Ich habe mir die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu der Beratenden Äußerung des Rechnungshofs noch einmal herausgesucht. Da werden Organisationsmängel beklagt, aber es wird z. B. auch beklagt, dass im Moment nach § 25 des Erbschaftsteuergesetzes Bagatellfälle jahrzehntelang arbeitsintensiv überwacht werden müssen.
Deshalb bin ich ebenfalls auf die Antwort der Landesregierung gespannt, die bis Ende Juni dieses Jahres erfolgen soll und die Auskunft darüber geben wird, was sie inzwischen in dieser Sache erreicht hat. Nur ist es eigentlich üblich, Frau Kollegin Sitzmann, dass man einen solchen Zeitpunkt abwartet und dann nachhakt und nachfragt, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
Sie aber haben schon im November aus den Daten, die der Rechnungshof zur Verfügung gestellt hat, genau die fünf Jahre herausgegriffen, die Ihnen gepasst haben. Da drängt sich mir schon der Spruch auf: Trau keiner Statistik, die du nicht selbst erstellt hast!
Gerade bei dem, was Sie eben gezeigt haben, sind die Sonderfälle nicht herausgerechnet. Bei der Erbschaftsteuer gibt es glücklicherweise auch einmal wirklich richtig große Brocken – aber eben nicht in jedem Jahr. Wenn Sie eine Reihe erstellen wollen, müssen Sie solche Fälle eliminieren. Das lernen Sie im ersten Semester Statistik.
Dieser Antrag betrifft, glaube ich, keine Frage der Steuergerechtigkeit, sondern ist ein Zeichen grüner Neideiferei. Da ist nämlich herauszulesen: Ihr müsst mehr einkassieren; ihr seid da nicht genügend hinterher.
(Beifall der Abg. Hagen Kluck und Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Unruhe bei der SPD – Abg. Rein- hold Gall SPD: Was hat das mit Neid zu tun? Das ist Gerechtigkeit!)
Sie haben von Steuerausfällen gesprochen, die nachgewiesen seien. Sie dürfen sicher sein: Das Land wird sich da nichts entgehen lassen. Das hat die Landesregierung auch deutlich aufgezeigt.
Ich habe eine Einladung zu einer am Samstag stattfindenden Veranstaltung bekommen: „Abschlussdiskussion: Die Reform der Unternehmen- und Erbschaftsteuer – Bleiben Gerechtigkeit und Vereinfachung auf der Strecke?“ Das ist das Problem, das uns in Zukunft interessieren muss.
Was wir jetzt zur Unternehmensteuerreform gehört haben, war, dass sowohl der Wirtschaftsminister als auch die Kanzlerin schon an dem Tag, als sie beschlossen wurde, sagten, man müsse da noch nachbessern. Das lässt mich für die Erbschaftsteuer Schlimmes befürchten.
Denn auch bei der Unternehmensteuerreform ist es so, dass für die Konzerne zwar Verbesserungen drin sind, dass aber dadurch, dass im Gegenzug auch Vorteile wegfallen, insbesondere die mittelständischen Betriebe, die keine Kapitalgesellschaften sind, welche von den neuen Vorteilen profitieren könnten, die Gekniffenen sind.
Herr Kollege Wetzel hat mich dankenswerterweise noch einmal darauf hingewiesen, dass man bei dem neuen Entwurf eines „Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge“ – das ist wieder einmal so ein richtig euphemistischer Titel – zwar vorgesehen hat – was ich auch für richtig halte –, die Erbschaftsteuer, was Betriebe betrifft, zunächst zu stunden und dann pro rata temporis in Zehnjahresschritten zu erlassen. Aber auch da fallen bisherige Erleichterungen weg.
Das hat den gravierenden Fehler, dass Erben, die das Unternehmen weiterführen, dies zwar einigermaßen ordentlich tun können, dass aber z. B. alle weichenden Erben nun wirklich gekniffen sind. Das ist ein Riesenproblem, weil die dann mit dem, was sie bekommen, nicht mehr zufrieden sein werden, wenn es viel höher besteuert wird. Innerhalb der Familie wird eine Unternehmensnachfolge noch viel komplizierter werden, als sie es schon bisher ist. Sie dürfen mir glauben – ich habe auf diesem Feld seit 30 Jahren Berufserfahrung –: Das ist kein einfaches Werk, vor allem dann, wenn es laufend eine neue Gesetzgebung gibt.
