Protocol of the Session on December 19, 2007

Meine Damen und Herren, an die Landesregierung habe ich, Herr Minister, abschließend die Frage: Wie wollen wir aus den Ergebnissen Konsequenzen ziehen, und was können wir bei all dem, was wir bereits tun, noch besser machen? Was können wir gegen die Waldschäden tun, und welche Therapien und Realmaßnahmen wie z. B. die Waldkalkung müssen zur Anwendung kommen?

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Locherer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Da

men und Herren! Zunächst einmal stelle ich fest, dass es schade ist, dass der Kollege Walter von den Grünen nicht mehr im Plenarsaal ist. Er sprach gerade davon, wie man Tannenbäumchen hinter sich herzieht. Wenn wir jetzt gerade das Thema Wald behandeln, sage ich: Wir halten die Tannenbäumchen hoch und ziehen sie nicht hinter uns her. Das wäre sonst despektierlich gegenüber unserem Wald.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist halt der Unterschied! – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Sehr gut! – Abg. Ingo Rust SPD: Es kommt darauf an, ob Sie Brennholz haben wollen oder nicht!)

Im Übrigen – da wir gerade von Schlössern sprachen – haben wir unseren Wald genauso lieb wie unsere Schlösser. Darum setzen wir uns als CDU-Landtagsfraktion besonders für den Erhalt und Fortbestand sowie den Ausbau unseres Waldes hier in Baden-Württemberg ein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Bravo! – Abg. Alfred Winkler SPD: Für die Waldschlösser!)

Der Wald hat tatsächlich – da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Bullinger – in Deutschland einen hohen Stellenwert. Das ist recht und gut so. 11,1 Millionen ha Wald gibt es in Deutschland, und sechs Millionen Menschen – mit dieser Zahl möchte ich den hohen Stellenwert des Waldes für Erholung, Urlaub und Ferien gleich anfangs zum Ausdruck bringen – verbringen in unserer Republik ihre Freizeit im Wald. Auch daher hat der Wald einen hohen Stellenwert.

(Abg. Ingo Rust SPD: Z. B. im Schwarzwald! – Ge- genruf der Abg. Katrin Altpeter SPD: Oder im Hot- zenwald!)

Der Wald in Deutschland ist mit 3,38 Milliarden m3 Holzvorrat der größte in der Europäischen Union. In Baden-Württemberg ist der Wald die dominierende Landschaftsform: 39 % der Landesfläche sind bewaldet. Und – auch das wurde schon gesagt – gerade der ländliche Raum lebt vom Wald, der dort mit der Holzverarbeitung und -vermarktung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.

Das Umweltmonitoring und der Waldzustandsbericht sind eine unverzichtbare Hilfe, um zu erfahren, wie es um den baden-württembergischen Wald bestellt ist. Meine Damen und Herren, nicht nur hier geht es ab und zu hitzig und fiebrig zu, etwa wenn wir über Schloss Salem und andere Dinge sprechen, sondern es ist auch wichtig, ab und zu das Fieber im Wald zu messen und festzustellen, welche Umweltfaktoren es sind, die ihn in seiner Gesundheit, ja in seinem Bestand gefährden. Das ist von großer Bedeutung.

Ich freue mich, dass wir seit 1983 ein Umweltmonitoring haben. Baden-Württemberg war eines der ersten Länder, die dieses Monitoring durchgeführt haben. Es ist damit übrigens auch Beispiel und Vorreiter für die Europäische Union, die dies ebenfalls und in gleicher Weise macht.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Hört, hört! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist eine tolle Sa- che!)

Im Namen der CDU-Landtagsfraktion darf ich mich bei allen beteiligten Wissenschaftlern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die objektive und fundierte Ausarbeitung bezüglich der Reaktionen und Entwicklungen des Ökosystems Wald bedanken. Das ist, meine Damen und Herren, eine wertvolle Hilfe, für die wir sehr, sehr dankbar sind.

