Protocol of the Session on February 14, 2007

Schauen Sie sich an, welche Risiken im Etat auf einer anderen Baustelle liegen. Kann man sich für eine Nettonull wirklich schon auf die Schultern klopfen, wenn man hierfür das Tafelsilber verkauft?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das liegt doch nicht daran!)

Das Geld, das Sie aus Immobilienveräußerungen einnehmen, stecken Sie nicht in die Substanzerhaltung des Vermögens unseres Landes – allein der Sanierungsbedarf der Hochschulen und Fachhochschulen beträgt 3 Milliarden € –,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Was wollen Sie denn jetzt, Schulden abbauen oder Vermögen abbau- en?)

sondern in den Haushaltsausgleich, weil Sie nicht die Kraft haben, an den wichtigen Ausgabenpositionen strukturell zu sparen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Da müssen Sie das eine Silber durch das andere ersetzen!)

Herr Ministerpräsident, entspricht es Ihrer Vorstellung von klugem Sparen, wenn man Vermögensverzehr nicht zur Substanzerhaltung reinvestiert? Das gilt übrigens nicht nur für die Hochschulen, sondern auch für die Verkehrsinfrastruktur in diesem Land.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Was wollen Sie denn jetzt? – Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt kurven Sie aber arg durch die Slalomstangen!)

Solange Sie die Substanzerhaltung nicht in den Vordergrund stellen, brauchen Sie den Bürgermeistern im Land keine neuen Straßenprojekte in großem Stil zu versprechen, weil das Ganze quasi eine unehrliche Politik ist.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Tun wir doch gar nicht! – Abg. Stefan Mappus CDU: Sie wollten über die Jahre hinweg weniger Geld für die Infrastruktur! Und jetzt beklagen Sie sich über die Substanz!)

Jetzt noch zum Thema „Nachhaltigkeit und Ökologie“. Herr Mappus – das hat übrigens auch etwas mit dem Ritual zu tun, wie man dieses Parlament ausbremst –: Ihr kleines Ökobonusle, das Sie quasi fristgerecht auf den Tag lanciert haben, an dem sich dieses Parlament im Dezember in der ersten Lesung erstmals mit dem Haushalt befasst hat, mobilisiert die sagenhafte Summe von drei oder dreieinhalb Millionen Euro – wenn dies über die Landesbauordnung überhaupt umsetzbar ist; daran haben wir Zweifel.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schätzen Sie es nicht gering!)

Gleichzeitig streichen Sie Nahverkehrsmittel – und der Protest in der Fläche ist stärker, als Sie glauben. Nordwürttemberg meldet sich heute via Presse, in meiner Region sind selbst Bürgermeister vor Ort, die immer für Stuttgart 21 eingetreten waren, plötzlich höllisch vorsichtig, weil sie sagen: Uns fallen jetzt Bahnhöfe weg, die man mit CDU-Mehrheiten in den Kreistagen vor fünf Jahren noch mit GVFG-Mitteln gefördert hat.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Was für Bahnhöfe fallen jetzt weg? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wel- che?)

Biberach-Süd, Berufsschulzentrum. Sie haben einen Kollegen in Ihrer Fraktion sitzen, der dort Landrat war.

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Zentrale Verbindungen!)

Nein. Aber wenn die Verbindungen aus dem Süden des Landkreises wegfallen, dann können die Schüler und Berufspendler diese Verbindungen nicht mehr nutzen. Dann werden sie auf das Auto umsteigen. Damit will ich sagen: Sie – –

(Abg. Stefan Mappus CDU: Zweieinhalb Prozent im ganzen Land, Herr Metzger! Das glauben Sie doch selbst nicht, was Sie da erzählen! – Glocke des Prä- sidenten)

Herr Abg. Metzger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Herrmann?

Aber bitte!

Bitte, Herr Abg. Herrmann.

Herr Kollege Metzger, können Sie mir sagen, wo im Land ein Bahnhof durch die Verringerung von Zugverbindungen wegfällt

(Abg. Stefan Mappus CDU: Er will sie tieferlegen, unter die Erde!)

außer dem Hauptbahnhof in Stuttgart, der tiefer gelegt wird?

