Protocol of the Session on November 28, 2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Richter richten – was sensibel klingt, ist auch eine sensible Sache, auch wenn es sich lediglich um dienstliche Beurteilungen handelt. Denn es prallen unterschiedliche Interessen aufeinander: zum einen die Durchsetzung des Leistungsprinzips – dieses Prinzip muss auch in unserer Justiz gelten – und zum anderen natürlich die Unabhängigkeit der Richter. Diese Gratwanderung ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sehr gut gelungen.

Auch nach den jüngsten Beratungen im Ständigen Ausschuss sind wir, die Mitglieder der CDU-Fraktion, wie bei der ersten Lesung angedeutet, der Ansicht, dass man diesem Gesetzentwurf zustimmen kann. Die einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung des Ausschusses erfordert, denke ich, auch keine allzu ausführliche weitere Rede. Ich möchte noch auf einige zentrale Elemente eingehen.

Es geht hier in erster Linie um die Reform des Beurteilungswesens der Richter und Staatsanwälte. Es soll eine Regelbeurteilung eingeführt werden, die es ermöglicht, die Richter und Staatsanwälte alle vier Jahre zu einem bestimmten Stichtag zu beurteilen. Das soll der Qualitätssicherung und natürlich auch der Chancengleichheit dienen.

Die behutsame Einführung dieser neuen Regelungen wird nachher sicher noch vom Kollegen Stickelberger, der diesem Thema auch im Ausschuss besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat, angesprochen werden. Deshalb möchte ich nur noch einen weiteren Punkt herausgreifen.

Diese Regelbeurteilung soll bis zum 50. Lebensjahr von Richtern und Staatsanwälten reichen. Wenn nun ein Richter – da nur alle vier Jahre beurteilt wird – im 46. Lebensjahr das letzte Mal beurteilt wird, scheint mir die Zeit, in der er nicht mehr in der Regelbeurteilung ist, relativ lang zu sein.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: 20 Jahre!)

Er kann zwar auf Antrag weiterhin beurteilt werden – wenn er eine andere Stelle annimmt oder für eine andere Besetzung

vorgeschlagen wird, wird er sowieso beurteilt –, aber ansons ten vom 46. Lebensjahr an quasi 20 Jahre ohne Regelbeurteilung auf einer Stelle zu bleiben, da sind wir von der CDUFraktion doch der Ansicht, dass man dieses Verfahren kritisch beobachten muss und gegebenenfalls noch einmal nachsteuern sollte.

Wir werden dem Gesetzentwurf so, wie vom Ausschuss empfohlen, zustimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr gut! Die beste Rede des Tages!)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Kollege Palm, Sie haben den wesentlichen Inhalt dieses Gesetzentwurfs noch einmal dargelegt. Dieser Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung. Auch Richter müssen sich beurteilen lassen. Sie werden nach Eignung, Befähigung und Leistung ernannt und befördert; dieses Prinzip gilt auch für Richter.

Dass Beurteilungsrichtlinien zur Beurteilung von Richtern herangezogen werden, ist in der Rechtsprechung entschieden, selbst wenn es hier und da auch einmal Kritik an Beurteilungen gibt. Das ist menschlich. Die vorgesehene Regelung ist rechtlich zulässig, und im Interesse der Effizienz der Justiz scheint sie mir auch geboten zu sein.

Wir haben Wert darauf gelegt – das ist bei den Ausschussberatungen auch noch einmal angesprochen worden –, dass Richter aller Gerichtszweige in diese neue Regelung, die eine Beurteilung nach Stichtagen vorsieht, einbezogen werden. Herr Minister, Sie haben ja dargelegt, wie das schonend geschehen soll, etwa in der Weise, dass man zunächst einmal eine kleinere Gerichtsbarkeit sozusagen probeweise heranzieht, dort das Verfahren erprobt und es dann auf die Richterschaft insgesamt überträgt. Dass man die Belastung, insbesondere für große Gerichte, dadurch abmildert, indem man zunächst Gruppen schafft und Stichtage auch nicht einheitlich festlegen muss, ist, glaube ich, ein guter Weg, um das Verfahren einerseits zu testen, andererseits aber auch bei der Schaffung einer einheitlichen Beurteilungsgrundlage voranzukommen.

Das Gesetz geht für uns in die richtige Richtung. Was Sie, Herr Kollege Palm, zum Schluss angesprochen haben, ist in der Tat ein Gesichtspunkt, der im Hinblick auf die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die ja auch für Richter gilt, durchaus beachtenswert ist. Insofern, glaube ich, sollten wir jetzt die Entwicklung abwarten und zu gegebener Zeit – auch darauf haben Sie bereits zutreffend hingewiesen – nachsteuern.

Für die SPD-Fraktion kann ich die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf erklären.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Weiter so!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oelmayer für die Fraktion GRÜNE.

(Abg. Christoph Palm CDU: Der schließt sich dem an!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum Gesetz zur Änderung des Landesrichtergesetzes kann ich gleich eingangs für unsere Fraktion Zustimmung signalisieren. Dies habe ich bereits durch mein Abstimmungsverhalten im Ausschuss und nach der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs im Plenum dargetan.

Ich darf zwei Punkte erwähnen. Zum einen würde es mich freuen – je früher dies zukünftig geschehen könnte, umso besser –, wenn wir vonseiten des Ministeriums die Anhörungsunterlagen, die immerhin doch einen stattlichen Stapel umfassen,

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

nicht erst am Vorabend der Beratungen im Plenum zugestellt bekämen, sondern vielleicht automatisch bekämen. Es wäre für uns hilfreich – denn wir müssen uns natürlich damit auseinandersetzen, womit sich auch die Betroffenen haben auseinandersetzen müssen, nämlich mit dem Gesetzentwurf –, wenn wir die Stellungnahmen der Betroffenen kennen würden.