Zunächst dürfen wir feststellen, dass sich der Waldzustand in Baden-Württemberg gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert hat und erstmals seit vier Jahren wieder ein Rückgang des mittleren Nadel- und Blattverlustes über alle Baumarten zu verzeichnen ist – übrigens mit unterschiedlichen Trends bei den verschiedenen Baumarten.

Das ist auf der einen Seite erfreulich, aber – das sage ich auch – überhaupt kein Grund, sich im Bemühen um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für unseren Wald zurückzulehnen, ganz im Gegenteil. Die Einflussfaktoren in Bezug auf den Waldzustand wie Stoffeinträge durch Luftverschmutzung, der Stressfaktor Extremwitterungen durch Klimawandel und die damit einhergehende größere Empfindlichkeit gegenüber Insektenschäden zwingen uns erstens, eine ständige Kontrolle des Waldzustands durchzuführen, und zweitens, Maßnahmen zum Schutz des Waldes zu verstärken.

Hier gibt es zunächst Maßnahmen, die unmittelbar mit der Waldbewirtschaftung zusammenhängen, z. B. die Förderung von Mischwäldern – es ist übrigens, meine Damen und Herren, bei uns im Allgäuer Alpenvorland von großer Bedeutung, die Monostrukturen aufzulösen und durch Mischwälder zu ersetzen – und eine intensive Waldpflege. Das Konzept der naturnahen Waldbewirtschaftung mit hoher Biodiversität und genetischer Vielfalt der Waldökosysteme ist hier von großer Bedeutung.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ein großes Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im forstlichen Dienst aussprechen. Vom Waldarbeiter bis hin zum Mitarbeiter in der Forstverwaltung leis ten alle wertvolle Dienste, sind perfekt ausgebildet, haben Fachkompetenz und mögen ihren Beruf im Forstbereich. Herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Forstwirtschaftliche Maßnahmen sind allerdings nur die eine Seite der Medaille. Ich glaube, die andere Seite dieser Medaille, nämlich die Notwendigkeit eines konsequenten Klima schutzes und einer Luftreinhaltepolitik mit Schadstoffreduzierung und Senkung des Ausstoßes schädlicher Gase, hat noch eine viel größere Wirkung, als sie forstliche Maßnahmen jemals erzielen könnten.

Die Staatengemeinschaft scheint begriffen zu haben, dass dies eine globale Aufgabe ist. Meine Damen und Herren, das Schwitzen der Gletscher und das Fieber im Wald sind Folgen von weltweiten, auch waldrelevanten Klimaveränderungen. Deshalb, sehr geehrter Kollege Dr. Bullinger, springt die Frage nach Konsequenzen in Baden-Württemberg zu kurz. Unser Blick muss darüber hinausgehen, und zwar auf allen politischen Ebenen.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Aha! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt’s raus!)

International und national sind Klimawandel und Klimaschutz zum politischen Thema Nummer 1 geworden, und das ist gut so.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

In der internationalen Auseinandersetzung – das sage ich auch ganz deutlich – zwischen Befürwortern einer sich in diesem Zusammenhang verändernden Politik und einigen Hardlinern der Öl- und Erdgaslobby kommt Gott sei Dank allmählich und sicher Bewegung in das Spiel.

So darf ich unserer Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel, der es beim G-8-Gipfel in Heiligendamm gelungen ist, mit Charme, politischem Geschick und Durchsetzungsvermögen den bockbeinigen George W. Bush zu überzeugen, herzlich gratulieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Sie entschuldigen das Allgäuer Wort „bockbeinig“.

(Unruhe)

Lieber Herr Kollege Pix – da werden Sie mir jetzt Beifall spenden; davon bin ich überzeugt –, sie hat das auch mit badischem Wein aus dem Ländle – vom Kaiserstuhl, aus unserer Weinpartnergemeinde Eichstetten – geschafft. Da sehen Sie einmal, was Baden-Württemberg, was das Ländle alles vermag. Sie hat ihn damit auch ein bisschen bezirzt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wir sind dank des Allgäus einfach spitze! – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Allgäu vorn!)