Herr Herrmann, ironisieren Sie das Thema nicht. Sie werden dann Probleme bei Ihren Leuten vor Ort bekommen.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Der Warthauser Bürgermeister Fark hat eine Resolution seines Gemeinderats an den Verkehrsminister übersandt: „In Warthausen fallen Zugverbindungen weg, sodass der Bahnhof seine Funktion für den Berufsverkehr verliert.“ Herr Schneider, Biberach-Süd hat künftig für den Schülerverkehr

(Abg. Peter Schneider CDU: Einen weniger!)

weniger Halte. Es gibt Protest. Ihr Nachfolger im Landratsamt, Heiko Schmid, hat die Abgeordneten, Sie und mich, angeschrieben. Aber ich will hier keine Wahlkreisrhetorik betreiben.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Also es fällt kein Bahn- hof weg, haben Sie eben bestätigt!)

Es fallen Verbindungen weg, Herr Herrmann.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Zweieinhalb Prozent! Das ist etwas ganz anderes! Bleiben Sie korrekt, Herr Metzger!)

Ich bleibe korrekt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Florett, kein De- gen!)

Herr Herrmann, ich werde noch korrekter: In meiner Heimatstadt Bad Schussenried fallen 14 Halte weg. Das sind 25 % der gesamten heute noch 55 Halte pro Tag. Wenn das nicht ein gravierender Eingriff ist, dann weiß ich nicht, wie man das anders bewerten sollte. Ich wäre also vorsichtig.

In der Fläche ist der Protest stark, und Sie haben sich ein Ei gelegt, das Sie noch Unterstützung für Stuttgart 21 kosten wird.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Was für ein Ei? Das ist doch von Steinbrück initiiert! Es sind doch viel höhere Zahlen von Steinbrück gefordert worden!)

Wir geben Ihnen als Regierungsfraktionen heute noch einmal die Chance, durch einen Änderungsantrag, den wir Grünen einbringen und über den wir namentlich abstimmen lassen wollen, diesen Fehler auszubügeln, und zwar nicht, indem wir jetzt in die Vollen gehen, sondern indem wir sagen: Die ärgsten Probleme in den Verbindungen können Sie ausbügeln mit der kleinen Summe von 5 Millionen € in diesem und im nächsten Jahr. Letzte Woche haben bei einer Abstimmung, bei der es um den dreifachen Betrag ging, zwei Kollegen der FDP/DVP wenigstens den Mut gehabt, hier im Landtag nicht etwas anderes zu sagen als vor Ort. Sie könnten das Ganze hier heute auch unter Beweis stellen. Ich wäre froh, wenn Abgeordnete hier auch einmal aus der Sicht der Region entscheiden würden und sich nicht hinter die Aussage zurückziehen würden: „Es sind ja nur 3 % der Zugkilometer in Baden-Württemberg.“

(Abg. Stefan Mappus CDU: 2,5!)

Knapp 3 %, Herr Mappus.

(Beifall bei den Grünen)

Klare Ansage zu diesem Etat: Dort, wo die großen strukturellen Probleme der Zukunft liegen, wo wir in Baden-Würt

temberg mit der zahlenstärksten Beamtenschaft aller westdeutschen Bundesländer in den nächsten Jahrzehnten einen immensen Aufwuchs an Ausgaben haben, tun Sie nichts bzw. lassen sich vom Beamtenbund, Herr Oettinger, über den Tisch ziehen.

(Lachen der Abg. Stefan Mappus CDU und Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP)

Darum sind die so ruhig.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Loyal sind die!)

Zweiter Punkt: In einem Bereich, der für das Land wichtig ist, weil es um die Köpfe geht, im Bildungsbereich, tun Sie unterdurchschnittlich viel, verstecken dies aber mit dem Hinweis, dass es ein Ausgabenwachstum gibt. Dieses Ausgabenwachstum beruht jedoch mehr als zur Hälfte auf den Versorgungsausgaben.

Herr Oettinger, an einem Punkt, wo Sie in Ihrer Partei in die Fußstapfen eines Friedrich Merz treten könnten, indem Sie sozusagen die wirtschaftsliberale Karte der Union spielen, empfehle ich Ihnen, sich dann auf Bundesebene nicht nur in der Föderalismusreformkommission II zu tummeln, sondern vor allem Sorge dafür zu tragen, dass die Steigerungen der Lohnnebenkosten eingedämmt werden, die durch die verfehlten Sozialstaatsreformen entstehen. Die Gesundheitsreform ist eine Reform, die die Kosten treibt, die am Faktor Arbeit hängen, die die Lohnnebenkosten treibt. Bei der Pflege droht ähnliches Ungemach. Da hätten Sie als Ministerpräsident eine Baustelle, an der Sie verdienstvoll auch für den Industriestandort Baden-Württemberg indirekt in Ihrer Partei sorgen könnten. Denn das, was die CDU dort mitträgt, hat mitnichten etwas mit guter Standortpolitik für Baden-Württemberg zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Ute Vogt SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.