Was ist jetzt zur Unternehmensfortführung vorgesehen? Ich lese es Ihnen einmal vor: Der Betrieb soll „in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt werden.“ Wie wird dieses Gesamtbild beurteilt? Unter anderem „nach dem Umsatz, dem Auftragsvo
lumen“. Ich bitte Sie! Jeder Unternehmer hätte gern, dass er das selbst bestimmen könnte. Aber darüber entscheidet nicht der Unternehmer, sondern seine Kundschaft. Da kann er halt auch einmal Pech haben. Da kann ich doch nicht sagen: „Wenn du dieses Jahr wirtschaftlich Pech hast, musst du auch noch Erbschaftsteuer zahlen.“ Das geht einfach erheblich an der Realität vorbei. Deswegen muss da noch stark nachgearbeitet werden.
Ein Punkt, der noch gar nicht bedacht ist – er wurde teilweise bereits angesprochen –, bezieht sich z. B. auf ein einfaches Einfamilienhaus, das in Baden-Württemberg einen Wert hat, zu dem Sie in Mecklenburg-Vorpommern fünf stattliche Villen bekommen.
Deswegen kommen Sie mit einem einheitlichen Freibetrag überhaupt nicht klar. Insbesondere im Raum Stuttgart würden Sie nach dieser Regelung künftig schlicht und ergreifend keinen landwirtschaftlichen Betrieb mehr vererben können, vor allem wenn noch mehrere Kinder da sind und die weichenden Erben dann ihren Teil z. B. verpachten. Dann sollen die verpachteten Flächen mit der vollen Erbschaftsteuer belastet werden. Das kann nicht aufgehen. Da gibt es noch sehr viel zu tun.
Es gibt aus der FDP den Vorschlag, im Rahmen der Föderalismusreform II die Erbschaftsteuer ganz in die Zuständigkeit der Länder zu geben. Dann bestünde z. B. die Möglichkeit, Freibeträge wesentlich passender zu gestalten. Andernfalls sehe ich schon den nächsten Fall vor dem Bundesverfassungsgericht, dass nämlich ein Schwabe gegen die absolut ungleiche Behandlung im Vergleich zu einem Erben aus Mecklenburg-Vorpommern klagt.
Sie sehen, im Thema Erbschaftsteuer steckt jede Menge Handlungsbedarf. Der hier vorgelegte „Neidantrag“ der Grünen gehört allerdings nicht dazu.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich sagen: Ich kann es voll nachempfinden, dass sich Herr Schmid nach einem einleitenden Satz sogleich einem viel aktuelleren und wichtigeren Thema zugewandt hat, nämlich der Erbschaftsteuerreform, zumal dazu in Berlin wahrscheinlich morgen ein entscheidender Durchgang stattfinden wird.
Aber die Grünen haben einen Anspruch darauf, dass ich auf ihre Annahmen oder Verdächtigungen eingehe und ihnen die entsprechenden Zahlen noch einmal liefere – über das hinaus, was bereits schriftlich mitgeteilt wurde und was im Ausschuss gesagt wurde. Aber ich glaube, da gilt es doch noch einmal ein paar klärende Worte zu sprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können uns in Baden-Württemberg bei der Erbschaftsteuer als reiner Län
dersteuer in der Tat keinerlei Ausfälle leisten. Das Erbschaftsteueraufkommen ist jedoch als Erbanfallsteuer sehr starken Schwankungen unterworfen.
Als Finanzstaatssekretär habe ich auch keinen Einfluss darauf, wie viel Vermögen auf einen Erben übergeht.
In jedem Fall gönne ich jedem Erben eine möglichst große Erbschaft, aus der er dann sicherlich auch problemlos die Erbschaftsteuer an den Fiskus abliefern kann.
