Protocol of the Session on November 28, 2007

Echte Wahlfreiheit jedoch setzt voraus, dass die Angebote, insbesondere für die Kleinkindbetreuung, ausgebaut werden. Ein mannhaftes Eintreten für das Betreuungsgeld ändert nichts an der mittelfristig vorgeschriebenen Versorgungsquote von 35 %, von der wir im Land noch Lichtjahre entfernt sind. In diesem Nachtragsentwurf gibt es keinerlei neue Mittel, keine

Anstrengungen für den Ausbau der Kinderbetreuung. Das ist ein gesellschaftlicher Skandal.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)

Die ungleiche Verteilung von Bildungschancen wird damit verfestigt. Dabei ist es in der Landespolitik doch die Bildung, die über soziale Gerechtigkeit entscheidet.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Der gleiche Zugang zu Bildung ist das bestimmende Merkmal, wie wir soziale Gerechtigkeit in der Landespolitik umsetzen können. Deshalb sind wir auch dafür, dass das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt wird – so, wie Sie es im Übrigen auch auf Ihrem Landesparteitag beschlossen haben.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: „Mittelfristig“, haben wir beschlossen! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Ah!)

Was machen Sie? Sie haben wieder nichts in dem Nachtragshaushalt vorgelegt. An ihren Taten sollt ihr sie bekanntlich erkennen und nicht an ihren Sprüchen, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE – Abg. Norbert Zeller SPD: Sehr gut!)

Auch die Finanzierung eines warmen Mittagessens für Kinder und Jugendliche an Schulen bleibt im Ungefähren. Der Ministerpräsident hat erklärt, die öffentliche Hand – Kommunen und das Land – sowie freie Träger stünden da in der Verantwortung, das müsse in eine faire Aufgabenteilung münden. Wo ist denn Ihr Angebot an die Kommunen und die freien Träger, meine Damen und Herren?

Höhere Landeszuschüsse für Kinderkrippen, ein beitragsfreies letztes Kindergartenjahr, Landeszuschüsse für ein warmes Mittagessen, all dies sollte zu einer Politik gebündelt werden, die Familien entlastet und damit einen Aufschwung für alle ermöglicht.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)

Sie werden in den nächsten Jahren auch nicht darum herumkommen, bei zurückgehenden Schülerzahlen und bei den negativen Ergebnissen der frühen Selektion die Frage nach der Schulstruktur im Land zu beantworten.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Klaus Herrmann CDU: Die haben wir beantwortet!)

Wir werden die wohnortnahe Schule nur halten können, wenn wir nicht Schulstandorte aufgeben, sondern Schulen in der Ortschaft, in der Gemeinde halten, indem wir die alte Gliederung in Realschule, Gymnasium und Hauptschule aufgeben und Schulen bündeln. Sonst werden die Schülerinnen und Schüler auch zur Hauptschule 30 km mit dem Bus fahren müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Mit 300 Schülern, haben Sie ge- sagt!)

Sie werden den Status quo bei der Hauptschule auch durch Ihr neues Programm nicht halten können. Wir brauchen stattdessen mehr Einsatz für die Schulen im Land. Sie sind nicht bereit, die Entsperrung der Lehrerstellen vollständig vorzunehmen. Wir werden dies beantragen, denn die Ganztagsschulen brauchen mehr pädagogisches Personal.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Schuster, bleib bei deinem Leisten!)

Ab dem Jahr 2008 wird auch die Hilfskonstruktion der Finanzierung über ESF-Mittel bei der Schulsozialarbeit wegfallen. Deshalb werden wir Sie auffordern, auch bei der Schulsozialarbeit endlich einen Ruck zu machen.

