenministerium belassen.
Deshalb wollen wir unseren Antrag aufrechterhalten. Unser Vertrauen in die Landesregierung ist zwar nicht so riesengroß, aber in einem Punkt vertrauen wir schon darauf, dass die Landesregierung in der Lage ist, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der der Richtlinie schon heute entspricht.
In diesem Sinne bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen; denn der nicht öffentliche Bereich braucht viel, viel mehr unsere Überwachung, und die Bürgerinnen und Bürger brauchen in diesem Bereich weit mehr Hilfe und Unterstützung, um sich gegen das Datensammeln Privater zu wehren, als sie es gegenüber den Behörden brauchen, zumal der Datenschutzbeauftragte des Landes ja auch eine sehr gute Arbeit verrichtet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst Herrn Zimmermann und seiner eigentlich viel zu kleinen Behörde für die auch in diesem Jahr geleistete Arbeit danken.
Jetzt soll der Tätigkeitsbericht nur noch alle zwei Jahre vorgelegt werden. Ich gehe davon aus, dass der Bericht dennoch genau dieselbe Qualität wie bisher haben wird. Wir sind gespannt, ob es, wenn der Bericht nur alle zwei Jahre vorgelegt wird, zwischendurch wieder öfter Interventionen von Ihrer Seite geben muss, sodass wir doch wieder öfter von Ihnen hören werden.
Danken möchte ich auch Herrn Föll für seine sehr differenzierten Ausführungen. Damit wurde eigentlich zum ersten Mal vonseiten einer der die Regierung tragenden Fraktionen zu verstehen gegeben, dass zumindest die CDU – vielleicht auch die FDP/DVP – darüber nachdenkt, Änderungen in der Struktur des Datenschutzes anzugehen. Denn tatsächlich klagt die EU darüber, Herr Kollege Föll, wie der Datenschutz bei uns organisiert ist. Nur: Weil wir wissen, was die Gründe dafür sind, könnten wir die notwendigen Änderungen schon heute vornehmen.
Einerseits wünscht man sich eine Zusammenlegung des Datenschutzes im öffentlichen und im privaten Bereich. Die Kritik an dem Vorgehen in SPD-regierten Ländern liegt ja darin begründet, dass die Datenschutzbehörden dort zum Teil nicht die Unabhängigkeit aufweisen, die sich die EU wünscht. Das heißt, wir wissen schon heute: Wir brauchen eine unabhängige Datenschutzbehörde. Dann wird man auch in Brüssel mit dem zufrieden sein, was wir tun.
Zu den Anträgen: Es ist ja nett, wenn Sie sagen, die Anträge seien zum falschen Zeitpunkt gestellt worden. Sie sind immerhin weiter als alle anderen gegangen, die es bisher vonseiten der CDU oder der Regierung zu diesem Thema gegeben hat. Deswegen sind wir schon froh darüber. Die Anträge werden von uns jährlich gestellt, aber offensichtlich ist der Zeitpunkt immer falsch. Jetzt hoffen wir, dass Ihnen die EU
auf die Sprünge hilft. Dann können wir vielleicht sogar einen gemeinsamen Antrag einbringen bzw. wird der Minister eben einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen müssen.
Nicht gefallen hat uns, dass es innerhalb der Regierung immer noch eine Sammelwut für Daten gibt. Das geht aus dem Bericht deutlich hervor. Es gibt die schöne Arbeitsdatei „Politisch motivierte Kriminalität“. Sie umfasst, glaube ich, etwa 25 000 Eintragungen.
Ja, ich stehe nicht darin. Davon gehe ich aus. Obwohl: Auch ich könnte darin stehen. Beispielsweise sind darin auch AntiAKW-Demonstranten und Tierversuchsgegner gespeichert, die schon seit vielen Jahren als „Umstürzler“ bekannt sind. Sie sind dort zusammen mit Islamisten und anderen erfasst – ich weiß nicht, wer sonst noch alles in der Datei steht.
Für uns ist es nicht akzeptabel, dass wir jedes Jahr und zukünftig wohl alle zwei Jahre lesen müssen, wie viele Daten Sie da sammeln. Herr Minister, schränken Sie diese Datensammelwut in Zukunft doch bitte ein. Dann haben Sie weniger Arbeit, und die Behörden können sich um das kümmern, was den Staat tatsächlich bedroht.
Sie schreiben in der Stellungnahme der Landesregierung zum Datenschutzbericht – das ist für uns völlig inakzeptabel –:
Im Staatsschutzbereich gefährdet die Auskunftserteilung nach Auffassung der Polizei regelmäßig die ordnungsge mäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben.
Der Betroffene würde … erfahren, dass er durch den Staatsschutz überwacht wird. Dies hätte zur Folge, dass die Personen Gegenmaßnahmen ergreifen, beispielswei se sich konspirativ verhalten würden, um sich der Über wachung zu entziehen. Das muss vermieden werden.
Das heißt, meine Damen und Herren: Wenn man Tierversuchsgegner ist und den Verdacht hat, dass man in dieser Datei steht, bekommt man noch nicht einmal Auskunft darüber, ob und, wenn ja, welche Daten über einen gespeichert sind. Das ist schon ein seltsames Gebaren für einen Rechtsstaat. Dies gilt es zu ändern.