Protocol of the Session on December 19, 2007

Ich glaube, wir tun gut daran, wenn wir über Europa reden, einfach einmal aufzuzeigen, wie weit wir in 50 Jahren gekommen sind. Man kann mit Fug und Recht, ohne zu euphorisch zu werden, immer wieder sagen: Europa ist eine Erfolgsgeschichte. Es ist wirklich eine Erfolgsgeschichte.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deswegen will ich an dieser Stelle noch einmal würdigen, was sich auch am 21. Dezember abspielen wird, nämlich dass der Raum der Freiheit und des Rechts erweitert wird. Schengen geht jetzt weit über die damalige Stacheldrahtgrenze hinaus bis tief in die osteuropäischen Staaten hinein. Die Sicherheit wird deshalb nicht geringer werden. Wir sind ganz zuversichtlich – der Kollege Innenminister war bei diesen Besprechun gen immer dabei –, dass es mehr Sicherheit geben wird. Man muss erstens einfach einmal begreifen, dass es keine „Schlagbaumkontrolle“ mehr gibt, sondern eine Großraumkontrolle durchgeführt wird. Zweitens – und das war ein Erfolg gerade unseres Bundesinnenministers Dr. Schäuble – hat man es verstanden, an den Außengrenzen unter Mithilfe anderer europäischer Staaten die Kontrollen aufzubauen, aufgrund derer wir sagen können: Das ist ein sicherer, ein freier Raum, ein Raum der größtmöglichen Freizügigkeit. Ich finde das sensationell.

(Beifall der Abg. Thomas Blenke CDU und Michael Theurer FDP/DVP)

Das zu würdigen ist unsere Sache, und wenn es darum geht, ein bisschen von dieser Begeisterung an die Bevölkerung weitergeben zu können, sind wir sicherlich nicht chancenlos.

Ich will jetzt, um bei der Wahrheit zu bleiben, natürlich auch ein weiteres Ereignis in dieser Runde nennen, das jedoch nicht ganz so glücklich ausgefallen ist: Es geht um Europa „jenseits von Afrika“. Da gab es in der Tat einen Gipfel, einen Versuch, der nicht so geendet hat, wie er hätte enden sollen. Ich bin trotzdem zuversichtlich. Sie wissen, dass man im Dissens auseinandergegangen ist. Aber es wäre ganz wichtig, dass wir uns da nicht entmutigen lassen und neue Ansätze zu diesem Thema finden. Ich möchte es ein bisschen salopp sagen: Bevor „die letzte Pekingente in Afrika eingeflogen wird“, sollte auch Europa seine Interessen und seine Hilfeleistungen so auf die Reihe bringen, dass Afrika nicht von Europa wegdriftet.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Im Ganzen ist die Bilanz sehr gut. Ich will jetzt auf das eingehen, was Sie angesprochen haben, und Ihnen gleichzeitig sagen, wo Sie damit ganz aktuelle Baustellen der Europapolitik des Landes berühren. Der Kollege Hofelich hat gesagt, man solle nicht jammern – etwa in der Subsidiaritätsfrage –, sondern man solle doch – wenn ich das richtig verstanden habe – Einfluss nehmen, an die Schaltstellen gehen und Europapolitik mitgestalten.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Noch mehr mitgestal ten!)

Zum Thema Subsidiarität: Kollege Hofelich, ich wäre als Lokal-, Regional- und Landespolitiker da ein bisschen selbstbewusster.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das ist der Kollege Hofe- lich!)

Wenn ich anmahne, ein Thema nicht nach Brüssel zu verlagern, ist das kein ängstliches Geschrei, sondern dann zeigt dies im Grunde ein hohes Maß an Selbstbewusstsein, dass ich verdammt noch mal genauso gescheit und klug handle wie die auf der europäischen Ebene.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir können ja die Regierung auffordern!)

Ich würde da wirklich anmahnen, das Thema Subsidiarität nicht abzutun als ein Thema der Nörgler, der Ewiggestrigen. Sie selbst haben von der „Neuen Welt Europa“ gesprochen. Die „Neue Welt Europa“ braucht noch mehr Subsidiarität, als das bisher vielleicht der Fall war. Das ist eine Grundüberzeugung, gerade wenn man mit großer Leidenschaft für Europa eintritt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Der Kollege Müller hat es angesprochen: Diese Geschichte mit dem Grünbuch zur Verkehrspolitik ist nun wirklich ein eklatantes Beispiel.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Sagen Sie das alles dem Herrn Stoiber!)

