Ich will noch ergänzend darauf hinweisen: Wenn wir davon sprechen, dass wir eine neue Gründerkultur wollen, dann müssen wir im Grunde sehr früh bei den Jungen ansetzen. Ich sage: Wir müssen bereits in der Schule ansetzen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Dafür ist Herr Rau zuständig!)
Herr Rau ist auch zuständig, aber vieles findet mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums statt. So finden z. B. im Land Baden-Württemberg in der Zwischenzeit an 250 von 350 Gymnasien des Landes entsprechende Planspiele statt, Unternehmerplanspiele, in denen junge Leute an das Thema „freies Unternehmertum“ herangeführt werden.
Beispielsweise finden an 40 Universitäten und Hochschulen des Landes entsprechende wettbewerbsorientierte Planspiele für Unternehmer statt. Beispielsweise sind an 250 weiteren Schulen des Landes Baden-Württemberg Schülerfirmen gegründet worden,
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Und Herr Rau? Was macht Herr Rau? Der soll doch auch etwas machen! – Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)
Ich will damit zum Ausdruck bringen: Wenn wir Ja dazu sagen, dass eine solche neue Unternehmerkultur gegründet werden soll, dann müssen wir auch Ja dazu sagen, dass diese Gedanken möglichst früh in den Schulen eingeführt werden. Genau das macht Baden-Württemberg, und zwar in einem Umfang wie kein anderes Bundesland in Deutschland.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Planspiele! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo ist das Problem?)
Jetzt komme ich auf das Problem zu sprechen: Das Problem besteht darin, dass Kollege Schmiedel genauso wie alle anderen hier jeden Sonntag zwischen elf und ein Uhr das Hohelied auf den Mittelstand singen.
Das machen sie in der Kreisliga, das machen sie in der Champions League, das machen Politiker aller Couleur. Das ist auch gut so. Nicht so gut finde ich es, wenn dann in der aktuellen Tagespolitik häufig das Gegenteil dessen getan wird, was in diesen Sonntagsreden gepredigt wird.
Genau! – Diesem Finanzminister werfe ich vor, dass er zwar auch das Hohelied auf die mittelständische Wirtschaft singt, aber in vielen Teilen das Gegenteil dessen tut, was er sagt.
Man kann das leicht beweisen. Herr Kollege Schmiedel, ich kritisiere ja nicht, sondern begrüße es im Gegenteil ausdrücklich, wenn für die großen Kapitalgesellschaften jetzt eine deutliche, nennenswerte, im Blick auf das internationale Niveau richtige Entscheidung – also eine Entscheidung Richtung Entlastung – gefällt worden ist.
Diese Entscheidung schätze ich als absolut richtig ein. Aber ich halte es für falsch, wenn Personengesellschaften – das sind in Baden-Württemberg immerhin 80 % der Betriebe; darunter sind auch Handwerksbetriebe und kleinere Betriebe – von dieser Entlastung so gut wie nichts mitbekommen.
Das hängt damit zusammen, dass eine Entlastung wie bei den Kapitalgesellschaften zunächst einmal nicht stattfindet. Sie könnte nur dann stattfinden, wenn eine Thesaurierungsrücklage, eine Ansparrücklage in Anspruch genommen würde. Jetzt wissen wir aber – Kollege Rülke hat zu Recht darauf hingewiesen –, dass viele dieser kleineren Firmen, viele der kleinen Handwerksbetriebe das überhaupt nicht richtig in Anspruch nehmen können, sodass dies ohne Wirkung bleibt.
Auf der anderen Seite werden die Möglichkeiten, die es bisher gab – Abschreibungsmöglichkeiten etc. –, eingeschränkt. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks hat auf den Punkt gebracht, wozu das führt. Er und viele andere Fachleute rechnen nach, dass die kleineren Unternehmen unter dem Strich nicht nur nicht entlastet werden, sondern dass 88 % dieser kleinen Unternehmen aufgrund dieser Politik steuerlich sogar zusätzlich belastet werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sauerei! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Unglaublich! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist das Problem!)
Wenn das auch nur zur Hälfte stimmen sollte, dann bleibt unter dem Strich das Thema Mittelstandslücke. Es bleibt die Frage: Haben wir bei dieser Unternehmensteuerreform genügend für diejenigen getan, die wir so gerne loben? Da sind allergrößte Zweifel angebracht. Das ist auch offen diskutiert worden. Der Begriff Mittelstandslücke stammt im Grunde vom Bundeswirtschaftsminister. Er hat diesen Begriff meines Erachtens zu Recht geprägt. Er hat damit auch deutlich gemacht, dass hier noch ein großer Nachholbedarf besteht.
Ich bin diesem Haus außerordentlich dankbar dafür, dass es hier keinen Einzigen gegeben hat, der die Bedeutung der Unternehmensnachfolge nicht bestätigt hätte. Ich habe die Zahlen genannt. Man muss das im Detail gar nicht weiter ausführen. Es ist völlig klar: Wir im Land müssen unsere Hausaufgaben machen, und ich glaube, wir machen sie auch.
