Auch die Risiken des längeren Horizonts sind ungelöst. Stichwort Pensionslasten: Was Sie hier mit dem Pensionsfonds von
500 Millionen € machen, sieht irgendwie gut aus, hält aber schon einer überschlägigen Berechnung nicht stand. Denn es beruht auf illusionären Annahmen. Klar, wenn man davon ausgeht, dass unsere Steuereinnahmen bis zum Jahr 2030 um 5 % jährlich wachsen würden, dann wäre das alles kein Problem, dann würde es gar nichts ausmachen, wenn die Pensionslasten bis 2030 zusammen mit der Beihilfe auf 8 Milliarden € wachsen würden. Das Wachstum würde das dann zudecken. Aber das ist ja wohl eine pure Illusion, Herr Finanzminister.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Glauben Sie, das wird besser, wenn Sie die Grundsicherung einfüh- ren?)
Die 500 €, die Sie jetzt monatlich für jeden neuen Beamten in den Pensionsfonds einzahlen, reichen nicht aus. Herr Stich vom Beamtenbund hat Ihnen das vorgerechnet. Es müsste das Doppelte sein, und recht hat er. Das heißt, die Lücke bei den Pensionslasten wird weiter wachsen.
Wir hingegen haben Vorschläge gemacht – Stichwort „Reduzierung der Beihilfe bei den Pensionären“, Stichwort „Wegfall der Sonderzahlung“, die Sie jetzt sogar noch in das Grundgehalt einbauen. Das würde die Pensionslasten spürbar senken. Wir brauchen einfach eine Anpassung der Beihilfen an das Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherung. Aber da ist natürlich Ministerpräsident Oettinger, der niemandem wehtun will, vor der Beamtenlobby eingeknickt.
Ich sage Ihnen, das sind Maßnahmen für eine zukünftige, nachhaltige Finanzplanung bei den Beamten. Dazu haben wir nichts gehört. Herr Oettinger ist halt ein Schönwetterkapitän. Wenn es etwas zu verteilen gibt, sieht man ihn schön auf der Brücke. Aber wenn es darum geht, auch einmal durch schwere See zu fahren und der Mannschaft unangenehme Wahrheiten zu sagen, dann ist er halt unter Deck.
Er liebt natürlich bekannterweise teure Prestigeprojekte. Sie wollen für das Projekt Stuttgart 21 an die 3 Millionen € vergraben.
3 Milliarden € vergraben. – Die Neubaustrecke, ein sinnvolles Projekt, finanzieren Sie zur Hälfte mit 950 Millionen € mit. Das ist eine Aufgabe, die eigentlich der Bund finanzieren
müsste, aber wenn man dem Bund solche Geschenke macht, dann drückt er natürlich auch bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung Ihres Bahnhofprojekts die Augen zu. Bei diesen Pres tigeobjekten wird also geklotzt, beim Klimaschutz wird gekleckert.
Wir sehen es beim Regionalverkehr: 15 Millionen € haben Sie gestrichen, jetzt stellen Sie wieder 2,4 Millionen € ein. Das sind dann die „Duftmarken“, die Sie für den Klimaschutz setzen wollen.
Zu Ihrem CDU-Programm „Wachstum 2.0“ halten Sie große Reden, doch das Geld fließt natürlich zu 95 % in Prestigeprojekte und nicht in den Klimaschutz.
Aber vielleicht belehren Sie über 65 000 Unterschriften aus Stuttgart, dass Sie da vielleicht auf dem Holzweg sind.
Das Politikmodell „Duftnote“ wird dann auch bei den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit besonders krass und ärgerlich. Ich weiß nicht, wie oft Sie auf Pressekonferenzen Ihre Nachhaltigkeitsstrategie mit einer lauten Fanfare verkündet haben. Der Zeitungsleser staunt und denkt: „Ah, jetzt überholt die CDU noch die Grünen.“
Aber auch hier kuriert ein Blick in den Haushalt. Für die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes sind in den nächsten vier Jahren je 2,5 Millionen € veranschlagt. Das ist Duftmarkenpolitik und hat mit den Herausforderungen bei den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit nichts zu tun. Das sind alles nur wohlklingende Parteitagsbeschlüsse. Wenn Sie wirklich etwas tun sollen, dann geht es nicht mit einer Größenordnung, die dem Klimaschutz substanziell nicht dient.
Wir haben zusammen mit den Koalitionsfraktionen das Erneuerbare-Wärme-Gesetz verabschiedet. Jetzt sieht man vor, für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude gerade einmal 4 Millionen € für 2008 auszugeben, den Rest später. Es gibt nur 4 Millionen € für die Nutzung der günstigen Gelegenheit, CO2 und Energiekosten einzusparen, also sowohl eine ökologische als auch eine ökonomische Investition zu tätigen, die sich bei den hohen Energiekosten ja in kürzester Zeit amortisiert. Aber da ist wieder nichts zu hören. Sterntaler sind zwar schön, aber es regnet beim Wirtschaftswachstum halt nicht nur Sterntaler, sondern auch CO2. Darum haben wir gesagt: 50 Millionen € und nicht 4 Millionen €, das wäre die richtige Antwort. Denn das ist gerade der Teil, der an neuen Emissionen durch das Wachstum, das uns die Steuereinnahmen bringen, erzeugt wird. Damit gewährleisten wir also nur eine Kompensation des Wachstums. Aber Sie sind noch nicht einmal dazu fähig und in der Lage, eine so wichtige Investition zu tätigen.
