Das Einzige, was Sie gesagt haben, war, dass Sie die Mittel des Bundes freundlicherweise nicht selbst behalten, sondern an die Kommunen weiterleiten.
(Beifall und Heiterkeit bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD – Abg. Jörg Döpper CDU: Das ist doch auch schon etwas!)
Das ist eigentlich das Einzige, was wir erfahren haben. Aber davon sind wir selbstredend ausgegangen.
Wenn wir z. B. Kinderarmut betrachten und einen Vergleich mit Dänemark anstellen, dann stellen wir fest, dass die Kinderarmut in Dänemark sehr viel geringer ist als bei uns.
Dänemark hat in der Relation der Ausgaben für Infrastruktureinrichtungen, z. B. Kinderbetreuungseinrichtungen, und Transferleistungen ein Verhältnis von 70 : 30. Bei uns ist das genau umgekehrt: Das Verhältnis von Infrastrukturleistungen zu Transferleistungen beträgt 30 : 70.
Es geht darum, dass wir nur dann in der Lage sind, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen, Kinderarmut zu verhindern und alle Kinder, egal, aus welchen Verhältnissen sie kommen, mitzunehmen und voll in diese Gesellschaft zu integrieren, wenn wir bei der Kleinkindbetreuung entschieden mehr tun als bisher. Das ist das, worum es geht.
Wenn es dabei nötig ist, zunächst einmal riesige Defizite auszugleichen, dann ist ein Landesanteil von 30 % genau die Mindestmarge, die wir bei den Betriebskostenzuschüssen erfüllen müssen. Meine Vorrednerin hat es schon gesagt: Das ist genau der Betrag, den wir auch bei den Kindergärten leis ten. Das ergibt sich ganz rational. Wenn wir das endlich feststellen, dann wissen die Kommunen, woran sie sind, und können an den Aufbau dieser Infrastrukturen gehen.
Jetzt kommt das Entscheidende. Das bestimmen nämlich wir als Parlament. Wir sind immerhin für den Haushalt zuständig. Sie haben unsere Anträge abgelehnt,
dafür mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Darum muss ich Sie fragen: Was soll Ministerpräsident Oettinger eigentlich verhandeln, wenn er gar keine Haushaltsbasis hat, weil Sie die Mehrbeträge in den Beratungen zu diesem Nachtragshaushalt alle rigoros abgelehnt haben? Sie haben gar keine Verhandlungsbasis. Mehr als das, was die Kommunen jetzt schon vom Land bekommen, ist im Nachtragshaushalt nicht eingestellt. Die Annahme der Oppositionsanträge hätte es Ihnen überhaupt erst ermöglicht, vernünftige Verhandlungen zu führen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es! – Abg. Stefan Map- pus CDU: Sind das Buchhalter?)
Zweitens: Niemand wird bestreiten, dass es eine große Herausforderung für den Landeshaushalt ist, diese Gelder auf Dauer zu erbringen.
Aber wir müssen sie erbringen, weil das wichtiger für unser Land ist als alles andere, jedenfalls wichtiger, als einen Bahnhof zu vergraben, wofür Sie Geld in Hülle und Fülle in den Haushalt einstellen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl Rombach CDU: Jetzt kommt das wieder! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Würde der Bund seinen Verpflichtungen nach- kommen!)
In einer solchen Situation propagieren Sie jetzt das Betreuungsgeld. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, Herr Mappus – Sie waren damals leider nicht da; Sie haben ja dieses Thesenpapier zum Konservatismus unterschrieben, in dem CSUPositionen übernommen wurden –: Das ist die Theorie des entgangenen Gewinns, die Sie hier auf einmal propagieren. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger erhalten sozusagen ersatzweise Geld für Staatsleistungen, die sie nicht in Anspruch nehmen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein, für eine Er- ziehungsleistung, die sie zum Wohl ihrer Kinder er- bringen!)
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ein Unsinn! Das ist eine Gegenleistung für die Erziehungsleistung an ihren Kindern!)
Sie haben ja nicht gesagt, wir müssten das Kindergeld erhöhen. Der Ministerpräsident hat in der Diskussion gesagt, wie hoch die Kosten sind, nämlich mehr als 13 000 € pro Betreuungsplatz. Da haben Sie auf einmal gesagt, dass die Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen und erziehen, dafür Ersatz bekommen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein, eine Aner- kennung dafür, dass sie ihre Kinder selbst erzie- hen!)
