Die Zulassung zur Kammerprüfung setzt voraus, dass eine vergleichbare betriebliche Praxis vorhanden ist. Sie besagt nicht, dass man einen Lehrvertrag haben muss. Das ist der Unterschied.
Sie besagt aber nicht, dass man keine praktische Ausbildung haben muss, sondern die Praxis muss gleichwertig sein mit dem, was auch in der dualen Ausbildung gefordert wird. Nur dann ist überhaupt eine Zulassung zur Kammerprüfung möglich. Man muss das eben anders organisieren. Das sind ja die Möglichkeiten des § 43 des Berufsbildungsgesetzes.
Aber dass man nur die Schule besucht und zur Kammerprüfung zugelassen wird, wie Sie das dargestellt haben, ist absurd. Das gibt es gar nicht.
Niemand sieht so etwas vor, sondern es heißt im Gesetz: die schulische Ausbildung mit entsprechenden betrieblichen Anteilen verbinden. Nur dann ist das möglich, und dann ist es auch vernünftig. Dass man das bis zum Jahr 2011 begrenzt hat, kann man ja auch so akzeptieren, weil es in der gegenwärtigen Situation, in der es eben nicht ausreichend Ausbildungsplätze im dualen System gibt, eine gewisse Luft für die jungen Menschen schafft, auch hier noch etwas zu erreichen.
So ist es. Wir haben doch zurzeit auf 100 Bewerber nur 81 Ausbildungsplätze. So sind die Zahlen im letzten Jahr, im Jahr 2007, gewesen. Da muss einem doch etwas einfallen.
Da können Sie sich hier nicht hinstellen und sagen: Wir haben alle Möglichkeiten konsequent genutzt.
Im Übrigen muss ich Ihnen noch sagen: Wo wird bei der beruflichen Ausbildung noch in den Mangelberufen ausgebildet? Schauen Sie sich doch einmal die Statistik an. Was uns fehlt, sind beispielsweise die Ausbildungen im industriellen Sektor. Bei Industriemechanikern findet fast gar keine Ausbildung mehr statt.
Diese Fachkräfte werden fehlen. Kaum ein Betrieb – ich habe in die letzte Statistik hineingeschaut – bildet noch Industriemechaniker aus. Um also diese Lücke zu füllen und den absehbaren Fachkräftebedarf zu befriedigen, müssen Sie natürlich das, was im schulischen, im staatlichen, im beruflichen Bereich an Ausbildungsmöglichkeiten vorhanden ist, nutzen, um einem Fachkräftemangel vorzubeugen.
Fehlanzeige! Ich kann von konsequenter Vorgehensweise nichts sehen. Sie nutzen die gegebenen Möglichkeiten des Gesetzes nicht. Sie verweigern die Möglichkeiten. Das muss man hier eben feststellen.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE – Zurufe der Abg. Claus Schmiedel und Al- fred Winkler SPD)
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Jetzt kommen wir zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags.
Abschnitt I des Antrags der Fraktion der SPD, Drucksache 14/1586, ist ein Berichtsteil. Er ist durch die Debatte erledigt.
Abschnitt II des Antrags beinhaltet ein Handlungsersuchen. Darüber lasse ich abstimmen. Wer für Abschnitt II des Antrags der Fraktion der SPD ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Abschnitt II knapp, aber immerhin mit Mehrheit abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Sportförderung und Sportstätten in Baden-Württemberg – Drucksache 14/1587
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben ja gestern sehr lange über das Thema Bildung diskutiert. Während dieser Diskussion ging es auch um das Thema Hausaufgaben. Ich habe mich schon des Öfteren gefragt, ob auch der Kultusminister in Sachen Sport seine Hausaufgaben gemacht hat, und muss sagen: Ich setze da ein ganz großes Fragezeichen und werde am Schluss auch begründen, warum ich der Auffassung bin, dass er bei seinen Hausaufgaben, die er von uns eigentlich schon seit Langem aufbekommen hat, einiges verpasst hat.
Wir hatten hier im Plenum vor einem Jahr eine Diskussion zum Thema „Sportland Baden-Württemberg“. Bereits damals hat die SPD-Landtagsfraktion genauso wie die Grünen eine ganze Reihe von Fragen gestellt, die vom Kultusminister jedoch nicht beantwortet wurden. Wir haben daraufhin die aktuelle Lage hinsichtlich der Sportförderung in Baden-Würt temberg noch einmal abgefragt, und über diese Drucksache unterhalten wir uns heute.
Beim Durchlesen dieser Drucksache stellen wir fest, dass sich nichts Wesentliches geändert und schon gar nichts verbessert hat.
