Protocol of the Session on November 29, 2007

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Minister Willi Stächele: Ein reiner Showantrag!)

Meine Damen und Herren, das müssen Sie uns nicht sagen. Eine gute Verkehrspolitik ist wesentlicher Bestandteil einer zukunftsfähigen Standortpolitik. Für unsere exportorientierte Wirtschaft und die Mobilität der Menschen in Baden-Würt temberg ist ein effizientes Verkehrssystem mit einem leis tungsfähigen und modernen Schienennetz von kaum zu unterschätzender Bedeutung. Dies hat die Landesregierung in all ihren Äußerungen und dies habe auch ich immer wieder betont.

Für die Landesregierung – das ist die logische Konsequenz – war es daher außerordentlich wichtig, die Weichen für die Realisierung von Baden-Württemberg 21, also der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm mit Stuttgart 21, zu stellen. Die Realisierungsentscheidung ist am 19. Juli getroffen worden. Wir sind einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Die Einbindung Baden-Württembergs in dieses europäische Hochgeschwindigkeitsnetz und die Anbindung des Landesflughafens sowie die Anbindung der Landesmesse an das Fernverkehrsnetz werden damit sichergestellt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: In Ulm!)

Ich will ausdrücklich betonen, dass sich die Landesregierung dabei auf eine parteiübergreifende Allianz – mit Ausnahme der Grünen – stützt. Herr Kollege Wölfle, da sind die Grünen eben nicht „alte Schienenpartei“ gewesen. Sie haben alt ausgesehen, das ist wahr. Grüne gegen Schiene, das macht sich immer ein bisschen schräg in der Landschaft. Da stehen Sie auf dem Abstellgleis, kurz vor dem Prellbock.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Heiterkeit der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Sie stehen auf dem Ab- stellgleis! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ- NE)

Wenn Sie den Zug in die umgekehrte Richtung bewegen, ist es gut. Wir begrüßen dies.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jedenfalls hat unser Ministerpräsident in der Regierungserklärung vom 25. Juli ausdrücklich erklärt, dass die Rheintalstrecke in der gleichen Liga spielt und für uns genauso wichtig ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Genau! Jawohl! – Minister Willi Stächele: Das kann man 50- mal sagen! Die wollen nicht hören!)

Wir legen unser Augenmerk in gleicher Weise auf die NordSüd-Verbindung. Der zügige Ausbau der Rheintalbahn ist ein zentrales verkehrspolitisches Anliegen der Landesregierung. Die Vorteile dieser Strecke muss ich Ihnen nicht nennen. Die Reisetransportzeiten werden verkürzt; Kapazitätsengpässe im Fern-, Nah- und Güterverkehr werden beseitigt. Wir haben deshalb – weil ich „zügig“ sage – beim Regierungspräsidium Freiburg zusätzliche Planungskapazitäten geschaffen, um einen zügigen Ausbau und Ablauf der Planfeststellungsverfahren zu gewährleisten. Das Regierungspräsidium Freiburg – auch dies will ich hier sagen – leistet als Anhörungsbehörde eine ganz hervorragende Arbeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Allerdings stoßen die Planungen der Bahn vor allem wegen des Lärmschutzes – dies wurde hier gesagt – und wegen der Trassierung auf große Widerstände. Dem Regierungspräsidium Freiburg, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen gegenwärtig schon ca. 30 000 Einwendungen vor. Die Landesregierung hat gegenüber der Bahn und dem Bund wiederholt – ich wiederhole dies auch heute – eine Planung gefordert, die in gebotener Weise Rücksicht auf Mensch und Umwelt nimmt. Dazu gehört vor allem ein wirksamer Lärmschutz.

In diesem Zusammenhang will ich mich ausdrücklich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Bund und im Land bedanken, die in dieser Sache aktiv geworden sind und die Forderungen der Landesregierung in Berlin nachdrücklich unterstützt haben. Dafür will ich mich ausdrücklich bedanken. Aber, Herr Kollege Wölfle – und das sage ich vor allem auch an die Adresse des Kollegen Bayer –, dazu ist natürlich auch der Bund gefordert, und dazu ist vor allem auch die nachdrückliche Vorsprache bei einem der SPD angehörenden Minister, der das Bundesverkehrsministerium in Berlin führt, beim Kollegen Tiefensee, erforderlich.