Nun zur nationalen Ebene und zur Ebene des Landes BadenWürttemberg. Der Bund, das Land und die Kommunen ergreifen seit Jahren verstärkte und erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Klimabedingungen. Das Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung gibt weitere Anhaltspunkte für konkrete Maßnahmen auf nationaler Ebene.

Ausgehend vom Basisjahr 1990 soll mit diesem Programm erreicht werden, dass die Reduzierung der Treibhausgasemissionen von derzeit 18 % – wie gesagt, bezogen auf 1990 – auf 36 % erhöht wird. Von Bedeutung ist, dass ein solches Klimaprogramm nicht nur die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, sondern auch die Verringerung von Deutschlands Abhängigkeit von Energieimporten zum Ziel hat. Es hat auch Bedeutung für die Weiterentwicklung von neuen, innovativen Energietechnologien, bei der wir in Deutschland Gott sei Dank die Nase vorn haben.

Auf der Ebene unseres Bundeslands konzentrieren sich die Schwerpunkte für Klimaschutzmaßnahmen auf Gebäudesanierung – übrigens, meine Damen und Herren, unsere Gesetzgebung ist hier sehr klimafreundlich –, auf umweltfreundliche Mobilität, auf Energieeffizienz in Industrie, Gewerbe und Haushalten, Energieeinsparung in Landesgebäuden und kommunalen Klimaschutz. Übrigens engagieren sich gerade die Kommunen sehr stark in diesem Bereich. Der Beweis ist auch

die Verleihung von Zertifikaten nach dem European Energy Award an insgesamt 30 Kommunen in Oberschwaben. Man darf ruhig auch einmal sagen, wie sich die Kommunen hier beim Ausbau der erneuerbaren Energien und für die Zukunft der Kraft-Wärme-Kopplung anstrengen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss nochmals zu den Bemühungen in Oberschwaben. Ich darf Ihnen hier berichten – das darf man auch im Landtag sagen –, dass es uns gelungen ist, dank des Einsatzes der Energieagentur Oberschwaben eine Reduzierung des CO2-Aufkommens um 113 000 t zu erreichen und den Versorgungsgrad der Bevölkerung aus regenerativen Energien mit 38 % darzustellen. Das ist ein Erfolg, unterstützt vom Bundesland Baden-Württemberg, der sich sehen lassen kann. Sie sehen, meine Damen und Herren: In Oberschwaben, woher ich komme, wird grün gedacht und Gott sei Dank weiterhin schwarz gewählt.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Bei einem solchen Abgeordneten fällt es einem leicht, schwarz zu wäh- len!)

Ich danke Ihnen sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Pe- ter Hofelich SPD: Hoffentlich merken das die Wäh- ler nicht!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Winkler.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einen kleinen Vergleich ziehen: Die Anwesenheitsquote hier im Saal übersteigt die Quote der noch gesunden Bäume. Letztere beträgt ein Viertel, die Anwesenheitsquote ist ungefähr ein Drittel.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Hast du das ausge- rechnet?)

Überschlägig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte die Chance nicht verstreichen lassen, das literarisch besetzte Thema Wald anzugehen, indem ich ein Zitat, und zwar ein Zitat von Goethe, an den Anfang stelle:

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nein, Eichen- dorff!)

Ich ging im Walde so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn.

Das war vor 180 Jahren vielleicht noch möglich, aber heute würde Goethe nicht mehr so unbedarft durch den Wald schlurfen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das war ja zu Zeiten der Monarchie! – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Wie würde er heute sagen?)

Der Wald musste schon immer ziemlich viel aushalten, ob es nun die Kohlenmeiler des ausgehenden Mittelalters als Vorstufe zur Industrialisierung waren oder der Sturm und Drang der Romantik und die daraus resultierende Waldeslust. Der Brennholzverbrauch pro Kopf war zu Beginn des 20. Jahrhunderts genauso groß wie heute, mit einem Unterschied: Heute