Bei uns allen ist unbestritten, dass dem Sport gerade bei jungen Menschen eine große Bedeutung zukommt. Wir wissen, dass sich das Freizeitverhalten junger Menschen ändert, dass sie in ihrem Alltag immer bewegungsärmer werden. Daher ist es umso wichtiger, dass sowohl an den Schulen als auch bereits in den Kindertageseinrichtungen Sportunterricht bzw. eine Heranführung an den Sport erfolgt. Wenn wir uns das Ganze dann auch noch unter dem finanziellen Aspekt der Gesundheitsvorsorge anschauen, ist es umso dringender, dass hier wirklich auch entsprechende Taten folgen, und zwar mehr Taten als die, die Sie bereits vorzuweisen haben.
Ich will Ihnen an einigen Punkten aufzeigen, dass wir vom Sportland Baden-Württemberg schon noch ein bisschen entfernt sind. Dies ist zu erkennen, wenn wir nicht nur den Leis tungssport, sondern auch den Breitensport und die Wirklichkeit in den Schulen und in den Kindertageseinrichtungen in unserem Land betrachten. Die Realität in den Kindertageseinrichtungen ist doch: Die Heranführung der kleinen Zwerge an den Sport ist in hohem Maße ein Verdienst der Erzieherinnen und Erzieher.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Und vieler Eltern, die darauf achten, dass ihre Kleinen in den Sportun- terricht gehen!)
Und vieler Eltern natürlich auch. Aber es geht mir jetzt in erster Linie um das, was in den Kindertageseinrichtungen passiert. Wir wissen natürlich auch, dass es, wenn die Erzieherinnen und Erzieher mit den Kindern Sport ausüben sollen, ganz wesentlich darauf ankommt, dass genügend Personal da ist. Sie können nicht mit einer Gruppe von 20 kleinen Zwergen in eine Halle oder einen Bewegungsraum gehen, um dann mit ihnen gemeinsam Bewegungsübungen zu machen. Das funktioniert im Allgemeinen nicht.
Sie müssen nämlich auch diejenigen mitnehmen, die von Haus aus pummelig sind, die von Haus aus ängstlich sind. Denen müssen sie das Gefühl vermitteln: „Du lernst das auch noch, du kannst das auch noch. Lass dir Zeit. Wir geben dir auch die se Zeit.“ Ich habe öfter einmal Kindertageseinrichtungen besucht. Ich muss einfach sagen: Es ist schon ein Erlebnis, wenn man sieht, wie ein vierjähriges kleines Mädchen einfach nur dasitzt und weint, weil es Angst hat, weil es von zu Hause aus sportliche Betätigung nicht kennt. Es hat lange gedauert, bis das Mädchen erst einmal bereit war, an meiner Hand die ers ten kleinen Sportübungen zu machen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass mehr Personal da ist.
Der Herr Minister geht in der Stellungnahme auch auf die Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ein. Auch das ist schön und gut. Aber wenn Sie die personelle Situation in vielen Einrichtungen kennen, dann wissen Sie, dass es oft ganz schwierig für die Erzieherinnen und Erzieher ist, diese Weiterbildungsangebote überhaupt in Anspruch zu nehmen, weil die Personalkapazität nicht ausreicht. Da besteht, denke ich, auf jeden Fall noch Handlungsbedarf.
Gleichzeitig möchte ich aber noch einmal betonen, dass wir wissen, wie viel die Erzieherinnen und Erzieher in diesem Bereich leisten und dass alles, was in diesem Bereich passiert, in erster Linie das Verdienst der Erzieherinnen und Erzieher ist.
Ich komme zu einem Punkt, über den wir hier schon sehr häufig diskutiert haben, bei dem ich aber feststellen muss, dass sich da so gut wie gar nichts tut. Man kann hierfür den Begriff „Baustelle Sportunterricht“ nehmen. Wir alle wissen, dass sich seit Jahren die Klagen der Eltern mehren, die immer wieder darauf hinweisen, dass der Sportunterricht in der Regel als Ers tes ausfällt, wenn es irgendwo ein bisschen eng wird. Dann fällt der Sportunterricht an vielen Schulen fast regelmäßig aus.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das stimmt nicht! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Na- türlich stimmt es!)
Das ist immer noch so. Es stimmt schon. Fragen Sie doch einmal die ganzen Verbände. Fragen Sie einmal den Sportlehrerverband. Der wird Ihnen sagen, was passiert.
(Abg. Elke Brunnemer CDU: Gehen Sie einmal in die Schulen und gucken, wie Sportunterricht aus- sieht! – Abg. Reinhold Gall SPD: Zehn Stunden in 14 Tagen!)
Ich kann Ihnen eines sagen: Ich gehe regelmäßig in die Schulen. Ich nehme allerdings im Gegensatz zu Ihnen die Klagen der Eltern sehr ernst.