Bei der Bildung sind sich verbal alle irgendwie einig. Aber wenn wir den Nachtragshaushalt genau anschauen, dann sehen wir doch, dass Sie die Situation bei den Schulstandorten durch eine rückwärts gewandte Politik des Festhaltens am dreigliedrigen Schulsystem blockieren. Wir haben eine enor me Unterversorgung mit Lehrern in den Ganztagsschulen. Da kommen Sie mit Ihren Hilfskräften überhaupt nicht zurande, um den Anforderungen gerecht zu werden. „Mehr Lehrer gibt es nicht“, heißt es von Ihnen,
obwohl jeder weiß, dass wir im OECD-Vergleich mit unseren Bildungsinvestitionen total unterfinanziert sind. Dann wird wieder mit einer lauten Fanfare vom Investitionsschub in der Bildung geredet. Aber man sieht keine neuen Lehrerstellen, die wir jetzt brauchen und die wir aufgrund der demografischen Entwicklung über den Bildungspakt gut finanzieren könnten.
Ebenso ist es bei der Kinderbetreuung. Das Thema Kinderbetreuung hat, wie jeder weiß, eine Schlüsselstellung zwischen Familie, Arbeitswelt und frühkindlicher Bildung. Hier und nicht bei den Prestigeobjekten muss investiert werden. Wir wollen einen Ausbau bis 2008 auf 15 % eines Jahrgangs, und wir wollen das Angebot für Eltern und Träger finanzierbar machen. Das heißt, wir wollen 30 % Zuschüsse durch das Land. Das ist eine Zukunftsinvestition für Kinder, für Familien und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und da herrscht aus ihrer sonstigen Fanfare völlige Funkstille.
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf ein Problem zu sprechen kommen, das ich als sehr bedrückend empfinde. Ich spreche von den Kindern, die sich in unseren Schulen das Mittag essen nicht leisten können, weil es so viel kostet, dass es für einen Hartz-IV-Empfänger nicht drin ist. Das kostet ja oft bis zu 3 €.
Und mehr. – Sie haben den Gemeinden Unterstützung versprochen, allerdings nur in der Presse. Im Nachtrag ist davon überhaupt nichts zu sehen. Die Kinder wollen aber jetzt eine warme Mahlzeit und nicht erst zu Weihnachten in einem Jahr. Vom Gerangel um Zuständigkeiten, Herr Herrmann, werden sie nicht satt.
So weit einige Anmerkungen für den schnellen Leser Ihres Haushalts. Sie wissen: Wir lesen Ihren Haushalt genauer. Wir werden im Ausschuss ein Antragspaket einbringen, das den Realitäten gerecht wird, unsere Perspektiven deutlich macht und selbstverständlich wie immer seriös finanziert ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Entwurf eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan für die Jahre 2007 und 2008 ist ein wich
tiger Schritt der Konsolidierung und der Vorsorge. Wir erreichen unser wichtigstes Ziel, nämlich den Schuldenstopp.
Kollege Kretschmann, das ist kein Märchen, wie es vielleicht die teure grüne Grundsicherung ist. Nein, wir haben der Versuchung widerstanden, in einer Zeit sprudelnder Steuereinnahmen breit angelegte Ausgabenprogramme aufzulegen.
Die Mehrausgaben im klassischen Sinn machen in diesem Nachtragsentwurf für 2007 gerade einmal 1 % der zu erwartenden Nettomehreinnahmen aus und im Jahr 2008 nur etwa 10 % dieses Betrags. Breit angelegte Ausgabenprogramme, die dauerhafte Belastungen auch für künftige Haushalte mit sich bringen, würden sich nämlich nicht mit dem Ziel einer dauerhaften Haushaltskonsolidierung vertragen. Wir werden das Ziel, die Verschuldung des Landes nicht weiter steigen zu lassen, sondern zurückzuführen – und das nicht nur einmalig, sondern dauerhaft –, umsetzen.
Die Mehreinnahmen des Jahres 2007 verwenden wir deshalb, um Vorsorge zu betreiben: Vorsorge für Zeiten, in denen die Konjunktur einmal nicht so gut läuft, wie es im Moment der Fall ist. Das ist die Ausstattung der Rücklage für Steuer mindereinnahmen und sonstige Haushaltsrisiken. Herr Dr. Schmid, es ist wichtig, dafür zunächst einmal Rücklagen anzulegen; denn – auch Kollege Kretschmann hat es erwähnt – der nächste Knick in der wirtschaftlichen Entwicklung ist absehbar. Und wenn wir dann Gelder zurückgezahlt hätten und im nächsten Jahr wieder Kredite aufnehmen müssten, wären Sie der Erste, der laut, laut schreien würde.
Deswegen bildet der gute Kaufmann, der gute Familienvater, die gute Familienmutter Rücklagen für das, was noch nicht gewiss ist.