Lassen Sie mich abschließend noch darauf hinweisen: Die jetzt auf Bundesebene vorbereitete Novellierung des Aufent
haltsrechts hat den Blick genau auf die Frage der Integration gerichtet, die ja jetzt im Aufenthaltsgesetz erstmals gesetzlich geregelt ist. Deswegen ist sie auch offizieller Bestandteil des Gesetzes. Die Optimierung der Integration soll durch die Novellierung des Aufenthaltsrechts erfolgen. Man will erweiterte Sanktionsmöglichkeiten. Genau dieser Novellierung des Aufenthaltsrechts hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag nicht zugestimmt. Ich hätte mir gewünscht, dass sie den berechtigten Ansatz, den Sie hier vertreten, auch im Deutschen Bundestag unterstrichen hätte. Das Ganze wird demnächst im Bundesrat behandelt. Das Gesetz wird hoffentlich dennoch so verabschiedet. Aber ich denke, auch dieser Hinweis gehört zur politischen Wahrheit.
Ich ziehe das Resümee: Die Integrationskurse sind ein richtiger, wenn auch nicht der allein selig machende Schritt, um Integration zu befördern. Unsere Behörden nehmen dieses Instrument bereitwillig auf. Wenn es auch an der offenen Mitwirkungsbereitschaft derer, die davon profitieren sollen, nicht fehlt, dann sind wir auf einem guten Weg.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Abgesehen von diesem Unwort „Bestandsausländer“ geben der Antrag und die Stellungnahme des Innenministeriums eigentlich wenig Anlass zu Aufgeregtheit.
Ausgangspunkt war der in den Raum gestellte und von Ihnen näher dargelegte Dissens zwischen dem Städtetag einerseits und der Landesregierung andererseits, was die Zusammenarbeit der Behörden und die Auslastung der Kurse angeht.
Die Stellungnahme des Innenministeriums vermittelt zu diesem Thema ein durchaus differenziertes Bild. Belegt wird, dass wir in Baden-Württemberg unserem Anteil entsprechend, wenn nicht sogar überproportional kontingentiert wurden.
Die Teilnehmerzahlen sind erfreulich. Die Auslastung betrug – Sie haben die Zahlen genannt, Herr Kollege Wolf – im Jahr 2005 73 % und im Jahr 2006 84 %. Das ist aus unserer Sicht ein ganz beachtliches Ergebnis.
Wir sehen natürlich auch den Gesichtspunkt der Freiwilligkeit oder der Integrationsbereitschaft, der Mitwirkungsbereitschaft. Das relativiert den Anspruch an Verpflichtungen gegenüber den Ausländern, die solche Integrationskurse besuchen. Es muss schon ein gewisses Maß an Bereitschaft zum Besuch solcher Kurse vorhanden sein, sonst nutzen auch Verpflichtungen nichts.
Hinzu kommt, dass durchaus unterschiedliche Angebote seitens der Ausländerbehörden, aber auch seitens der Bundes agentur für Arbeit bestehen. Im Übrigen kommen Verpflichtungen für EU-Ausländer nicht infrage, sondern nur für Ausländer aus bestimmten Staaten.
Insgesamt können wir sagen: Bei der Vielfalt von Behörden, die hier zusammenwirken müssen, und der Komplexität der
Materie ist das Bild, das sich in Baden-Württemberg zeigt, eigentlich ganz erfreulich. Wenn man sich überlegt, wie viele Behörden hier zusammenwirken sollen, stellt man fest, dass dies natürlich schwierig ist. Diese Behörden sind in der Stellungnahme des Ministeriums aufgeführt: Es sind die Bundesagentur für Arbeit, 133 Ausländerbehörden und freie Träger, die sich in diesem Bereich engagieren. Das ergibt ein komplexes Bild.
Deshalb unterstützen wir den Appell, der in der Stellungnahme zum Ausdruck kommt, Netzwerke zu bilden, damit die Behörden zusammenarbeiten und das Personal entsprechend geschult wird. Aus unserer Sicht ist es ganz wichtig, dass die Zusammenarbeit der Beteiligten vor Ort organisiert wird und funktioniert. Wie immer im Leben hängt das stark von den handelnden Personen ab. Aus meinem Landkreis kann ich eher Positives vermelden. Viele Kolleginnen und Kollegen können das vielleicht auch. Wenn die betroffenen Behörden kooperieren und „miteinander können“, ergibt sich auch ein positives Resultat.
Insgesamt sollten wir die Entwicklung im Auge behalten. Wir bedanken uns unsererseits für die Stellungnahme des Innenministeriums.
Die FDP verfolgt eine Politik, die Menschen in ihrer Vielfalt berücksichtigt, anerkennt und fördert. Chancengleichheit und die Möglichkeit zum selbstbestimmten Leben, unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, … sind zentrale liberale Ziele.
