Protocol of the Session on November 7, 2007

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Na dann mal los!)

Wenn Sie nun sagen „Da müsst ihr endlich zu Potte kommen“, dann muss ich schon einmal daran erinnern, welches Gezerfe auf Bundesebene gerade auch bei solchen Themen wie Betreuungsgeld losgegangen ist. Übrigens steht, wenn ich richtig informiert bin, alles noch unter dem Vorbehalt, dass man dafür letztlich noch eine Einigung findet. Denn die liegt ja noch nicht vor.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Doch, die Einigung liegt vor!)

Das heißt, das ganze Konzept, das wir gerade diskutieren, könnte möglicherweise auf Bundesebene noch völlig scheitern. Ich will es nicht hoffen und nicht prognostizieren, sondern nur anmerken: Wenn man sagt, wir müssten hier schneller zu Potte kommen, dann müssten Sie in Berlin vielleicht auch einmal schneller zu Potte kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Es ist doch alles geklärt! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir wollten, dass die Verantwortlichkeiten im Wege der Föderalismusreform klarer geregelt werden; wir vermischen sie aber immer mehr.

Der nächste Punkt: Wir müssten, glaube ich, einfach einmal klarstellen: Frau von der Leyen hat wirklich toll Bewegung in dieses ganze Thema hineingebracht. Das muss man einfach einmal als großes Kompliment sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Denn es gab Zeiten, in denen diejenigen, die Familienpolitik betrieben haben, ein bisschen als „Ministerium für Gedöns“ diffamiert worden sind. Sie wissen ja, aus welcher Ecke das kam. Das ist Gott sei Dank vorbei. Deswegen will ich jetzt an dieser Stelle mit Kritik aufhören, sondern sagen: Klar, es ist ja gut, dass sie mit ihren Themen Bewegung in die Sache hineingebracht hat.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Haußmann: Sag einfach, was ihr machen wollt!)

Ja, ich komme schon noch dazu. – Nur, eines hat sie auch gesagt: Wir wollen einmal schauen, ob wir nicht vielleicht die Vielzahl der familienpolitischen Leistungen, die es derzeit gibt, nicht noch erhöhen, beispielsweise durch so ein Betreuungsgeld, sondern durch eine Pauschalierung verringern können. Damit könnte dieser endlose Streit – hier Geld für Betreuung, hier Geld für den Haushalt – über ein klares, einfaches System beigelegt werden. So ein Modell hatte die CDU übrigens einmal, und wir haben es noch immer.

Wir fordern: Macht es doch im Steuer- und Transfersystem ganz einfach: Gebt für jedes Kind 7 700 € Freibetrag, respektive da, wo keine Steuern gezahlt werden, entsprechendes Kindergeld.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Na, na!)

Das ist die einfachste Lösung. Dann brauche ich all die vielen Differenzierungen bei den Pauschalen und Betreuungszugaben nicht.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist Bierdeckelni- veau!)

Jetzt weiß ich aber, dass wir davon leider weit entfernt sind. Jetzt geht es darum, wie wir mit der Situation, die wir jetzt haben, umgehen.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Zur Sache!)

Wir müssen es teilen, und zwar in die Investitionsförderung und die Betriebskostenförderung. Die aus Sicht der Kommunen wichtigere Förderung ist in der Tat die dauerhafte Förderung der Betriebskosten. Das ist überhaupt keine Frage.

Da stehe ich nicht an, zu sagen: Auch dank unseres Ministeriums und unseres Mitwirkens ist man Gott sei Dank auf eine Lösung gekommen, die das einfach pauschal durch eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils an die Kommunen gibt. Auch da standen ja einmal andere Modelle im Hintergrund. Deshalb glaube ich, dass diese Lösung für die Betriebskosten richtig ist.

Bei der Investitionsförderung – das ist ja angesprochen worden – bin ich in der Tat der Meinung, dass wir aus dem IZBBProgramm lernen sollten, dass wir auf keinen Fall nach dem Prinzip „Windhund plus womöglich 90 % Förderung“ verfahren sollten. Dann ist das ganze Geld in anderthalb oder in zwei Jahren ohnehin weg, und viele schauen wirklich in die Röhre.

Ich treffe also erstens die ganz klare Aussage: kein Windhundverfahren. Das hat auch die Landesregierung klar signalisiert. Die zweite Aussage lautet: keine 90-%-Förderung. Ich glaube, da können wir auch mit den Kommunen zu einer gemeinsamen Lösung kommen – egal, ob das nun 60 oder 70 % sind. Unseres Erachtens sollte das Ganze nach Möglichkeit pauschaliert – kopfbezogen – und möglichst unbürokratisch abgewickelt werden. So fiel ja auch die Stellungnahme der Landesregierung aus.

Ich komme zu den Betriebskosten. Die Redezeit ist leider schon wieder ausgeschöpft, weil es sich ja um ein kompliziertes Thema handelt.

(Zurufe von der SPD)

Jetzt will ich etwas zum Knackpunkt sagen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Nikolaos Sakellari- ou: Nach Ablauf der Redezeit kommt er zum Knack- punkt!)

