Protocol of the Session on February 14, 2007

auf jeden Fall stärker als in der Ära Rot-Grün, aber auch stärker als selbst in der konservativ-liberalen Ära? Welche Feststellung treffen Sie dazu?

Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage: Immer dann, wenn die FDP mitregiert hat, war die Verschuldung – unabhängig davon, mit welchem Partner sie regiert hat – auch ihr Mittel der Politik?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das war wegen der Wünsche der APO! – Heiterkeit)

Herr Kollege Metzger, dem ersten Teil Ihrer Frage kann man ja nur zustimmen, weil Sie Fakten genannt haben.

Man kann hierzu feststellen: In der Zeit der Regierungsbeteiligung der FDP im Bund nach dem Krieg bis zur Großen Koalition war der Bundeshaushalt in Ordnung. Dann kamen andere Zeiten. Ich habe auch angesprochen, warum das so war.

Es ist festzuhalten, dass es auch Ihnen in der Zeit, als Sie an der Regierung beteiligt waren – und Sie auch im Bundestag waren –, nicht gelungen ist, zu sparen, sondern dass die Verschuldung munter weitergegangen ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Deshalb halte ich fest, meine sehr verehrten Damen und Her ren: Keine der hier oder in den anderen Parlamenten vertretenen Fraktionen hat es in den vergangenen Jahren geschafft, ohne Schulden auszukommen.

Deshalb spreche ich ja auch von einem Paradigmenwechsel, von einem Wechsel der Mentalität. Wir müssen auch von der Anspruchshaltung der Bürgerinnen und Bürger wegkommen. Dabei gibt es keine andere Partei, die das so klar formuliert wie die FDP.

(Abg. Ernst Behringer CDU: Das ist jetzt aber stark übertrieben!)

Wir sagen: Wir wollen den Staat auf seine Kernaufgaben zurückschneiden. Wir wollen die Eigeninitiative und die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger stärken. Jetzt kommt es darauf an, ob man mit einem Neuverschuldungsverbot in der Verfassung nicht eine Sicherung einbauen kann, die zumindest diesen starken Anstieg der Verschuldung bremsen kann, sodass die Entwicklung nicht immer so weitergeht.

Dabei müssen wir beim Leitbild etwas aufpassen: Nicht das Leitbild Nullnettoneuverschuldung ist das richtige, sondern das Leitbild müsste eigentlich sein, Überschüsse zu erwirtschaften.

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr richtig!)

Ich sage das deshalb, damit wir uns klarmachen, welche Anstrengungen wir eigentlich erbringen müssen, um die viel zu hohe Verschuldung aus der Vergangenheit wieder abbauen zu können. Dazu müssten wir erst einmal ein paar Jahre lang Überschüsse erwirtschaften. Keiner weiß im Moment, wie das gelingen kann. Aber zumindest ist es das richtige Ziel, die Nullnettoneuverschuldung anzustreben und dann ein Verschuldungsverbot in die Verfassung aufzunehmen.

Wir haben uns das in der Koalition vorgenommen. Dass das leichter geht, wenn man Wirtschaftswachstum hat, ist klar. Mit Rückenwind ist das leichter, aber an einer grundsätzlichen Reform – darin sind wir uns ja auch völlig einig – und an Einsparungen führt kein Weg vorbei.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Jedenfalls die Finanzpolitiker sind sich darin einig. Die übrigen Politiker sehen das unter Umständen anders: Sie haben die Erfüllung von Aufgaben zu finanzieren und fragen uns, wie sie diese dann finanzieren sollen.

Fazit, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich spreche mich klar dafür aus, den Worten jetzt Taten folgen zu lassen. Der Rechnungshof hat einen Impuls gesetzt und hat einen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Aber die Vorschläge müssen diskutiert werden. Auch unter Volkswirten und Staatsjuristen gibt es unterschiedliche Auffassungen über die richtige Definition des Investitionsbegriffs und die richtige Formulierung eines Verschuldungsverbots.

Dieses Verbot muss offensichtlich streng genug sein, um eine permanente Erhöhung der Verschuldung, wie sie in den vergangenen Jahren erfolgte, auszuschließen. Es muss aber flexibel genug sein, um bei tatsächlichen Haushaltsnotlagen doch noch Flexibilität zeigen zu können.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Sie selbst, Herr Metzger, haben mit Ihrem Vorschlag zum Bildungspakt deutlich gemacht, dass es manchmal Anliegen gibt, die unabweisbar sind.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange- zeigt.)

