Protocol of the Session on July 26, 2007

Wir sind allen sauberen Athleten, aber vor allem auch den Jugendlichen im Nachwuchssport schuldig, dass sie wissen, unter welchen Spielregeln bei uns Sport stattfindet. Dafür sorgen wir gemeinsam, indem wir an den Schulen beginnen, indem wir im Sport klare Absprachen und Informationen haben. Sie müssen wissen, dass Training und Begabung zum Erfolg führen sollen und nicht der Betrug.

Meine Damen und Herren, wir haben gute Chancen, in Baden-Württemberg durch zielgerichtetes Vorgehen Signale für einen sauberen Sport zu setzen. Wir haben aber auch keinen Grund, so zu tun, als ob sich der Sport in Baden-Württemberg am Abgrund befinde. Ganz im Gegenteil: Der Sport ist die größte Volksbewegung in diesem Land,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Wir sind dabei!)

mit 3,7 Millionen Menschen, die zum Sport in Baden-Würt temberg gehören – durch Mitgliedschaft, durch Aktivitäten. Ich glaube, dass wir allen Grund haben, bei Missbrauch energisch und zielgerichtet vorzugehen, dass wir aber nicht das Recht haben, den Sport insgesamt in Misskredit zu bringen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In Sachen Universitätsklinik Freiburg wird sich der Herr Wissenschaftsminister nachher äußern.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wünscht der Herr Wissenschaftsminister das Wort? – Bitte schön, Herr Minister Dr. Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dem Bekanntwerden von Verdachtsmomenten gegen Ärzte der Sportmedizin Freiburg hat die Universität in Abstimmung mit meinem Hause unmittelbar, schnell und sehr konkret gehandelt. Dieses Handeln war abgestimmt, aber es war gut, dass die Universität Freiburg selbst gehandelt hat, handelt und die Dinge aufklärt. Denn wir haben autonome Universitäten, und es ist zuerst an ihnen, zu handeln, und erst dann, wenn sie nicht richtig handeln würden, wäre es an uns, einzugreifen.

(Zuruf des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Es war aber selbstverständlich so, dass das Handeln koordiniert war und dass der Rektor der Universität Freiburg, ich und mein Haus sowie die dortige Verwaltung in engem Einvernehmen miteinander gewesen sind.

Dies ist nicht nur durch die Hochschulautonomie gerechtfertigt, sondern auch von der Sache her gerechtfertigt; denn es ist besser, dass die, die unmittelbar am Geschehen sind, aufklären, als dass die, die weiter entfernt sind, aufklären. Denn je weiter man von einer Sache entfernt ist, umso eher kann man etwas übersehen.

Die Universität Freiburg hat sehr konsequent gehandelt. Denn wichtig ist für eine Universität, dass Fehlverhalten aufgedeckt wird und dass entsprechende Vorkehrungsmaßnahmen auch für die Zukunft getroffen werden. Es gibt keine Organisation, in der es kein Fehlverhalten gibt.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

Es geht aber darum, wie man damit umgeht, wie schnell und wie konsequent man damit umgeht, und da hat die Universität Freiburg sicherlich vorbildhaft gehandelt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Dies ist auch das, was international wahrgenommen wird. Das ist das, was etwa auch im Bereich der Exzellenzinitiative – also der Bewerbung der Universität Freiburg, die ja gute Chancen im Rahmen der Exzellenzinitiative hat – positiv wahrgenommen worden ist.

Auf die Dopingvorwürfe wurde sofort reagiert. Die betreffenden Ärzte wurden in einem Fall in einem zweiten Schritt entlassen, oder es wurden Suspendierungen ausgesprochen. Es wurde sofort eine unabhängige Untersuchungskommission unter Herrn Dr. Schäfer, dem ehemaligen Präsidenten des Sozialgerichts in Reutlingen, eingesetzt, die übrigens ihre Arbeit sofort aufgenommen hat.