Der von den Grünen vorgegebene Vergleichszeitraum – das ist vorhin vom Kollegen Reichardt und von Ihnen, Frau Kollegin Berroth, völlig zu Recht erwähnt worden – von fünf Jahren ist nach meinem Dafürhalten in keiner Weise aussagekräftig. Die Erbschaftsteuer fällt innerhalb einer Generationenfolge einmalig an. Außerdem schwankt das Erbschaftsteueraufkommen sehr stark. Um die Entwicklung des Aufkommens seriös beurteilen zu können, müssen meines Erachtens die Daten von mindestens zehn Jahren zugrunde gelegt werden. Das Statistische Bundesamt, aber auch der Landesrechnungshof gehen bei ihren Berechnungen ebenfalls so vor und legen einen Zehnjahreszyklus zugrunde.
Im Allgemeinen verursachen bedeutende Einzelfälle einmalige Sondereffekte. Das Aufkommen kann erst nach einer Bereinigung um solche Sonderfälle beurteilt werden. Anhand der Aufkommenszahlen für Baden-Württemberg von Januar und Februar 2007 wird dies besonders deutlich. Die Erbschaft- und Schenkungsteuereinnahmen betrugen im Januar 2007 59,2 Millionen € und im Februar 2007 145,3 Millionen €.
Im Vergleich zu den Zahlen des Vorjahrs, 2006, ergibt sich in Baden-Württemberg somit für Januar eine Steigerung um 44,2 % und für Februar eine Steigerung um 286,2 %.
Der ungewöhnlich hohe Anstieg im Februar mit einer Mehreinnahme von 107,6 Millionen € wird jedoch stark von zwei Einzelfällen mit einer Steuerzahlung von über 102 Millionen € beeinflusst.
(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Das habe ich vorhin gesagt! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wer war das? – Heiterkeit)
Ohne diese beiden Fälle lägen die Mehreinnahmen nur bei 5,2 Millionen € – immer noch eine Steigerung um rund 14 %.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Statistiken sind, wie Sie an diesem ganz aktuellen Beispiel sehen, eine Sache für sich. Je nachdem, wie Sie eine Statistik interpretieren, können Sie fast immer zu Ihrem Wunschergebnis kommen. Wenn Sie als Basisjahr z. B. das Jahr 1997 wählen, ist unser Aufkommen bis 2005 mit 82,7 % sogar stärker gestiegen als das Aufkommen im Bundesdurchschnitt, das eine Steigerung um 77,2 % aufweist.
Für mich aber ist entscheidend, wenn man all dies jetzt zusammennimmt, dass sich das Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen in Baden-Württemberg in den letzten Jahren im bundesweit üblichen Rahmen positiv nach oben entwickelt hat. Auch die aktuellen Zahlen bestätigen diesen Aufwärts trend.
Verehrte Frau Sitzmann, wenn Sie noch die entsprechenden Prozentangaben wollen: Im Zehnjahresschnitt von 1997 bis 2006 haben die Einnahmen bei uns – bereinigt um die Ausreißer, um die Sondereffekte und damit vergleichbar gemacht – um 110 % zugenommen, während sie beim Bund um 80 % zugenommen haben.
Im Jahr 2006 lagen die Erbschaft- und Schenkungsteuereinnahmen in Baden-Württemberg mit 660,9 Millionen € um knapp 93 Millionen € über dem Vorjahresergebnis von 568,1 Millionen €. Dies ist für das Land ein neues Rekordergebnis, über das ich mich natürlich auch sehr freue,
vor allem da sich das Aufkommen 2006 bundesweit, im Gegensatz zu unserem Ergebnis, um 8,2 % reduziert hat. Aber auch das ist eine Momentaufnahme, wie ich Ihnen bereits vorhin aufgezeigt habe.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Als Finanzstaatssekretär des Landes habe ich ein großes Interesse daran, dass nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts zügig eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen wird – zum einen, wie richtig erwähnt wurde, insbesondere auch zugunsten unseres Mittelstands, zum anderen aber auch, damit wir als Land Baden-Württemberg auch in der Zukunft eine profitable Erbschaftsteuer einheimsen können.