(Beifall des Abg. Norbert Zeller SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Eindeutig eine kommunale Aufga- be! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Jetzt aber! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aber die Koalition pro- duziert doch die Leute! Ihr seid schuld mit eurer Bil- dungspolitik! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, Sie werden den gesellschaftlichen Herausforderungen nicht gerecht. Sie sorgen mit diesem Nachtragshaushalt nicht für gleiche Bildungschancen. Damit fehlen verlässliche Konzepte für Schlüsselbereiche der Landespolitik.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie errichten undurchsichtige Finanztöpfe. Sie sind zögerlich und zaudernd bei der Bildungspolitik und bei der Familienpolitik. Meine Damen und Herren, Zukunft sieht anders aus.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Kretschmann das Wort.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Nicht Metzger? – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Der finanzpolitische Sprecher!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Nachtragshaushalt 2007/2008 ist ein Haushalt mit einer hervorragenden Optik: Steuermehreinnahmen, Schuldentilgung, Pensionsfonds, sogar einige Personalstellen mehr hier und dort. Worte wie Vorsorge und Nachhaltigkeit treten auf. „Günther im Glück“ und das Märchen vom „Sterntaler“ begeistern das Publikum.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Alles scheint wieder gut. Aber die Optik hat einen Knick.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Metzger ist weg!)

Wo liegen die Risiken? Das Wachstum der Steuereinnahmen wird sich 2008 deutlich reduzieren. Der Knick zurück ist schon sichtbar.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Der Index des Ifo-Instituts für das Investitionsklima weist schon nach unten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Heute noch nach oben!)

Ich sage Ihnen hier, dass wir die Ergebnisse der Steuerschätzung vom November für 2008 gar nicht erreichen werden, denn das wirtschaftliche Umfeld wird von Tag zu Tag problematischer. Ein rasch sinkender Dollarkurs wird zum Problem für unsere exportorientierte Wirtschaft,

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau!)

und der steigende Ölpreis frisst sich in die Bilanz unserer Unternehmen und Haushalte.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Dazu kommt eine Finanzkrise, die bekanntlich schon einige Landesbanken in die roten Zahlen gebracht hat. Wenn es aufgrund der steigenden Inflation zu Zinsanhebungen kommt – was ziemlich sicher sein wird; darauf hat der Finanzminister selbst hingewiesen –, dann bedeutet ein Prozentpunkt Steigerung 420 Millionen € im Haushalt.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Minister Stratthaus, Sie selbst haben diese Risiken ja alle angesprochen. Sie haben gesagt, dass die großen Steigerungsraten, die wir jetzt bei den Einnahmen haben, Ausnahmen sind.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wir haben Rück- stellungen gebildet!)

Was Sie hier vorlegen, ist ein Konzept zur Bewältigung der Risiken der nächsten zwei Jahre. Denn im eigenen Haushalt schleppen wir in der Finanzplanung für 2009, 2010 und 2011 weiter eine Deckungslücke – man höre und staune – von 2 Milliarden € mit.

(Zustimmung der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Sie haben bisher nicht gesagt – gar nichts, keinen Ton, auch in Ihren Pressekonferenzen nicht –, was Sie tun wollen, um diese Deckungslücke zu schließen.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Hört, hört! – Abg. Winfried Scheuermann CDU: Kommt Zeit, kommt Rat! – Lachen bei den Grünen)

Herr Scheuermann, lieber Winfried, das war natürlich das, was ich gerade an Worten nicht gefunden habe, die du mir jetzt freundlicherweise geschenkt hast. So ist es.

Also: Eine Haushaltsstrukturkommission tagt irgendwo im Verborgenen. Es ist nichts von ihr darüber zu hören, welche strukturellen Maßnahmen ergriffen werden sollen. Wenn es zu dieser beschriebenen Phase kommt, dann heißt es wieder: Sterntaler ade, und Sparen tut weh, Herr Kollege Herrmann.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das tut uns dann allen weh!)

Auch die Risiken des längeren Horizonts sind ungelöst. Stichwort Pensionslasten: Was Sie hier mit dem Pensionsfonds von