Ich habe hier eine ganze Liste solcher Beispiele. Ich will sie jetzt nicht im Einzelnen aufzählen. Ich kann nur sagen: Es ist überhaupt keine Abkehr vom europäischen Gedanken, wenn ich sage, es gibt zehn, es gibt zwölf, es gibt vielleicht 14 zentrale Aufgaben, die da hingehören. Aber ich erlaube mir zu sagen, was nicht da hingehört, weil in der Tat Regional-, Landes- und Bundespolitik gleichermaßen in der Lage sind, viele dieser Dinge zu richten.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut!)

Das Grünbuch ist wirklich das klassische Beispiel dafür.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Sehr richtig!)

Insofern, glaube ich, sind wir schon auf dem richtigen Weg, wenn wir erstens unseren ständigen Einfluss im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, nämlich über den Bundesrat, konkret machen. Wir können mit Stolz sagen: Die Liste, die vor anderthalb Jahren im Bundesrat als Grundanforderung an die deutsche Ratspräsidentschaft verabschiedet wurde, ist fast vollständig und im Sinne der Länder erfolgreich abgearbeitet worden. Das heißt also – das ist auch ein Wort an unsere Kollegen aus der Schweiz –: Es ist durchaus möglich, in einer föderalen Ordnung über die eigene zweite Kammer entsprechend der verfassungsmäßigen Ordnung einzuwirken. Das wurde umgesetzt. Die Ergebnisse sind ein direktes Beispiel dafür.

Ein Ergebnis unserer besonderen Bemühungen war in der Tat, dass wir in Sachen Subsidiaritätsprüfung weitergekommen sind. Das hat es noch nicht gegeben, dass alles, was in Brüssel ins Rohr geht, gleichzeitig in die nationalen Parlamente und auch in den Bundesrat gehen muss mit dem Ziel einer achtwöchigen Überprüfung auf Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit.

Was wir jetzt aufbauen, ist auch im Sinne dessen, was Kollege Hofelich anspricht, nämlich hineinzugreifen in die Tastatur. Wir bauen jetzt Folgendes auf: Wir wissen, dass wir, wenn wir ausschließlich über den Bundesrat vorgehen, vielleicht nicht das Gewicht haben, wie wenn wir gleichzeitig – schon im Vorfeld, schon bei der ersten Subsidiaritätsrüge – ein gewisses Netzwerk darunterbauen und einen Unterbau machen. Wir befinden uns im Moment in der Zusammenarbeit mit dem französischen Senat. Der Austausch ist perfekt. Hinzu kommen Kontakte mit Österreich über dessen zweite Kammer, und wir befinden uns schon im Gespräch mit dem italienischen Senat.

Ich bin zudem bemüht, dass wir in der gleichen Zielsetzung auch einen osteuropäischen Staat dazubekommen, damit in dem Moment, in dem wir sagen: „Städtische Verkehrspolitik gehört da nicht hin“, nicht nur Berlin und nicht nur die deutschen Länder, sondern alle, die es mit der Subsidiarität und der föderalen Ordnung ernst meinen, mit an Bord sind und vorstellig werden.

Nun haben wir neuerdings Mechanismen – Sie kennen die Stufen –, die dazu führen, dass man einen Sachverhalt unter Umständen komplett vom Tisch fegen kann. Das ist ein Erfolg. Gleichzeitig gibt es auch Klagerechte. Das alles sind Erfolge, die wir uns vielleicht zunächst einmal erträumt haben,

die wir mit dem Entschließungsantrag im Bundesrat konkret gemacht haben und die dank der Bundesregierung und dank einer hervorragenden Ratspräsidentschaft durch unsere Bundeskanzlerin auch Wirklichkeit geworden sind.

Das Zweite ist: Kollege Hofelich sagt, wir sollten an Themen dranbleiben. Er nennt die Forschung. Ich bin dankbar dafür. Kollege Frankenberg könnte jetzt berichten. Wenn es ein Land gibt, das im Übermaß nicht nur Geld abholt, sondern Drittmittel akquiriert, dann ist es Baden-Württemberg. Von 570 Millionen €, die in der letzten Förderperiode geflossen sind, sind 25 % nach Baden-Württemberg gegangen, und zwar nicht etwa deswegen, weil wir ganz besonders gut Anträge ausfüllen können, sondern weil wir in der Tat weit überdurchschnittliche Forschungseinrichtungen im Land haben und gleichzeitig in der Lage sind, Drittmittel einzuholen, und damit das Paket so geschnürt wird, dass wir auch von Europa gefördert werden. In diesem Punkt sind wir also absolut sicher.

