Protocol of the Session on November 7, 2007

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Aber eines muss ich auch sehr deutlich sagen: Wenn uns jetzt vorgeworfen wird, wir würden dies machen, weil wir von irgendeiner Seite massiv bedrängt worden seien, so entspricht dies mit Sicherheit nicht der Wahrheit. Fragen Sie diese Leute einmal, wie oft allein ich schon Gesprächsangebote abgelehnt habe.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich brauche, um mir eine Meinung zu bilden, nicht beeindruckende Gespräche, sondern Vernunftgründe. Es sind Vernunftgründe, die mich zu dieser reservierten Haltung veranlassen.

Jetzt muss ich eines noch sagen, Frau Neuenhaus und Herr Rust: Wer hier zu diesem Thema, zu diesem Vertrag das Hohelied der Spielsuchtbekämpfung singt, begeht eine Scheinheiligkeit allererster Güte.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ingo Rust SPD: Un- verschämtheit!)

Das hätte ich gerade von Ihnen, Herr Rust, nicht erwartet.

(Abg. Ingo Rust SPD: Das ist das einzig Richtige! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wenn Sie die Spielsucht bekämpfen wollen, dann müssen Sie zum Bund gehen und müssen darauf achten, dass das dort im Gewerberecht richtig geregelt wird.

(Abg. Ingo Rust SPD: Das ist doch nicht wahr! Das ist Landesgesetz!)

Und dann müssen Sie zu unserem Innenminister gehen und dafür sorgen, dass die Spielhallen und die absolut illegalen Spielhöllen bekämpft werden. Da liegt einiges im Argen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Das ist Landesrecht!)

Aber die Spielsucht mit diesem Vertrag bekämpfen zu wollen ist, ich sage es ehrlich, ein Witz.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Ingo Rust SPD: Für illegales Glücksspiel ist das Land zu- ständig!)

Wer nun meint, er müsse gar schon heute gleich beim Beschließen des Gesetzes eine Fortgeltungsklausel hineinschreiben, der beweist auch nicht gerade sehr viel Vertrauen in diesen Vertrag und scheut offenbar davor zurück, nach Ablauf des Vertrags neu verhandeln zu müssen.

Unsere Argumente sind ganz klar: Wir wollen langfristig Mittel für Sport, Kultur und Soziales sichern – Herr Groh, das haben Sie richtig erwähnt –, und zwar nicht einfach durch Freigabe – was manche sich unter dem Begriff Liberalisierung offenbar vorstellen. Tatsächlich geht es nicht um „Jeder kann, wie er will“, sondern um eine ganz gezielte Lizenzvergabe. Um eine solche Lösung hat man sich aber überhaupt nicht bemüht, weil man gehofft hat, mit der einfachen Begründung „Wir bekämpfen ab sofort die Spielsucht“ sei alles geregelt.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sagen Sie einmal: Von was reden Sie denn eigentlich?)

Tatsächlich aber können Sie bei Toto-Lotto nachfragen, wie die Einnahmen durch diese vermeintliche Spielsuchtbekämpfung zurückgehen. Die Einnahmen sind schon jetzt rückläufig, und sie werden noch weiter rückläufig sein; das sage ich Ihnen als Betriebswirtin.

Gleichzeitig hat man mit diesem Vertrag das Kind mit dem Bade ausgeschüttet,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Wenn Sie das Gesetz nicht wollen, dann lehnen Sie es doch ab!)

weil man noch gar nicht weiß, wie sich das beispielsweise auf die – sicherlich von allen geschätzten – Lotterien wie die „Aktion Mensch“ auswirkt oder etwa auf Gewinnsparvereine, die wie vieles andere mehr auch unter das Gesetz fallen und von diesem Vehikel erfasst werden. Da wird es einiges geben, über das Sie sich noch wundern werden.

(Abg. Ingo Rust SPD: Ich wundere mich nur über Ih- re Rede! – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Sowohl vonseiten der EU wie auch aus Kartellgründen werden – auch wenn das hier nun anders verkündet wird – nicht leicht zu widerlegende Einwände kommen. Denn es gibt zu genau den Urteilen, die hier zitiert wurden, auch jeweils eine genau gegenteilige Position. Ich nehme gar nicht für mich in Anspruch, dass ich weiß, was richtig ist,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Jetzt wissen wir immer noch nicht, was Sie eigentlich wollen!)

aber ich weiß, dass der Staatsvertrag umstritten ist und viele Punkte noch lange nicht geklärt sind.

