Protocol of the Session on December 18, 2007

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Schwerer Fehler!)

Wir werden dazu genötigt, damit der Bund überhaupt seinen Aufgaben nachkommt. An anderen Stellen, wo der Bund nicht zuständig ist, gibt er uns Geld. Das ist ja schön. Aber wäre es nicht sinnvoller, wenn er seine Aufgaben mit eigenen Mitteln finanzieren würde

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Es ordentlich machen würde!)

und uns das notwendige Geld lassen würde, damit wir zusammen mit den Kommunen unsere Aufgaben erledigen könn ten?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Oswald Metzger (fraktionslos) – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig!)

Das zieht sich ja nahtlos durch alle Bereiche. Jetzt sollen noch an vielen Stellen die unterschiedlichsten Töpfe bis hin zu Suppentöpfen herangezogen werden, mit hohem bürokratischem Aufwand. Hierzu sage ich einfach: Das Hirn muss schon noch eingeschaltet bleiben.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Wenn es denn vorhanden ist!)

Wir müssen nach Möglichkeiten und Lösungen suchen, bei denen jede Ebene der Aufgabe, die ihr gesetzlich zugewiesen ist, ordentlich nachkommen kann. Dazu wollen wir gemeinsam kommen.

Wir müssen überlegen, ob wir bei der Investitionskostenförderung zusammen mit den Kommunen noch einmal genau nachrechnen. Denn das, was der Bund auf die sechs Jahre anbietet, ist natürlich keine Drittelförderung. Trotzdem wollen wir darauf achten, dass nicht wie etwa beim IZBB-Programm Mitnahmeeffekte im Windhundverfahren produziert werden; darüber sind wir uns einig.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das Windhundverfahren haben doch Sie festgelegt! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wer hat denn das gemacht?)

Über die Kriterien sind wir uns doch einig. Wir hätten das vielleicht schon beim letzten Mal definitiv vereinbaren können. Aber es steht ja noch offen, inwiefern man, wenn man an anderer Stelle, bei den Betriebskosten, miteinander zu Potte kommt, auch über die Investitionskostenförderung noch einmal redet. Man muss ja in Verhandlungen immer für alle denkbaren Optionen offen sein.

Jedenfalls zeigt mir diese ganze Debatte, dass in diesem Zuständigkeitswirrwarr letztendlich wieder einmal die Eltern und ihre Kinder die Dummen sind, weil man sich hier genötigt fühlt, ständig über die unterschiedlichen Zuständigkeiten zu diskutieren, anstatt ein für allemal klare Verhältnisse zu schaffen.

(Abg. Ute Vogt SPD: Weil Sie nicht zu Potte kom- men!)

Trotz dieses Wirrwarrs darf ich Ihnen zusagen, dass wir selbstverständlich bereit sind, gemeinsam mit Ihnen unter dem Aspekt, wer rechtlich wofür zuständig ist, noch einmal Überlegungen anzustellen und zu fragen, wo wir freiwillig auch ein Stück weit mehr Landesgeld bereitstellen sollten. So werden wir auch in die weiteren Verhandlungen gehen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Marianne Wonnay SPD: Das war jetzt eine schöne Pirouette!)

Das Wort erteile ich dem Herrn Ministerpräsidenten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und meine Herren! Bildung, Erziehung und Betreuung bleiben Schwerpunkte der Landespolitik. Für Kleinstkinder, für Kinder, für Jugendliche und Heran

wachsende und deren Vorbereitung auf das Leben, auf Demokratie, staatsbürgerliche Pflichten und Arbeitsmarkt werden wir auch in Zukunft in Baden-Württemberg alles, was möglich ist, tun. Dabei haben wir Partner: die Kommunen, die freien Träger, die Kirchen. Wir halten unsere Vereinbarungen mit ihnen ein und bleiben fair.

Zuletzt haben wir im November des Jahres 2005 eine gründlich vorbereitete Vereinbarung abgeschlossen. In dieser Vereinbarung war alles geregelt: Betreuung der Ein- und Zweijährigen, Kindergarten, Schulreife, der Orientierungsplan, die Halbtagsschule, die Ganztagsschule und wer welche Aufgabe und Ausgabe zu leisten hat.

Die Kommunen in Baden-Württemberg können sich nicht beschweren. Im Gegenteil, die finanziellen Grundlagen der Kommunen in Baden-Württemberg sind besser als in jedem anderen deutschen Land. Dies weiß Herr Gläser – er sitzt auf der Zuhörertribüne –, dies kann auch Herr Aker nachrechnen. Den Kommunen in Baden-Württemberg begegnet das Land in fairer Partnerschaft, weswegen die Kommunen in diesem Land stets handlungsfähig waren und gerade auch im Bereich Betreuung, Erziehung und Bildung handlungsfähiger Partner für das Land Baden-Württemberg sind.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Noch im Jahr 2004 hatten wir für die Ein- und Zweijährigen in Baden-Württemberg auf 100 Kinder nur vier Betreuungsplätze. Bezogen auf Kinderkrippen, altersgemischte Kindergruppen und Tagesmütter gab es für vier von 100 der Ein- bis Zweijährigen ein Angebot. Dies hat mein Amtsvorgänger als einen ausbaubedürftigen Schwerpunkt erkannt. Deswegen haben wir – weitgehend in kommunaler Trägerschaft – in nur vier Jahren die Zahl der Betreuungsplätze von einstmals vier auf zwölf Plätze pro 100 Kinder erhöht.