Ich will auch für den Kollegen Wirtschaftsminister in Sachen Galileo sagen – ich habe das gar nicht gewusst –: Seit 2006 sind wir da mit einer Arbeitsgruppe dran. Das heißt also – für Sie ist es sicher befriedigend, das zu wissen, Kollege Hofelich –: Da, wo Sie heute appellieren, rennen Sie offene Türen ein.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Mal schauen, was die Ar- beitsgruppe macht! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

In Sachen Galileo ging es wirklich darum, einfach nur einmal das Finanzierungssystem auf die Beine zu stellen. Jetzt, nachdem es steht und nachdem bekannt ist, wie das finanziert wird, und übrigens auch die Kautelen zugunsten Baden-Württembergs gerichtet worden sind – nämlich insofern, als auch mittelständische Firmen Zugang erhalten können –, sind wir, Kollege Pfister, in der Tat sofort bereit, auch in Sachen Galileo den Sprung zu machen.

(Zuruf des Ministers Ernst Pfister)

Kollege Hofelich sprach von den Metropolregionen. Da ist mir allerdings ein Satz etwas unangenehm aufgestoßen. Ich sage das in aller Höflichkeit. Wir haben nie überdurchschnittliche Erwartungen in Sachen Metropolregionen geschürt. Ich habe immer gesagt: Vorsicht! Zunächst einmal ist der Begriff „Metropolregion“ ein Begriff der deutschen Raumordnung. Dort, wo wir europäisch beginnen, hoffen wir zum einen, dass im Zuge europäischer Clusterpolitik die Strukturpolitik Europas immer mehr auch solche Metropolregionen aufnehmen wird. Dann sind wir da.

Das zweite Europäische ist natürlich die ganz spezielle Unternehmung Metropolregion am Oberrhein, bei der wir unsere Freunde aus der Schweiz – ihnen will ich den ausdrücklichen Dank aussprechen – und aus dem Elsass gewinnen konnten, einem Unternehmen beizutreten, von dem sie zunächst mit etwas Skepsis vernommen hatten. Das heißt also: Wir probieren dort, Zukunft so zu gestalten, dass wir neben der bewährten Zusammenarbeit von Oberrheinkonferenz und Oberrheinrat mit all diesen zivilen Schubkräften im Grunde einen Raum schaffen, der uns in die Lage versetzt, in dem Moment, wo Europa Strukturpolitik macht, zu sagen: Wir sind schon da. Wir haben das Ding schon aufgestellt. Baden-Würt

temberg, das Elsass und die Nordschweiz sind präsent. Metropolregion bedeutet also, immer wieder die richtige Ordnung zu wählen.

Zum Donauraum: absolut richtig. Ich halte die Zusammenarbeit an der Donau innerhalb der vielfältigen europäischen Zusammenarbeitsmodelle für uns und für Baden-Württemberg für ein Stück weit vorgegeben. Denn wir haben die Federführung in Ulm, und dass die Städte, die wie an einer Perlenkette entlang der Donau aufgereiht sind, zusammenarbeiten, ist ein Schwerpunkt der Arbeit des Ministerpräsidenten und dieser Landesregierung. Insofern bin ich dankbar, dass die Fraktionen das gleichermaßen sehen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich bin dankbar dafür.

(Heiterkeit bei der SPD)

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Staatsminister, können Sie sich vorstellen, dass die Landesregierung den europäischen Verflechtungsraum Bodensee unterstützt? Wenn ja, auf welche Art und Weise?

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: War die Frage be- stellt?)

Die Frage ist genau so gekommen, wie ich sie erbeten habe, lieber Kollege.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Nein. Er hat schon recht. Ich bin dankbar. In der Tat geht es immer wieder darum, dass man aufzeigt, an welchen Baustellen wir tätig sind. Das Erste habe ich beschrieben: unsere Einflussnahme über den Bundesrat.

(Ein Gong ertönt. – Heiterkeit bei der SPD)

Dazu gehört auch das, was wir in Brüssel mit unserer Vertretung, mit unseren Akteuren tun und worauf wir auf der Ebene von Kommission und Parlament Einfluss nehmen.

Dazu gehört an zweiter Stelle – ich sage das immer wieder – das, was wir als Wirtschaftsregion in Europa tun – unterwegs, mit Kommissionen.

Die dritte Baustelle ist gleichermaßen wichtig. Das ist die sogenannte kleine Außenpolitik, die wir in drei Bereichen – Oberrhein, Hochrhein und Bodensee – betreiben. Erst vor wenigen Tagen haben wir gezeigt, dass auch am Bodensee mit der IBK, der Internationalen Bodenseekonferenz, ein Instrument für zentrale Themen geschaffen wurde. Unser Bodenseeleitbild geht in die Anhörung.

Ein zweites zentrales Thema, insbesondere auch von unseren Freunden aus Vorarlberg stark protegiert, ist die Bodensee