Ein solcher Gedanke ist völlig unbezahlbar. Als Nächstes kommt derjenige, der nicht ins Theater geht – das wir auch zu 80 % subventionieren –, sondern auf den Fußballplatz, und sagt: Ich möchte eine Freikarte fürs VfB-Stadion. Derjenige, der nur Fahrrad fährt und die Straßen nicht benützt, sagt: „Her mit dem Geld!“
Wer noch nie in einer Eisenbahn gesessen ist, der sagt zu Mehdorn: „Her mit einer Freifahrkarte!“ Es ist völlig unsinnig, was Sie da aufmachen, und außerdem unbezahlbar.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Ste- fan Scheffold CDU: Nehmen Sie sich einmal nicht so wichtig!)
Den Gedanken des entgangenen Gewinns habe ich bisher übrigens eher bei der PDS und bei der Linken angesiedelt als bei Ihnen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bei denen sind die Kinder auch verstaat- licht!)
Dieser Gedanke führt zum Ruin der Staatsfinanzen, um Ihnen das einmal ganz deutlich zu sagen. Deswegen sollten Sie davon Abstand nehmen. Denn wir sehen alle: Es ist schon anstrengend genug, diese 30 % Betriebskostenzuschüsse, die die Kommunen unbedingt brauchen, zu erbringen. Sonst können sie das Programm nicht schnell genug umsetzen und den Rechtsanspruch, den wir formulieren, nicht einlösen. Was Sie zusätzlich finanzieren wollen, das ist völlig jenseits der Möglichkeiten, die wir haben, und auch unsinnig, wie die Kollegin Lösch bereits gesagt hat. Damit geben Sie sozial schwachen Familien sozusagen eine Prämie dafür, dass sie ihre Kinder nicht in Kinderbetreuungseinrichtungen schicken.
Wenn Sie etwas unterlassen wollen, dann empfehle ich Ihnen, in der jetzigen Zeit von einer Kindergartenpflicht Abstand zu nehmen. Wenn Sie nämlich eine Kindergartenpflicht einführen – obwohl 96 % der Kinder den Kindergarten schon besuchen –, dann müssen Sie den Kindergartenbesuch von Gebühren freistellen. Ich finde, zurzeit müssen wir in eine Verbesserung der Qualität investieren, anstatt einfach der ganzen Bevölkerung die Kindergartenbeiträge zu ersparen. Wenn die
Kommunen Kindergartengebühren senken bzw. sozial staffeln, ist dies genau das, was wir brauchen, und das genügt völlig.
Herr Ministerpräsident, ich fand es etwas verräterisch, zu argumentieren: „Es kommt das Programm des Bundes. Dann handeln wir.“ Wenn man hier groß das „Kinderland“ BadenWürttemberg verkündet, muss man selbst handeln. Die Stunde hat nun endlich geschlagen, und Sie müssen die Karten auf den Tisch legen. Eine Beteiligung in Höhe von 30 % an den Betreuungskosten für Kinder unter drei Jahren – das ist die Pflicht des Landes, die es zu erfüllen gilt, damit die Kommunen in dieser Richtung aktiv werden können.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Über das Betreuungsgeld – da sind wir uns einig – verhandeln wir gerade nicht mit den Kommunen, sondern das zahlt, wenn überhaupt, der Bund. Deswegen will ich auf die eigentlichen Themen zurückkommen.
In der ersten Runde habe ich hauptsächlich über die Investitionskostenförderung gesprochen. Jetzt geht es um ein Thema, bei dem uns die Kommunen zu Recht sagen: „Ihr gebt uns Geld zum Ausbau, aber dann lasst ihr uns bei den Betriebskos ten womöglich hängen!“ Deswegen ist die Förderung der Betriebskosten ein vorrangiges Thema, und wir haben allen Beteiligten erklärt, dass wir durchaus bereit und in der Lage sind, uns künftig auch an den höheren Betriebskosten zu beteiligen. Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin einfach einmal zitieren:
Die Länder werden durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass die … Mittel … zur Verfügung gestellt werden. Die Länder werden ebenfalls finanzielle Voraus setzungen dafür schaffen, dass die vereinbarten Ziele er reicht werden.
Das heißt eben nicht, Frau Kollegin Vogt, dass wir gesetzlich in irgendeiner Form festgelegt wären, weil nämlich die Finanzbeziehungen zwischen Kommunen und Land von Land zu Land durchaus unterschiedlich geregelt sind. Man muss immer aufpassen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht.
Um aber jetzt ein klares Signal zu geben, erkläre ich: Wir stehen zu dieser Drittelfinanzierung – auch das habe ich hier mehrfach gesagt –: ein Drittel durch das Land,