Für eine Chancengleichheit – darüber sind wir uns ja einig – ist die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift eine Grundvoraussetzung. Wer nicht Deutsch lernen darf, kann oder will, hat keine Chance auf Integration. Deshalb sind wir natürlich für den Ausbau des Angebots an Integrationskursen.
Ich danke Herrn Wölfle, dass er hier noch einmal klargestellt hat, dass auch die Grünen im Landtag diese Auffassung teilen. Von ihrer Bundestagsfraktion weiß man das nicht so recht. Denn deren migrationspolitischer Sprecher Josef Winkler kritisiert beispielsweise, dass Sprachkenntnisse künftig auch für den Familiennachzug Bedingung sein sollen. Offensichtlich leidet er da unter Realitätsferne, sonst wüsste er, wie viele, gerade nachziehende Ehefrauen, von der Teilhabe am gesell
schaftlichen Leben ausgeschlossen bleiben, weil sie ohne jegliche Deutschkenntnisse hier einreisen. Meine Damen und Herren, der Sprachkurs im Herkunftsland, also in der alten Heimat, ist doch keine Strafe, sondern eine Chance, um in der neuen Heimat sehr viel schneller Fuß fassen zu können.
In Baden-Württemberg leben fast 1,2 Millionen Einwohner, die einen ausländischen Pass haben. Etwa die gleiche Zahl von Bürgerinnen und Bürgern hatte einmal einen ausländischen Pass, hat also auch einen Migrationshintergrund. Personen mit Migrationshintergrund stellen etwa ein Viertel der Bevölkerung in Baden-Württemberg. Nicht alle diese Personen haben ausreichende Sprachkenntnisse. Hier gibt es einen großen Nachholbedarf. Gerade auch bei Unionsbürgern – da darf man sich nichts vormachen – gibt es manchmal erhebliche Defizite. Deswegen ist es wichtig, dass auch für die schon länger hier lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger solche Sprach- und Orientierungskurse angeboten werden.
Ich unterstütze den Appell, den Herr Stickelberger hier noch einmal wiederholt hat, den auch der Landesarbeitskreis Integration schon gemacht hat, vor Ort Integrationsnetzwerke zu bilden, damit die Integration schneller vorankommt und man auch sieht – das kann man eben nur vor Ort nach der Situation entscheiden –, welche Maßnahmen im Einzelnen sinnvoll und richtig sind.
Wir wünschen uns auch mehr solche Angebote in den Herkunftsländern von Zuwanderungswilligen. Wir finden es natürlich richtig, dass es da nicht nur um die Beherrschung der deutschen Sprache geht, sondern auch um Orientierungshilfe. Die Zuwanderer sollen teilhaben am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Fundament dafür sind die Grund- und Menschenrechte, die Demokratie und der Rechtsstaat, Toleranz und Gewaltfreiheit, die Unterscheidung zwischen Staat und Religion. Da wird nicht zu viel verlangt, sondern da muss mehr getan werden.
Die Große Koalition in Berlin macht da leider nur kleine Schritte. Eine Aufstockung der Kurse und auch eine Verbesserung der Vergütung der Anbieter ist überfällig. Es geht nicht, dass hier der billige Jakob immer den Vorrang hat. Vielmehr brauchen wir dort Weiterbildungsanbieter, die diese Aufgabe auch richtig erfüllen.
Bei einer Verweigerung der Teilnahme an einem solchen Integrationskurs müssen sozialrechtliche Sanktionen konsequent angewendet werden. Wir haben schon immer betont: Integration ist keine Einbahnstraße. Darüber gibt es auch mit den meisten Zuwanderern überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten. Die meisten sind ja gut integriert. Wir können sie nur ermuntern, sich noch stärker einzubringen – in Elternbeiräten, in der Vereinsarbeit, im politischen Leben, in der Betriebsarbeit. Wir erwarten auch von ausländischen Vereinen und Gruppen, dass sie aktiv zur Mitarbeit in all diesen gesellschaftlichen Bereichen aufrufen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion GRÜNE, der Gegenstand dieser Debatte ist, wurde ja schon im Dezember 2006 gestellt. Mittlerweile sind mehr als sechs Monate vergangen. In dieser Zeit ist die Diskussion gerade auch zum Thema Integration fortgeschritten. Die Diskussion über Integration wird uns über Jahre hinweg weiter begleiten. Ich bin dankbar, dass sich da vieles versachlicht hat. Man hat dies auch in der heutigen Plenardebatte feststellen können. Erste Ergebnisse finden im aktuellen Gesetzesvorhaben zur Novellierung des Aufenthaltsgesetzes bereits ihren Niederschlag; Herr Kollege Wolf hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen. Auch Ihnen, Herr Kollege Stickelberger, bin ich dankbar für diese sachliche Analyse.
Es gibt natürlich noch viel zu tun. Man könnte auch in diesem Bereich noch mehr tun. Aber was wir bislang gemeinsam auf den Weg gebracht haben, ist doch beachtlich und bringt uns weiter.
