Meine Damen und Herren, unser Land ist stolz auf seine Unternehmen, insbesondere auf seine Familienunternehmen. Aber auch diese werden durch die Beschlüsse der Koch/Steinbrück-Arbeitsgruppe stark und über Gebühr belastet. Für die Bewertung des Betriebsvermögens von Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist künftig der sogenannte gemeine Wert maßgeblich. Völlig unklar ist, was der gemeine Wert überhaupt bedeutet. Darüber steht nichts in dem Ergebnispapier. Um allerdings nach außen den Anschein zu erwecken, man wolle die Unternehmen tatsächlich von der Erbschaftsteuer befreien, soll ein hoch kompliziertes, modifiziertes Abschmelzungsmodell eingeführt werden.
Aber nicht in dieser Komplexität. – Im ersten Schritt soll danach geprüft werden, ob es sich um begünstigtes Betriebsvermögen handelt. Wird diese Frage bejaht, soll in einem zweiten Schritt ein Abschlag in Höhe von 85 % vorgenommen werden. 15 % sollen in vollem Umfang besteuert werden, 85 % sollen begünstigtes Vermögen sein, und zwar nur dann, wenn der Unternehmer das Unternehmen über einen Zeitraum von sage und schreibe 15 Jahren im Wesentlichen erhält und außerdem in den nächsten zehn Jahren 70 % der durchschnittlichen Lohnsumme der letzten fünf Jahre nicht unterschreitet.
Diese Regelung, meine Damen und Herren, wird mit Sicherheit keine neuen Arbeitsplätze schaffen oder alte erhalten. Sie ist auch ein bürokratisches Monstrum. Die Unternehmen werden meines Erachtens mit einem unkalkulierbaren, erheblichen bürokratischen Aufwand belastet. Das gilt ebenso für die Finanzämter, die ständig überprüfen müssen, ob man nicht unter die 70-%-Hürde fällt.
Völlig unklar ist bis heute auch, ob die niedrige Lohnsumme zur Folge hat, dass die Erbschaftsteuer anfällt, wenn der Er
Lassen Sie einmal Ihre Fantasie walten. Stellen Sie sich einmal vor: Wir haben ein Reiseunternehmen, und wir haben einen zweiten 11. September.
Die Buchungen gehen zurück, das Reiseunternehmen muss Mitarbeiter entlassen, die Lohnsumme sinkt unter 70 %. Muss der Unternehmer nun Erbschaftsteuer bezahlen, oder wie sieht es aus? Wird er durch solche Vorkommnisse zusätzlich bestraft, oder was soll passieren? Ich denke, dass solche Regelungen nicht Gesetz werden dürfen.
Die Lohnsummenklausel wird auch die Unternehmer bei frühzeitigen Betriebsübergaben dazu veranlassen, die Lohnsumme durch Entlassungen vorzeitig zu senken. Auch dies führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Arbeitsplätzen.
Bei der Besteuerung des Grundvermögens soll künftig der tatsächliche Wert, der gemeine Wert, zugrunde gelegt werden. Wir wissen allerdings bis heute nicht, was der gemeine Wert sein soll. Auch hier besteht Unklarheit – Fehlanzeige!
Nach internen Berechnungen der Finanzverwaltung sollen die neuen Bewertungsvorschriften zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage um 66 % führen. Das heißt auch hier wieder: Erhöhung der Steuern. Problematisch ist dies insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg in besonders guten Grundstückslagen.
Besonders belastet werden sollen auch die Erben der bisherigen Steuerklassen II und III, meine Damen und Herren. Das sind die Eltern und die Geschwister. Die Steuerklassen II und III sollen zusammengefasst werden. Der neue Eingangssteuersatz soll gegenüber bisher 12 % bzw. 17 % auf 30 % erhöht werden.
ich komme gleich zum Ende – gelten bereits heute als die großen Verlierer der Erbschaftsteuerreform.
Steinbrück scheint dies nicht weiter zu tangieren. Vor der SPD-Bundestagsfraktion hat er kürzlich eingeladenen Familienunternehmern gesagt – ich zitiere –:
Finden Sie in der Steuerklasse III einen, den Sie adoptieren. Das ist ein kostenloser Ratschlag von mir.
Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister hat wohl gar nicht gemerkt, dass er möglicherweise zu einer Steuerhinterziehung angestiftet hat.
Ich komme zum Ende. Die bisherigen Vorschläge der Arbeitsgruppe Koch/Steinbrück sind für Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg von Nachteil und führen zu erheblichen Steuererhöhungen. Die Unternehmensbesteuerung ist zu kompliziert und zu bürokratisch sowie mit unkalkulierbaren Unsicherheiten behaftet. Die Nachteile überwiegen die Vorteile bei Weitem.
Ich fordere, den Reformvorschlag abzulehnen und die Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaft- und die Schenkungsteuer auf die Länder zu übertragen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im November des Jahres 2007, also jetzt, kann kein Zweifel bestehen: Baden-Württemberg steht als Bundesland ganz hervorragend da. Das belegt unsere Politik, die Politik von CDU und FDP/DVP. Das belegen alle Zahlen und Vergleiche eindrucksvoll. Baden-Württemberg hat eine minimale Arbeitslosenquote von 4,3 %.