Ich bin mir nicht sicher – überlegen Sie das einmal, Herr Kollege Bayer –, ob die Forderung, das Land müsse sich mit Finanzmitteln beteiligen, sehr hilfreich ist

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

oder ob die Erhebung einer solchen Forderung die Position des Landes nicht eher schwächt als stärkt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Haben Sie aus Stuttgart 21 gelernt? – Zuruf: Genau!)

Stuttgart 21, Herr Kollege Wölfle, ist ein singuläres Projekt, das in dieser Form mit anderen Vorhaben nicht verglichen werden kann. Das sieht auch der Kollege Tiefensee in Berlin so. Stuttgart 21 steht eben nicht mit konkreter Streckenführung im Bundesverkehrswegeplan. Das ist der Unterschied zu der Strecke, über die wir heute reden.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Stuttgart 21 ist keine Aufgabe des Bundes, um dies einmal ganz deutlich zu sagen,

(Abg. Ute Vogt SPD: Bei Langstrecken aber schon!)

und nicht vergleichbar mit dem, was wir hier machen. Stuttgart 21 ist eine Aufgabe der Bahn. Wir kommen nachher noch darauf zurück.

Meine Damen und Herren, um zu Lösungen zu kommen, hat das Kabinett die Einsetzung einer Projektarbeitsgruppe unter meiner Leitung beschlossen, die die entsprechenden politischen Gespräche mit dem Bund und der Bahn vorbereiten wird. Wir müssen beim Bund und bei der Bahn die Bereitschaft erhöhen, sich mit Alternativplanungen auseinanderzusetzen und auch zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen, um überhaupt erst eine akzeptable und damit auch realisierungsfähige Planung zu erreichen.

Als Auftakt und als Informationsbasis für die Arbeit der Projektarbeitsgruppe werde ich am 14. Dezember 2007, also im kommenden Monat, in Freiburg eine ganztägige Anhörung durchführen. Ich will mir ein genaues Bild von der Situation und von der Interessenlage vor Ort machen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir haben das schon!)

Mein Ziel ist es – dies sage ich auch an die betroffenen Bürgermeister und die Initiativen gerichtet, die es dazu gibt; das muss unser gemeinsames Ziel sein –, ein geschlossenes und konzentriertes und damit hoffentlich auch ein erfolgreiches Auftreten gegenüber dem Bund und der Bahn zu organisieren. Darin sehe ich meine Aufgabe.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Ich darf auch daran erinnern, dass das Regierungspräsidium Freiburg ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, um die Anzahl der künftig zwischen Offenburg und Basel verkehrenden Züge zu ermitteln. Mit dem Gutachten wird die vorliegende Prognose aus dem Bundesverkehrswegeplan für das Jahr 2015 um zehn Jahre auf das Jahr 2025 verlängert. Damit haben wir einer zentralen Forderung der Region entsprochen. Die Ergebnisse des Gutachtens, die uns derzeit noch nicht vorliegen, werden in die laufenden Planfeststellungsverfahren einfließen.

Zu guter Letzt will ich noch auf die europäische und internationale Dimension der Rheintalschiene hinweisen. EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot hat gerade erst in der vergangenen Woche vorgeschlagen, den Ausbau der Strecke Karlsruhe–Basel mit dem in Bau befindlichen Katzenbergtunnel im Zeitraum von 2007 bis 2013 mit immerhin 94,5 Millionen € aus EU-Mitteln zu fördern. Schließlich ist die Strecke ein Teil des vorrangigen Vorhabens Nr. 24 des transeuropäischen Verkehrsnetzes, nämlich der Eisenbahnachse Lyon– Genua–Basel–Duisburg–Rotterdam–Antwerpen.

Wir wollen möglichst viel alpenquerenden Güterschwerverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Darin sind wir uns ja alle einig. Das ist unser gemeinsames Verständnis von nachhaltiger Verkehrspolitik in Deutschland und der Schweiz. Dafür unternehmen unsere Nachbarn erhebliche Anstrengungen. Für 18 Milliarden Franken baut die Schweiz die NEAT, also die Neue Eisenbahn-Alpentransversale. Am 25. Juni 2007 wurde mit dem Lötschberg-Basistunnel der ers te Teil der NEAT in Betrieb genommen. Der Vollbetrieb am Lötschberg ist schon mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2007, also in wenigen Tagen, geplant.