Ich habe mir dennoch die Mühe gemacht, diese Stellungnahmen zumindest einmal kursorisch zu prüfen. Es gibt natürlich den einen oder anderen Einwand, der allerdings aus meiner Sicht letztlich nicht so durchschlagend ist, dass man sagen könnte, das jetzt vorgesehene Verfahren zur Beurteilung von Richterinnen und Richtern sowie von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten solle so nicht eintreten. Die Beurteilung führt aus Sicht unserer Fraktion tatsächlich zunächst einmal zu Chancengleichheit und bildet eine objektive Grundlage für die Entscheidung über mögliche Abordnungen oder Beförderungen und überhaupt für personalpolitische Maßnahmen innerhalb der Justiz. Gleichzeitig ist sie Grundlage für eine Leis tungsbewertung, wie sie natürlich auch Vertreter der Justiz über sich ergehen lassen müssen.

Insofern sind wir trotz der Gemengelage, die auch Kollege Palm gerade aufgezeigt hat – auf der einen Seite steht die richterliche Unabhängigkeit, und auf der anderen Seite steht die Tatsache der Beurteilung –, überzeugt, dass diese Beurteilung sinnvoll ist. Bei dieser Gemengelage würden wir das Gewicht zugunsten der Chancengleichheit verlagern und sagen daher: Auch wir als Fraktion GRÜNE stimmen diesem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck für die Fraktion der FDP/DVP.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt aber so, dass man es versteht! – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Jetzt kommen wir doch zur Privatisierung!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Justiz unseres Landes erfüllt ihre Auf

gaben sehr gut. Deswegen braucht kein Richter und kein Staatsanwalt eine Beurteilung zu scheuen. Wir finden es also richtig, dass wir nun diese Stichtagsregelung einführen. Kollege Dr. Wetzel hat ja schon bei der Ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs für die FDP/DVP-Fraktion Zustimmung signalisiert. Das kann ich heute hier bekräftigen.

Uns ist ja, wie Sie wissen, die richterliche Unabhängigkeit wichtig. Im Hinblick darauf gibt es hierbei keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn eines ist klar: Diese Beurteilung ist wichtig, weil wir die verfassungsrechtliche Vorgabe haben, wonach bei allen öffentlichen Ämtern ein chancengleicher Zugang nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu gewährleisten ist.

Das neue System der Regelbeurteilung gilt ja schon für die Landesbeamten. Insofern ist es aus Gründen der Maßstabsgerechtigkeit und der Vergleichbarkeit der Beurteilung richtig, dies auch für die Richter und die Staatsanwälte vorzusehen.

Ich brauche dazu jetzt nichts weiter auszuführen. Von den Kollegen ist hier schon alles richtig festgestellt worden. Ich möchte nur noch an die beiden anderen Dinge erinnern, die wir in diesem Zusammenhang, sozusagen in einem Aufwasch, gleich mit erledigen.

Das betrifft einmal den Zeitpunkt, zu dem sich der Präsidialrat oder der Hauptstaatsanwaltsrat mit der Beschäftigung eines Richters oder Staatsanwalts auf Probe befasst. Auch das wird hier geregelt. Künftig passen wir uns dem Deutschen Richtergesetz an, gemäß dem das nicht nach 18, sondern nach 24 Monaten erfolgt. Das ist, glaube ich, auch kein Problem, denn damit wird die Gefahr einer Fehlentscheidung geringer.

Ein weiterer Aspekt ist, dass wir der Anregung der Landtagsverwaltung folgen, die Amtszeit der richterlichen Mitglieder und des Vertreters der Rechtsanwaltschaft im Richterwahlausschuss an die für uns Abgeordnete geltende „Amtszeit“, also die Legislaturperiode, anzupassen und zu vereinheitlichen.

Fazit: Die hier vorgeschlagenen Änderungen sind gut. Sie stärken unsere Justiz und ihre Leistungsfähigkeit. Deswegen appelliere ich an Sie alle – das brauche ich aber gar nicht mehr; Sie haben das schon angekündigt –: Stimmen Sie, wie die FDP/DVP-Fraktion, frohen Herzens zu!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Professor Dr. Goll.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die Beiträge meiner Vorredner natürlich erfreut zur Kenntnis genommen. Ich habe das Gesetz bei der Einbringung ausführlich begründet. Wir haben es anschließend gemeinsam im Ständigen Ausschuss behandelt und sind dort auf Fragen und Kritik eingegangen. Es ist durchaus Flexibilität für künftige Diskussionen vorhanden, was die Altersgrenze von 50 Jahren angeht, bis zu der beurteilt wird. Man muss allerdings auch sagen: Wir haben in der Vergangenheit keine schlechten Erfahrungen damit gemacht.

Wir haben eigentlich alle wesentlichen Punkte angesprochen. Alle vier Fraktionen haben ihre Zustimmung angekündigt. Bevor jetzt eine Fraktion ihre Meinung ändert, sage ich deswegen lieber nichts mehr und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP sowie Ab- geordneten der CDU und der SPD – Abg. Katrin Alt- peter SPD: Das hat es auch noch selten gegeben!)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen nun in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/1900. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 14/2016. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Landesrichtergesetzes

Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Artikel 1 ist einstimmig angenommen.

Ich rufe auf

Artikel 2