(Abg. Ingo Rust SPD: Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen!)

Das Risiko, dass der Staatsvertrag sein Ablaufdatum überhaupt nicht erreicht, ist groß; der Spielraum für eine dann noch zu erreichende vernünftige Regelung ist allerdings gering. Von verschiedenen Seiten – das wurde auch angesprochen – sind

bereits Regressansprüche angekündigt. Wenn wir diese Forderungen dann auch aus dem Wettmittelfonds begleichen müssen, bleibt für Sport, Kultur und Soziales nicht mehr viel übrig.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sind Sie jetzt für den Staatsvertrag oder nicht?)

Was das Internetverbot angeht, so sehen wir hieraus sowohl Konsequenzen erwachsen, die uns beim Datenschutz Bedenken erheben lassen, als auch die Gefahr, dass wiederum riesige zusätzliche Bürokratie aufgebaut wird. Ob die Notifizierungspflicht für die Ausführungsgesetze wirklich wegfällt, ist unserer Ansicht nach ebenfalls noch nicht gesichert.

Aber – das wurde schon gesagt – die Länder haben mehrheitlich beschlossen. Die anderen Fraktionen dieses Landtags haben sich auch sehr wohl geeinigt, und insofern ist uns klar, dass wir um einen Praxistest nicht herumkommen werden. Deshalb werden wir diesen Test möglich machen und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sehr gut!)

Ich sage Ihnen: Das ist in dieser Woche bereits die zweite Kröte, die ich wider besseres Wissen schlucken muss.

(Abg. Ingo Rust SPD: Mahlzeit!)

Um der Nutznießer und um der Erträge willen würde ich mich in diesem Fall äußerst gern eines Besseren belehren lassen; ich befürchte allerdings, dass ich mit den vorgetragenen Bedenken mittelfristig leider recht behalten werde.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was war denn die erste Kröte? – Weitere Zurufe und Unruhe)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs. Vorgeschlagen wurde die Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung an den Innenausschuss und – federführend – an den Finanzausschuss. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Arbeit und Soziales – Ausbau der Kleinkindbetreuung – Drucksache 14/1047

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Arbeit und Soziales – Landes- und kommunalpolitische Konsequenzen der Vereinbarung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Ausbau des Kleinkindbetreuungsangebotes vom 28. August 2007 – Drucksache 14/1710

c) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Arbeit und Soziales – Finanzielle Förderung der Kleinkindbetreuung – Drucksache 14/1883

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und c fünf Minuten, für die Begründung zu b ebenfalls fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung erteile ich Frau Abg. Lösch das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Vorhaben der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die Politik der rot-grünen Bundesregierung an dem Punkt fortzusetzen, ab dem Jahr 2013 Angebote für 35 % der unter Dreijährigen bereitzuhalten, setzt das Land und die Kommunen unter Druck und hat meiner Meinung nach für einen positiven Schub in der öffentlichen Debatte zur Familienpolitik gesorgt.

Aus diesem Grund ist auch in Baden-Württemberg nun in großer Breite die Erkenntnis gereift, dass die Schaffung eines bedarfsgerechten, hochwertigen Kinderbetreuungsangebots für Kinder aller Altersgruppen dringend notwendig, ja überfällig ist – vor allem, was den Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige betrifft.

Das sieht man auch ganz deutlich, wenn man die Stellungnahmen zu den vorliegenden Anträgen vergleicht. Sie sehen, wie sich die Ansichten einer Landesregierung innerhalb eines halben Jahres in manchen Punkten ändern können. Die Entwicklung auf Bundesebene hat die Stellungnahme der Landesregierung überholt. Zwei Punkte möchte ich nennen.

Zum einen begrüßt nun auch die Landesregierung die Beteiligung des Bundes und kann die Aussage, dass eine unmittelbare Mitfinanzierung des Bundes an den Betriebskosten nach Rechtslage ausgeschlossen ist, so natürlich nicht mehr aufrechterhalten.