Der Bund, meine Damen und Herren – der Bund! –, hat sich gegenüber der Schweiz in der Vereinbarung von Lugano aus dem Jahr 1996 – Sie kennen dies alle – zum durchgehenden viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn verpflichtet,

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Schritt haltend mit der Verkehrsnachfrage und abgestimmt auf den NEAT-Ausbau.

Für den Gotthard-Basistunnel wird die kommerzielle Inbetriebnahme nach dem letzten Sachstandsbericht der NEAT auf Dezember 2017 prognostiziert. Bis dahin müsste auch der Aus- und Neubau der Rheintalstrecke zumindest im Wesentlichen abgeschlossen sein. Das ist ein sehr anspruchsvolles und ein sehr ehrgeiziges Ziel. Das Jahr 2017 lässt nicht mehr so arg lange auf sich warten.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das weiß man ja schon seit Jahren!)

Und das weiß man schon seit Jahren. Sie haben völlig recht, Frau Kollegin Berroth.

Sie sehen, meine Damen und Herren: Die Landesregierung benötigt keine Nachhilfe. Wir sehen die Bedeutung der Rheintalbahn und nehmen die erforderlichen Schritte zügig in Angriff. Ich sage es noch einmal: Mein Ziel und mein Ehrgeiz ist, dass wir eine gemeinsame, abgestimmte Linie zustande bringen, die zuallererst natürlich den Vorstoß gegenüber dem Bund ermöglicht und ihm dann auch eine gewisse Erfolgsaussicht beimisst. Dazu werden wir noch viele interne Gespräche führen müssen, damit wir da eine gemeinsame, gerade Linie finden. Wenn dies gelingt, werden wir – davon bin ich überzeugt – gute Chancen haben, unsere Ziele auch zu erreichen. Die Ziele habe ich formuliert.

Die Landesregierung nimmt die Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner der beteiligten Städte und Gemeinden der ganzen Region sehr, sehr ernst. Deshalb kann ich nur an Sie appellieren, meine Kollegen von der Opposition: Ziehen Sie mit uns am gleichen Strang

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und in die gleiche Richtung!)

und in die gleiche Richtung –, und lassen Sie nicht zu, dass man uns da auseinanderdividiert; denn in Berlin haben Sie mit dem Ihrer Partei angehörenden Bundesverkehrsminister einen Mann an einer entscheidenden Stelle sitzen.

Deswegen, Herr Kollege Bayer, noch einmal meine Bitte – ich bitte Sie darum; das ist jetzt keine aggressive Forderung –: Unterlassen Sie, wenn es geht, Forderungen nach finanzieller Beteiligung des Landes, die die Position des Landes schwächen und nicht stärken!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst muss man vielleicht auch herausstellen, dass die Bürgerinitiativen und die Kommunen in diesem gesamten Prozess eine hervorragende und qualifizierte Arbeit geleistet und uns damit überhaupt erst in die Lage versetzt haben, uns in dieser Art und Weise politisch mit der Planung auseinanderzusetzen. Das will ich am Anfang dieser Debatte einmal sagen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Ohne dieses Engagement wäre das ja so überhaupt nicht möglich gewesen.

Jetzt reden wir einmal ganz kurz über Folgendes, weil Sie sich so gelobt haben, Herr Minister – dann schließen wir den Streitteil ab –: Im Februar hat der Repräsentant der Regierung in einer Innenausschusssitzung zu unserem Antrag, die Regierung solle mehr tun, Folgendes gesagt – der Herr Staatssekretär hat heute Geburtstag; ich gratuliere ihm noch, aber jetzt muss ich das leider schon sagen –:

Der Staatssekretär im Innenministerium führte aus, das Projekt Stuttgart 21 werde im Wesentlichen eine Baumaßnahme des Landes,

diese Behauptung ist völlig falsch; darauf komme ich nachher noch –