(Unruhe bei der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Egal, wie das Thema heißt, immer dasselbe! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie haben das Thema ver- wechselt, Herr Kollege!)
Das bedeutet, dass in vielen Regionen weniger Arbeitslosigkeit, dafür umso mehr ein großer Facharbeitermangel besteht. Das sind Ausgangsbedingungen, die Baden-Württemberg Zukunftschancen eröffnen. Baden-Württemberg ist in Bewegung, und wir haben hervorragende Bedingungen, um diese Ausgangslage noch zu verbessern.
Selbstverständlich bleiben Risiken, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es sind eigene Risiken, die wir in der Landespolitik zu vertreten und zu überprüfen haben. Da gilt es zu vermeiden, dass ein Mangel an Haushaltsdisziplin – das haben wir in der Vergangenheit schon erlebt – eintritt.
Aber vor allem bleiben die Risiken, die wir aus der Bundespolitik haben. Der Haushalt, die Steuereinnahmen der Bundesländer, die Steuereinnahmen auch unseres Bundeslandes hängen maßgeblich von bundespolitischen Rahmenbedingungen ab. Ich denke beispielsweise mit Schrecken an das Jahr 2001, als das Körperschaftsteueraufkommen von 30 Milliarden € im Jahr 2000 auf eine Minuszahl eingebrochen ist,
weil wir Körperschaftsteuer erstatten mussten, was auch maßgeblichen Einfluss auf die Einnahmen unseres Bundeslandes hatte. Deshalb spielt es schon eine Rolle, dass die Erbschaftsteuer, die eine Ländersteuer ist, deren Aufkommen dem Bundesland Baden-Württemberg genauso wie allen anderen Bundesländern zusteht, stabil bleibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, dass das, was die Große Koalition – die Bundesregierung mit Angela Merkel und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter Führung von Volker Kauder – als Entwurf vorgelegt hat, dieser Frage standhält
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Oh! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Brauchen wir ei- nen Sanitäter?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben drei große Ziele. Das erste Ziel: Es muss ein stabiles Ertragsaufkommen vorhanden sein. Nach der bisher geltenden Erbschaftsteuer betrug es jährlich 4 Milliarden €, und nach allen Prognosen, die wir zu dem jetzt vorliegenden Entwurf haben, wird das Ertragsaufkommen wiederum bei 4 Milliarden € liegen. Ich glaube, es ist eine gute Ausgangsposition für unser Bundesland, dass der Haushalt die entsprechenden Einnahmen erhalten wird, die er benötigt.
Ein zweites wichtiges Ziel: In einem Bundesland wie BadenWürttemberg – in dem die Menschen sparen, Grundvermögen bilden, Häuser bauen und weitervererben wollen – ist es wichtig, die Rahmenbedingungen für die Erbschaftsteuer so zu gestalten, dass Grundvermögen steuerfrei übertragen werden kann. Ich glaube, dass auch dafür der vorliegende Entwurf gute Grundlagen enthält. Die Freibeträge sind erheblich.
Bei dieser Gelegenheit, Herr Kollege Kretschmann: Ich habe einmal einen Antrag hervorgezogen, den die Grünen im Deutschen Bundestag im Jahr 2006 eingebracht hatten. Darin fordern sie: Die Freibeträge sind abhängig vom Verwandtschaftsgrad beizubehalten bei 307 000 € pro Ehegatte, 200 000 € für jedes Kind und 51 000 € pro Enkelkind. Wenn ich mir die jetzigen Freibeträge ansehe – Ehegatten 500 000 €, Kinder 400 000 €, Enkel 200 000 € –, dann muss ich feststellen, dass wir sogar erheblich über den Beträgen, die Sie gefordert haben, liegen. Das trägt maßgeblich dazu bei, dass das Grundvermögen auch in der Zukunft steuerfrei übertragen werden kann, und das ist gut so, meine sehr verehrten Damen und Her ren.
Ein drittes und wesentliches Ziel für uns ist, dass die Betriebsnachfolge erfolgreich gestaltet werden kann. Das Betriebsvermögen muss auf die nächste Generation oder auf die Betriebsübernehmer übertragen werden können, ohne dass wesentlich Erbschaftsteuer anfällt,
damit der Betrieb effektiv weiter wirtschaften kann. Ich glaube, dass dafür in diesem Entwurf eine gute Grundlage geschaffen worden ist. Man hat pauschal festgelegt, das Betriebsvermögen in produktives und unproduktives Vermögen zu trennen, also hier eine pauschale Aufteilung vorzunehmen. Das führt im Ergebnis dazu, dass Betriebsübertragungen in großen Teilen erbschaftsteuerfrei vorgenommen werden können. Das ist ein wichtiges Ergebnis für uns, meine sehr verehrten Damen und Herren – in einem Land wie Baden-Württemberg, das maßgeblich vom Mittelstand abhängt und davon, dass kleine Unternehmen Arbeitsplätze schaffen, Wirtschaftswachs tum generieren und Möglichkeiten haben, weiter zu wirtschaften.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass dieser Entwurf eine gute Grundlage ist. Aus der Sicht BadenWürttembergs hätte es in einigen Bereichen sicherlich andere Regelungen geben können, aber im Großen und Ganzen können wir mit diesem Entwurf zufrieden sein. Deswegen unterstützen wir die Vorstellungen, die die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eingebracht hat.