Herr Präsident, ich nehme einfach die Zeit, die die Beantwortung der Zwischenfrage gekostet hat, noch zu meiner Redezeit dazu, um meinen Gedanken zu Ende zu führen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nix „einfach“!)

Doch. – Entschuldigung, ich bin ja gerade schon bei meinem Schlusssatz.

Es ist erforderlich, eine Formulierung zu schaffen, die flexibel genug ist, um eine tatsächliche Haushaltsnotlage abzuwenden.

Wir alle, meine Damen und Herren, sind aufgerufen, uns bei der gesamten Diskussion auch einmal selbstkritisch zu prüfen. Ist es nicht so, dass z. B. gute Kunst nur etwas ist, was Staatszuschüsse erfordert, weil ja Kultur, die sich selbst finanziert, Kommerz ist? Und ist es wirklich so, dass sich wichtige Bereiche wie Bildung, Daseinsvorsorge oder Gesundheit der ökonomischen Rationalität tatsächlich entziehen, obwohl doch jedermann weiß, dass die Mittel endlich sind und ein Euro eben nur einmal ausgegeben werden kann?

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, freue ich mich auf die Diskussion und möchte mich an dieser Stelle im Namen der FDP/DVP-Landtagsfraktion ganz herzlich beim Rechnungshof für seine mutigen Vorschläge in der Denkschrift 2006 und für die zur Erstellung der Denkschrift geleis tete Arbeit bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der CDU und der Grünen)

Für die Landesregierung erhält der Herr Finanzminister das Wort.

(Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Ist das die letzte Re- de?)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Denkschrift – ich wer

de dazu auch noch wenige Sätze sagen – ist das meiste eigentlich schon gesagt worden, und ich stehe fast hinter allen Aussagen. Aber eines war für mich doch interessant: Herr Theurer hat seinen Geburtsjahrgang genannt. Als er geboren wurde, hatte ich bereits mein Studium abgeschlossen und kenne deswegen die damalige Zeit.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Eines ist wichtig: In der Tat hat es damals Leute gegeben, die die Staatsverschuldung aus theoretischen Gründen für gut gehalten haben. Solche Ansichten werden heute nicht mehr vertreten. Das war die Richtung des Spätkeynesianismus. Als ich ein junger Bürgermeister war, ist mir vorgeworfen worden, ich hätte nicht eingesehen, wie wichtig es sei, Schulden zu machen.

Vorhin ist ein edler Wettstreit über die Frage ausgebrochen, wer am stärksten für die Nullverschuldung sei. Dabei ist neben vielem anderen gesagt worden, dass in der Zeit der sozialliberalen Koalition im Bund in der Tat die meisten Schulden gemacht worden sind.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Es ist überlegt worden, in welcher Konstellation man bisher am besten gearbeitet hat. Jetzt will ich doch einmal die historische Wahrheit nennen.

Es gibt zwei Fälle, in denen Länder die Nullnettoneuverschuldung erreicht haben. Das war zum einen die CSU in Bayern, die das allein geschafft hat, und das war zum anderen die CDU in Sachsen, die das allein geschafft hat. Ich glaube, das sollte man einmal festhalten.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Zufall!)

Das ist kein Zufall. Die einzigen Länder, denen es gelungen ist, die Nullnettoneuverschuldung zu erreichen, wurden von Alleinregierungen der Union geführt. Ich glaube, das muss einmal festgehalten werden.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Die Nächsten sind wir dann! – Glocke des Prä- sidenten)

Herr Finanzminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Palmer?

Ja. Das ist zwar gefährlich, aber ich gestatte die Zwischenfrage.

Bitte, Herr Abg. Palmer.

Herr Minister, wären Sie bereit, das Lob für die Regierung in Sachsen zurückzunehmen, wenn Sie die Tatsache berücksichtigen, dass dort Überschüsse erzielt werden, indem man das Geld baden-württembergischer Steuerzahler aus dem Finanzausgleich heranzieht?

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ja!)

Jetzt bringen Sie plötzlich die Nummer, die Sie mir sonst immer verbieten wollen.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Aber schauen Sie einmal nicht nur auf Sachsen, sondern auch auf Brandenburg und verschiedene andere Länder. Also, Ihren Hinweis kann ich allein nicht gelten lassen.

Herr Finanzminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?