Wir lassen uns von Ihnen die Debatte nicht diktieren, meine Damen und Herren. Wir setzen selbst Schwerpunkte beim Thema Sicherheit.
Ein Aspekt zum Thema Leitbild ist die Autofahrkultur in Rennen etc. Wir haben fragwürdige Leitbilder: Wenn nach einem Crash mit 280 km/h ein Fahrer unversehrt aus seinem Boliden steigt, schafft das Irritationen. Wenn die Autoindustrie das PS-starke Auto favorisiert und propagiert, kommen wir nicht weiter.
Ich habe bereits erwähnt: Prävention ist wichtig, Verkehrserziehung in den Schulen; wichtig sind aber auch Sanktionen. Weil gerade Kolleginnen aus der Schweiz im Hause sind, möchte ich darauf hinweisen: Die Schweiz hat damit begonnen, in den Leitplanken passive Kontrollinstrumente einzusetzen. Wir brauchen diese Kontrollen, und dazu brauchen wir Polizei. Das sei einmal deutlich gesagt. Wenn wir die Zahl der Polizeistellen herunterfahren, können auch weniger Kontrollen stattfinden. Das Gesetz hat nur eine erzieherische Wirkung, wenn es nicht nur auf dem Papier steht, sondern wenn hinter der Sanktion auch die Kontrolle steht. Insoweit – ich wiederhole mich – sind sanktionsbewehrte rechtliche Maßnahmen mit die wichtigsten Instrumente. Es muss letztendlich im Portemonnaie wehtun.
Sehr geehrter Herr Kollege, wenn Sie die erste Frage mit einem eindeutigen Ja beantworten, brauche ich keine zweite Frage zu stellen.
Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass man nach den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs und dem, was wir heute im Rahmen des Themas „Begleitetes Fahren mit 17“ ange
sprochen und diskutiert haben, die morgige Aktuelle Debatte für entbehrlich erklären und dadurch die umfangreiche Tagesordnung etwas schneller erledigen könnte? Sie hätten dabei sicherlich das ganze Haus auf Ihrer Seite.
Ich kann Ihre Frage mit einem klaren Nein beantworten. Insoweit können Sie sich morgen überraschen lassen.
Also nochmals und zusammenfassend: Prävention ist natürlich wichtig. Sanktion mit zugehöriger Kontrolle ist notwendig, weil sonst nicht zum Erfolg führend. Wir brauchen auch die passiven Maßnahmen im Autobau und – ich sage das nochmals ganz deutlich – im Straßenbau.
Herr Köberle, natürlich ist das Fehlverhalten Hauptunfallursache. Aber wenn die Straßen marode sind, wenn die Straßen in einem desolaten Zustand sind, wenn sie von Schlaglöchern übersät sind, wenn es nur noch kurvige Straßen gibt, führt individuelles Fehlverhalten – das wir doch gar nicht in Abrede stellen und das die Hauptursache ist – überdurchschnittlich oft und sehr schnell zu diesen schlimmen Unfällen. Sie haben doch pro Fahrleistung auf Autobahnen und gut ausgebauten Straßen viel weniger Folgen und Konsequenzen. So weit muss Ihre Einsicht doch gehen.
Zusammenfassend: Dass wir bei diesem Thema richtig liegen, zeigt Folgendes: Inzwischen hat auch der Vatikan zehn Gebote für Autofahrer veröffentlicht.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wissen Sie, ob der Papst einen Führerschein hat? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Der hat einen!)
Reinhold, pass auf! – Man mag über das eine oder andere Verbot schmunzeln, z. B. über den Bannstrahl des Vatikans, der den Liebesakt im Auto ablehnt.
(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: Was hat das jetzt mit Verkehrs- sicherheit zu tun? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Auch viel! – Heiterkeit)
Herr Mappus, ich schätze, dass Sie sich aus eigener Erfahrung durch Reflexion hier einiges klarmachen können.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist sach- lich falsch! Der Vatikan hat nichts gegen Verkehr von Verheirateten im Auto, sondern nur von nicht Verhei- rateten!)
Zurück zum Thema: Der Staat muss durch das Verkehrsrecht die entscheidenden Impulse setzen. Das ist, glaube ich, deutlich geworden. Wir können und müssen hier als Land, da uns hauptsächlich die Kontrolle obliegt, unseren Beitrag leisten.
Herr Köberle und Frau Razavi, gestatten Sie mir und meiner Fraktion die gleiche Ernsthaftigkeit, die ich Ihnen unterstelle. Es geht uns nicht darum, zu punkten, und es geht uns auch nicht um Ideologie bei dem Thema „Begleitetes Fahren mit 17“, sondern wir schätzen einfach die erzieherische Wirkung der Eltern, wenn sie ihre Kinder – in der Mehrzahl wird das so sein – ein Jahr lang beim Fahren begleitend unterstützen. Wir glauben und sind uns sogar sicher, dass das eine nachhaltige Wirkung hat. So viel Erziehungskompetenz messen wir den Eltern bei. Diesen Respekt hätte ich gern von Ihnen auch gespürt. Das will ich so deutlich sagen. Wir diskutieren das gern morgen noch einmal. So ist halt hier das Prozedere. Meinetwegen gern, uns soll es nicht schaden.
Sie haben angesprochen, dass die meisten Unfälle auf Straßen passieren, auf denen ein Tempolimit herrscht. Das ist sicher richtig. Diese Statistik will ich ja gar nicht in Zweifel ziehen. Aber dass nur wir in Deutschland noch kein generelles Tempolimit haben, hat eine psychologische Wirkung. Dieses Recht auf Rasen hat nun einmal auch eine „erzieherische“ Wirkung. Diese Wirkung würden wir gern einschränken. Ich glaube, da könnten die Schweizer als Gäste – auf diese komme ich noch einmal zurück – Fortbildungsunterricht für BadenWürttemberg erteilen.
Das führt mich zum zweiten Verweis auf die Schweiz. Wer von Ihnen schon einmal in unserem schönen Nachbarland gefahren ist, weiß – darüber redet man sogar an den Stammtischen, von denen Herr Bullinger vorhin geredet hat –: In der Schweiz ist man gut beraten, sich an die Regeln zu halten. Warum? Nicht weil die Schweizer an und für sich ordnungsliebender sind und sich an Regeln halten;
das vielleicht auch. Aber Sie wissen erstens: Es wird ganz teuer, wenn man erwischt wird. Und zweitens: Man wird er wischt, und zwar deutlich häufiger als bei uns. Bei uns sind die Kontrollhäufigkeiten viel geringer. Der Schweizer Käse
hat bekanntermaßen Löcher, und bei uns entspricht die Kontrollhäufigkeit einem gut ausgereiften Emmentaler.
Einen Aspekt, der bei der ganzen Debatte noch gar nicht vorkam, will ich ansprechen. Wir reden immer über die Verkehrssicherheit beim Thema Straße. Es gibt kein Verkehrsmittel, das so gefährlich und so unsicher ist wie das Automobil.
Einverstanden. Das Motorrad ist definitiv noch unsicherer, wenn man sich nicht entsprechend verhält. Da sind wir uns einig. Aber ansonsten wären wir gut beraten – auch beim Thema Verkehrssicherheit –, alles dafür zu tun, dass mehr Menschen den öffentlichen Nah- und Fernverkehr benutzen. Der ist allemal sicherer.