Eine zweite Kommission – und da bitte ich Herrn Walter, auch zu differenzieren und nicht beide Kommissionen etwas undurchsichtig miteinander zu vermischen –, eine zweite Evaluierungskommission besteht aus herausragenden Antidoping experten, u. a. Professor Franke aus Heidelberg. Dass die erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zusammentreten, liegt darin begründet, dass es sich um eine international zusammengesetzte Expertenkommission handelt. Die kann man eben nicht von heute auf morgen zusammenrufen.

Diese Kommission wird die Fragen der Freiburger Sport medizin und möglicher Verwicklungen in das Doping über die letzten 50 Jahre aufklären. Auch all das, was Sie, Frau Queitsch, angesprochen haben, ist also Gegenstand dieser Untersuchungen.

Die Untersuchungen des Wissenschaftsministeriums sind natürlich über Freiburg hinausgegangen. Wir untersuchen und haben untersuchen lassen die übrigen Standorte der Sportmedizin im Land. Das gilt zum einen für unsere eigene Forschungsförderung. Wir untersuchen bis ins Jahr 1990 zurück, welche Forschungsförderung in den Bereich Doping-/Antidopingforschung gegangen ist. Dabei muss man wissen, dass Antidopingforschung auch mit der Aufklärung von Dopingfällen zu tun hat, also im Grunde Doping voraussetzt, damit man Doping überhaupt aufklären und Nachweismechanismen sicherstellen kann.

Das ist eine komplizierte Angelegenheit, die gerade hohe ethische Maßstäbe verlangt, wenn man in diesem Forschungsbereich tätig ist. Darauf wirken wir jetzt mit Verpflichtungserklärungen hin. Die Universität Freiburg hat Verpflichtungserklärungen entwickelt, die wir jetzt für die übrigen Universitäten und Standorte ebenfalls verpflichtend machen. Sie werden sich auf einen Text einigen, sodass alle im Bereich der Sportmedizin Tätigen demnächst Verpflichtungserklärungen unterschreiben, was es uns im Fall eines Verstoßes wesentlich erleichtert, disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen.

Man sieht: Wir klären also nicht nur nach rückwärts auf. Vielmehr betreiben wir eine Prävention nach vorn, damit weitere und zukünftige Verwicklungen von Universitätseinrichtungen in Doping möglichst verhindert werden. Ich glaube, dass dies der wesentliche Aspekt ist.

Man kann, was die jüngere Vergangenheit betrifft, sagen, dass die Betroffenen in Freiburg sicherlich bekannt sind. Es wird eine intensive Aufklärung betrieben, auch über die letzten 50 Jahre. Wir betreiben entsprechende Aufklärungen an allen Standorten der Universitätsmedizin. Wir treffen aber auch Vorsorge dafür, dass solche Verwicklungen der sportmedizinischen Betreuung und Forschung in Zukunft nicht mehr vorkommen.

Wir wollen aber auf der anderen Seite die Betreuung von Sportlern und die Untersuchungen von Sportlern durch die

Sportmedizin, und wir wollen die sportmedizinische Wissenschaft nicht tangieren. Das ist insgesamt notwendig. Deshalb müssen wir separieren zwischen denen, die Missbrauch betrieben haben, und denen, die nach bestem Wissen und Gewissen sportmedizinische Forschung und sportmedizinische Betreuung vornehmen. In diesem Bereich wollen wir nach wie vor weitermachen. In diesem Bereich leisten auch unsere Universitätskliniken Hervorragendes. Das sollen sie auch in Zukunft tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, die Aussprache ist damit beendet. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.

Zunächst zum Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1423: Bei Abschnitt I dieses Antrags handelt es sich um einen Berichtsteil, der mit der Aussprache erledigt ist. Abzustimmen ist über die Abschnitte II und III.

Zuvor stimmen wir aber über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1600, zu dem Antrag Drucksache 14/1423 ab. Wer für die Annahme des Änderungsantrags Drucksache 14/1600 stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dieser Änderungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Verbescheidung der Abschnitte II und III des Antrags Drucksache 14/1423. Wer für die Annahme der beiden Abschnitte stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Auch diese beiden Abschnitte sind abgelehnt.

Ferner ist der Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1424, zu behandeln. Hierbei handelt es sich um einen Berichtsantrag, der mit der Aussprache erledigt ist.