Frau Kollegin Sitzmann, über die Frage, wie wir Existenzgründungen und Existenzübernahmen fördern, werden wir zu gegebener Zeit in aller Ruhe im Wirtschaftsausschuss beraten. Aber auf eines will ich schon einmal hinweisen, weil Sie das mit Blick auf den Rechnungshof zum Teil auch ein bisschen kritisch unterlegt haben:
Erstens: Existenzgründung und Unternehmensnachfolge sind gleichwertig und gleichgewichtig. Da gibt es bei der Förderung keinen Unterschied, und das ist auch richtig so.
Zweitens: 80 % aller Unternehmen, deren Existenzgründung wir im Land Baden-Württemberg gefördert haben, sind heute, nach fünf oder sechs Jahren, noch am Markt. Das ist ein Beweis dafür, dass wir richtig gefördert haben. Es ist ein Beweis dafür, dass wir in einer Art und Weise gefördert haben, die nachhaltig ist.
Unabhängig davon, wie wir das zukünftig im Detail in der Praxis regeln werden – das wird man sehen –, lege ich schon größten Wert auf die Feststellung: Wenn wir Existenzgründer auf den Weg bringen wollen und wenn wir wollen, dass Übernahmen erfolgreich sind, dann müssen wir auch mit entsprechenden Maßnahmen – sie sind genannt worden – hilfreich zur Seite stehen.
Ich will nicht, dass wir Existenzgründungen und -übernahmen von Unternehmen fördern, die nach wenigen Jahren wieder vom Markt verschwunden sind. Das kann nicht unser Ziel sein. Wir müssen darauf achten, dass diese Maßnahmen nachhaltig wirken. Ich glaube, dass Baden-Württemberg mit dem Zwölfpunkteprogramm und mit anderen Maßnahmen wirklich ein richtiges und gutes Instrumentarium hat.
Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hinweisen – das muss man sich ja auf der Zunge zergehen lassen –: Europaweit haben sich 400 Existenzgründungsorganisationen und Übernahmeorganisationen, also Institutionen, die für dieses Thema zuständig sind, beworben, als es um die Fragestellung ging: Wer hat die beste Existenzgründungsinitiative und Übernahmeinitiative in Europa? Dabei hat BadenWürttemberg die Goldmedaille gewonnen: ifex wurde zur bes ten einschlägigen Initiative in Europa ernannt. Auch das ist ein Beispiel dafür, meine Damen und Herren, dass wir gut aufgestellt sind.
Noch einmal: Mir kommt es darauf an, nicht nur über die finanziellen Möglichkeiten zu sprechen, sondern diesen Gedanken einer neuen Unternehmenskultur für Baden-Württemberg besonders stark in den Vordergrund zu stellen.
Meine Damen und Herren, man kann es zusammenfassen und sagen: Wir müssen auf allen Gebieten – wirklich auf allen Gebieten – dafür sorgen, dass in der Zukunft der Sprung in die Selbstständigkeit nicht erschwert, sondern erleichtert wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich dem Kollegen Schmiedel recht geben: Ich sehe viele Probleme; eines davon sind Sie. Das ist keine Frage.
Zunächst einmal haben wir uns ja schon darüber verständigen können, dass alle Fraktionen in diesem Haus die Überzeugung teilen, dass Familienunternehmen und Unternehmensnachfolge Themen von zentraler Bedeutung sind, weil eben diese Familienunternehmen die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen und eine außerordentlich hohe Bindung an den Standort und die Beschäftigten haben.
Der Wirtschaftsminister hat es ausgeführt: Wir haben im Land vonseiten der Wirtschaftspolitik unsere Hausaufgaben gemacht. Es ist deutlich geworden, wie erfolgreich das ifex-Programm ist und wie auch die Wirkungen des Zwölfpunkteprogramms sind. Allerdings haben die Familienunternehmen häufig das Problem eines geringen Eigenkapitals, und sie haben auch nur begrenzte Möglichkeiten, an Fremdkapital zu kommen. Basel II erschwert die Situation zusätzlich.
Deshalb muss eben bei der Steuerpolitik angesetzt werden, um die Bedingungen für die Familienunternehmen und für die Übergabe der Familienunternehmen zu verbessern. Das geschieht aus unserer Sicht viel zu wenig.
Es sollte eben nicht vorkommen, dass Unternehmen zur Begleichung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer ganz oder teilweise veräußert werden müssen. Die Perspektive, Unternehmen von der Erbschaftsteuer freizustellen, wenn sie zehn Jahre lang weitergeführt werden, ist im Prinzip richtig. Sie haben das angesprochen, Frau Netzhammer. Da steckt aber der Teufel noch im Detail.
Ja, eben, das Gesetz ist noch nicht fertig; so schnell arbeitet die Große Koalition. – Es darf nicht sein, dass ein Unter
nehmer dazu motiviert wird, bei einer Betriebsübergabe lieber die Erbschaftsteuer zu bezahlen und den Betrieb abzuwickeln, als ihn weiterzuführen,