Der Knackpunkt ist nämlich, ob wir wie beim Kindergarten eine Drittelförderung zwischen Bund, Land und Kommunen vornehmen sollen oder können. Ich bin der festen Überzeugung – ich kann jetzt keine Zusage geben; ich will auch keine Vorgaben machen –, dass wir mittelfristig auf jeden Fall in diese Richtung gehen müssen. Die Frage ist dann, wie wir die 30 % an die Kommunen weitergeben. Ich bin der Meinung, dass wir nicht mehr gruppenbezogen fördern können, sondern die Mittel kopf- oder platzbezogen weitergeben müssen. Damit schaffen wir die Voraussetzungen für die Kommune, dass sie, wenn sie z. B. eine kopfbezogene Zuweisung erhält, selbst entscheidet, wie sie das Ganze an die Frau oder den Mann bringt. Da halten wir nach wie vor ein Gutscheinsystem,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

wie es z. B. in Heidelberg mit großem Erfolg – einer Steigerung der Trägervielfalt und mehr Wahlmöglichkeiten – praktiziert wird, für d a s Modell der Zukunft. Wenn man in dieses Modell dann auch noch die Tagespflege gleichberechtigt einbezieht, damit die Eltern die Wahl haben, ob sie ihr Kind in eine klassische Krippe oder zu Tageseltern geben,

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Das ist doch selbst- verständlich! Das ist doch gar kein Thema!)

und dies für sie über den Gutschein quasi kostenneutral wird, dann haben wir eine echte Wahlfreiheit zwischen den unterschiedlichen Formen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Letzte Bemerkung: Ich glaube, bei allen bildungspolitischen Diskussionen, die wir in der Vergangenheit führten, ist uns allen klar geworden, dass es darum geht, nicht zulasten künftiger Generationen zu leben und vor allem den Haushalt nicht auf Schuldenbergen aufzubauen. Aber eines ist auch klar: Wenn wir nicht von Anfang an massiv in Erziehung, Betreuung und Bildung investieren,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann macht es halt! – Abg. Norbert Zeller SPD: Dann macht es doch ein- mal!)

dann werden die Folgelasten, die wir zu erwarten haben, um ein Vielfaches höher sein. Auch würden wir die Chancen für die jungen Menschen, für unsere Gesellschaft sträflich vernachlässigen. Das heißt, wir müssen unseren Sparkurs an anderer Stelle sehr konsequent fortsetzen. An dieser Stelle werden wir mehr Geld ausgeben müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Haußmann: Dann macht doch mal!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Lösch.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die Frau Ministerin zuerst! Dann kann man darauf reagieren! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sie will nicht! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Sie will nicht! Schade eigentlich! – Weitere Zurufe)

Wenn keine Wortmeldungen mehr vorliegen, dann stimmen wir ab.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Nein, nein, nein!)

Das ist die Konsequenz.

(Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Machen wir! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Abstimmung! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Regierung muss schon sprechen! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Das Wort erteile ich der Frau Sozialministerin.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist hier eine Parlamentsdiskussion. Nachdem die Kollegin Lösch weitere Bei

träge angekündigt hat, zeugt es, denke ich, auch von Respekt durch die Regierung, mit dem Parlament zu diskutieren. Ich gebe gern eine Stellungnahme ab.

Ich freue mich natürlich, dass beim Thema „Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten“ ein grundsätzlicher Konsens besteht. Dass wir diese Möglichkeiten weiter ausbauen müssen und dies als wichtige Aufgabe sehen, ist, denke ich, unbestritten.

Wir haben zum Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1047, im Frühjahr eine ausführliche Stellungnahme abgegeben und das Ausbaukonzept dargestellt. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz soll ja bis 2010 ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für Kleinkinder entstehen. Das ist mehr oder weniger das Gleiche wie das, was immer wieder – auch in dieser neuen Debatte – diskutiert wird.

Wir haben zu Beginn des Jahres 2006 festgestellt, dass ein Betreuungsangebot für rund 9 % der Kleinkinder vorhanden war; 25 600 Kinder konnten also in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege betreut werden. Nach uns vorliegenden aktuellen Zahlen haben wir in Baden-Württemberg jetzt bereits über 32 000 Betreuungsplätze für Kleinkinder; das entspricht einer Versorgungsquote von 11 %. Wenn wir in diesem Tempo, das alles andere als ein Schneckentempo ist, weitermachen, dann können wir das Ziel des Tagesbetreuungsausbaugesetzes – das wären rund 50 000 Plätze – bereits Ende 2009 erreichen. Die Versorgungsquote wird dann etwa zwischen 17 % und 20 % liegen.

Diesen Erfolg, der das große Engagement der Kommunen und der freien Träger zeigt, haben wir mit unseren Förderprogrammen nachhaltig unterstützt. Ich denke, diesen Erfolg sollten wir auch nicht wegdiskutieren. Auch wenn wir dieses Thema monatlich auf die Tagesordnung setzen, liebe Damen und Herren von der Opposition, kommen Sie an diesen Erfolgszahlen, die wir Monat für Monat feststellen, nicht vorbei. Ich denke, das kann man auch einmal als einen Erfolg festhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Diese Dynamik, die von den Kommunen an den Tag gelegt wird, ist letztlich einer Vereinbarung zu verdanken, die das Land mit den Kommunen getroffen hat und die regelt, wie das Land den Kommunen bei ihrer Aufgabe des Ausbaus des Betreuungsangebots beisteht. Also, bitte schön: Wir sind hier nicht in einem rechtsfreien Raum, und es ist auch durchaus nicht so, dass sich das Land nicht beteiligen würde. Vielmehr befinden wir uns in einem Prozess, in dem wir aufgrund einer Vereinbarung, die mit den Kommunen getroffen wurde und die eine Förderquote von 10 % vorsieht, nun Hand in Hand mit den Kommunen vorankommen. Das sollte man nicht wegdiskutieren, auch wenn das Thema jetzt sehr populär ist und immer wieder einmal diskutiert werden kann. Aber auch Sie kommen nicht daran vorbei, diese Dynamik und die Gemeinsamkeit mit den Kommunen positiv zu kommentieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)