Damit sind wir am Ende von Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Fachkräfteangebot für Baden-Würt temberg sichern – beantragt von der Fraktion der FDP/ DVP

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Wochen war in der „Wirtschaftswoche“ nachzulesen, dass eine intensive Untersuchung ergeben hat, dass die baden-württembergische Wirtschaft die dynamischste Wirtschaft bundesweit ist und sich dabei auch im Ländervergleich in den zurückliegenden Jahren deutlich verbessert hat. Es ist schon seit Langem bekannt, dass die Arbeitsmarktdaten in Baden-Württemberg im Bundesvergleich spitze sind. Insofern muss jeder, der in diesem Land von Benchmark redet, wissen, dass, zumindest was

die Wirtschaft anlangt, Baden-Württemberg und nicht etwa Bayern Benchmark der Wirtschaft in Deutschland ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das ist aber für uns kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen, denn es gibt natürlich nach wie vor Probleme. Wir werden diese Probleme im Dialog mit der Wirtschaft künftig angehen müssen. Wer heute mit Unternehmern, mit Handwerkern, mit Mittelständlern oder mit Kammern redet, der wird relativ rasch auf das Thema Fachkräftemangel angesprochen, ein Thema, das sich aufgrund des demografischen Wandels etwa bis zum Jahr 2020 zu seiner vollen Virulenz auswachsen wird.

Laut Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie e. V. gibt es derzeit in Baden-Württemberg rund 10 000 offene Stellen. Die baden-württembergische Industrie will in diesem Jahr rund 45 000 Arbeitsplätze schaffen und erwartet ein Wirtschaftswachstum von 3,5 %. Die Frage, die sich für die Politik stellt, ist, ob diese Arbeitsplätze alle besetzt werden können. Es ist ja häufig vom Fachkräftemangel insgesamt und vom Ingenieurmangel im Besonderen die Rede. Zur Illustration drei Zahlen: In Deutschland fehlen derzeit insgesamt 40 000 Ingenieure, 70 000 Wissenschaftler und 20 000 IT-Fachleute.

Nach einem Positionspapier des Bundesverbands Junger Unternehmer von vergangener Woche trifft der Fachkräftemangel den Mittelstand besonders hart, weil die Großindustrie einen höheren Bekanntheitsgrad aufweist und natürlich eine breiter angelegte Personalentwicklung hat und insofern den qualifizierten jungen Nachwuchs besser anspricht.

Wenn aber der Mittelstand besonders hart betroffen ist, dann ist natürlich auch die baden-württembergische Wirtschaft mit ihrer mittelständischen Struktur in besonderem Maße betroffen. Überdurchschnittliche Besetzungsprobleme melden die Metall-, die Elektro- und die Fahrzeugindustrie. Auch hier gibt es eine überdurchschnittliche Betroffenheit der baden-würt tembergischen Wirtschaft.

Deshalb ist es notwendig, in einer vorausschauenden Landeswirtschaftspolitik dieses Problem frühzeitig anzugehen. Ich sehe drei Ansatzpunkte. Zum einen wäre die Ausschöpfung des bestehenden Potenzials zu nennen. Ich gehe davon aus, dass das Arbeitskräftepotenzial in Baden-Württemberg noch besser ausgeschöpft werden kann. Zum Zweiten wäre der Bereich der Zuwanderung und der Integration zu nennen und schließlich drittens die Optimierung der Ausbildung.

Ich denke, dass es unabdingbar notwendig sein wird, die Chancen für ältere Beschäftigte und auch für ältere Arbeitslose zu verbessern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Man ist ja dazu übergegangen, etwa 50-jährige Ingenieure in den Vorruhestand zu schicken. Ich denke, dass hier wieder bessere Arbeitsmarktchancen geschaffen werden müssen. Wir brauchen auch eine Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für lebenslanges Lernen.

Auch bei den Frauen ist noch eine bessere Ausschöpfung des Erwerbspotenzials möglich. Dazu haben wir schon eine Rei

he von Maßnahmen eingeleitet. Ich nenne beispielsweise die Umwidmung von 85 Millionen € aus dem Landeserziehungsgeld für die frühkindliche Bildung.