der eigentlich zur Beratung im Ständigen Ausschuss vorgesehen gewesen war und der uns erst heute zur Verfügung gestellt wurde.
Halten Sie sich da also zurück, vor allem, wenn es um die zeitlichen Fristen der Einbringung von Gesetzesänderungsvorschlägen geht.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben, was das Strafvollzugsgesetz angeht, die Grundsätze in der ersten Lesung besprochen. Ich will deshalb nur auf die konkreten Änderungsanträge eingehen, die wir heute zu verabschieden haben.
Zunächst einmal zum Erziehungsauftrag. Kollege Zimmermann, Sie haben fälschlicherweise ausgeführt, dass der Erziehungsauftrag ganz vorne im Gesetz stehe. „Ganz vorne“ bedeutet aber bei uns § 1 oder § 2. Dahin gehört der Erziehungsauftrag, nicht in die Vorschrift von § 21, die man ganz am Ende des Gesetzestextes findet.
Deswegen ist der Änderungsantrag Drucksache 14/1434-1 absolut richtig. Der Erziehungsauftrag muss nach vorne. Er muss gleich an den Kopf des Gesetzes, damit alle, die sich mit diesem Gesetz befassen, wissen, worum es geht. Wenn der Erziehungsauftrag ernst genommen wird, dann ist die kriminalpräventive positive Folge automatisch dabei.
Stimmen Sie also diesem Änderungsantrag zu. Sie hatten zwischen der Sitzung des Ständigen Ausschusses und heute Zeit, noch einmal in sich zu gehen. Nehmen Sie die Chance wahr. Dann wird das eine Sternstunde des heutigen Sitzungstags.
Der nächste Änderungsantrag geht ganz konkret darum, dass die Grünen und die SPD wortgleich beantragt haben, endlich die Regelung zu treffen, dass das „erforderliche Personal“ zur Verfügung gestellt werden muss. Es geht nicht um irgendeine nebulöse Formulierung, sondern um das erforderliche Perso
nal. Dieses erforderliche Personal muss auch geeignet und qualifiziert sein, um diese wichtige Aufgabe wahrzunehmen.
Das ist kein Spleen der Grünen oder der SPD, sondern das ist die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts.
Das Bundesverfassungsgericht ist heute schon mehrfach zitiert worden. Dem müssen wir doch folgen. Wir können doch nicht etwas in das Gesetz schreiben, was hinter die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zurückfällt.
Der nächste Punkt betrifft die Mitwirkungspflicht, die Sie explizit in das Gesetz hineingeschrieben haben. Sie hatten jetzt wirklich Zeit, das nach der Sitzung des Ständigen Ausschusses noch einmal zu überprüfen. Die Mitwirkungspflicht der Gefangenen – nicht das Mitwirkungsrecht – führt nach Aussage aller Fachleute dazu, dass ein Risiko entsteht, dass der Vollzugsanstalt für die Gefangenen, die sich nicht im Sinne der Vollzugsanstalt beteiligen, ein Sanktionsmechanismus an die Hand gegeben wird, um sie von Maßnahmen auszuschließen.
Denken Sie einmal darüber nach, was für ein Personenkreis von Jugendlichen in die Situation kommt, dass er sich weigert und nicht mitspielt. Es sind genau die Schlimmsten und die Gefährlichsten, die wir dazu kriegen müssen. Wenn wir denen von vornherein eine Mitwirkungspflicht aufoktroyieren, bekommen wir sie gerade nicht dazu, sich an ihrer eigenen Verbesserung zu beteiligen, mit der Folge, dass sie dann die Endstrafe komplett absitzen. Wenn aber ein Strafgefangener seine Endstrafe komplett absitzt, dann bekommt er nach der Entlassung keine Bewährungsaufsicht und keinen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Das heißt, Sie haben draußen jemanden herumlaufen, der sich konsequent geweigert hat, der die Maßnahmen als Sanktion nicht bekommen hat und hinterher völlig unbehandelt wieder aus der Anstalt entlassen wird. Das – das muss ich sagen – kann nicht im Sinne derjenigen sein, die hier ein neues Strafvollzugsgesetz vereinbaren wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Ganz schnell! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Das steht auch so nicht drin! Das wissen Sie! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Aber die Wirkung hat es! Natürlich!)
Hören Sie jetzt einmal zu! – Das ist die Konsequenz aus dem, was Sie dort sagen. Sie geben den Leuten eine Sanktionsmöglichkeit für fehlende Mitwirkung bei einem Personenkreis an die Hand, der von sich aus hochgradig gefährlich, besonders gefährlich ist und deswegen besonderer Fürsprache bedarf.
Wir kommen zu dem sogenannten legendären § 22 Abs. 2, den wir komplett streichen wollen. Meine Damen und Herren, wir
haben bemängelt, dass diese Vorschrift und dieses Erziehungsziel nicht einmal im Kindergartengesetz stehen.