Erstens: Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes sind in Baden-Württemberg über 40 000 Teilnehmer an Integrationskursen registriert. Etwas mehr als 1 000 Kurse wurden durchgeführt; derzeit laufen 1 300. Ich gehe davon aus, dass in diesem Haus Übereinstimmung darin besteht, dass dies – ungeachtet aller Anfangsschwierigkeiten, die es natürlich gegeben hat – ein erfreuliches Ergebnis ist.
Zweitens: Die uneingeschränkte Notwendigkeit, Integration zu fördern, aber auch einzufordern, ist unbestritten. Wir sind auch bei uns im Land mit der Integration der auf Dauer hier lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger auf gutem Weg. Dieser Weg ist in vollem Umfang auch mit dem Integrationsbeauftragten dieses Landes, Herrn Kollegen Goll, abgestimmt, und wir werden diesen Weg auch weiterhin gemeinsam gehen. Je mehr Übereinstimmung wir hier in diesem Hohen Hause erzielen, desto besser für alle Beteiligten
und im Übrigen auch desto besser für die Gesellschaft insgesamt, auf deren Akzeptanz, auf deren Bereitschaft zur Integration es natürlich auch ankommt.
Jetzt ist die Formulierung gebraucht worden – Herr Stickelberger, mir fällt im Moment keine bessere ein; auch Herr Wölfle hatte diesen Begriff verwendet, und deshalb wähle ich ihn jetzt auch; Sie sehen es mir nach –, dass höchste Priorität die Integration der sogenannten Bestandsausländer habe. Das sind die Mitbürgerinnen und Mitbürger, die schon länger hier leben. Dies gilt umso mehr, als viele aus dieser Gruppe jetzt, nach Inkrafttreten der Novellierung des Aufenthaltsgesetzes, ja die Möglichkeit erhalten, ein Bleiberecht zum Daueraufenthalt zu bekommen.
Drittens: Für die Integration dieser Bestandsausländer – die die Fraktion GRÜNE ja zum Gegenstand ihres Antrags gemacht hat – hat das Bundesamt ein Kontingent von rund 4 000 Plätzen für die in Baden-Württemberg lebenden Ausländer zu
geteilt. Im Jahr 2005 waren nur etwa 73 % dieser Plätze tatsächlich in Anspruch genommen worden – ich glaube, der Kollege Wolf hat es erwähnt –, aber im vergangenen Jahr waren es dann schon 84 %. Die Entwicklung zeigt, meine Damen und Herren, dass die zahlreichen Appelle, gerade auch vonseiten des Innenministeriums und des Integrationsbeauftragten der Landesregierung, gefruchtet haben.
Aber Integration ist und bleibt eine Bringschuld, und deshalb ist es legitim, an alle Beteiligten, namentlich an die auf Dauer bei uns bleibenden Ausländerinnen und Ausländer, zu appellieren, die Angebote des Staates zur Integration in unsere Gesellschaft auch wirklich in Anspruch zu nehmen. Dies ist – Herr Kollege Wölfle, ich sage dies ganz unaufgeregt, und ich denke, wir sind uns hier auch einig – kein unfairer Populismus, sondern ist schlichtweg notwendig, jedenfalls dann, wenn man es mit dem Grundsatz „Fördern und Fordern“ ernst meint.
Meine Damen und Herren, so erfreulich die heutige Bilanz ist, so kann sie doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch immer Handlungsbedarf besteht. Der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer beträgt in Baden-Württemberg rund 17 %. Der Anteil derer jedoch, die die Initiative ergreifen und sich von sich aus um die Teilnahme an einem Integrationskurs bemühen, beträgt in Baden-Württemberg nur zwischen 12 und 14 %. Ich halte es deshalb für geradezu geboten, an die Ausländer zu appellieren, in noch stärkerem Maße bereit zu sein, solche Integrationskurse zu besuchen.
Noch ein Weiteres will ich sagen: Von den Kursabsolventen haben im vergangenen Jahr nur rund 64 % an der abschließenden Prüfung am Ende des Kurses teilgenommen. Gerade einmal 45 % haben die Prüfung bestanden. Die Prüfungsanforderungen sind nun weiß Gott nicht überzogen hoch. Das unterstreicht, dass wir zu einer noch stärkeren Erfolgs- und Zielorientierung bei der Durchführung dieser Integrationskurse kommen müssen.
Baden-Württemberg – auch auf diesen Aspekt will ich noch eingehen – wird der Novellierung des Aufenthaltsgesetzes zustimmen. Wir halten es für richtig, auf das Erfordernis der erfolgreichen Teilnahme an einem Integrationskurs abzustellen. Es kann nicht sein, dass es lediglich auf eine bloße Teilnahme, also auf die rein physische Präsenz, ankommt. Entscheidend ist der Erfolg, und nur, wer diesen Erfolg vorweist, sollte letztlich auch ein Aufenthaltsrecht erhalten.