Wir haben beim Umbau unseres Landeserziehungsgelds einen Teil der Beträge verlagert, damit das Land Baden-Würt temberg mit 10 % der Vollkostenförderung auch in den nächs ten Jahren ein freiwilliger Partner der Kommunen und freien Träger bleibt.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Ein „freiwilliger Partner“ der Kommunen? – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: Was sagen denn die Bürgermeister wohl dazu?)

Jetzt kommt das Programm des Bundes, und deswegen handeln wir. Kaum war es beschlossen, haben wir den Städtetag, den Gemeindetag sowie den Landkreistag am 10. Dezember dieses Jahres zu einem Gespräch zu uns eingeladen. Wir haben dabei vereinbart, das Gespräch fortzuführen, und zwar am kommenden Freitag. Das heißt, wir sind intensiv an einer fairen Weiterentwicklung dieser Vereinbarungen interessiert.

Wir gehen davon aus, dass in Baden-Württemberg mittelfris tig ein Bedarf von 35 Plätzen pro 100 Kinder besteht. Aber eines ist mir hier entscheidend wichtig: Wir legen auf Wahlfreiheit der Eltern großen Wert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Christine Ru- dolf: Wo ist denn eine Wahlfreiheit?)

Wir legen Wert darauf, dass, wenn der Bedarf in einer Stadt bei 60 % liegt – –

(Abg. Norbert Zeller SPD: Wenn keine Plätze da sind, können sie nicht wählen! – Gegenruf der Abg. Carla Bregenzer SPD: Genau das ist eben das Problem in Baden-Württemberg! – Gegenruf des Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Nicht maulen, zuhören! – Zuruf von der CDU: Nur nicht so nervös werden! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Wir legen Wert darauf, dass die Mutter und der Vater entscheiden können, ob ein Kleinkind mit einem oder zwei Jahren zu Hause betreut und erzogen wird

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

oder aber ob Bedarf nach einem Platz in einer Kinderkrippe besteht. Und auf eben diesen Bedarf hin bauen wir die Plätze in Stadt und Land in Baden-Württemberg flächendeckend aus.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind doch nicht in Sparta!)

Wir gehen davon aus, dass der Bedarf nicht in jeder Gemeinde gleich groß ist. In Heidelberg, Mannheim, Stuttgart oder Tübingen liegt er möglicherweise bei bis zu 60 %, in ländlichen Gemeinden jedoch vielleicht nur bei 20 %.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Deswegen gehen wir bei dieser Aufgabe an Nachfrage und Bedarf orientiert heran und sagen den Kommunen hiermit zu, dass wir bei der Aufgabe und der Finanzierung ein fairer Partner sind. Das Land Baden-Württemberg wird sich nicht lumpen lassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Im nächsten Jahr bezahlt der Bund für den laufenden Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen noch überhaupt nichts. Er beginnt mit seinen Zuschüssen im Rahmen der Landesförderung erst 2009. Wir bekommen für den Betrieb dieser Krippenplätze und anderer Einrichtungen im Jahr 2009 erstmals 13 Millionen €, und dieser Betrag baut sich bis zum Jahr 2014 auf knapp 100 Millionen € auf, die dann auf Dauer pro Jahr vom Bund nach Baden-Württemberg fließen. Das beginnt, wie gesagt, im Jahr 2009; hier besteht also noch überhaupt kein Eilbedarf.

Eilbedürftiger ist das Thema Investitionsförderung, für die der Bund über sechs Jahre hinweg jährlich 50 Millionen € nach Baden-Württemberg gibt. Ich kann Ihnen sagen: Von diesem Geld geht kein Euro verloren.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das wäre ja auch noch schöner! – Weitere Zurufe und Unruhe)

Zu der Frage der investiven Förderung werden wir alsbald eine Einigung finden, die in den derzeitigen Verhandlungen intensiv angestrebt wird und auch bald getroffen werden kann.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Wie hoch ist denn der Landesanteil? – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Nun kommt das Thema Rechtsanspruch. Dieser Rechtsanspruch, der mit dem Jahr 2013/2014 einsetzen wird, bedeutet, dass jede Mutter und jeder Vater entscheiden kann und dass das Kind auch in seiner unmittelbaren Umgebung einen Platz bekommt. Bei diesem Thema handeln wir im Interesse der Kommunen, die uns z. B. bitten, dass der Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippenplatz nicht dem auf einen Kindergartenplatz gleichen darf, sondern dass eine Stichtagsregelung – entweder halbjährlich oder jährlich – hineinkommt.

Denn klar ist doch Folgendes: Als der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz vor elf Jahren kam, hatten wir einen Ausbaustandard von knapp 90 %. Da haben die Kommunen dann eben auf knapp 100 % erhöht. Bei der jetzigen Frage, wie stark der bevorstehende Rechtsanspruch wirken wird, sind die Kommunen in einer großen Unsicherheit. Deswegen muss man hier kommunalfreundlich handeln und beispielsweise eine Meldefrist und anderes mehr einbauen. Dafür kämpfen wir. Die Kommunen wissen, dass wir in Berlin ihre Partner für einen handhabbaren Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippenplatz sind.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Unterstellt, dass von 100 Kleinstkindern 35 in eine Kinderkrippe, zu einer Tagesmutter oder in eine altersgemischte Gruppe gehen, bleiben noch immer 65 Kinder daheim. Dies begrüße ich ausdrücklich. Ich finde es nicht schlecht, sondern gut, wenn Eltern in ihrer Mehrheit auch in Zukunft für die Betreuung und Erziehung von Ein- und von Zweijährigen ehrenamtlich und mit vollem Engagement verantwortlich sind.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Ehren- amtlich?)

Hier wird das Thema Herdprämie genannt. Wunderbar!

(Unruhe bei der SPD – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Herdprämie, was für ein Begriff!

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das bedeutet genau das, was es heißt!)