Dazu wurde im Ausschuss gesagt, es sei witzig, was wir da forderten, weil die Kinder im Kindergarten noch gar nicht verstehen könnten, was dieses Gesellschaftsbild und diese religiösen Vermittlungsziele bedeuten. Wie kommen Sie denn darauf, dass ausgerechnet Schwerverbrecher und Gewaltverbrecher, die womöglich eine schwierige Kindheit hatten, in der Lage wären, diese Ziele im Strafvollzug zu verstehen?
(Abg. Karl Zimmermann CDU: In welche Richtung wollen Sie sie denn erziehen? – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Sehr wohl!)
Wir wollen die Leute im Jugendstrafvollzug so erziehen, dass sie in der Lage sind, ihr Leben straffrei und gemeinschaftsfähig zu leben. Das ist schon genug.
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Dazu gehört das! Dazu gehört auch § 22 Abs. 2! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Der Strafvollzug ist doch letztlich ein Reparaturbetrieb. Wenn dieselbe Gesellschaft, die bei diesen Leuten in der Erziehung im Kindergarten, in der Grundschule, in der Schule oder bei Integrationsbemühungen zum Teil versagt hat,
dann, wenn die Personen in den Strafvollzug kommen, mit dem großen Zeigefinger sagt: „Das ist das Weltbild; danach sollst du leben“, obwohl das in den Jahren zuvor piepegal war, dann kann das so nicht sein. Nehmen Sie diese Vorschrift heraus.
Im Übrigen ist das auch ganz im Sinne Ihrer eigenen Gesetzesbegründung, Herr Minister Goll. Ich darf aus Seite 58 der Drucksache aus der Gesetzesbegründung zitieren. Da haben Sie gesagt, dieses Gesetz solle „Regelungen auf das notwendige Maß beschränken“, und zwar deswegen, „weil die jungen Gefangenen mit einem Dickicht von Normen überfordert wären“. Das steht explizit darin. Aber, bitte schön, mit der Bestimmung in § 2 Abs. 2 zum Recht auf Nächstenliebe und zu Liebe zu Volk und Heimat sind die Betroffenen nun wirklich überfordert. In diesem Sinne sagen wir: Lassen Sie das heraus, streichen Sie das!
(Abg. Karl Zimmermann CDU: „Streichen Sie die Nächstenliebe! Damit fangen die Gefangenen nichts an!“ Das ist doch unmöglich! Das ist menschenver- achtend!)
Zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU kann ich so viel sagen: Da können wir mitgehen. Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU ist korrekt gefasst. Da geht es um eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Fassung.
Die beiden Grünen-Anträge, die wir schon im Ausschuss abgelehnt haben, werden wir auch im Plenum ablehnen, weil wir der Meinung sind: Es gibt keinen generellen Vorzug von Bildung vor Arbeit. Gerade bei diesem Personenkreis sind wir bei einem Teil sehr zufrieden, wenn wir sie überhaupt zur täglichen Beschäftigung bekommen. Und die Konfliktregelungsverfahren, die die Kollegen der Grünen vorgeschlagen haben, sind uns im Vergleich zum vorgelegten Gesetzestext wirklich zu kompliziert.
Wenn Sie unseren Anträgen zustimmen, dann bekommen wir ein Gesetz, dem wir auch im Ganzen zustimmen können. Wenn nicht, dann nicht. Insofern: Überlegen Sie sich noch einmal Ihre Haltung.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Schade, schade, schade! Eine Chance vertan!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Jugendstrafvollzugsgesetz, das wir heute in zweiter Lesung beraten, war für mich – so hatte ich das für unsere Fraktion ja auch schon eingangs, zu Beginn der Beratungen, gesagt – ein gewisser Prüfstein zu der Frage, was die Föderalismusreform I denn für den Landtag – für den Landtag! – an zusätzlichen Kompetenzen bringt. Ich muss Ihnen heute noch vor Beendigung der zweiten Lesung sagen: Ich bin enttäuscht. Das scheint doch eher der Exekutivföderalismus als der Legislativföderalismus zu sein; denn das, was jetzt an Anträgen aus dem Parlament gekommen ist, kommt zu 99 % von der SPD und den Grünen; wir haben hier insgesamt zehn Anträge zur Abstimmung gestellt.
Das ist im Übrigen der Grund, Kollege Zimmermann, warum wir auch im Plenum nochmals mit diesen Anträgen arbeiten. Das ist ein gutes parlamentarisches Recht, das Sie zu keiner Zeit infrage stellen sollten.
Wenn ich mir den Antrag, der aus der CDU-Fraktion kommt, anschaue, muss ich sagen, lieber Kollege Zimmermann: